TE OGH 1979/1/31 1Ob757/78

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Veröffentlicht am 31.01.1979
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Norm

ABGB §328
EO §140
EO §145
EO §146
EO §156
EO §170 Abs1 Z1
EO §170 Abs1 Z5
EO §184 Abs1 Z2
EO §194 Abs3
EO §237
Geschäftsordnung der Gerichte §562

Kopf

SZ 52/13

Spruch

Durch den Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren erwirbt der gutgläubige Ersteher auch Eigentum an solchen vom Versteigerungsedikt mitumfaßten Teilen der in Exekution gezogenen Liegenschaft, die weder beschrieben noch geschätzt waren

OGH 31. Jänner 1979, 1 Ob 757/78 (LG Klagenfurt 1 R 327/78; BG Klagenfurt 7 C 1112/77)

Text

Die Liegenschaft EZ 55 KG H bestand ursprünglich aus den Grundstücken 94 Baufläche, 95 Baufläche,1/4 Garten (laut Grundbesitzbogen zusammen 1733 m2), 1/1 Wiese (626 m2) und 1/2 Garten (607 m2). Nach der Mappe liegt zwischen dem Grundstück 94 und dem Grundstück 1/1 eine unbezeichnete Grundfläche, die durch eine Zugehörigkeitsklammer als dem Grundstück 94 zugehörig bezeichnet ist. Auf dieser Grundfläche steht ein ehemals als Tanzsaal verwendetes Gebäude. Mit dem Kaufvertrag vom 12. Feber 1975 verkaufte die damalige Eigentümerin der Liegenschaft Christine K die Grundstücke 1/1 und 1/2 der beklagten Partei, deren Alleininhaber Architekt Klaus S ist, der diese beiden Grundstücke und den Tanzsaal bereits seit zwölf Jahren in Bestand hatte und dort die Werkstätten seiner Firma betrieb. Beide Vertragsteile hatten dabei den Willen, auch den ehermaligen Tanzsaal in das Eigentum der beklagten Partei zu übertragen. Daß er nach der Mappe nicht auf den als Kaufgegenstand bezeichneten Grundstücken 1/1 und 1/2 stand, sondern auf der dem Grundstück 94 zugehörigen Fläche, war beiden Vertragsteilen nicht bewußt. Der Kaufvertrag ist verbüchert.

Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 22. September 1976, 8 E 39/76-2, wurde der betreibenden Partei, Landeshauptstadt Klagenfurt, zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 123 377.28 S samt Anhang die Zwangsversteigerung der Liegenschaft EZ 55 des Grundbuchs der KG H bewilligt. Der Grundbuchskörper umfaßte laut Grundbuchsauszug die Grundstücke Nr. 94 Baufläche mit Haus Nr. 284, 95 Baufläche und 1/4 Garten. Das Ausmaß der Liegenschaft laut Katastralmappe beträgt 1733 m2. Anläßlich der am 23. November 1976 vorgenommenen Schätzung der Liegenschaft erläuterte die Verpflichtete Christine K die Besitzverhältnisse und erklärte sinngemäß, daß der "Tanzsaal" der Firma S gehöre. Auf Grund dieser Angaben der Verpflichteten entfiel die Schätzung des Gebäudes; es blieb ungeprüft, auf welchem Grundstück sich der Tanzsaal befindet. Der der Schätzung beigezogene Sachverständige nahm in seinem Schätzungsgutachten die Grenze der zu versteigernden Liegenschaft mit der Nord- und Ostwand des Tanzsaales an, bezog also das Gebäude nicht in die Schätzung der Liegenschaft ein. Die Begrenzung der Liegenschaft EZ 55 wurde vielmehr im Schätzungsgutachten des Sachverständigen mit den Worten beschrieben: "Die Begrenzung im Süden wird durch Nachbarbauwerke, welche an der Grenze errichtet sind, gebildet." In den von der betreibenden Partei vorgelegten und vom Erstgericht genehmigten Versteigerungsbedingungen wird die Liegenschaft wie folgt bezeichnet: "Die Versteigerung der der Verpflichteten gehörigen Liegenschaft EZ 55 KG H - Wohn- und Geschäftshaus in Klagenfurt, V-Straße 284 (bestehend aus Erdgeschoß, Kellergeschoß, 1. Obergeschoß, Dachgeschoß) mit Konsumzubau, Hofgebäude, Schankgebäude, Gartenanlagen, Kanalisation mit 1/5 Miteigentum an der EZ 128 KG H und 1733 m2 Grundfläche wird auf Grund der nachstehenden Versteigerungsbedingungen vorgenommen werden: Den Gegenstand der Versteigerung bildet die der Verpflichteten gehörende Liegenschaft EZ 55 KG H - wie oben beschrieben - in Klagenfurt, V-Straße 284." Das Versteigerungsedikt bezeichnet die zu versteigernde Liegenschaft wie folgt: "Grundbuch Klagenfurt, KG H, EZ 55, Wohn- und Geschäftshaus in Klagenfurt, V-Straße 284 (bestehend aus Kellergeschoß, Erdgeschoß, 1 Obergeschoß, Dachgeschoß) mit Konsumzubau, Hofgebäude, Schankbude, Gartenanlagen und 1733 m2 Grundfläche". Durch das Edikt wurde der Kläger auf die zu versteigernde Liegenschaft aufmerksam. Ohne in das Protokoll über die Beschreibung und Schätzung der Liegenschaft Einsicht genommen und ohne die Liegenschaft in der Natur gesehen zu haben, ersteigerte er die Liegenschaft. Er war der Meinung, daß auch der ehemalige Tanzsaal zu der versteigerten Liegenschaft gehöre. Die beklagte Partei weigerte sich, diesen Tanzsaal, den sie nach wie vor benützt, zu räumen und dem Kläger geräumt zu übergeben.

