TE OGH 1978/9/6 10Os125/78

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.09.1978
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.September 1978 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Neutzler und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, Dr. Bernardini, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hammer als Schriftführers in der Strafsache gegen Josef A wegen des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Jugendschöffengerichts vom 21. Februar 1978, GZ 22 Vr 472/77-19, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Vogl und der Ausführungen des Verteters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die vom Erstgericht über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf drei Wochen herabgesetzt. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 27.Februar 1959 geborene Elektroinstallateurlehrling Josef A des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach dem § 206 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er im Dezember 1976 in Obertrum mit der am 23.Februar 1963 geborenen Schülerin Andrea B zweimal den außerehelichen Beischlaf unternommen hatte.

Rechtliche Beurteilung

Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. In seinem Vorbringen zum erstangeführten Nichtigkeitsgrund bezeichnet der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf die Angaben der Zeugin Andrea B am 14.Jänner 1977

vor der Gendarmerie (Seite 19) die Urteilsfeststellung als aktenwidrig, er habe nach den Angaben dieser Zeugin bereits nach dem ersten Geschlechtsverkehr von ihrem (wahren) Alter Kenntnis erlangt.

Diese Rüge schlägt nicht durch:

Nach den Urteilsfeststellungen vollzog der Angeklagte bereits Ende November 1976 mit der unmündigen Schülerin Andrea B am ersten Tag ihrer Bekanntschaft den Geschlechtsverkehr, kannte aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht ihr wahres Alter, weshalb er in diesem Faktum von dem Anklagevorwurf des Verbrechens des Beischlafs mit einer Unmündigen rechtskräftig freigesprochen wurde. Nach den weiteren Urteilsannahmen kam es in der Folge im Dezember 1976 zwischen ihm und dem unmündigen Mädchen noch zweimal zu einem Geschlechtsverkehr. In diesen beiden weiteren Fällen ging das Erstgericht, gestützt auf die für glaubwürdig erachteten Angaben der Zeugin B in der Hauptverhandlung vom 22.November 1977 (S. 70 und 71; infolge önderung der Seitenzahlen im Urteil unrichtig mit S. 72 und 73 zitiert), die sie auch in der fortgesetzten Hauptverhandlung am 21.Februar 1978 aufrecht erhielt (S. 88), von der Annahme aus, daß der Angeklagte über sein ausdrückliches Befragen noch vor dem zweiten außerehelichen Beischlaf von B ihr wahres Alter von (damals) dreizehn Jahren erfahren hatte (S. 100 und 101). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers stützt demnach das Erstgericht die in Rede stehende Feststellung gar nicht auf die Angaben der Zeugin B vor der Gendarmerie, sodaß schon darum von einer Aktenwidrigkeit im Sinn einer eine entscheidende Tatsache betreffenden unrichtigen (oder unvollständigen) Wiedergabe des Inhalts einer Aussage nicht gesprochen werden kann. Dazu kommt noch, daß diese Zeugin nicht nur vor der Gendarmerie erklärte, der Angeklagte habe, 'soviel ihr bekannt sei', schon beim ersten Beischlaf mit ihr von ihrem Alter unter vierzehn Jahren gewußt (S. 19), sondern dies auch noch vor dem Untersuchungsrichter ausdrücklich bestätigte (S. 46), wogegen das Gericht zugunsten des Beschwerdeführers nur ihrer insoweit abweichenden Darstellung in der Hauptverhandlung folgte, daß der Angeklagte erst vor dem zweiten Geschlechtsverkehr von ihrem wahren Alter Kenntnis erlangt hatte. Mit letzteren, der Sachverhaltsfeststellung zugrunde gelegten Angaben der Zeugin B steht aber die vom Beschwerdeführer bekämpfte Urteilsfeststellung jedenfalls im Einklang. Der Vorwurf der Aktenwidrigkeit geht daher ins Leere.

