TE OGH 1978/6/6 4Ob337/78

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Veröffentlicht am 06.06.1978
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Norm

Ausverkaufsverordnung §1 Abs1
Unlauterer Wettbewerb-Gesetz §14
ZPO §409
ZPO §416

Kopf

SZ 51/76

Spruch

Begriff des "Ausverkaufs" oder der "ausverkaufsähnlichen Veranstaltung" (§ 1 Abs. 1 AusvV) Keine Solidarhaftung mehrerer Beklagter für die Erfüllung einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungspflicht; daher keine Verurteilung "zur ungeteilten Hand"

Da die urteilsmäßige Verpflichtung zu einer reinen Unterlassung sogleich mit der Wirksamkeit des Urteils (§ 416 ZPO) eintritt, hat das Gericht hier keine Leistungsfrist im Sinne des § 409 ZPO festzusetzen, sondern zur sofortigen Unterlassung zu verurteilen

OGH 6. Juni 1978, 4 Ob 337/78 (OLG Wien 3 R 12/78; HG Wien 17 Cg 59/77).

Text

Der klagende Interessenverband begehrt, die Beklagten zur

ungeteilten Hand schuldig zu erkennen. Die Veröffentlichung von

Inseraten mit folgendem Text sofort zu unterlassen: "Helfen Sie uns,

unsere Geschäfte auszuräumen ... wollen wir, daß Sie unsere

Geschäfte ausräumen ... alle Markenski ... Sie lesen richtig ...

alle Markenski Modelle 77/78 um 15% reduziert ... jetzt

Niemehrwiederpreise". Mit diesem Unterlassungsbegehren verbindet sie ein Urteilsveröffentlichungsbegehren. Zur Begründung führt die klagende Partei aus, die beiden Beklagten betrieben als Geschäftsführer eines noch nicht protokollierten Unternehmens "K Warenvertriebsgesellschaft mbH und Co KG" an vier näher bezeichneten Standorten in Wien Sportartikel-Einzelhandelsgeschäfte. Die Beklagten hätten in den Ausgaben zweier Tageszeitungen vom 15. September 1977 Inserate mit dem im Urteilsbegehren wiedergegebenen Test veröffentlicht. Sie hätten hiermit einen nach der Ausverkaufsverordnung genehmigungspflichtigen Räumungsverkauf angekundigt, ohne eine solche Genehmigung erhalten zu haben. Die Beklagten hätten hiedurch gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG verstoßen. Da sie in den Inseraten wahrheitswidrig behauptet hätten, alle Markenskimodelle 77/78 um einen um 15% reduzierten Preis zu verkaufen - in Wahrheit seien nicht alle Markenskier bei den Beklagten erhältlich -, verstoße ihre Werbung auch gegen den § 2

UWG.

Die Beklagten beantragten Klageabweisung, weil der Inhalt ihrer Inserate die Absicht eines Räumungsverkaufes nicht erkennen lasse und daher nicht gegen eine gesetzliche Bestimmung verstoße. Unter den erwähnten Markenskiern seien nur die in Österreich gängigen und bekannten Skimarken zu verstehen, die jedoch tatsächlich verbilligt abgegeben worden seien.

Das Erstgericht entschied im Sinne des - unveränderten - Klagebegehrens. Es traf folgende wesentliche Feststellungen:

