TE OGH 1979/1/10 10Os183/78

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Veröffentlicht am 10.01.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Jänner 1979

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Harbich, Dr. Bernardini, Dr. Friedrich und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Brachtel als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josef A wegen des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von der Staatsanwaltschaft und vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 22. September 1978, GZ. 19 Vr 1139/78-13, erhobenen Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Schaubeder und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Melnizky, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben, und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf ein Jahr erhöht. Der Angeklagte wird mit seiner Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 54-jährige Maschinist Josef A der Vergehen des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs. 1 StGB (Punkt I des Schuldspruchs) und der schweren Körperverletzung nach den § 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z 4 StGB (Punkt II) schuldig erkannt, weil er am 3. März 1978 in Werfen gegen den Gendarmeriebeamten Rudolf B, der im Begriffe war, ihn anzuhalten, um ihn einer Verkehrskontrolle zu unterziehen, mit seinem PKW zweimal mit hoher Geschwindigkeit (los-)fuhr und ihn dadurch I. mit Gewalt an dieser Amtshandlung hinderte, sowie II. indem er ihn mit dem Fahrzeug an der linken Körperhälfte streifte, während der Vollziehung seiner Aufgaben leicht verletzte (Kontusion am linken Arm). Das Erstgericht verhängte hiefür nach § 28, 269 Abs. 1, erster Strafsatz, StGB über den Angeklagten eine Freiheitsstrafe von 8

Monaten. Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht als erschwerend die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, die Wiederholung der strafbaren Handlung durch zweimalige Vereitlung der Amtshandlung, das Zusammentreffen von zwei Vergehen sowie die Tatsache, daß es sich vorliegend um einen doch sehr massiven und länger dauernden Widerstand gegen zwei Gendarmeriebeamte gehandelt hat und der Angeklagte nicht einmal durch eine vorgehaltene Pistole und die Abgabe von Warnschüssen zur Abstandnahme von seinen strafbaren Handlungen veranlaßt werden konnte; als mildernd nahm es hingegen das Teilgeständnis an, weiters den Umstand, daß er sich (eine gewisse) längere Zeitspanne hindurch, (nämlich seit seiner letzten im Jahre 1973 erfolgten Verurteilung) wohlverhalten hat und einen gewissen Erregungszustand durch die mit einem Blutalkoholwert von 1,2 %o gegeben gewesene Alkoholisierung.

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung, die Staatsanwaltschaft nur das letztere Rechtsmittel ergriffen. Die Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 20. Dezember 1978, GZ. 10 Os 183/78-4, bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückgewiesen. Gegenstand des Gerichtstags waren somit nur noch die Berufungen.

Die Staatsanwaltschaft strebt eine Erhöhung des Strafmaßes an, der Angeklagte dessen Herabsetzung; das auf Gewährung bedingter Strafnachsicht nach § 43 Abs. 1 StGB gerichtete weitere Berufungsbegehren des Angeklagten hat dessen Verteidiger im Gerichtstag vor dem Obersten Gerichtshof ausdrücklich zurückgezogen.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung der Staatsanwaltschaft erweist sich als berechtigt. Der vom Erstgericht angenommene Milderungsgrund der auf einer Alkoholisierung basierenden Erregung des Angeklagten zur Tatzeit hat zu entfallen, da der Angeklagte seine Straftaten als Teilnehmer im Straßenverkehr verübte und bei dieser Sachlage die alkoholbedingte Herabsetzung der Zurechnungsfähigkeit mit ihren Folgen durch den Vorwurf aufgewogen wird, den der Genuß von Alkohol unter diesen Umständen begründet. Ebensowenig kann von einem Wohlverhalten durch längere Zeit gesprochen werden, zumal der Angeklagte die über ihn vom Landesgericht Salzburg mit Urteil vom 26. November 1973, GZ. 17 E Vr 2183/73-15, wegen des - auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden - Verbrechens der öffentlichen Gewalttätigkeit durch gefährliche Drohung nach § 99 StG verhängte dreimonatige Strafe erst am 2. Juli 1976 verbüßt hatte. Berücksichtigt man weiters die Besonderheiten des vorliegenden Falles, namentlich die große Intensität des Vorsatzes des Angeklagten, der sich zunächst schon durch die Teilnahme am Straßenverkehr als alkoholisierter Fahrzeuglenker rechtswidrig sowie verantwortungslos verhielt und dem - entgegen der in seiner Berufung vertretenen Auffassung - (demgemäß) weder eine heftige Gemütsbewegung noch Unbesonnenheit zugebilligt werden kann, beim Vergehen des Widerstandes gegen die Staatsgewalt durch zweimaliges Losfahren auf den Exekutivbeamten trotz Bedrohung mit der Waffe, so zeigt sich, daß mit einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten nicht das Auslangen gefunden werden kann; dies auch im Hinblick auf die sonstigen zahlreichen wie gewichtigen Erschwerungsgründe, bei denen wiederum die vielfachen durchwegs einschlägigen Vorstrafen große Bedeutung haben. Nicht gefolgt werden kann der Staatsanwaltschaft in diesem Zusammenhang allerdings, wenn sie vermeint, das Erstgericht hätte übersehen, zusätzlich als erschwerend zu berücksichtigen, daß der Widerstand gegen die Beamten wegen des Losfahrens mit einem Kraftfahrzeug auf B als mit einer Waffe im Sinne des § 82 StG 1945 geschehen zu beurteilen sei. Denn es geht nicht an, aus einer nicht mehr geltenden Strafbestimmung, an deren Stelle mit der Außerkraftsetzung keine - auch nur im entferntesten - ähnliche Regelung getreten ist, für einen nicht nach altem, sondern nach neuem Recht zu behandelnden Täter irgendwelche nachteiligen Folgerungen abzuleiten oder gar bloß in der Judikatur zu jener nicht mehr existenten Vorschrift ausgesprochene Rechtssätze - sei es auch nur auf dem Umweg über (ihrer Art nach in den § 33 ff StGB beispielsweise aufgezählte) allgemeine Strafzumessungsgründe - weiterhin zum Tragen zu bringen. Die in der Berufung des öffentlichen Anklägers zum Ausdruck gelangende gegenteilige Ansicht widerspricht elementarsten Rechtsgrundsätzen und muß als abwegig bezeichnet werden. Trotzdem war der - aus den vorher dargelegten Erwägungen im Ergebnis begründeten - Berufung der Staatsanwaltschaft Folge zu geben und die Strafe auf ein Jahr zu erhöhen. Demgemäß war der Angeklagte mit seiner (unberechtigten) Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.

Es war somit wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.

Anmerkung

E01722

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0100OS00183.78.0110.000

Dokumentnummer

JJT_19790110_OGH0002_0100OS00183_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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