TE OGH 1978/10/3 11Os130/78

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Veröffentlicht am 03.10.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Oktober 1978

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Goldmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Kurt A wegen des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten Brandstiftung nach den §§ 169 Abs 1 und 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von dem Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Schöffengericht vom 30. März 1978, GZ 9 Vr 91/77-82, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Feichtenberger, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Karollus, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 5 (fünf) Jahre herabgesetzt.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

                   Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 14. März 1946 geborene

Chemiearbeiter Kurt A des Verbrechens der teils vollendeten und

teils versuchten Brandstiftung nach den §§ 169 Abs 1 und 15 StGB,

des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach § 126 Abs 1

Z 7 StGB, des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die

Staatsgewalt nach den §§ 15, 269 Abs 1 StGB, des Verbrechens des

Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 129 Z 1 und 2

StGB, des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB und

des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1

StGB schuldig erkannt, weil er den Urteilsfeststellungen zufolge

vorsätzlich I)   in Krems a.d. Donau an fremden Sachen nachstehend

genannter Eigentümer ohne deren Einwilligung   dadurch eine

Feuersbrunst verursacht hat, daß er   1.) am 20. Dezember 1976 im

Kellergeschoß des        Eigentumswohnhauses Bahnhofplatz 14 a das

dem Franz B zugewiesene Keller-

  abteil in Brand steckte, wobei das Feuer        auf die

Kellerabteile von Dipl.Ing. Hedwig        C, Franz D, Peter E,

Peter F, Franz B, Klara        G, Sophie H, Elfriede J        und

Elfriede K übergriff und ein        Schaden von 121.411 S entstand;

2.)  am 5. Jänner 1977 nach überklettern eines        2 m hohen

Maschendrahtzauns in das Areal        des Bauhofes der Stadtgemeinde

Krems a.d.

  Donau einstieg und in einem Doppelschuppen        dort stehende

Plakatständer anzündete, wobei        ein Schuppen ausbrannte und an

den gelagerten        Geräten ein Schaden von 100.371 S entstand;

3.)  am 15. August 1977 einen neben der Wand einer        im Areal

der Firma Franz L aufge-

  stellten Bauhütte befindlichen Stapel mit        Kleinholz in

Brand steckte, wodurch die Bau-

  hütte abbrannte und das Feuer auf eine Lager-

  halle der Firma Franz M übergriff        und diese samt gelagertem

Schnittholz ver-

  nichtete, wobei ein Schaden von 655.000 S        zum Nachteil des

Franz M und ein        solcher von 101.724 S zum Nachteil des

Franz L verursacht wurde;

II)  in Krems a.d.Donau seinen Entschluß, an fremden   Sachen

nachstehend genannter Eigentümer ohne   deren Einwilligung eine

Feuersbrunst zu verursachen, durch eine der Ausführung unmittelbar

vorangehende Handlung betätigt hat, indem er   1.)  am 20. Dezember

1976 im Kellergeschoß des        Hauses Ringstraße 32 im

Kellerabteil der        Therese N ein Leintuch entzündete,

wobei die Lattentür des Kellerabteils an-

  brannte;

2.)  am 25. Dezember 1976 im Wohnhausrohbau        des Erich O

teerbeschichtete Glaswoll-

  platten entzündete, wobei 90 Stück Tritt-

  schalldämmplatten und eine Rolle Glaswoll-

  matte vernichtet wurden und ein Schaden in        der Höhe von

8.000 S entstanden ist;

3.)  am 25. Dezember 1976 das Gelände des Säge-

  werks- und Zimmereibetriebes des Franz M        betrat, durch ein

Fenster zur Platten-

  halle einen Kanister mit Spindelöl leerte        und einen zum

Brennen gebrachten ölgetränkten        Lappen nachwarf;