Die Beklagten betreiben ein Unternehmen des Sportartikel-Einzelhandels mit den nicht registrierten Bezeichnungen "K Warenvertriebsgesellschaft mbH und Co KG" bzw. "Sport-K-L-Sport" an vier näher festgestellten Standorten in Wien. Am 15. September 1977 veröffentlichten die Beklagten in zwei Wiener Tageszeitungen je ein gleichlautendes Inserat mit folgendem Wortlaut: "Sport-K und L-Sport haben gemeinsam viel vor. Daher brauchen sie viel Platz. Helfen Sie uns unsere Geschäfte auszuräumen - wir helfen Ihnen mit Niemehrwiederpreisen. So leer wollen wir am Montag unsere Geschäfte sehen. Deshalb wollen wir, daß Sie unsere Geschäfte ausräumen. Freitag und Samstag ab 9 Uhr". Neben der Ankündigung für andere Sportartikel ist in den Inseraten noch in Fettdruck folgende Ankündigung enthalten: "Alle Markenskier ... Sie lesen richtig ... alle Markenskier, Modelle 77/78 um 15% reduziert. Anzahlung genügt - Abholung auch später möglich. In der Mitte jener Zeitungsseite, auf der das Inserat abgedruckt wurde, ist etwa ein Drittel der Seitenbreite bis zur unteren Hälfte dieser Seite völlig unbedruckt geblieben. Die Beklagten haben für diese Aktion eine Bewilligung im Sinne des § 2 AusvV nicht erhalten.

Das Erstgericht zog aus diesen Feststellungen den rechtlichen Schluß, das Käuferpublikum könne das durch Schriftbild und Anordnung besonders auffallende Inserat nur dahin verstehen, daß die Beklagten die Absicht hätten, Waren in größeren Mengen im Kleinverkauf beschleunigt abzusetzen, und daß sie durch besondere Umstände genötigt seien, beschleunigt zu verkaufen, und aus diesem Grund ihre Waren zu außerordentlichen Bedingungen anbieten. Die Ankündigung der Beklagten, die in Wettbewerbsabsicht erfolgt sei, verstoße gegen § 1 AusvV und gegen § 1a UWG. Das Klagebegehren umfasse die Ankündigung der verbilligten Abgabe aller Markenskier nur im Zusammenhang mit der Ankündigung des Räumungsverkaufes, so daß Feststellungen darüber, ob die Beklagten tatsächlich alle Markenskier verbilligt abgegeben haben, entbehrlich seien.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung insofern ab, als es das Mehrbegehren der klagenden Partei, den Beklagten die begehrte Unterlassung zur ungeteilten Hand, ferner ohne die Beschränkung auf den geschäftlichen Verkehr im Kleinverkauf zu Zwecken des Wettbewerbes und schließlich ohne Beschränkung auf jene Fälle, in denen eine besondere Bewilligung der Gewerbebehörde im Sinne des § 2 AusvV nicht vorliegt, sowie ab sofort aufzutragen, abwies und eine andere Kostenentscheidung traf. Im übrigen bestätigte es die angefochtene Entscheidung, wobei es den Urteilsspruch unter Bedachtnahme auf das abgewiesene Mehrbegehren neu faßte und die Beklagten demnach schuldig erkannte, binnen 14 Tagen im geschäftlichen Verkehr im Kleinverkauf zu Zwecken des Wettbewerbes die Veröffentlichung von Inseraten mit dem in der Folge sodann näher angeführten Inhalt zu unterlassen, wenn den Beklagten eine besondere Bewilligung der Gewerbebehörde im Sinne des § 2 AusvV fehlt. Das Berufungsgericht sprach ferner aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes 2000 S übersteige. Es übernahm nach dem Inhalt seiner Entscheidungsgründe die Feststellungen des Erstgerichtes, billigte dessen Rechtsauffassung über das Vorliegen eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 AusvV und gegen § 1 UWG und bejahte die Wiederholungsgefahr sowie die Passivlegitimation der Beklagten. Dem Verbot des § 2 AusvV unterliege die gesamte Bekanntmachung. Zu dieser gehöre auch die Ankündigung bezüglich der verbilligten Abgabe der Markenskier der Modelle 77/78. Hingegen liege der von der klagenden Partei insoweit herangezogene konkurrierende Rechtsgrund des § 2 UWG nicht vor, weil die angesprochenen Verkehrskreise im Hinblick auf den Charakter eines Räumungsverkaufes der Ankündigung nicht entnehmen könnten, daß alle im Handel befindlichen Skimarken in den Geschäften der Beklagten noch vorrätig seien.

