TE OGH 1978/8/4 13Os93/78

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Veröffentlicht am 04.08.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.August 1978 unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Friedrich und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hammer als Schriftführer in der Strafsache gegen Heinz A wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs 1 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17. November 1977, GZ 4 c Vr 2952/77-23, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Wegrostek und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird auch insoweit verworfen, als sie auf die im § 281 Abs 1 Z. 9 lit a und Z. 9

lit c StPO angegebenen Nichtigkeitsgründe gestützt ist. Der Berufung wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß dem Angeklagten die über ihn verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wird. Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des weiteren Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Heinz A gegen das oben bezeichnete Urteil, mit dem er des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs 1 StGB schuldig erkannt wurde, hat der Oberste Gerichtshof insoweit, als sie auf den im § 281 Abs 1 Z. 5 StPO angegebenen Nichtigkeitsgrund gestützt wird, mit Beschluß vom 29.Juni 1978, 13 Os 93/78-5, dem der maßgebliche Sachverhalt zu entnehmen ist, schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückgewiesen.

Gegenstand des Gerichtstages waren daher nur mehr der auf die Nichtigkeitsgründe nach Z. 9 lit a und Z. 9

lit c des § 281 Abs 1 StPO gestützte Teil der Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten. Auch die Rechtsrügen gehen fehl.

Soweit der Beschwerdeführer dabei von der Annahme ausgeht, daß es bloß zu 'flüchtigen und kurzen Berührungen der Geschlechtssphäre' gekommen sei, weicht er von den Urteilsfeststellungen ab, wonach er mit den beiden unmündigen Knaben 'gegenseitige Handonanie' trieb. Damit bringt er demnach den erstangeführten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund, dessen erfolgreiche Geltendmachung einen Vergleich des im Urteil als erwiesen angenommenen Sachverhalts mit dem darauf anzuwendenden Gesetz voraussetzt, nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung. Dasselbe gilt für seinen (Z. 9 lit c - der Sache nach abermals lit a -

des § 281 Abs 1 StPO relevierenden) weiteren Einwand, der darauf abgestellt ist, daß die Unzuchtspartner nur Selbstbefriedigung getrieben hätten; denn das Erstgericht verstand - wie schon im eingangs erwähnten Zurückweisungsbeschluß erörtert - unter der oben wiedergegebenen Bezeichnung der Tathandlung unmißverständlich ein gegenseitiges Reiben mit der Hand am Geschlechtsteil des jeweils anderen.

Einer näheren Befassung mit den bisher angeführten Rügen bedarf es daher nicht.

Rechtsirrig aber ist die Auffassung des Angeklagten, das Verbrechen nach dem § 207 Abs 1 StGB setze auch bei dem hier allein aktuellen ersten Deliktsfall eine Verleitung des Unmündigen zur Unzucht voraus: nach dem klaren Gesetzeswortlaut ist dieses Tatbestandsmerkmal nur für die zweite und dritte Fallgruppe der in dieser Strafbestimmung pönalisierten Tathandlungen normiert. Die Frage, ob dem Beschwerdeführer auf Grund der Urteilsfeststellungen in rechtlicher Hinsicht eine Verleitung der Knaben zur Unzucht im Sinn des in Rede stehenden Verbrechenstatbestandes zur Last fällt, kann demnach im hier gegebenen Zusammenhang auf sich beruhen. Auch in ihrem der Behandlung im Gerichtstag vorbehaltenen Teil konnte sohin der Nichtigkeitsbeschwerde ein Erfolg nicht beschieden sein.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach dem § 207 Abs 1 StGB zu sieben Monaten Freiheitsstrafe.

Bei der Strafzumessung wertete es seinen bisher untadeligen Wandel als mildernd, die Verleitung zweier Unmündiger sowie die Wiederholung der Tathandlungen hingegen als erschwerend. Im Hinblick auf den Mangel jeglicher Schuldeinsicht beim Angeklagten erschien dem Schöffengericht die Gewährung bedingter Strafnachsicht aus spezialpräventiven Erwägungen als ungerechtfertigt. Der Berufung des Angeklagten, mit der er eine Strafherabsetzung, die Verhängung einer Geldstrafe statt der Freiheitsstrafe und die Anwendung des § 43 Abs 1 StGB

anstrebt, kommt teilweise Berechtigung zu.

Ungerechtfertigt ist das Begehren um Strafherabsetzung. Zwar kann von einer als erschwerend wirkenden Verleitung der Tatopfer durch den Angeklagten im Hinblick darauf, daß die Initiative zur Unzucht von den bereits verdorbenen Knaben ausging, nicht gesprochen werden. Als belastend fällt aber doch ins Gewicht, daß sich die Tathandlungen über einen längeren Zeitraum erstreckten und zwei Personen betrafen. Davon, daß dem Berufungswerber seine Einsamkeit und der Umstand, daß er die Unmündigen für ihre Bereitwilligkeit zur Unzucht honorierte, als mildernd zugutezuhalten wären, kann keine Rede sein. Die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten wird der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld des Angeklagten (§ 32 StGB ) durchaus gerecht. Die Anwendung des § 37 StGB kam demgemäß gleichfalls nicht in Betracht.

Wohl aber kann mit Rücksicht auf den ansonsten bisher ordentlichen Lebenswandel des Berufungswerbers und darauf, daß der erste Anstoß zu den Taten von den bereits mit entgeltlicher homosexueller Unzucht erfahrenen Buben kam, ungeachtet dessen, daß er sich nicht zu einem Geständnis entschließen konnte, doch angenommen werden, daß die bloße Androhung des Freiheitsstrafvollzuges genügen werde, ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Indiziert doch Mangel eines Geständnisses keineswegs unbedingt auch Mangel an Schuldeinsicht. Da auch Belange der Generalprävention dem nicht entgegenstehen, war dem Angeklagten daher in teilweiser Stattgebung seiner Berufung bedingte Strafnachsicht zu gewähren (§ 43 Abs 1 StGB ), wobei eine dreijährige Probezeit als angemessen erschien. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01414

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0130OS00093.78.0804.000

Dokumentnummer

JJT_19780804_OGH0002_0130OS00093_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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