III) fremde Sachen in einem 5.000 S übersteigenden   Wert dadurch

beschädigt hat, daß er   1.)  am 21. August 1974 in Krems a.d. Donau

einen        auf der Nordseite der Anlage abgestellten,        dem

Kremser Tennisclub als Umkleide- und        Abstellraum dienenden

Eisenbahnwaggon in        Brand steckte, wodurch Teile der Holzwand,

Liegestühle und Decken zerstört wurden und        ein Schaden von

5.531,40 S entstanden ist;

2.)  am 21. August 1974 in Krems a.d. Donau das        Gerätehaus

des Fußballclubs T        an drei Stellen anzündete, wobei ein-

  gelagertes Heu und ein Jutesack verbrannten        und

Rußschwärzungen am Gebäude verursacht        wurden;

3.)  am 24. Dezember 1976 in Krems a.d.Donau        eine im Eigentum

der Firma Ing. Karl U        stehende Holzbaracke mit einer

Teerpappe        in Brand steckte, wodurch ein Schaden von

24.000 S verursacht wurde;

4.)  am 27. Juli 1977 in Stratzing das auf einem        gemähten

Getreidefeld eines unbekannten Ei-

  gentümers lagernde Stroh anzündete, wobei        ein Schaden in

unbekannter Höhe entstand;

IV)  am 27. Mai 1977 in Krem a.d. Donau dadurch, daß   er dem

Gendarmeriebeamten Adolf V, der   ihn mit den Worten 'Halt,

Gendarmerie, bleiben   Sie stehen und weisen Sie sich aus' zur

Ausweisleistung aufgefordert hatte, mit einem Faustschlag die

Taschenlampe aus der Hand schlug,   seinen Entschluß, einen Beamten

mit Gewalt an   einer Amtshandlung zu hindern, durch eine der

Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt hat;

V)   nachstehend genannten Eigentümern fremde bewegliche Sachen in

einem 5.000 S nicht übersteigenden   Werte teils in Gesellschaft von

Beteiligten, teils   durch Einbruch und Einsteigen, mit dem Vorsatz

weggenommen hat, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu

bereichern:

1.)  am 4. Jänner 1977 in Krems a.d. Donau dem        Josef W einen

Stoffmantel im Wert von        800 S;

2.)  im Juli 1977 in Dross in Gesellschaft des ab-

  gesondert verfolgten Josef X und ande-

  rer dem Karl Y sechs Eichenholzstämme        im Werte von 2.000 S;

3.)  in Krems a.d. Donau dem dortigen Magistrat        a) im Juli

und August 1977 in wiederholten           Angriffen Schnittblumen,

Rohrkolben und           Tomaten im Werte von 150 S durch

überklettern           eines Zaunes;

  b) am 5. August 1977 zwei Pfirsichkopfpapa-

     geien im Werte von 500 S durch überklettern           eines

Zaunes und Aufbrechen einer versperr-

     ten Käfigtür;

VI)  am 7. Dezember 1976 in Krems a.d. Donau den Johann Z durch

Versetzen einer Ohrfeige am   Körper mißhandelt und dadurch

fahrlässig eine   dem Grade nach leichte Verletzung bewirkt hat;

VII) in der Zeit vom 1. Juli 1976 bis 16. August 1977

in Krems a.d. Donau und anderen Orten dadurch,   daß er für sein am

6. Jänner 1974 geborenes aussereheliches Kind Michael AA keinerlei

Zahlungen leistete, seine im Familienrecht begründete

Unterhaltspflicht gröblich verletzt und dadurch   bewirkt hat, daß

der Unterhalt des Unterhaltsberechtigten ohne Hilfe von anderer

Seite gefährdet   gewesen wäre.

Von zwei weiteren Anklagepunkten wurde Kurt A gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte Kurt A unter Anrufung der Nichtigkeitsgründe der Ziffern 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO, der Sache nach auch jene der Z 9 lit b und 10 leg. cit. geltend machend, den Schuldspruch wegen Verbrechens der teils vollendeten und teils versuchten Brandstiftung (Punkte I und II des Urteilssatzes); Vergehens der schweren Sachbeschädigung (Punkt III des Urteilssatzes) und Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt (Punkt IV des Urteilssatzes); den Schuldspruch wegen Diebstahls, Körperverletzung und Verletzung der Unterhaltspflicht (Punkte V bis VII des Urteilssatzes) läßt er unangefochten.

