TE OGH 1978/4/4 4Ob316/78

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.04.1978
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Norm

EO §78
EO §389
EO §402
Unlauterer Wettbewerb-Gesetz §7 Abs1
Unlauterer Wettbewerb-Gesetz §24
ZPO §274
ZPO §527

Kopf

SZ 51/39

Spruch

Auch im Provisorialverfahren nach § 7 Abs. 1 UWG muß dem Antragsgegner grundsätzlich die Möglichkeit offenstehen, den Anspruch der gefährdeten Partei durch geeignete Gegenbescheinigungsmittel (§ 274 ZPO) zu entkräften

OGH 4. April 1978, 4 Ob 316/78 (OLG Wien 2 a R 243/77; HG Wien 39 Cg 793/77)

Text

Betriebsgegenstand der Erstklägerin "ARTA Wiener Emailkunst GmbH" ist die Erzeugung, der Handel und der Vertrieb kunstgewerblicher Gegenstände, hauptsächlich von Emailgegenständen; Betriebsgegenstand der Zweitklägerin "Julius S GmbH und Co. KG" ist (u. a.) gleichfalls die Erzeugung - nicht aber der Vertrieb - kunstgewerblicher Gegenstände aus Email.

Die zweitbeklagte Gesellschaft m. b. H., deren Geschäftsführer die Drittbeklagte und der Viertbeklagte sind, ist Komplementärin der erstbeklagte "Wiener Emailmanufaktur Michaela W GmbH und Co. KG". Auch die Erstbeklagte und die Zweitbeklagte beschäftigen sich mit der Erzeugung und dem Vertrieb von Emailwaren, insbesondere von Emailschmuck.

Im Juni 1977 sandte die Erstbeklagte an österreichische Unternehmen, die Emailwaren vertreiben, nachstehendes Rundschreiben (/c):

"Sehr geehrte FirmaÜ

Wie Sie sicher wissen werden, leiden wir (und wahrscheinlich auch Sie) unter der Tatsache, daß die Firma Arta-S nicht nur unsere Artikel, unsere Muster - Armreifen, Ringe - sondern auch unsere Verkaufsbäume und schließlich unseren Namen,Wiener Emailmanufaktur" kopiert.

Durch einen Gerichtsentscheid (siehe beiliegende Urteilsveröffentlichung) wurde nunmehr endgültig geklärt, daß wir die einzige Firma in Österreich sind, die sich als Wiener Emailmanufaktur bezeichnen darf.

Die angeschlossen "Urteilsveröffentlichung" betraf das - mit Berufungsurteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 24. Feber 1977 rechtskräftig abgeschlossene - Verfahren 18 Cg 163/74 des Handelsgerichtes Wien.

Unter Bezugnahme auf dieses Rundschreiben beantragen die Klägerinnen im vorliegenden, seit 26. Juli 1977 anhängigen Rechtsstreit zur Sicherung ihres gleichlautenden Unterlassungsbegehren eine einstweilige Verfügung, mit der den Beklagten zur ungeteilten Hand verboten werden soll, gegenüber Einzelhändlern, die als Bezieher von Waren der Streitteile in Betracht kommen, insbesondere in Schreiben laut Beilage C, zu behaupten,

a) daß diese wahrscheinlich unter der Tatsache leiden, daß die Klägerinnen Artikel, Muster - Armreifen, Ringe - Verkaufsbäume und den Name "Wiener Ernailmanufaktur" der Beklagten kopieren,

b) es sei eine Tatsache, daß die Klägerinnen die Artikel und Muster - Armreifen, Ringe - der Erstbeklagten kopieren,

c) es sei eine Tatsache, daß die Klägerinnen auch die Verkaufsbäume der Erstbeklagten kopieren, und

d) es sei eine Tatsache, daß die Klägerinnen den Namen "Wiener Emailmanufaktur" der Erst- und Zweitbeklagten kopieren.

Durch die Versendung des beanstandeten Rundschreibens hätten die Beklagten zu Zwecken des Wettbewerbs über die - durch die Bezeichnung "Firma Arta-S" deutlich erkennbaren - Klägerinnen und deren Verhalten der Wahrheit zuwider Tatsachen behauptet und verbreitet, die geeignet seien, den Betrieb der Klägerinnen zu schädigen, und daher gegen §§ 1 und 7 UWG verstießen. Die Unterstellung, daß der angesprochene Einzelhändler "unter der Tatsache leide, daß die Klägerinnen ... kopieren", sei geeignet, die Adressaten von der Aufnahme geschäftlicher Beziehungen zu den Klägerinnen abzuhalten bzw. ihnen den Abbruch solcher Verbindungen nahezulegen; die Erstbeklagte setzte damit nicht nur das Unternehmen der Klägerinnen herab, sondern dringe auch in sittenwidriger Weise in deren Kundenkreis ein. Durch die Behauptung, es sei eine Tatsache, daß die Klägerinnen die Artikel und Muster (Armreifen, Ringe) der Erstbeklagten kopierten, werde es - insbesondere im Zusammenhang mit der gleichzeitig versandten Urteilsveröffentlichung - als etwas Endgültiges hingestellt, daß alle Artikel und Muster der Klägerinnen Kopien der Erzeugnisse der Erstbeklagten seien; tatsächlich sei aber über diese Frage in den beiden Vorprozessen 18 Cg 134/75 und 19 Cg 209/76 des Handelsgerichtes Wien noch nicht rechtskräftig entschieden worden. Die weitere Behauptung, daß die Klägerinnen die Verkaufsbäume der Erstbeklagten kopierten, sei durch einen Bescheid des Magistrates der Stadt Wien widerlegt, in welchem ausdrücklich festgestellt wurde, daß die beiderseitigen Verkaufsstände "für den unbefangenen Betrachter vom Gesamteindruck her gesehen einen augenfälligen Unterschied bieten, welcher deutlich wahrnehmbar ist". Schließlich sei es auch unrichtig, daß die Klägerinnen den Firmenbestandteil der Erstbeklagte "Wiener Emailmanufaktur" kopiert, also wissentlich nachgeahmt hätten: Bei Aufnahme dieses Firmenzusatzes im Jahr 1973 habe die Zweitklägerin nicht vorhersehen können, daß die Erstbeklagte im Jahr 1977 auf Grund eines Verkehrsgeltungsnachweises ein Alleinrecht an der genannten Bezeichnung erlangen werde. Im übrigen habe die Zweitklägerin ihren Firmenwortlaut sofort nach Rechtskraft der zu 18 Cg 163/74 des Handelsgerichtes Wien ergangenen Entscheidung entsprechend geändert.