Dem weiteren Beschwerdevorbringen zur Mängelrüge, die Zeugin B könne gar nicht wissen, ob und wann der Angeklagte in ihren Ausweis Einsicht genommen (und daraus ihr Alter erfahren) habe, ist entgegenzuhalten, daß er nach der - durch die Beweisergebnisse (Zeugin B, S. 70 und 71) voll gedeckten - Urteilsannahme (zumindest auch) durch ausdrückliches Befragen dieser Zeugin von ihrem Alter Kenntnis erlangt hatte (S. 101).

Mit seinen Ausführungen zu der auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Rechtsrüge, es sei zwischen ihm und der Zeugin B nicht (auch) ein drittes Mal zu einem Geschlechtsverkehr gekommen, setzt sich der Beschwerdeführer zunächst über die insoweit entgegenstehenden - sogar durch seine eigene Verantwortung gedeckten (vgl. S. 65, 66, 67, 85 und 86) - Urteilsannahmen (S. 100) hinweg und bringt somit diesen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund, der zu seiner prozeßordnungsgemäßen Darstellung einen Vergleich des festgestellten Sachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz erfordert, nicht zur gesetzmäßigen Ausführung.

Im übrigen erweist sich die in der Rechtsrüge zum Ausdruck kommende Auffassung des Beschwerdeführers, er hätte beim dritten Mal den Tatbestand des § 206 (Abs 1) StGB mangels Durchführung (ersichtlich gemeint: Vollziehung) eines Geschlechtsverkehrs mit der unmündigen Andrea B nicht verwirklicht, deshalb als verfehlt, weil das Delikt des Beischlafs mit Unmündigen nach der vorerwähnten Gesetzesstelle eine Vereinigung der Geschlechtsteile (durch Eindringen des Gliedes in die Scheide) nicht erfordert, sondern schon durch das Unternehmen des Beischlafs, wozu der beabsichtigte Beginn des Geschlechtsverkehrs durch bloßen Kontakt der Geschlechtsteile ausreicht, vollendet ist (LSK. 1976/198). Es würde sich daher an der rechtlichen Beurteilung nichts ändern, wenn es, wie der Beschwerdeführer vor dem Untersuchungsrichter behauptete (S. 36), beim dritten Mal nur zu einer Berührung der Geschlechtsteile gekommen sein sollte.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.

Das Jugendschöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 206 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 11 JGG. 1961

und des § 41 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten. Gemäß § 43 Abs 1 StGB wurde diese Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Gleichzeitig ordnete das Gericht Bewährungshilfe an (§ 50 Abs 1 StGB ).

Bei der Strafzumessung wertete es als erschwerend die Wiederholung der Straftaten, als mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Angeklagten, den Umstand, daß er die Taten aus Unbesonnenheit und mehr durch eine besonders verlockende Gelegenheit verleitet als mit vorgefaßter Absicht begangen hat, und sein teilweises Geständnis. Mit seiner Berufung strebt Josef A eine Strafermäßigung an. Der Berufung kommt Berechtigung zu.

Zusätzlich zu den schon in erster Instanz angenommenen Milderungsgründen des Teilgeständnisses, des bisherigen tadellosen Lebenswandels, der Unbesonnenheit und der verlockenden Gelegenheit läßt die nach den Verfahrensergebnissen (S. 4 ff.) offenkundige Sexualdepravation der Andrea B das strafbare Verhalten des Berufungswerbers in einem sehr milden Licht erscheinen. Zieht man dazu in Betracht, daß der Angeklagte inzwischen erwachsen ist, Präsenzdienst leistet und seine Nachreifung gerade auf sexuellem Gebiet nach der Lebenserfahrung so gut wie sicher ist, so erscheint bei Berücksichtigung all dieser Umstände eine wesentliche Strafherabsetzung durchaus vertretbar (ein bloßer Schuldspruch nach § 13 JGG. wurde in der Berufung nicht beantragt).

Es war daher der Berufung Folge zu geben und die Strafe auf drei Wochen (in Beibehaltung des § 41 StGB ) herabzusetzen. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01426

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0100OS00125.78.0906.000

Dokumentnummer

JJT_19780906_OGH0002_0100OS00125_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten