TE OGH 1979/1/25 12Os188/78

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Veröffentlicht am 25.01.1979
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Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Jänner 1979

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Schneider, Dr. Steininger und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schnattinger als Schriftführer in der Strafsache gegen Dietmar A wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 2 und 4, 129 Z 1 und 3 und 15 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 11. Oktober 1978, GZ 12 a Vr 1221/78-26, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten, Rechtsanwalt Dr. Ackerl, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Dietmar A wird verworfen.

Aus Anlaß der Nichtgkeitsbeschwerde wird jedoch gemäß § 290 Abs 1 StPO das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die rechtliche Beurteilung der zu Punkt A) des Urteilssatzes bezeichneten Tathandlungen und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung der Sache selbst erkannt:

Der Angeklagte Dietmar A hat durch die zu Punkt A) des Urteilssatzes bezeichneten Tathandlungen das Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 2 und 4, 129 Z 1 und 15 StGB begangen und wird hiefür, sowie für die ihm nach dem aufrecht bleibenden Teil des Urteils weiterhin zur Last fallenden Vergehen des teils vollendeten, teils versuchten unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach §§ 136 Abs 1 und 15 StGB (Punkt B) des Urteilssatzes), der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs 1 StGB (Punkt C) des Urteilssatzes) und der versuchten Täuschung (als Beteiligter) nach §§ (12) 15, 108 Abs 1

StGB (Punkt D) des Urteilssatzes) nach §§ 129 und 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 (zwei) Jahren verurteilt. Die Aussprüche über den Ersatz der Kosten des Strafverfahrens und über die Anrechnung der Vorhaft werden aus dem Ersturteil übernommen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 24. März 1954 geborene Handelsreisende Dietmar A des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 2 und 4, 129 Z 1 und 3 und 15 StGB (Punkt A) des Urteilssatzes), des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach §§ 136 Abs 1 und 15 StGB (Punkt B) des Urteilssatzes), des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs 1 StGB (Punkt C) des Urteilssatzes) und des Vergehens der versuchten Täuschung nach §§ 15, 108 Abs 1 StGB als Beteiligter gemäß § 12 (dritte Alternative) StGB (Punkt D) des Urteilssatzes) schuldig erkannt.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde nur insoweit, als ihm in Ansehung des Schuldspruchfaktums A) I) a) 1) Tatbegehung 'in einem der Religionsausübung dienenden Raum' und 'durch Einbruch' angelastet wird.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde ist im Ergebnis unbegründet.

Nach den bezüglichen Urteilsannahmen (vgl S 201 dA) stahlen der Angeklagte und der abgesondert verfolgte Kurt B am 28. Juni 1978 aus der Johanneskapelle in Seetal, Bezirks Tamsweg, zum Nachteil der Pfarre Seetal eine aus Holz geschnitzte 'Täufergruppe', darstellend Johannes den Täufer und Jesus, im Wert von 35.000 S, indem sie die Gegenstände über eine 1,12 m hohe Gittertüre heraushoben (vgl S 37 in ON 15). Diese Tathandlung stellt - sieht man von der weiteren Frage ab, ob es sich hier überhaupt um ein 'Gebäude' im Sinne des § 129 Z 1 StGB gehandelt hat -

weder ein 'Einbrechen', di ein Eindringen in einen Raum mit physischer Gewalt oder mittels eines Werkzeuges (vgl LSK 1977/40), noch ein 'Einsteigen', di ein Eindringen in einen Raum unter Benützung einer zum Betreten nicht bestimmten Öffnung (vgl LSK 1976/299, LSK 1977/41 und SSt 25/74), dar. Gleichwohl begründet die irrige Annahme der Qualifikation des § 129 Z 1 StGB im vorliegenden Fall keine dem Angeklagten zum Nachteil gereichende Urteilsnichtigkeit, weil dieser strafsatzerhöhende Umstand bei einer Reihe weiterer Diebstahlsfakten (vgl die Punkte A) I) a) 4), A) I)

b) 1) und 2) und A) II) 3) des Urteilssatzes - nicht aber beim Schuldspruchfaktum A) I) a) 2), bei dem die Sachzueignung durch Herausreißen von drei schmiedeeisernen Nägeln, mithin gleichfalls nicht durch Einbruch erfolgte) jedenfalls gegeben war (vgl LSK 1976/ 372 ua) und deshalb bei der strafrechtlichen Beurteilung des nach § 29 StGB zu einer Einheit zusammengefaßten Tatgeschehens von keiner Bedeutung war (vgl 12 Os 37/78).