Der Teilfreispruch ist gleichfalls unbekämpft geblieben.

Rechtliche Beurteilung

Verfahrensmängel im Sinne des § 281 Abs 1 Z 4 StPO erblickt der Angeklagte in der Ablehnung der von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Anträge auf Vernehmung der Zeugen Helmut AB, Karl AC, Maria AD und Verena AE, von denen die beiden Erstgenannten zum Beweis dafür, daß Kurt A nach seiner Vernehmung am 16. November 1977 schwer alkoholisiert in die Zelle eingeliefert worden sei (Seite 86/II. Band), die beiden Frauen aber zum Beweis dafür, daß Kurt A sich vom

1. bis 15. Jänner 1977 in Wien befunden habe und somit die ihm angelastete Tat vom 5. Jänner 1977

(Punkt I/2 des Schuldspruches) nicht begangen haben könne, sowie daß er sich im Zeitpunkt der ihm zu Punkt III/1 und 2 vorgeworfenen Taten (21. August 1974) mit Verena AE in Innsbruck befunden habe und diese Taten ebenfalls nicht begangen haben könne (Seite 89/II. Band), vernommen werden sollten.

Die Abweisung der Beweisanträge wurde vom Erstgericht damit begründet, daß der Zeuge AC nicht aufzufinden sei und die Ladung des Zeugen nur dann erheblich wäre, wenn das Schöffengericht die Behauptung des Angeklagten für wahr hielte. Die Aussage des Zeugen AB sei verlesen worden, zudem sei das Beweisthema bereits durch die Aussage einer außenstehenden Person (der Zeugin Beate AF) ausreichend erörtert worden und damit die Richtigkeit der Aussage des Zeugen AG gegeben (Seite 89/II. Band). Die Vernehmung der Zeuginnen Maria AD und Verena AE hätte ebenfalls zur Voraussetzung, daß das Schöffengericht das Geständnis des Angeklagten nicht für wahr hielte; das Schöffengericht halte dieses Geständnis jedoch für wahr (Seite 90/II. Band).

In den Entscheidungsgründen wird in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 16. September 1977 (ÖJZ-LSK 1977/356) noch bemerkt, daß das Schöffengericht von der Echtheit und dem korrekten Zustandekommen des Geständnisses überzeugt und daher nicht verbunden gewesen sei, Beweise aufzunehmen, welche - gemeint: deren Themen - mit dieser Feststellung im Widerspruch standen (Seite 132/II. Band). Dagegen wendet der Beschwerdeführer ein, daß die Frage, ob das Geständnis des Angeklagten vor den Gendarmeriebeamten echt oder falsch gewesen ist, im Vordergrund der Beweiswürdigung gestanden sei. Wenngleich der Leiter der Amtshandlung (der Zeuge Adolf AG) die Behauptung des Angeklagten, das Geständnis sei erzwungen und erpreßt worden, in Abrede gestellt hat, hätten sich doch bei einer Vernehmung des Gendarmeriebeamten AB Widersprüche zu den Angaben des Zeugen AG ergeben können, was unter Umständen für die Beweiswürdigung des Erstgerichtes von entscheidender Bedeutung hätte sein können. Einer Vernehmung des Zeugen AC hätte es bedurft, um sicher darüber urteilen zu können, ob der Darstellung des Angeklagten, von den Gendarmeriebeamten auch durch Alkohol zu seinem Geständnis veranlaßt worden zu sein, Glauben geschenkt werden kann. Die Vernehmung der Zeuginnen AD und AE sei zum Beweis dafür beantragt worden, daß der Angeklagte zumindest die ihm zur Last gelegte Tat am 5. Jänner 1977 nicht begangen haben kann, weil er sich zu diesem Zeitpunkt gar nicht am Tatort befunden habe; ohne Vernehmung dieser Zeuginnen könne nicht mit Sicherheit gesagt werden, daß die bezügliche Verantwortung des Angeklagten unrichtig ist.