Der vom Erstgericht erteilte Unterlassungsauftrag sei jedoch zu weit gespannt, wie eine nach allen Richtungen vorzunehmende Überprüfung der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes ergebe. § 1 UWG setze einen im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes erfolgten Verstoß gegen die guten Sitten voraus. Ferner seien die in § 1 Abs. 1 AusvV erwähnten öffentlichen Bekanntmachungen nur bei Fehlen einer besonderen Bewilligung der Gewerbebehörde unzulässig und müßten sich auf den Kleinverkauf beziehen. Da den Beklagten das Unterlassungsgebot allgemein und nicht nur als Inhabern eines gemeinsamen Betriebes auferlegt werden sollte, seien sie nicht zur ungeteilten Hand zu verurteilen. Auch die Verpflichtung zur sofortigen Leistung entspreche nicht dem Gesetz, weil die Bestimmung des § 409 Abs. 2 ZPO auf Unterlassungsurteile nicht Anwendung finde und auch eine andere Ausnahme von der Regel des § 409 Abs. 1 ZPO, zweiter Satz, nicht in Betracht komme.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge; hingegen gab er der Revision des Klägers teilweise und zwar dahin Folge, daß er hinsichtlich der für das Unterlassungsgebot bestimmten 14tägigen Leistungsfrist das Ersturteil wiederherstellte.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

I. Zur Revision der Beklagten:

Der Auffassung der Beklagten, der Wortlaut der inkriminierten Ankündigung verstoße deshalb nicht gegen § 1 Abs. 1 AusvV, weil er lediglich ihren Wunsch zum Ausdruck bringe, die Geschäfte leer zu sehen, ohne aber einen Hinweis darauf zu enthalten, daß die Beklagten durch besondere Umstände genötigt seien, beschleunigt zu verkaufen, und aus diesem Grund ihre Waren zu außerordentlich vorteilhaften Bedingungen anbieten, kann nicht zugestimmt werden.

Gemäß § 1 Abs. 1 AusvV werden unter der Ankündigung eines Ausverkaufes oder einer ausverkaufsähnlichen Veranstaltung alle öffentlichen Bekanntmachungen oder für einen größeren Kreis von, Personen bestimmten Mitteilungen verstanden, die auf die Absicht schließen lassen, Waren in größeren Mengen beschleunigt im Kleinverkauf abzusetzen, und die zugleich geeignet sind, den Eindruck zu erwecken, daß der Gewerbetreibende durch besondere Umstände genötigt ist, beschleunigt zu verkaufen, und deshalb seine Waren zu außerordentlich vorteilhaften Bedingungen oder Preisen anbietet, Bekanntmachungen oder Mitteilungen, in denen die Wörter "Ausverkauf", "Liquidationsverkauf", "Räumungsverkauf", "Schnellverkauf", "Verkauf zu Schleuderpreisen" oder Wörter ähnlichen Sinnes vorkommen, gelten jedoch mit der in § 1 Abs. 2 AusvV angeführten - hier nicht in Betracht kommenden - Ausnahme jedenfalls als Ankündigung eines Ausverkaufes oder einer ausverkaufsähnlichen Veranstaltung. Entscheidend ist nicht, welche Worte im Einzelfall verwendet worden sind, sondern ob nach dem Inhalt der Ankündigung der Eindruck eines auf besondere Umstände zurückzuführenden, für den Kauf besonders vorteilhaften und nur eine bestimmte Zeit andauernden Abverkaufes, entstehen kann. Es genügt, wenn darin zum Ausdruck kommt, daß der Gewerbetreibende wegen des übermäßig großen Warenlagers bereit ist, größere Mengen dieser Waren zu erheblich herabgesetzten Preisen abzustoßen (ÖBl. 1974, 59; 4 Ob 364/75 u. a.). Für die Beurteilung einer Werbeankündigung im Sinne des § 1 AusvV kommt es auf die gesamte Gestaltung des Werbetextes nach der Verkehrsauffassung, also nach den durchschnittlichen Anschauungen eines nicht unbeträchtlichen Teiles der angesprochenen Verkehrskreise an, wobei Überlegungen und die Anwendung einer größeren Aufmerksamkeit vom flüchtigen Durchschnittsleser nicht erwartet werden können (SZ 46/12 = ÖBl. 1973, 108), Wendet man diese Grundsätze bei der Beurteilung der von den Beklagten veröffentlichten Inserate an, dann ist in Übereinstimmung mit den Untergerichten davon auszugehen, daß die Inserate eine Ankündigung im Sinne des § 1 Abs. 1 AusvV enthalten. Gerade der Hinweis, Sport-K und L-Sport hätten gemeinsam viel vor, daher bräuchten sie viel Platz, in Verbindung mit der unmittelbar anschließenden Aufforderung, ihre Geschäfte auszuräumen, ist geeignet, den Eindruck zu erwecken, die Beklagten seien durch besondere Umstände, nämlich durch großen Platzbedarf für die Realisierung neuer Vorhaben, genötigt, beschleunigt Waren abzustoßen. Der wiederholte Hinweis auf damit verbundene Preisreduktionen und auf besonders günstige Preise und die Beschränkung dieser Verkaufsveranstaltung auf zwei Tage lassen deutlich erkennen, daß die Beklagten ihre Waren wegen des notwendigen beschleunigten Verkaufes zu außerordentlich vorteilhaften Preisen anbieten. Da ein Ausnahmefall des § 1 Abs. 2 AusvV und die Erteilung einer besonderen Bewilligung der Gewerbebehörde im Sinne des § 2 AusvV weder behauptet noch festgestellt wurden und da §§ 1 und 2 AusvV nicht bloße Ordnungsvorschriften sind, sondern auch den Zweck verfolgen, den Wettbewerb zu regeln, verstößt ihre Verletzung, wie die Untergerichte richtig erkannt haben, gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG (SZ 46/12 = ÖBl. 1973, 108).