Die Beklagten haben sich gegen die beantragte einstweilige Verfügung ausgesprochen. Durch die Behauptungen des Rundschreibens könne sich nur die Zweitklägerin betroffen fühlen, welche bis zu der durch Gerichtsurteil erzwungenen Änderung die Firma "Wiener Emailmanufaktur ARTA Julius S GmbH und Co. KG" geführt habe; da die Zweitklägerin aber keine geschäftliche Tätigkeit entfalte, fehle es zwischen ihr und den Beklagten am einem Wettbewerbsverhältnis. Es werde aber auch das behauptete Wettbewerbsverhältnis zur Erstklägerin bestritten. Abgesehen davon, daß eine rechtliche Wertung des Schreibens Beilage C erst dann möglich sei, wenn feststehe, ob und welche Personen oder Firmen dieses Rundschreiben erhalten haben, sei die zu lit. a beanstandete Behauptung keine Tatsachenmitteilung, sondern eine wertneutrale Annahme. Die Klägerinnen hätten selbst nicht bestritten, die Artikel und Muster der Erstbeklagten tatsächlich kopiert zu haben; eine Behauptung, daß die Klägerinnen ausschließlich Kopien der Erzeugnisse der Erstbeklagten vertrieben, sei aber dem beanstandeten Rundschreiben nicht zu entnehmen. Die Verkaufsbäume der Erstbeklagten seien von den Klägerinnen tatsächlich kopiert worden; die gegenteilige Entscheidung der Musterschutzbehörde, welche im übrigen für den vorliegenden Rechtsstreit nicht präjudiziell sei, beziehe sich auf spätere Varianten der ursprünglichen, von den Klägerinnen nachgeahmten Verkaufsbäume aus dem Jahr 1964. Daß die Zweitklägerin seinerzeit bewußt das Firmenschlagwort der Erstbeklagte "Wiener Emailmanufaktur" gewählt habe, sei eine Tatsache welche durch die Ergebnisse des Verfahrens 18 Cg 163/74 des Handelsgerichtes Wien bestätigt werde. Schließlich fehle es auch an einer Bescheinigung dafür, daß die vorliegende Klage innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist des § 20 Abs. 1 UWG eingebracht wurde. Für den Fall, daß dem Sicherungsantrag dennoch stattgegeben werden sollte, werde beantragt, den Klägerinnen den Erlag einer Sicherheit von 300 000 S aufzuerlegen.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung, ohne den Klägerinnen eine Sicherheitsleistung aufzutragen, und nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:

Die Firma der Zweitklägerin wurde am 18. Jänner 1973 von "Julius S GmbH und Co. KG" in "Wiener Emailmanufaktur Arta Julius S GmbH Q Co. KG" und am 4. Mai 1977 in "Julius S GmbH und Co. KG" geändert.

Mit einer am 30. März 1974 zu 18 Cg 163/74 des Handelsgerichtes Wien eingebrachten Klage hatte die (nunmehrige) Erstbeklagte von der (nunmehrigen) Zweitklägerin begehrt, die Verwendung der Bezeichnung "Wiener Emailmanufaktur" als Bestandteil ihrer Firma im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen. Diesem Klagebegehren wurde mit dem - von der (nunmehrigen) Zweitklägerin erfolglos angefochtenen - Urteil vom 16. März 1976 stattgegeben, weil das strittige Firmenschlagwort Verkehrsgeltung für die (nunmehrige) Erstbeklagte genieße.

Zu 18 Cg 134/75 des Handelsgerichtes Wien hatte die (nunmehrige) Erstbeklagte gegen die (nunmehrige) Zweitklägerin eine Unterlassungsklage eingebracht und darin behauptet, daß die (nunmehrige) Zweitklägerin eine Vielzahl ihrer Erzeugnisse kopiere und systematisch nachahme. In diesem Verfahren wurde der (nunmehrigen) Zweitklägerin mit einstweiliger Verfügung vom 13. Juni 1975 verboten, verschiedene Schmuckstücke und Ziergegenstände zu vertreiben, welche den entsprechenden Erzeugnissen der (nunmehrigen) Erstbeklagten sklavisch nachgeahmt seien. Mit einstweiliger Verfügung vom 28. April 1976 wurde ein neuerliches Verbot in diesem Sinne betreffend andere Schmuckstücke und Ziergegenstände ausgesprochen. Rekurse der (nunmehrigen) Zweitklägerin gegen diese einstweiligen Verfügungen blieben erfolglos.