Die vom Angeklagten gerügten Verfahrensmängel sind nicht gegeben. Die Ablehnung eines Beweisantrages begründet dann Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 4 StPO, wenn nach der Sachlage nicht auszuschließen ist, daß durch die beantragte Beweisaufnahme eine weitere Klärung des Sachverhaltes erfolgen kann (EvBl 1946/226; SSt 13/89). Ein Beweisantrag des Angeklagten darf daher nicht bloß deshalb abgewiesen werden, weil das Gericht die ihm vorliegenden Belastungsbeweise für ausreichend hält (EvBl 1953/459, 1957/34; RZ 1959, 173). Auch die Entscheidung ÖJZ-LSK 1977/356 (= 9 Os 140/77) besagt in diesem Zusammenhang lediglich, daß es dann keiner weiteren Beweisaufnahme bedarf, wenn schon eine Voraussetzung (Prämisse), die dem unter Beweis gestellten Umstand erst entscheidungswesentliche Bedeutung verleihen würde, zu verneinen ist, wogegen die Verteidigung im vorliegenden Fall unmittelbar den Beweis führen will, daß - den Urteilsannahmen zuwider -

das Geständnis des Angeklagten nicht ordnungsgemäß zustandegekommen

sei und der Angeklagte zumindest im Falle I/2

nicht als Täter in Betracht komme.

Von den beantragten Zeugenvernehmungen war jedoch eine weitere

Klärung des Sachverhaltes nicht mehr zu erwarten.

So war die vor dem Untersuchungsrichter abgelegte Aussage des an der in Rede stehenden Vernehmung beteiligt gewesenen Gendarmeriebeamten Helmut AB (ON. 64) - ebenso wie die Aussage des Gendarmeriebeamten Günther AH (ON. 67) - ohnehin bereits einverständlich in der Hauptverhandlung verlesen worden (Seite 86/II. Band). Umstände, welche die Annahme zuließen, der Zeuge AB, der es schon in der Voruntersuchung als unrichtig bezeichnet hatte, daß die Gendarmeriebeamten mit Kurt A zusammen Sekt getrunken haben sollen (Seite 402/I. Band), könnte demgegenüber Angaben über eine - Thema des Beweisantrages bildende - Einlieferung des Kurt A in seine Zelle nach erfolgter Vernehmung in schwer alkoholisiertem Zustand machen, sind von der Verteidigung nicht aufgezeigt worden. Sofern der Beschwerdeführer jedoch vermeint, bei einer Vernehmung des Zeugen AB hätten sich Widersprüche zu den Angaben des Zeugen AG ergeben können, so entspricht die abstrakte Möglichkeit einer Förderung der Wahrheitsfindung durch einen bloßen Erkundungsbeweis nicht dem Erfordernis genügender Konkretisierung der von einer beantragten Beweisaufnahme zu erwartenden positiven Ergebnisse für die Wahrheitsfindung (SSt 31/121).

Einer Vernehmung des - vom Gericht gegebenenfalls erst auszuforschenden - Zeugen Karl AC hat es nicht bedurft, weil der Genannte bei der Vernehmung des Kurt A selbst nicht zugegen gewesen war und dem Gericht über den - allein entscheidungswesentlichen - Hergang dieser Vernehmung außer den Angaben der Gendarmeriebeamten auch die Aussage der Zeugin Beate AF zur Verfügung stand, die im Zeitpunkt der Ablegung des in Rede stehenden Geständnisses nichts von einer Alkoholisierung des Angeklagten wahrgenommen hatte (Seiten 73 und 85/II. Band).