Entgegen der Auffassung der Beklagten fällt die gesamte Ankündigung der Beklagten, soweit sie jedenfalls im Urteilsbegehren inkriminiert wurde, einschließlich der Ankündigung der verbilligten Abgabe aller Markenskier der Modelle 77/78 unter § 1 UWG, weil die Abgabe dieser Markenskier im Rahmen des Ausverkaufes angekundigt wurde. Eine Klärung der Frage, ob diese Ankündigung auch irreführend war, weil die Beklagten nach den Behauptungen der klagenden Partei nicht alle Markenskier dieser Modelle vorrätig hatten, ist daher für die Entscheidung der Streitsache entbehrlich.

Die Untergerichte haben jedoch auch mit Recht das Vorliegen der Wiederholungsgefahr bejaht. Wie der OGH bereits zum Ausdruck gebracht hat, liegt diese Gefahr schon dann vor, wenn die ernstliche Besorgnis besteht, der Verletzer einer Vorschrift gegen den unlauteren Wettbewerb werde es bei den bisherigen Störungshandlungen nicht bewenden lassen, sondern werde weitere Störungshandlungen begehen. Vor allem jene Partei, die ihre wettbewerbswidrige Handlung im Prozeß verteidigt, gibt zu erkennen, daß es ihr um die Vermeidung weiterer Eingriffe nicht ernstlich zu tun ist (Hohenecker - Friedl, Wettbewerbsrecht, 86; ÖBl. 1974, 39; ÖBl. 1973, 90; 4 Ob 373/77 u. v. a.). Da die Beklagten im Prozeß die Auffassung vertreten haben, ein Ausverkauf im Sinne des § 1 Abs. 1 AusvV liege nicht vor, so daß sie berechtigt seien, derartige Ankündigungen zu veröffentlichen, sind die vorerwähnten Voraussetzungen der Wiederholungsgefahr erfüllt. Die Revision ist jedoch auch hinsichtlich der Entscheidung über das Veröffentlichungsbegehren nicht berechtigt. Durch die Urteilsveröffentlichung soll eine durch die wettbewerbswidrige Handlung hervorgerufene unrichtige Meinung des Publikums richtiggestellt und verhindert werden, daß diese Meinung weiterhin um sich greift. Die Urteilsveröffentlichung dient daher der Aufklärung des durch die wettbewerbswidrige Handlung irregeführten Publikums. Die Berechtigung eines solchen Begehrens hängt somit davon ab, ob ein schutzwürdiges Interesse der klagenden Partei an der Aufklärung des Publikums besteht (ÖBl. 1975, 45; 4 Ob 373/77; 4 Ob 335/76 u. v. a.). Ein solches Interesse ist entgegen der Ansicht der Beklagten infolge des seit der Veröffentlichung der Inserate verflossenen Zeitraumes keineswegs erloschen. Bedenkt man, daß die Inserate am 15. September 1977 veröffentlicht wurden, die Verhandlung erster Instanz jedoch schon am 25. November 1977 geschlossen wurde, dann bliebe trotz der besonders kurzen Dauer des Verfahrens für eine Urteilsveröffentlichung, wollte man sich der Meinung der Beklagten anschließen, kein Raum. Die Revision der Beklagten erweist sich daher als nicht berechtigt.