Auf das beanstandete Rundschreiben der Erstbeklagten wurde der Geschäftsführer der Klägerin, Julius S, erstmals im Juni 1977 von einem Kunden aufmerksam gemacht. Seine Anfragen an andere Kunden ergaben, daß auch ein Unternehmen in A (Tirol) und ein weiteres Unternehmen in B solche Rundschreiben erhalten hatten. Diese drei Kunden der Klägerinnen stehen u. a. auch mit der Erstbeklagten in Geschäftsverbindung.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 63, vom 13. Jänner 1976 wurden die Anträge der (nunmehrigen) Erstbeklagten, 1. der (nunmehrigen) Zweitklägerin mit Bescheid aufzutragen, die weitere Anwendung der den Mustern, die im Musterregister der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien unter den Nummern 502 574 und 502 575 registriert sind, nachgebildeten Gegenstände zu unterlassen, 2. mit Bescheid festzustellen, daß die Wiener Emailmanufaktur Arta Julius S GmbH und Co. KG in die Musterrechte der Wiener Emailmanufaktur Michaela W GmbH und Co. KG, begrundet durch die am 20. Jänner 1975 beim Musterregistrieramt der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien hinterlegten Muster, die im Musterregister unter den Nummern 502 574 und 502 575 eingetragen worden sind, eingegriffen hat, sowie 3. die Beschlagnahme der unter Verletzung dieser Musterrechte verfertigten Erzeugnisse zu verfügen, gemäß § 24 MustG abgewiesen. Die den Gesamteindruck prägenden Merkmale der mustergeschützten Gestelle seien bei den Gestellen der Antragsgegnerin nicht verwirklicht; der unbefangene Betrachter könne, vom Gesamteindruck her gesehen, einen augenfälligen Unterschied zwischen den Gestellen deutlich wahrnehmen. Da die Funktion als solche nicht mustergeschützt sei, fehle es an einem Mustereingriff.

Mit Bescheid vom 9. März 1977 sah das Magistratische Bezirksamt für den 2. Bezirk in Wien von der Fortführung des auf Privatanklage der (nunmehrigen) Erstbeklagten gegen Julius S als vertretungsbefugtes Organ der (nunmehrigen) Zweitklägerin eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens wegen Mustereingriffs (§ 26 MustG) ab und verfügte die Einstellung dieses Verfahrens; zur Begründung wurde dabei auf den Bescheid vom 13. Jänner 1976 verwiesen.

Als nicht hinreichend bescheinigt nahm das Erstgericht die Behauptung der Beklagten an, daß die Klägerinnen ihre Verkaufsbäume auch tatsächlich kopierten. Hingegen sei durch die Aussage der Auskunftsperson Julius S glaubhaft gemacht, daß die Zweitklägerin derzeit eine Geschäftstätigkeit ausübt und daß zwischen den Klägerinnen und der Erstbeklagten ein Wettbewerbsverhältnis besteht. Ob die Klägerinnen Erzeugnisse der Erstbeklagten kopierten oder nicht, könne aus rechtlichen Erwägungen dahingestellt bleiben.

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, daß das Rundschreiben Beilage C nicht nur die Zweitklägerin, sondern - durch den Hinweis auf die Firma "ARTA-S" - auch die Erstklägerin betreffe, zumal die enge Verbindung dieser beiden Unternehmen in Branchenkreisen bekannt sei. Den Beklagten sei darin zu folgen, daß dem beanstandeten Rundschreiben eine Behauptung, daß die Klägerinnen ausschließlich Kopien der Erzeugnisse der Erstbeklagten vertrieben, nicht entnommen werden könne; wohl aber sei eine mißverständliche Auslegung des Rundschreibens in dem Sinne, daß die Klägerinnen alle Artikel der Erstbeklagten nachahmten, nicht ausgeschlossen. Da die Beklagten - welche nicht einmal behauptet hätten, daß die Klägerinnen alle Produkte der Erstbeklagten kopierten - auch diese ungünstigere Auslegung ihrer mehrdeutigen Äußerung gegen sich gelten lassen müßten, sei der Inhalt des Rundschreibens insoweit wettbewerbswidrig im Sinne des § 7 UWG. Damit verstoße aber auch die Behauptung, die angeschriebenen Kunden würden unter dieser (wahrheitswidrigen) Tatsachenbehauptung "leiden", gegen § 1 UWG. Da die Beklagten überdies nicht bescheinigt hätten, daß die Klägerinnen ihre Verkaufsbäume kopierten, sei auch dieser wahrheitswidrige Vorwurf als Wettbewerbsverstoß nach § 7 UWG zu werten. Daß die Klägerinnen den Namen "Wiener Emailmanufaktur" kopierten, sei schließlich schon deshalb wahrheitswidrig, weil dieser Firmenbestandteil schon am 4. Mai 1977 durch eine entsprechende Firmenänderung der Zweitklägerin weggefallen sei und die Beklagten nicht einmal behauptet hätten, daß die Zweitklägerin diese Bezeichnung auch weiterhin benütze. Der diesbezügliche Vorwurf der Erstbeklagten beziehe sich jedoch eindeutig auf die Gegenwart "... unseren Namen... kopiert") und sei daher im Zeitpunkt der Versendung des Rundschreibens im Juni 1977 unrichtig gewesen. Da der Anspruch der Klägerinnen hinreichend bescheinigt und ein Nachteil der Beklagten bei Unterlassung der beanstandeten Äußerungen nicht zu besorgen sei, habe es keiner Sicherheitsleistung durch die Klägerinnen bedurft.

Das Oberlandesgericht Wien gab dem Rekurs der Beklagten teilweise, und zwar dahin Folge, daß

1. das Sicherungsbegehren zu lit. a und b ab gewiesen wurde;

2. der angefochtene Beschluß insoweit, als die Verbote zu lit. c und lit. d zur Sicherung eines Unterlassungsanspruches der Zweitklägerin erlassen worden waren, aufgehoben und die Sache in diesem Umfang an das Erstgericht zurückverwiesen wurde;

3. die Verbote zu lit. c und lit. d zur Sicherung des Unterlassungsanspruches der Erstklägerin bestätigt wurden.

Zur Begründung dieser Entscheidung verwies das Rekursgericht zunächst darauf, daß die Frage, ob zwischen der Zweitklägerin und der Erstbeklagten ein Wettbewerbsverhältnis bestehe, noch nicht abschließend beurteilt werden könne: Ganz abgesehen davon nämlich, daß bisher nicht geklärt sei, ob die Zweitklägerin kunstgewerbliche Emailgegenstände tatsächlich herstellt oder dies nur beabsichtigt, würde der als bescheinigt angenommene Umstand, daß sie solche Gegenstände nicht in den Handel bringt, ihre Teilnahme am geschäftlichen Wettbewerb ausschließen. Es bedürfe jedoch in diesem Zusammenhang noch einer ergänzenden Befragung des Zeugen Julius S in der Richtung, ob und zu welchem Zeitpunkt die Zweitklägerin die in Rede stehenden Gegenstände tatsächlich erzeugt und auf welchem Wege sie diese Produkte, wenn auch nicht unmittelbar, vertreibt. Sollte letzteres im Wege der Erstklägerin geschehen, dann müßte ein Wettbewerbsverhältnis zur Erstbeklagten bejaht werden. Der angefochtene Beschluß habe daher insoweit aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen werden müssen.