Von einer Vorladung der Zeuginnen Maria AD und Verena AE konnte schließlich schon darum Abstand genommen werden, weil nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens feststand, daß sich der Angeklagte am 4. Jänner 1977 - also auch im (späteren) Zeitraum vom 1. bis 15. Jänner 1977 zumindest zeitweilig - in Krems a.d. Donau aufgehalten hatte (vgl. Punkt V/1 des Schuldspruches sowie Seiten 39, 49, 53, 72/I. Band und 118/II. Band) und Verena AE zudem schon im Vorverfahren angegeben hatte, in den Sommermonaten Juli/August 1974 mit dem Angeklagten zusammen in Krems-Stein gewohnt zu haben (Seite 567/I. Band).

Durch die Ablehnung der erwähnten Beweisanträge sind daher ungeachtet einer anscheinend mißverständlichen Auslegung der Entscheidung ÖJZ-LSK 1977/356 seitens des Erstgerichtes Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht beeinträchtigt worden. Als Begründunsmängel im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5

StPO werden vom Beschwerdeführer der Sache nach Unvollständigkeit des Ausspruches über entscheidende Tatsachen sowie Angabe nur offenbar unzureichender Gründe geltend gemacht.

Die Ausführungen in der Mängelrüge halten jedoch einer überprüfung nicht stand.

Wenngleich dem Beschwerdeführer darin beizupflichten ist, daß zwischen seinen Angaben im Rahmen des von ihm vor der Gendarmerie abgelegten Geständnisses und den Angaben der Zeugen Franz B, Erich O und Ing. Karl U in der Hauptverhandlung zu den Fakten I/1, II/2 und III/3 des Schuldspruches bezüglich einzelner Tatumstände Widersprüche bestehen, so kommt doch in den Gründen des angefochtenen Urteils klar zum Ausdruck, daß der Schöffensenat - unbeschadet des Ausspruches, der Angeklagte habe alle Einzelheiten der Brände so geschildert, wie sie im Inhalt der zunächst gegen unbekannte Täter erstatteten Anzeigen enthalten waren (Seite 126/II. Band) - Abweichungen bezüglich Nebenumständen nicht als ausreichenden Grund ansah, um die Richtigkeit des Geständnisses in Zweifel zu ziehen. Es handelt sich somit nicht um entscheidungswesentliche Umstände.

In der Argumentation des Erstgerichtes ist aber schon mit Rücksicht auf die große Anzahl der einschlägigen Fakten und das verhältnismäßig längere Zurückliegen der in Rede stehenden Fakten I/1, II/2 und III/3, welche in der Zeit zwischen 20. und 25. Dezember 1976 gelegten Brände betreffen, kein logischer Fehler zu ersehen, zumal das Gericht die Beweismittel nicht nur einzeln, sondern auch in ihrem inneren Zusammenhang auf ihre Glaubwürdigkeit und Beweiskraft zu prüfen hat (§ 258 Abs 2 StPO). So wird in den Entscheidungsgründen mit Bezug auf Punkt I/1

des Schuldspruches auch darauf hingewiesen, daß der Angeklagte damals in unmittelbarer Umgebung des Brandortes (Bahnhofplatz 14 a) gesehen worden ist, und daß im Haus Ringstraße 32 (Punkt II/1 des Schuldspruches), wo kurz vorher Feuer gelegt worden war, tatsächlich eine frühere Bekannte seines Freundes W wohnt, die der Angeklagte seinen Angaben zufolge hatte aufsuchen wollen (Seiten 113-115, 127 und 129/II. Band).

Zum Fall O (Punkt II/2 des Schuldspruches) hat Kurt A keine näheren Angaben darüber gemacht, wie er die Platten mit dem von ihm verwendeten Streichholz in Brand gesetzt hat. Zudem hat der Zeuge Erich O bekundet, daß auf der Glaswolle möglicherweise noch Papierreste waren, die leichter zu brennen begonnen haben (Seiten 501/I. Band und 57/II. Band). Daß dieser Brand nach Annahme des Erstgerichtes ebenfalls vom Angeklagten gelegt worden ist, geht aus den Entscheidungsgründen eindeutig hervor (Seiten 115-116 und 133/II. Band).

