TE OGH 1978/9/19 11Os111/78

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Veröffentlicht am 19.09.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.September 1978 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Goldmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Harald A wegen des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach dem § 287 Abs. 1 StGB (15, 127 Abs. 1, 129 Z 1 StGB) über die von dem Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 2.Mai 1978, GZ. 22 Vr 407/78-20, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 21.Mai 1953 geborene Chemiearbeiter Harald A des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach dem § 287 Abs. 1 StGB in bezug auf die § 127 Abs. 1, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt, weil er sich am 24.Februar 1978 in Linz, wenn auch nur fahrlässig, durch den Genuß von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch versetzte und im Rausch dadurch, daß er fremde bewegliche Sachen den nachangeführten Personen durch Einbruch mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wegzunehmen versuchte, und zwar dem Viktor B durch Einschlagen eines Fensters und Einsteigen in das Lager einer Eisenwarengroßhandlung und dem Ludwig C durch Eindrücken zweier Türen Handlungen beging, die ihm außer diesem Zustand als Verbrechen des versuchten Einbruchsdiebstahls (richtig: Diebstahls durch Einbruch) nach den § 15, 127 Abs. 1, 129 Z 1 StGB zugerechnet würden.

Dagegen wendet sich der Angeklagte mit einer ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 9 lit. a und b sowie 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

In Ausführung der den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO relevierenden Mängelrüge behauptet der Beschwerdeführer, die erstgerichtliche Feststellung, er habe beabsichtigt, einen Plattenspieler oder einen Cassettenrecorder zu stehlen, sei aktenwidrig, weil weder er selbst noch irgendein Zeuge derartiges bekundet habe.

Dem ist jedoch zu entgegnen, daß es sich bei der erwähnten Feststellung - die nur in den Urteilsgründen getroffen wurde, wogegen im Urteilsspruch die Art der zu stehlen beabsichtigten Gegenstände nicht genannt wird - um eine aus den Gesamtergebnissen des Beweisverfahrens vom Erstgericht im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung gezogene Schlußfolgerung tatsächlicher Art handelt, die es hinreichend damit begründet hat, daß der Angeklagte, welcher am Tage der Tat schon vorher ausgiebig gezecht hatte und schwer berauscht war, in der von ihm bewohnten Wohnung seiner Schwester in Gegenwart anderer Personen weiter getrunken und aus Zorn über einen an der Stereoanlage (Plattenspieler) aufgetretenen Defekt das Gerät aus dem zweiten Stock hinuntergeworfen und anschließend geäußert hatte, er 'bringe Musik', worauf er sich entfernte und die anwesende Zeugin Ingrid D schon zu diesem Zeitpunkt gegenüber dem ebenfalls zugegen gewesenen Wilhelm E die Vermutung äußerte, daß der Angeklagte jetzt 'eintippeln' (stehlen) gehen werde; desweiteren begab sich der Angeklagte dann auch tatsächlich zum Hause Linz, Denkstraße 36, wo das Radiogeschäft F etabliert ist, und überstieg dort an der Rückseite des Objektes einen etwa 2 m hohen Zaun. Die gerügte Feststellung wurde demnach vom Erstgericht den Denkgesetzen entsprechend aus einer Mehrzahl von äußeren Umständen gefolgert und ist daher weder aktenwidrig, noch auch unzureichend begründet. Der Mängelrüge muß daher der Erfolg versagt bleiben.