Der Rekurs der Beklagten sei auch insofern im Recht, als die Behauptung, daß die Erstbeklagte und die von ihr angeschriebenen Händler "unter bestimmten Tatsachen litten", lediglich eine subjektive Wertung und keine Tatsachenermittlung sei; auch ein sittenwidriges Eindringen in den Kundenkreis der Klägerinnen und damit ein Verstoß gegen § 1 UWG könne in dieser Äußerung der Erstbeklagten nicht gesehen werden.

Zu lit. b des Sicherungsbegehrens sei davon auszugehen, daß bei Unterlassungsansprüchen wegen Herabsetzung eines Unternehmens unabhängig von der in § 7 Abs. 1 und 2 UWG geregelten Beweislastverteilung im Provisorialverfahren grundsätzlich der Antragsteller die Bescheinigungslast für die Unrichtigkeit der Behauptungen des Antragsgegners trage. Im konkreten Fall hätten aber die Klägerinnen nicht einmal behauptet, daß die behauptet, daß die beanstandeten Äußerungen der Erstbeklagten über die Nachahmung ihrer Artikel und Muster unwahr seien, sondern in diesem Zusammenhang nur darauf verwiesen, daß die Frage, ob sie Artikel und Muster der Erstbeklagten kopiert hätten, noch nicht rechtskräftig entschieden sei. Dem Begehren zu lit. b sei daher schon aus diesem Grund der Boden entzogen.

Das vom Erstgericht zu lit. c ausgesprochene Verbot sei zu bestätigen gewesen, weil die Klägerinnen hier durch Vorlage der beiden Verwaltungsbescheide bescheinigt hätten, daß die Behauptung des Rundschreibens, sie hätten die Verkaufsbäume der Erstbeklagten kopiert, unrichtig war. Hinsichtlich des Unterlassungsgebotes zu lit. d sei dem Erstgericht gleichfalls darin beizupflichten, daß die Formulierung "... unseren Namen Wiener Emailmanufaktur kopiert" zumindest auch so verstanden werden könnte, daß dieses Kopieren noch zur Zeit der Verfassung und Versendung des Rundschreibens, also im Juni 1977, fortgesetzt worden sei. Das sei aber unrichtig, weil damals der Firmenwortlaut der Zweitklägerin bereits geändert war, während die Erstklägerin die Bezeichnung "Wiener Emailmanufaktur" niemals verwendet habe.

Die Aktivlegitimation der Erstklägerin müsse entgegen der Meinung der Beklagten schon deshalb bejaht werden, weil ein nicht unbeträchtlicher Teil der angeschriebenen Kunden unter der Firma "Arta S" (ausschließlich oder auch) die Erstklägerin verstehen werde, deren wesentlicher und hervorstechender Firmenbestandteil das Schlagwort "Arta" ist. Im übrigen spreche auch das aus den Vorakten ersichtliche enge Naheverhältnis zwischen den beiden Klägerinnen sowie die "Nachfolgeeigenschaft" der Erstklägerin gegenüber der Zweitklägerin gegen eine von der Erstbeklagten gewollte Unterscheidung der beiden Klägerinnen als Angriffsziel ihres Rundschreibens.

Da somit der Unterlassungsanspruch der Erstklägerin hinsichtlich der zu lit. c und d ausgesprochenen Verbote bescheinigt sei, habe der angefochtene Beschluß insoweit bestätigt werden müssen; das weitere Unterlassungsbegehren der Erstklägerin sei abzuweisen gewesen. Der Auferlegung einer Sicherheitsleistung an die Klägerinnen habe es nicht bedurft, weil nicht zu erkennen sei, welcher Schaden den Beklagten aus der Unterlassung der beanstandeten Äußerung erwachsen könnte.

Der Oberste Gerichtshof wies die Revisionsrekurse beider Parteien gegen den aufhebenden Teil der Rekursentscheidung ebenso zurück wie den Revisionsrekurs der Beklagten gegen den bestätigenden Teil dieser Entscheidung. Hingegen gab er dem Revisionsrekurs der Klägerinnen gegen den abändernden Teil der Rekursentscheidung teilweise, und zwar dahin Folge, daß er den angefochtenen Beschluß

a) in seinem Ausspruch über die Abweisung des Sicherungsbegehrens zu lit. a bestätigte, b) in seinem Ausspruch über die Abweisung des Sicherungsbegehrens zu lit. b aufhob; gleichzeitig hob er auch den dieses Teilbegehren betreffenden Teil des erstgerichtlichen Beschlusses auf und verwies die Rechtssache insoweit zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

I. Soweit sich die beiderseitigen Rechtsmittel gegen die Aufhebung der vom Erstgericht zur Sicherung eines behaupteten Unterlassungsanspruches der Zweitklägerin erlassenen Verbotes zu lit. c und lit. d wenden, sind sie unzulässig: Gemäß § 527 Abs. 2 ZPO - welche Bestimmung zufolge §§ 78, 402 EO nicht nur im Exekutionsverfahren (RZ 1973/l 17 mit weiteren Hinweisen), sondern auch im Verfahren zur Erlassung einstweiliger Verfügungen anzuwenden ist (2 Ob 567/77 u. a.) - kann eine Entscheidung des Rekursgerichtes, mit welcher der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen wird, nur dann angefochten werden, wenn in ihr bestimmt ist, daß erst nach Eintritt ihrer Rechtskraft mit dem Vollzug des der ersten Instanz erteilten Auftrages vorzugehen sei. Da das Rekursgericht dem aufhebenden Teil seiner Entscheidung einen solchen Rechtskraftvorbehalt nicht beigesetzt hat, müssen die Revisionsrekurse der Klägerinnen und der Beklagten insoweit als unzulässig zurückgewiesen werden.