In bezug auf das Faktum Sachbeschädigung zum Nachteil des Ing. Karl U (Punkt III/3 des Schuldspruches) hat Kurt A keineswegs angegeben, daß die von ihm glaublich angezündete Teerpappe sich in der Baracke befunden habe. Im übrigen können seine Angaben durchaus auch dahin verstanden werden, daß er das betreffende Feuer von außen gelegt hat, wie dies nach Aussage des Zeugen Ing. Karl U der Fall war (Seiten 502/I. Band und 58/II. Band).

Unter diesen Umständen war das Erstgericht nicht verhalten, in den Entscheidungsgründen, die nach dem Gesetz in gedrängter Darstellung abzufassen sind (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO), besonders auf die angeführten Punkte einzugehen, zu denen der Angeklagte in der Hauptverhandlung infolge seiner leugnenden Verantwortung auch nicht zielführend hatte befragt werden können. Was schließlich das Faktum III/4 anbelangt, so ist dem Beschwerdevorbringen zuwider die Aussage des Zeugen Adolf AG (Seite 81/II. Band) durch die Bestandteil der Anzeige bildenden Niederschriften mit dem Kommandanten und mit dem Löschmeister der Freiwilligen Feuerwehr Stratzing und einen Brandbericht, denen zufolge am 27. Juli 1977 auf einem Feld bei Stratzing tatsächlich ein Brand ausgebrochen ist, welcher den Einsatz der Feuerwehr erforderlich gemacht hat, hinlänglich objektiviert. Aus dem Umstand, daß Kurt A am 16. November 1977 auch diese Tat, über die den Sicherheitsbehörden gar keine Anzeige erstattet worden war, zugegeben hat, konnte das Erstgericht jedenfalls denkrichtig den Schluß ziehen, daß die Angaben des Angeklagten über von ihm gelegte Brände den Tatsachen entsprochen haben (Seite 127/II. Band). Ob Kurt A sein Geständnis auch schon vor oder erst nach dem Eintreffen der Beate AF abgelegt hat, erscheint an sich nicht entscheidungswesentlich. Wenn der Beschwerdeführer aus den Angaben der Gendarmeriebeamten und der Zeugin Beate AF Zweifel an der Darstellung der Beamten und damit auch an der Richtigkeit des von ihm abgelegten Geständnisses ableiten will, so ist dazu zu bemerken, daß Beate AF naturgemäß aus unmittelbarer Wahrnehmung keine Angaben darüber machen kann, was Kurt A vor ihrem Eintreffen ausgesagt hat. Sie hat aber am 24. November 1977 - also nur acht Tage später - bestätigt, auf der Dienststelle nach ihrer Ankunft zunächst informiert worden zu sein, daß Kurt A ein Geständnis hinsichtlich mehrerer Brandlegungen abgelegt habe (Seite 559/I. Band). Auf das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Primarius Dr. Heinrich AI konnte sich das Erstgericht insofern zu Recht berufen, als sich aus diesem Gutachten tatsächlich Anhaltspunkte für einen möglichen Zusammenhang zwischen den dem Angeklagten angelasteten Brandlegungen und seinen problematischen Beziehungen zu Frauen ergeben (Seiten 361-363/I. Band und 88/II. Band), wobei der Sachverständige selbst zutreffend darauf hinweist, daß die Feststellung des bezüglichen Motivationsprozesses eine Angelegenheit der - dem erkennenden Gericht vorbehaltenen - Beweiswürdigung ist. Unter Anrufung des materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO rügt der Angeklagte Kurt A den Schuldspruch wegen teils vollendeter und teils versuchter Brandstiftung in den Punkten I/1, I/2, II/1, II/2 und II/3 des Urteilssatzes als rechtsirrig, weil in diesen Fällen - im Gegensatz zum Faktum L/M (Punkt I/3 des Schuldspruches) - nicht von einer 'Feuersbrunst' gesprochen werden könne, mit welchem Vorbringen allerdings der Sache nach ein Subsumtionsirrtum nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO geltend gemacht wird, weil das vom Erstgericht festgestellte Verhalten des Angeklagten trotz Wegfall des Tatbestandsmerkmals der Feuersbrunst zumindest das Tatbild der teils vollendeten und teils versuchten schweren Sachbeschädigung verwirklichen würde. Diese Rechtsrüge erweist sich jedoch gleichfalls als unbegründet.