Rechtliche Beurteilung

Unter ziffernmäßiger Berufung auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO nimmt der Angeklagte in bezug auf das Grunddelikt des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den § 15, 127 Abs. 1, 129 Z 1 StGB mit der Begründung, es habe sich um einen unbeendeten Versuch gehandelt, von dem er freiwillig zurückgetreten sei, den Strafaufhebungsgrund des § 16 Abs. 1 StGB in Anspruch. Damit übergeht aber der Beschwerdeführer, der einen solchen freiwilligen Rücktritt im übrigen selbst nie behauptete, zumal er sich von der Polizei auf Nichterinnern in bezug auf seine Absichten berief (S 21), sich vor dem Untersuchungsrichter 'schuldig' bekannte, ohne hiezu näher vernommen zu werden (S 36), in der Hauptverhandlung vom 18.April 1978 (S 61) wieder zu seiner ursprünglichen Verantwortung zurückkehrte und sich in der Hauptverhandlung vom 2.Mai 1978 (S 67) bloß auf seine (wie erwähnt freilich unterschiedlichen) Angaben auf S 36 und S 61 berief, die Feststellungen des Schöffengerichtes, wonach er ein von ihm gewünschtes Musikgerät weder im Objekt der Firma B, noch in dem der Firma C gefunden hatte, und daraufhin über verschiedene Dächer und eine Terrasse - wobei er von anderen Personen gesehen wurde - in die Hintergärten flüchtete, in deren Umgebung er schließlich von der Polizei angehalten wurde. Für die Annahme eines freiwilligen Rücktrittes vom Grunddelikt des versuchten Diebstahls durch Einbruch fehlt daher jegliche Grundlage; vielmehr handelte es sich nach den getroffenen Feststellungen um einen beendeten, aber mißglückten Versuch, von welchem schon begrifflich ein strafbefreiender Rücktritt nicht möglich ist.

In weiterer Ausführung seiner - insoweit ziffernmäßig auf die Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Rechtsrüge vertritt der Beschwerdeführer - dies übrigens im Widerspruch zu seinen früheren Darlegungen, er sei vom unbeendeten Versuch freiwillig zurückgetreten - die Auffassung, es sei überhaupt bei einer noch straflosen Vorbereitungshandlung zum Grunddelikt geblieben. Demgegenüber bedarf es aber keiner näheren Begründung, daß angesichts der Feststellungen des Erstgerichtes, wonach der Angeklagte am Tatort durch das Einbrechen bzw. Einsteigen in die Räumlichkeiten der Firma B und C bereits mit der Tatbildverwirklichung selbst in bezug auf das Verbrechen des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den § 15, 127 Abs. 1, 129 Z 1 StGB begonnen hatte und die Tat bloß mißlang, weil Diebsgut der gesuchten Art nicht vorgefunden werden konnte, hier das Grunddelikt bereits zum strafbaren Versuch gediehen war.

Der Beschwerdeführer ist aber auch nicht im Recht, wenn er behauptet, daß es sich vorliegend in Ansehung des Grunddeliktes um einen absolut untauglichen Versuch gehandelt habe. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Angeklagte im konkreten Fall im Bewußtsein, daß die von ihm heimgesuchten Firmen (Eisengroßhandlung und Lebensmittellager) Musikgeräte nicht als Handelsware führen, in der Erwägung dort einbrach und einstieg, daß in der Regel in Räumen von Firmen aller Art Musikgeräte (etwa tragbare Cassettenrecorder) zu finden sind, weil deren Betrieb durch Dienstnehmer heute allgemein üblich ist, oder ob er - das Erstgericht hat alle diese Möglichkeiten erwogen (S 93) -

ohnedies eigentlich in die Räumlichkeiten des unmittelbar daneben befindlichen, bereits erwähnten Radiogeschäftes F gelangen wollte und dies - sei es durch Dazwischentreten von Hausbewohnern oder weil er zufolge seiner Alkoholisierung nicht das richtige Objekt fand - bloß nicht gelang. Denn wenn die Vollendung eines Diebstahls nur deshalb unterblieben ist, weil zufällig in den vom Täter aufgebrochenen Räumlichkeiten keine von ihm als mitnehmenswert erachteten Gegenstände - hier eben Musikgeräte, wie Plattenspieler oder Cassettenrecorder - verwahrt waren, liegt nach ständiger und einheitlicher Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes jedenfalls immer bloß ein relativ untauglicher und daher strafbarer Versuch vor (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar, S 147, und die dort angeführten Entscheidungen). Es ist daher vorliegend auch bedeutungslos, ob sich solche Gegenstände fallweise - etwa zu einer anderen Tageszeit - an den Orten der Nachsuche des Angeklagten zu befinden pflegen und nur zufällig gerade nicht da waren oder ob sie entgegen der Erwartungen des sohin von einem Irrtum befangenen Angeklagten überhaupt nie dort zu finden sind. Denn von der Durchsuchung von Firmenräumlichkeiten, in denen üblicherweise auch Gegenstände der vom Täter in besonderen als mitnehmenswert erachteten Gegenstände (hier die genannten Musikgeräte) zu finden sind, kann jedenfalls nicht gesagt werden, daß sie in abstracto zur Auffindung stehlenswerter Gegenstände, insbesonders auch von Radiogeräten, untauglich wären (vgl. EvBl. 1972/195; nur dann hätte aber die abstrakte Versuchsuntauglichkeit bejaht werden müssen.