II. Der Revisionsrekurs der Beklagten ist aber auch insoweit unzulässig, als er sich gegen die Bestätigung der Unterlassungsgebote zu lit. c und lit. d zur Sicherung des Unterlassungsanspruches der Erstklägerin wendet:

Nach dem Jud. 56 neu (SZ 24/335) kann zwar bei nur teilweiser Bestätigung des erstgerichtlichen Beschlusses durch das Rekursgericht ungeachtet der Rechtsmittelbeschränkung des § 528 Abs. 1 Satz 1 Z. 1 ZPO regelmäßig auch der bestätigende Teil der Rekursentscheidung mit Revisionsrekurs an den OGH angefochten werden. Die neuere Rechtsprechung hat aber diesen Grundsatz auf solche Fälle eingeschränkt, in denen der bestätigende und der abändernde Teil der Rekursentscheidung in einem so engen, unlösbaren sachlichen Zusammenhang stehen, daß sie nicht auseinandergerissen werden können und daher auch die Zulässigkeit ihrer Anfechtung nur einheitlich zu beurteilen ist; hat dagegen das Rekursgericht über mehrere Gegenstände oder Ansprüche entschieden, die nicht in einem solchen Zusammenhang stehen, sondern durchaus jeder für sich ein eigenes rechtliches Schicksal haben können, dann steht einer Teilung der Entscheidung zweiter Instanz im Sinne einer abgesonderten Beurteilung ihrer Anfechtbarkeit beim OGH kein Hindernis entgegen (ÖBl. 1975, 57; ÖBl., 89, beide mit weiteren Hinweisen; ferner ÖBl. 1976, 20; ÖBl. 1976, 36 u. v. a., zuletzt etwa 4 Ob 400/77).

Dieser Fall liegt hier vor: Der bestätigende, die Verbote zu lit. c und lit. d zur Sicherung eines Unterlassungsanspruches der Erstklägerin betreffende Teil des angefochtenen Beschlusses steht weder mit den gleichartigen, vom Rekursgericht aufgehobenen Unterlassungsgeboten zugunsten der Zweitklägerin noch mit dem von der zweiten Instanz zur Gänze abgewiesenen Sicherungsbegehren zu lit. a und lit. b in einem solchen sachlichen oder rechtlichen Zusammenhang, daß darüber nur einheitlich entschieden werden könnte; jeder dieser Ansprüche für sich kann vielmehr durchaus ein eigenes rechtliches Schicksal haben. Damit steht aber dem Revisionsrekurs der Beklagten in diesem Punkt die Rechtsmittelbeschränkung des § 528 Abs. 1 Satz 1 Z. 1 ZPO entgegen; ihr Rechtsmittel mußte daher auch insoweit als unzulässig zurückgewiesen werden.

III. Dem Revisionsrekurs der Klägerinnen kommt hingegen teilweise Berechtigung zu.

Die Aktivlegitimation der Erstklägerin ist von den Vorinstanzen mit Recht bejaht worden: Daß die Behauptungen des beanstandeten Rundschreibens über die "Firma ARTA S" von einem nicht unbeträchtlichen Teil der angeschriebenen Kunden nicht nur auf die zweitklagende "Julius S GmbH und Co. KG", sondern in gleicher Weise auch auf die erstklagende "ARTA Wiener Emailkunst GmbH" bezogen werden konnten, folgt im Sinne der zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Beschlusses schon aus der herausragenden Stellung des Firmenschlagwortes "Arta" am Beginn des Firmenwortlautes der Erstklägerin in Verbindung mit dem - durch den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 21. März 1977 bescheinigten "Nahe- und Nachfolgeverhältnis" der beiden Klägerinnen. Ob es tatsächlich die Absicht der Erstbeklagten war, mit ihren Vorwürfen nicht allein die Zweitklägerin, sondern auch die Erstklägerin zu treffen, ist unerheblich, weil es bei der Beurteilung geschäftlicher Äußerungen im Wettbewerb nicht auf die Absicht des Erklärenden, sondern nur darauf ankommt, wie die betreffende Äußerung von den angesprochenen Verkehrskreisen im Einzelfall aufgefaßt werden konnte.

Dem angefochtenen Beschluß ist auch darin zu folgen, daß die zu lit. a beanstandete Äußerung der Erstbeklagten, die angeschriebenen Händler würden "wahrscheinlich" ebenso wie sie selbst "unter der Tatsache leiden, daß die Firma Arta S ... kopiert", keine die Klägerinnen herabsetzende Tatsachenbehauptung im Sinne des § 7 Abs. 1 UWG ist. Auch die weitwendigen Rekursausführungen der Klägerinnen über den Begriff des "Leidens" und dessen rechtliche Bedeutung (namentlich im Schadenersatzrecht) können nichts daran ändern, daß der beanstandeten Behauptung bei unbefangener Betrachtung nichts anderes zu entnehmen ist als eine (subjektive) Annahme der Erstbeklagten über die von ihr vermuteten "wahrscheinlichen") Auswirkungen des - angeblich - wettbewerbswidrigen Verhaltens der Klägerinnen auf die davon betroffenen Geschäftspartner; der tatsächliche Gehalt der beanstandeten Äußerung erschöpft sich hingegen in dem - vom Unterlassungsbegehren lit. b, c und d vollständig erfaßten - Vorwurf, die Firma "Arta S" habe die Artikel und die Muster, die Verkaufsbäume und den Namen "Wiener Emailmanufaktur" kopiert. Inwiefern über diese konkreten Behauptungen eines wettbewerbswidrigen Verhaltens der Klägerinnen hinaus auch schon die von der Erstbeklagten geäußerte Vermutung, daß die angeschriebenen Kunden unter einem solchen Verhalten zu "leiden" hätten, für sich allein geeignet wäre, die geschäftlichen Beziehungen der Klägerinnen zu den Adressaten des beanstandeten Rundschreibens in einer gegen § 1 UWG verstoßenden Weise zu beeinträchtigen, ist auch den Rekursausführungen der Klägerinnen nicht zu entnehmen. Das Rekursgericht hat daher das Sicherungsbegehren zu lit. a mit Recht abgewiesen.