Bei einer Brandstiftung im Sinne des § 169 Abs 1

StGB handelt es sich um die vorsätzliche Herbeiführung einer Feuersbrunst an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers. Unter einer Feuersbrunst versteht man ein ausgedehntes Schadenfeuer, das der Mensch nicht mehr ohneweiters in seiner Gewalt hat und das mit gewöhnlichen Mitteln nicht mehr unter Kontrolle zu bringen ist, sodaß zur Bekämpfung besondere Mittel eingsetzt werden müssen. (Vgl. dazu u.a. Leukauf-Steininger, Kommentar, 834;

Foregger-Serini, StGB2, 306, und die dort zitierte Judikatur;

Dokumentation zum Strafgesetzbuch 179).

Aus den Gründen des angefochtenen Urteils geht nun hervor, daß das Erstgericht diesen von Lehre und Rechtsprechung entwickelten und vom Gesetzgeber bei der Bestimmung des § 169 StGB berücksichtigten Kriterien zutreffend Rechnung getragen hat (Seiten 132-134/II. Band). Wenn der Schöffensenat dabei zu dem Ergebnis gekommen ist, daß der Vorsatz des Angeklagten in den von den Punkten I und II des Schuldspruches erfaßten Fällen jeweils auf die Herbeiführung einer Feuersbrunst gerichtet gewesen war, wobei das Feuer aber nur in den unter Punkt I des Urteilssatzes angeführten Fällen auch ausbrach, so ist in der vom Erstgericht vorgenommenen rechtlichen Beurteilung der betreffenden Tathandlungen als Verbrechen der teils vollendeten und teils versuchten Brandstiftung nach den §§ 169 Abs 1 und 15 StGB schon mit Rücksicht auf Art und Größe der vom Angeklagten ausgewählten Objekte und auf die Höhe des entstandenen bzw. drohenden Schadens ein Rechtsirrtum nicht zu erkennen. Den Schuldspruch wegen Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt (Punkt IV des Urteilssatzes) erachtet der Beschwerdeführer (sachlich unter den Nichtigkeitsgründen der Z 9 lit a und b des § 281 Abs 1 StPO) darum für rechtsirrig, weil der Angeklagte berechtigt gewesen sei, sich der Aufforderung eines Zivilisten, von dem er plötzlich zur Ausweisleistung aufgefordert worden war und der ihm dabei noch mit einer starken Taschenlampe ins Gesicht leuchtete, zu widersetzen;

zumindest habe sich der Angeklagte in einem ihm nicht vorwerfbaren

(schuldausschließenden) Rechtsirrtum (§ 9 Abs 1 StGB) befunden.

Auch diese Rüge geht fehl.

Nach den Urteilsfeststellungen ist der Angeklagte, der sich damals im Kremser Augebiet versteckt gehalten hatte, vom Gendarmeriebeamten Adolf V als Angehörigem einer Zivilstreife mit den Worten 'Halt, Gendarmerie, bleiben Sie stehen und weisen Sie sich aus' angerufen und mit einer Taschenlampe angeleuchtet worden. Der Angeklagte kam nun auf Adolf V zu, schlug diesem die Taschenlampe aus der Hand, stieß ihn über eine Böschung hinab und ergriff die Flucht (Seite 120/II. Band).