II. Zur Revision der klagenden Partei:

Die klagende Partei wendet sich in ihren Rechtsmittelausführungen gegen die in Abänderung des erstgerichtlichen Urteils erfolgten, oben bereits wiedergegebenen Beschränkungen des Unterlassungsgebotes. Da sie in ihren Rechtsmittelausführungen auf die Abweisung des Begehrens zu einer Solidarverpflichtung der Beklagten nicht eingeht, genügt es, auf die diesbezüglichen zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes zu verweisen. Ergänzend ist hinzuzufügen, daß die Verpflichtung der beiden Beklagten, die gegenständlichen Ankündigungen zu unterlassen, nicht in einem Gesamtschuld- oder in einem Gesamthandschuldverhältnis ihren Ursprung hat, weil nach der Art dieser gesetzlichen Unterlassungsverpflichtung weder die beiden Beklagten als Geschäftsführer eines gemeinsamen Unternehmens eine unteilbare Sache schulden, noch eine unteilbare Schuld ex contractu oder ex lege vorliegt und die Beklagten auch nicht eine nur gemeinsam erbringbare Leistung schulden (vgl. Koziol - Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts[4] I, 240 f. hinsichtlich des Gesamtschuldverhältnisses und Gesamthandschuldverhältnisses). Im vorliegenden Fall wird durch die Erfüllung der Unterlassungsverpflichtung durch den einen Schuldner die gleiche Verpflichtung des anderen Schuldners nicht erfüllt, so daß es nicht dem Gläubiger überlassen bleibt, von welchem Schuldner er die Erfüllung begehren will. Beide Beklagten haften vielmehr jeder für sich für die gegenständliche Unterlassung, so daß das Berufungsgericht mit Recht den die Solidarverpflichtung ausdrückenden Zusatz "zur ungeteilten Hand" aus dem Entscheidungstenor entfernt hat.

Die übrigen vom Berufungsgericht vorgenommenen Beschränkungen ergeben sich aus den Tatbeständen des § 1 UWG ("im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs") und der § 1 Abs. 1, § 2 AusvV ("im Kleinverkauf" und "nur mit besonderer Bewilligung der Gewerbebehörde") und grenzen einen tatbestandsmäßigen Sachverhalt von einem den erwähnten Tatbeständen nicht zu unterstellenden Sachverhalt ab. In der Vornahme dieser Beschränkungen durch das Berufungsgericht kann daher eine Fehlbeurteilung nicht erblickt werden.