Im übrigen, also hinsichtlich des verbleibenden Unterlassungsbegehrens beider Klägerinnen zu lit. b, hängt der Erfolg des Revisionsrekurentscheidend von der Beweis- (Bescheinigungs-)Lastverteilung im Provisorialverfahren zur Sicherung eines auf § 7 UWG gestützten Anspruches ab. Diese Frage ist von der Rechtsprechung bisher nicht einheitlich beantwortet worden:

Der OGH hat dazu, soweit überschaubar, erstmals in seiner Entscheidung vom 12. Dezember 1928, JBl. 1929, 374, Stellung genommen und dabei die Auffassung vertreten, daß dem Gegner der gefährdeten Partei in einem solchen Fall nicht der strikte Beweis der Wahrheit seiner Tatsachenbehauptung auferlegt werden könne, es vielmehr zur Abwendung der einstweiligen Verfügung genügen müsse, daß er sein zur Widerlegung des Anspruches dienenden Vorbringen im Sinne des § 274 ZPO glaubhaft macht. Abweichend davon war das Oberlandesgericht Wien am 25. Feber 1929 zu 3 R 117/29 (wiedergegeben bei Schönherr, Wettbewerbsrecht[4], 336 E Nr. 349) der Meinung, daß sich das Sicherungsverfahren, welches eine rasche und "beiläufige" Prüfung des Sachverhaltes bezwecke, nicht zur Bescheinigung der Wahrheit von Behauptungen eigne, zumal das Verbot solcher Behauptungen nur einen geringfügigen Eingriff in die Wettbewerbsfreiheit bedeute. Wenig später, nämlich in seiner Entscheidung vom 11. November 1930, ZBl. 1931/112, bezeichnete es dann der OGH ausdrücklich als "streitig", ob bei der Herabsetzung eines Unternehmens durch unwahre Tatsachenbehauptungen im Provisorialverfahren die gefährdete Partei die Unwahrheit oder ihr Gegner die Wahrheit dieser Behauptungen zu bescheinigen habe. Die Frage könne aber in dem damals zu entscheidenden Fall dahingestellt bleiben, weil selbst dann, wenn man sich der herrschenden deutschen Rechtsprechung anschließe - nach welcher gleich den übrigen Voraussetzungen einstweiliger Verfügungen auch die Unwahrheit der beanstandeten Tatsachenbehauptung von der gefährdeten Partei glaubhaft zu machen sei -, eine solche negative Bescheinigung von der gefährdeten Partei jedenfalls dann nicht verlangt werden könne, wenn sie ihr unverhältnismäßig kostspielig und nur schwer möglich, wenn nicht ganz unmöglich sei oder auch nur den Rahmen einer im Provisorialverfahren statthaften Bescheinigungsaufnahme überschreite, die gefährdete Partei sich also in einem Beweisnotstand befinde, welcher - wie in ähnlichen Fällen - eine von der Regel abweichende Verteilung der Bescheinigungslast erfordere.

Nach dem 2. Weltkrieg sprach zunächst das Oberlandesgericht Wien in seiner Entscheidung vom 25. Juni 1953, ÖBl. 1953, 65, aus, daß die Frage, ob die Tatsachenbehauptungen des Gegners der gefährdeten Partei erweislich wahr sind, nicht im Sicherungsverfahren, sondern erst im Rechtsstreit selbst erörtert werden könne; dieses Ergebnis wurde von Schönherr in ÖBl. 1957, 44 mit der Bemerkung gebilligt, daß die einstweilige Verfügung in diesem Fall eben "auf die Gefahr hin zu erlassen sei, daß dem Beklagten im Prozeß selbst der Wahrheitsbeweis gelingt". Anderer Auffassung war der OGH, welcher in der Entscheidung vom 24. Oktober 1956, ÖBl. 1957, 5, die bloße Bescheinigung der beanstandeten Tatsachenermittlung durch die gefährdete Partei nicht als ausreichend ansah; da gemäß § 24 UWG die gegen das Gesetz verstoßende Handlung des Antragsgegners glaubhaft gemacht werden müsse, sei es - unabhängig von der Beweislastverteilung im Hauptprozeß - im Provisorialverfahren Sache des Antragstellers, auch die Wahrheitswidrigkeit der beanstandeten Tatsachenbehauptungen zu bescheinigen. Das Oberlandesgericht Wien schloß sich dieser Auffassung zwar zunächst ausdrücklich an (Entscheidung vom 19. Juni 1958, ÖBl. 1958, 57), räumte aber in einer wenige Jahre später ergangenen Entscheidung (24. März 1961, ÖBl. 1962, 91) dem Gegner der gefährdeten Partei doch wiederum die Möglichkeit ein, sich gegebenenfalls auch im Sicherungsverfahren auf die Wahrheit der von ihm verbreiteten Tatsachenbehauptungen zu berufen. In seiner letzten veröffentlichten Entscheidung (25. Mai 1971, ÖBl. 1971, 152) ist der OGH dann wieder zu der schon in JBl. 1929, 374 vertretenen Auffassung zurückgekehrt: Während noch das Oberlandesgericht Innsbruck als Rekursgericht in diesem Verfahren die Meinung vertreten hatte, daß im Provisorialverfahren nach § 7 UWG ein Wahrheitsbeweis unzulässig sei und es deshalb genüge, die Herabsetzung des Unternehmens des Antragstellers zu bescheinigen, hob der OGH ausdrücklich die dem Gegner der gefährdeten Partei nach ständiger Rechtsprechung auch im Provisorialverfahren offenstehende Möglichkeit hervor, den Anspruch des Antragstellers durch Bescheinigung der Wahrheit seiner Äußerungen zu entkräften. Im gleichen Sinne ist dann noch eine weitere, bisher nicht veröffentlichte Entscheidung des OGH (15. Oktober 1974, 5 Ob 340/74) ergangen.