Der Verantwortung des Angeklagten, er habe Adolf V nicht für einen Gendarmeriebeamten, sondern für einen Wahnsinnigen gehalten, der ihn niederschlagen wollte, hat das Erstgericht den Glauben versagt und hat - durchaus denkrichtig - angenommen, daß der Vorsatz des Angeklagten, der mehrere strafbare Handlungen begangen und daher allen Grund hatte, sich vor den Sicherheitsbehörden versteckt zu halten, darauf gerichtet gewesen war, sich einer Festnahme zu entziehen (Seiten 130- 131, 134/II. Band).

Bei diesem Sachverhalt kann jedoch keine Rede davon sein, daß der Angeklagte zu seinem gewaltsamen Widerstand berechtigt gewesen wäre oder sich auch nur mit Grund für berechtigt dazu hätte halten können.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Kurt A war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 169 Abs 1 StGB unter Bedachtnahme auf die Bestimmung des § 28 StGB eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren. Gemäß dem § 21 Abs 2 StGB ordnete es ferner die Unterbringung des Genannten in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher an.

Bei der Strafbemessung berücksichtigte es als erschwerend: das Zusammentreffen eines Verbrechens mit fünf Vergehen, die Wiederholung der Brandstiftungen, den hiebei entstandenen 'sehr hohen Schaden an der Millionengrenze', die Wiederholung (auch) der Diebstähle sowie die einschlägigen Vorverurteilungen des Angeklagten sowohl wegen Eigentumsdelikten als auch wegen Brandstiftung; hingegen wertete es als mildernd: das teilweise Geständnis, welches der Angeklagte in der Hauptverhandlung abgelegt hatte, dessen sehr vernachlässigte Erziehung und Verstandesschwäche und den Umstand, daß es mehrmals beim Versuch geblieben ist.

Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und die Ausschaltung des Ausspruches über die Einweisung nach dem § 21 Abs 2 StGB

Der Berufung kommt teilweise, nämlich insoweit Berechtigung zu, als sie auf eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe abzielt. Berücksichtigt man nämlich, daß 1.) das vom Berufungswerber bei der Gendarmerie abgelegte Geständnis den Milderungsgrund nach dem § 34 Z 14 StGB voll erfüllt, weil sich das Schöffengericht bei der Wahrheitsfindung (vor allem) darauf stützte (s. S. 126/II. Band) und

2.) 'der Schaden an der Millionengrenze' bei Begehung des - schon tatbestandsmäßig einen hohen Schaden voraussetzenden - Verbrechens der Brandstiftung nicht als Erschwerungsumstand zu werten ist, gelangt man - auf der Basis der im übrigen vom Erstgericht zutreffend angenommenen Strafzumessungsgründe - zu dem Ergebnis, daß eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren der persönlichkeits- und tatbezogenen Schuld des Angeklagten (§ 32 Abs 1 StGB) entspricht.

Der Berufung war daher in diesem Sinne Folge zu geben. Hingegen erstellte das Erstgericht im Zusammenhang mit dem Ausspruch gemäß dem § 21 Abs 2 StGB eine zutreffende Gefährlichkeitsprognose. Denn nach den Verfahrensergebnissen, insbesondere dem Gutachten des Sachverständigen Prim. Dr. Heinrich AI und den Vorstrafakten ist - wie das Erstgericht richtig erkannte und begründete - zu befürchten, daß der Angeklagte unter dem Einfluß seiner seelischen Abartigkeit von höherem Grad auch in Hinkunft Taten begehen werde, die mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind (S. 136/II. Band).

Argumente, die gegen eine solche Prognose sprächen, wurden übrigens vom Berufungswerber gar nicht vorgebracht.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch angeführte Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01481

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0110OS00130.78.1003.000

Dokumentnummer

JJT_19781003_OGH0002_0110OS00130_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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