Auch ein Wegfall der Qualifikation des § 128 Abs 1 Z 2 StGB kommt hier nicht in Betracht. Voraussetzung dieser Qualifikation ist die Begehung eines Diebstahls in einem der Religionsausübung dienenden Raum oder an einer Sache, die dem Gottesdienst oder der Verehrung durch eine im Inland bestehende Kirche oder Religionsgesellschaft gewidmet ist. Es handelt sich bei dieser Bestimmung also um gleichwertige Modifikationen ein- und derselben Qualifikation, denen eine eigene Selbständigkeit fehlt und die deshalb vertauschbar sind (alternativer Mischtatbestand). Eine Urteilsnichtigkeit kann aber in einem solchen Fall nicht mit der Behauptung geltend gemacht werden; es liege eine andere als die im Urteil angenommene Begehungsart vor (vgl Gebert-Pallin-Pfeiffer III/2, Entscheidungen Nr 2 zu § 282 StPO). So gesehen gereicht der bekämpfte Ausspruch dem Beschwerdeführer nicht zum Nachteil. Denn auch wenn man annimmt, daß die Johanneskapelle in Seetal, aus der die Heiligenfiguren gestohlen wurden, nicht als ein der Religionsausübung dienender betretbarer Raum, sondern nur als ein durch eine Gittertür verschlossener Bildstock anzusprechen ist, war dem Angeklagten die Qualifikation des § 128 Abs 1 Z 2 StGB schon deshalb anzulasten, weil dieser Diebstahl dann an einer der Verehrung durch eine im Inland bestehende Kirche gewidmeten Sache erfolgte. Im übrigen wurde der dem unbekämpft gebliebenen Schuldspruchfaktum A) I) a) 4) zugrundeliegende Diebstahl jedenfalls auch durch Einbruch in einen der Religionsübung dienenden Raum - die 'Vogelkapelle' im Bezirk Tamsweg (vgl S 39 in ON 15) - begangen, sodaß sich der Beschwerdeführer auch aus diesem Grund durch den angefochtenen Ausspruch nicht für beschwert erachten kann. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagte war daher zu verwerfen. Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde war jedoch gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen, daß dem Urteil eine vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachte, ihm nachteilige Urteilsnichtigkeit im Sinne der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO insofern anhaftet, als ihm auch die Qualifikation des § 129 Z 3 StGB angelastet wird. Das gewaltsame Eindringen in einen geschlossenen Raum (eines Gebäudes oder eines Transportmittels) ist ausschließlich in der Z 1 des § 129 StGB normiert, womit auch die Überwindung einer einen Raum sichernden Sperrvorrichtung erfaßt ist; die im § 129 Z 3 StGB umschriebene (sonstige) Überwindung einer Sperrvorrichtung betrifft hingegen nur die Beseitigung von Sicherungen, die anderen (als den in der Z 1 und 2 des § 129 StGB bezeichneten) Objekten zugehören (vgl LSK 1976/ 212). Daß der Angeklagte bei einem der inkriminierten Diebstähle oder Diebstahlsversuche eine solche Sperrvorrichtung aufgebrochen bzw mit einem nachgemachten oder widerrechtlich erlangten Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug geöffnet hat, wurde vom Erstgericht nicht festgestellt und konnte mangels jedweder Verfahrensergebnisse in dieser Richtung auch nicht festgestellt werden.

Bei der durch die Maßnahme gemäß § 290 Abs 1 StPO erforderlich gewordenen Neubemessung der Strafe konnte der Oberste Gerichtshof von den im wesentlichen richtig und vollständig erkannten Strafzumessungsgründen des Erstgerichtes ausgehen, welchen der Angeklagte in seiner Berufungsschrift nichts von entscheidender Bedeutung entgegenzusetzen vermag, zumal die behauptete Verleitung durch den abgesondert verfolgten Mittäter Kurt B der Aktenlage nach von keinem besonderen Einfluß auf den jeweiligen Tatentschluß war. Auch die aus rechtlichen Gründen vorgenommene Korrektur der rechtlichen Beurteilung im Schuldspruch vermag den Schuldgehalt der Straftaten nicht entscheidend zu verringern.

Bedenkt man die durch den raschen Rückfall erwiesene Wirkungslosigkeit der bisherigen Strafvollzüge, so erweist sich eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren als notwendig, um die erforderliche spezialpräventive Wirkung auf den zu Eigentumsdelikten neigenden Angeklagten zu erzielen und dem Unrechts- und Schuldgehalt der Straftaten gerecht zu werden.

Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

Anmerkung

E01745

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0120OS00188.78.0125.000

Dokumentnummer

JJT_19790125_OGH0002_0120OS00188_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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