Nicht unerwähnt soll schließlich bleiben, daß sich Schönherr in einer in ÖBl. 1958, 58 veröffentlichten Entscheidungsbesprechung - abweichend von seiner früheren Stellungnahme in ÖBl. 1957, 44 - im wesentlichen zu dem Grundgedanken der Entscheidung ZBl. 1931/112 bekannt hat: Bei der Verteilung der "Bescheinigungslast" müßten immer die beiderseitigen Interessenlage und die Besonderheit des jeweiligen Sachverhaltes berücksichtigt werden. Wenn es der gefährdeten Partei zugemutet werden könne, die Unwahrheit der Behauptungen ihres Gegners glaubhaft zu machen, dann dürfe ohne eine solche Bescheinigung die einstweilige Verfügung (auch) nach § 7 UWG nicht bewilligt werden; sei hingegen im Einzelfall eine solche Bescheinigung für die gefährdete Partei mit unverhältnismäßig großen Schwierigkeiten verbunden und entstehe andererseits dem Gegner kaum ein Schaden, wenn er seine herabsetzenden Äußerungen zumindest für die Prozeßdauer nicht fortsetzen dürfe, dann könnten ihm die beanstandeten Behauptungen auch dann verboten werden, wenn ihre Unwahrheit nicht bescheinigt sei, ja selbst dann, wenn er seinerseits eine Bescheinigung der Unwahrheit angeboten haben sollte.

Nach Ansicht des erkennenden Senates ist jedoch schon deshalb an der in ÖBl. 1971, 152 vertretenen Auffassung festzuhalten, weil eine zwingende Notwendigkeit, die Bescheinigungslast im Provisorialverfahren nach § 7 Abs. 1 UWG anders zu verteilen als die Beweislast im Hauptprozeß nach dieser Gesetzesstelle, nicht zu erkennen ist: Es trifft sicherlich zu, daß sich das Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung nicht zur Einbringung des Wahrheitsbeweise s für die vom Gegner der gefährdeten Partei verbreiteten Tatsachenbehauptung eignet; dieser Umstand zwingt aber keineswegs dazu, den Gegner der gefährdeten Partei gerade im Sicherungsverfahren nach § 7 UWG von der ihm sonst grundsätzlich offenstehenden Möglichkeit auszuschließen, den von der gefährdeten Partei behaupteten Anspruch innerhalb der Grenzen und mit den Mitteln des Provisorialverfahrens durch geeignete Bescheinigungsmittel (§ 274 ZPO) zu entkräften (vgl. dazu ÖBl. 1959, 71; ÖBl. 1961, 26; ÖBl. 1961, 110 u. v. a., zuletzt etwa 4 Ob 327/77). Geht man davon aus, daß das Gesetz im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung auch vom Antragsteller nicht den Beweis seines Anspruches verlangt, sondern sich mit dessen Glaubhaftmachung begnügt, dann kann folgerichtig auch dem Antragsgegner ein solcher Nachweis nicht auferlegt werden; vielmehr muß es auch für ihn zur Abwendung der einstweiligen Verfügung genügen, wenn er sein zur Widerlegung des gefährdeten Anspruches dienendes Vorbringen - insbesondere also die Wahrheit der beanstandeten Tatsachenbehauptungen - durch geeignete Gegenbescheinigungsmittel im Sinne des § 274 ZPO glaubhaft macht (so schon JBl. 1929, 374). Daß die vom Oberlandesgericht Wien in ÖBl, 1953, 65 vertretene Auffassung, im Sicherungsverfahren nach § 7 UWG sei die Wahrheit der vom Antragsgegner behaupteten und verbreiteten Tatsachen überhaupt nicht zu prüfen, vielfach zu unbilligen Ergebnissen führen müßte, weil hier auf die bloße Behauptung der Unrichtigkeit durch den Antragsteller hin auch ein an sich durchaus berechtigter Vorwurf des Antragsgegners ohne jede weitere Prüfung untersagt werden müßte, hat schon das Oberlandesgericht Wien als zweite Instanz des mit der Entscheidung ÖBl. 1957, 5 abgeschlossenen Verfahrens mit Recht hervorgehoben (a. a. O., 6). Ebensowenig gerechtfertigt wäre es aber nach Ansicht des erkennenden Senates, im Sinne der - allerdings mit der herrschenden Lehre und Rechtsprechung zum deutschen Recht (siehe dazu Pastor, Der Wettbewerbsprozeß[2], 189 f. mit weiteren Hinweisen) übereinstimmenden - Entscheidungen ÖBl. 1957, 5 und ÖBl. 1958, 57 die Bescheinigungslast für die Unrichtigkeit der Behauptungen des Antragsgegners grundsätzlich dem Antragsteller aufzuerlegen, würde doch die Schwierigkeit einer solchen - meist negativen - Beweisführung die Sicherung von Unterlassungsansprüchen nach § 7 UWG durch ein provisorisches Unterlassungsgebot nach § 24 UWG vielfach beträchtlich erschweren, wenn nicht überhaupt von vornherein unmöglich machen. Die hier vertretene Auffassung macht es aber auch entbehrlich, zur Vermeidung solcher Unzukömmlichkeiten den von ZBl. 1931/112 vorgeschlagenen - und, wie erwähnt, auch von Schönherr in ÖBl. 1958, 58 vertretenen - Mittelweg zu gehen und bei der Verteilung der Bescheinigungslast die "beiderseitige Interessenlage und die Besonderheit des jeweiligen Sachverhalts" zu berücksichtigen. Diese Lösung erscheint nämlich schon deshalb bedenklich, weil eine ganz auf den Einzelfall abgestellte Regelung dieser Art zwangsläufig zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit führen müßte; sie ist darüber hinaus aber auch wenig konsequent, weil dann, wenn man die Möglichkeit einer Wahrheitsbescheinigung durch den Gegner der gefährdeten Partei auch für das Provisorialverfahren nach § 7 UWG wenigstens in bestimmten Fällen bejaht, kein Grund mehr dafür zu finden ist, trotzdem die Bescheinigungslast im Sicherungsverfahren gerade hier anders zu verteilen als die Beweislast im Hauptprozeß. Es bedarf dabei keiner besonderen Begründung, daß auch die grundsätzliche Anerkennung einer solche "Bescheinigungslast" des Antragsgegners dem Antragsteller nicht das Recht nimmt, seinerseits schon im Sicherungsantrag Bescheinigungsmittel für die Unrichtigkeit der beanstandeten Äußerungen anzuführen; der Antragsteller wird von dieser Möglichkeit insbesondere dann Gebrauch machen müssen, wenn er die Erlassung einer einstweiligen Verfügung ohne vorherige Einvernahme seines. Gegners anstrebt. Fehlt es aber an einer solchen Bescheinigung im Sicherungsantrag oder gibt das Gericht ungeachtet entsprechender Beweisanbote dem Antragsgegner dennoch Gelegenheit zu einer Äußerung auf den Sicherungsantrag, dann muß es im Sinne der obigen Ausführungen die vom Antragsgegner für die Wahrheit seiner Äußerungen fristgerecht angebotenen - geeigneten (§ 274 ZPO) - Bescheinigungsmittel berücksichtigen und auf der Grundlage des beiderseitigen Sach- und Beweisvorbringens beurteilen, ob die dem Antragsgegner obliegende Gegenbescheinigung erbracht ist oder nicht.