Desweiteren - damit allerdings im Ergebnis wieder den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. b und nicht jenen der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO relevierend und sich in Widerspruch mit seinen Ausführungen über die Anerkennung einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit nach dem § 125 StGB setzend - behauptet der Angeklagte, daß er sich zur Tatzeit zwar in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch befunden habe, er diesen Zustand aber nicht fahrlässig herbeigeführt habe und daher auch nicht den Tatbestand des § 287 Abs. 1 StGB verantworten müsse; denn die in der genannten Gesetzesstelle erwähnte Fahrlässigkeit müsse sich auf die spätere Tat beziehen. Diese Rechtsansicht ist irrig; die Fahrlässigkeit muß sich im Falle des § 287 Abs. 1 StGB bloß auf die Herbeiführung des Rauschzustandes erstrecken, während die Rauschtat (das Grunddelikt) demgegenüber eine objektive Bedingung der Strafbarkeit darstellt, die vom Verschulden des Täters nicht umfaßt wird (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar, S 1143). Daß der Angeklagte sich aber vorliegendenfalls fahrlässig durch den Genuß von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch versetzt hat, hat das Erstgericht nach den von ihm getroffenen Feststellungen zu Recht angenommen.

Soweit der Beschwerdeführer schließlich auch im Rahmen der Rechtsrüge immer wieder versucht, eine Diebstahlsabsicht zur Tatzeit - teils anderen seiner Beschwerdeausführungen damit widersprechend - zu verneinen, ermangelt der Beschwerde die gesetzmäßige Ausführung, da diese Darlegungen nicht von den begründeten Feststellungen des Erstgerichtes ausgehen, wonach er mit Diebstahlsvorsatz (im Rahmen des § 287 Abs. 1 StGB) gehandelt hat; sie müssen daher unbeachtet bleiben.

Da sich somit auch die Rechtsrüge nicht als zielführend erweist, war die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen. Das Erstgeuicht verhängte über den Angeklagten gemäß dem § 287 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 5 Monaten. Es wertete als erschwerend den Umstand, daß der Angeklagte im Rausch ein Geschäftslokal und ein Vorratslager aufbrach, sowie die im Hinblick auf die Rauschtat einschlägige Vorstrafe wegen des Vergehens nach § 9 Abs. 1 Z 2 SuchtgiftG, als mildernd hingegen daß der Angeklagte im Rahmen des Vorverfahrens zumindest in Richtung einer Rauschtat geständig war, was die Beweisführung gegen ihn erleichterte, wie auch, daß die Tat beim Versuch geblieben war.

Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte die Herabsetzung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe, darüberhinaus auch die Gewährung der bedingten Strafnachsicht.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig festgestellt und gewürdigt und zutreffend darauf hingewiesen, daß die Tat in charakterlichen Fehlhaltungen des Angeklagten wurzelt. Der Umstand, daß durch die Tat kein Schaden entstanden ist, kann - entgegen der Auffassung des Angeklagten - bei einer nur versuchten Tat in der Regel nicht als mildernd gewertet werden. Der Hinweis auf die schlechte Gesellschaft, in die der Angeklagte geraten sein will, vermag seinen Verschuldensgrad nicht zu mildern.

Die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe entspricht somit sowohl dem Unrechtsgehalt der Tat als auch seiner Persönlichkeit und Schuld.

Der Berufung war daher keine Folge zu geben.

Die Entscheidung über den Kostenausspruch gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01478

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0110OS00111.78.0919.000

Dokumentnummer

JJT_19780919_OGH0002_0110OS00111_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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