Hingegen kann der Auffassung des Berufungsgerichtes hinsichtlich der Leistungsfrist keineswegs beigepflichtet werden. Die in der Revision vorgetragene Meinung, das Berufungsgericht habe sich mit der Festsetzung einer 14tägigen Leistungsfrist eines Verfahrensmangels schuldig gemacht, weil der - vermeintliche - Mangel des erstgerichtlichen Verfahrens infolge Fehlens einer in der Berufung erhobenen Rüge vom Berufungsgericht nicht hätte wahrgenommen werden dürfen, ist allerdings im vorliegenden Fall verfehlt. Die Leistungsfristen des § 409 ZPO sind nämlich doppelfunktionell: sie verdanken zwar ihre Entstehung dem Prozeßrecht, ihre in einer Stundung der Exekution bestehende Rechtsnatur zeitigt aber auch erhebliche materielle Wirkungen (Fasching III, 673). Bei einem reinen Unterlassungsgebot wie im vorliegenden Fall erstreckt sich die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage der Leistungsfrist, wie noch darzulegen sein wird, sogar ausschließlich auf die materielle Rechtslage, so daß ein dem Gericht dabei unterlaufener Fehler den Berufungs(Revisions)Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung bildet.

Die auf eine Stundung der Exekution abgestellte Bestimmungen des 409 ZPO berechtigt den Schuldner, ungeachtet der in der Vergangenheit bereits eingetretenen Fälligkeit der geschuldeten Leistung die Judikatsschuld in Abweichung von der materiellen Rechtslage erst vor Ablauf der im Urteil vom Gericht festgesetzten Frist zu erbringen. Gerade diese Wirkung ist aber an die Verpflichtung zur Erbringung einer positiven Leistung gebunden (Petschek - Stagel, Der österreichische Zivilprozeß, 246), so daß § 409 ZPO auf reine Unterlassungsansprüche nicht anzuwenden ist. Letztere wurzeln unmittelbar im materiellen Recht (Schuster - Bonnott, Der privatrechtliche Anspruch auf Unterlassung, JBl. 1976, 281 ff.; Jelinek, Das Klagerecht auf Unterlassung, ÖBl. 1974, 125 ff.) und zielen auf die Einhaltung der betreffenden materiellen Rechtslage durch den Beklagten ab. Wollte man in Übereinstimmung mit der Auffassung des Berufungsgerichtes eine Leistungsfrist anordnen, so hätte dies nicht eine Stundung der Anspruchserfüllung, sondern eine Abänderung der materiellen Rechtslage für den Zeitraum der Leistungsfrist durch eine rein verfahrensrechtliche Anordnung zur Folge. Der Beklagte wäre dann berechtigt, für die Dauer der Leistungsfrist ein Verhalten an den Tag zu legen, das der materiellen Rechtslage widerspricht und daher zu einem - stets Feststellungselemente über die materielle Rechtslage einschließenden - Unterlassungsgebot im Urteil führte. Im Bereich des Wettbewerbsrechtes hätte dies zur Folge, daß der Beklagte sein wettbewerbswidriges Verhalten 14 Tage hindurch fortsetzen dürfte. Eine solche, die gesetzliche materielle Rechtslage in ihr Gegenteil verkehrende Wirkung ist jedoch mit dem bloß in einer Exekutionsstundung bestehenden Normzweck des § 409 ZPO unvereinbar, zumal solche Unterlassungspflichten zu einem fortwirkenden einheitlichen Verhalten für Gegenwart und Zukunft verbinden (Jelinek a. a. O., 131). Die urteilsmäßige Verpflichtung zu einer reinen Unterlassung - also nicht zu einer Unterlassung, die auch ein positives Tun, wie etwa eine Beseitigung, umfaßt - tritt daher sofort mit der Wirksamkeit des Urteiles (§ 416 ZPO) ein.

Das angefochtene Urteil war somit in Wiederherstellung der Entscheidung erster Instanz dahin abzuändern, daß die Beklagten schuldig sind, die gegenständliche Ankündigung sofort zu unterlassen.

Anmerkung

Z51076

Schlagworte

Ausverkauf, ausverkaufsähnliche Veranstaltung, Unterlassungsverpflichtung, Wirksamwerden, wettbewerbsrechtliche Unterlassungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0040OB00337.78.0606.000

Dokumentnummer

JJT_19780606_OGH0002_0040OB00337_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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