Geht man aber im Sinne dieser Rechtsausführungen davon aus, daß grundsätzlich auch im Provisorialverfahren nach § 7 Abs. 1 UWG dem Antragsgegner die Möglichkeit offenstehen muß, den von der gefährdeten Partei behaupteten Anspruch durch geeignete Gegenbescheinigungsmittel zu entkräften, dann ergeben sich daraus für den konkreten Fall nachstehende Konsequenzen:

Daß durch die zu lit. b beanstandete Behauptung der Erstbeklagten, die Firma "Arta S" kopiere ihre Artikel und ihre Muster, auch im Zusammenhang mit dem angeschlossenen Urteil zu 18 Cg 163/74 des Handelsgerichtes Wien bei den Empfängern des Rundschreibens Beilage C nicht der Eindruck entstehen konnte, das Gericht habe über die Frage des Kopierens der Artikel und Muster bereits endgültig abgesprochen, hat bereits das Rekursgericht unter Hinweis auf dem Inhalt der angeschlossenen Urteilsveröffentlichung zutreffend erkannt. Da die beanstandete Äußerung nach Ansicht des erkennenden Senates aber auch nicht, wie das Erstgericht befürchtet, dahin mißverstanden werden kann, daß die Klägerinnen all e Erzeugnisse der Erstbeklagten nachahmten, hängt die Entscheidung über diesen Teil des Sicherungsbegehrens allein davon ab, ob der Vorwurf des Kopierens von Mustern der Erstbeklagten an sich berechtigt ist oder nicht.

Hier wird nun die Annahme des Erstgerichtes, die Klägerinnen hätten nicht einmal behauptet, daß die zu lit. b beanstandeten Behauptungen der Erstbeklagten über das Kopieren ihrer Artikel und Muster unrichtig seien, im Revisionsrekurs der Klägerinnen mit Recht als aktenwidrig gerügt: Das Vorbringen der Klage, wonach die Beklagte "zu Zwecken des Wettbewerbs über die ... Klägerinnen und deren Verhalten unwahre Tatsachen behauptet und verbreitet" hätten, welche geeignet seien, den Betrieb der Klägerinnen zu schädigen, und daher gegen §§ 7 und 1 UWG verstießen, und zwar "im einzelnen: a)..., b)..., c)..., d)...", läßt keinen Zweifel daran, daß auch die zu lit. b angeführte Behauptung, die Klägerinnen kopierten Artikel und Muster der Erstbeklagten, von den Klägerinnen als wahrheitswidrig und damit als Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb beanstandet worden ist. Entgegen der Meinung des Rekursgerichtes kann also die begehrte einstweilige Verfügung in diesem Punkt nicht schon deshalb verweigert werden, weil es "an den grundlegenden Behauptungen der Unwahrheit" fehle; es war vielmehr im Sinne der obigen Rechtsausführungen Sache der Beklagten, die Wahrheit des damit gegen die Klägerinnen erhobenen Vorwurfs glaubhaft zu machen. Unter Vernachlässigung der von den Beklagten hiezu angebotenen Bescheinigungsmittel haben sich jedoch die Vorinstanzen - von ihrer unrichtigen Rechtsauffassung ausgehend - mit dieser Frage nicht weiter beschäftigt, so daß ihren Entscheidungen nicht zu entnehmen ist, ob sie nun die Tatsache eines "Kopierens" von Artikeln und Mustern der Erstbeklagten durch die Klägerinnen als bescheinigt annehmen oder nicht. In teilweiser Stattgebung des Revisionsrekurses der Klägerinnen waren daher die Beschlüsse der Vorinstanzen auch in ihrem das Sicherungsbegehren zu lit. b betreffenden Teil aufzuheben und die Rechtssache insoweit gleichfalls an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.

Anmerkung

Z51039

Schlagworte

Bescheinigungslast im Provisionsverfahren, Gegenbescheinigungsmittel im Provisozialverfahren, Provisozialverfahren, Gegenbescheinigungsmittel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0040OB00316.78.0404.000

Dokumentnummer

JJT_19780404_OGH0002_0040OB00316_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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