Der Kläger stellte das Begehren und führte aus, daß die beklagte Partei im Versteigerungsverfahren keine Rechte geltend gemacht habe, die die Versteigerung unzulässig machen würden. Tatsächlich sei die beklagte Partei auch nicht auf Grund des Kaufvertrages vom 12. Feber 1975 Eigentümer des Gebäudes geworden, weil sie damit lediglich die Grundstücke 1/1 (im Ausmaß von 626 m2) und 1/2 (im Ausmaß von 607 m2) erworben habe. Sie benütze den Tanzsaal ohne Rechtstitel. Daß auch die strittige Grundfläche Gegenstand der Zwangsversteigerung sei, sei der beklagten Partei, der als Vorkaufsberechtigter das Versteigerungsedikt zugestellt worden sei, bekannt gewesen.

Die Beklagte wendete ein, daß sie auf Grund des übereinstimmenden Willens der Vertragsteile durch den Kaufvertrag vom 12. Feber 1975 Eigentum an der in Rede stehender, Grundfläche mit dem Tanzsaal erworben habe und daß der Kläger die Liegenschaft EZ 55 KG H lediglich im Umfang der Schätzung und Beschreibung und entsprechend der von ihm anerkannten Versteigerungsbedingungen habe erwerben können.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es ging dabei von dem oben wiedergegebenen unbestrittenen Sachverhalt und von der weiteren Feststellung aus, daß unter den laut Schätzungsgutachten die zu versteigernde Liegenschaft im Süden begrenzenden Nachbarbauwerken der Tanzsaal zu verstehen sei. Daraus zog das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht den Schluß, daß vom Zwangsversteigerungsverfahren nicht auch jener Teil des Grundstücks 94 umfaßt gewesen sei, auf dem der ehemalige Tanzsaal steht. Weder in den Versteigerungsbedingungen noch im Edikt scheinen der Tanzsaal auf. Deshalb habe der Kläger auch kein Eigentum daran erwerben können, so daß sein Räumungsbegehren unbegrundet sei.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung keine Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 60 000 S übersteige. Das Berufungsgericht übernahm die Tatsachenfeststellungen des angefochtenen Urteils und billigte die rechtliche Beurteilung des Erstrichters.

Über die Revision des Klägers änderte der Oberste Gerichtshof die Urteile der Vorinstanzen dahin ab, daß er dem Klagebegehren stattgab.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Durch den rechtsbegrundenden gerichtlichen Akt des Zuschlages wird im Zwangsversteigerungsverfahren das Eigentum der in Exekution gezogenen Liegenschaft an den Ersteher übertragen (§ 156 EO; Heller - Berger - Stix, Komm. zur EO, 1241). Als ursprüngliche Erwerbsart überträgt der Zuschlag Eigentum selbst dann, wenn der Verpflichtete nicht Eigentümer war, sofern der Ersteher nur gutgläubig war. Der Gegenstand des Exekutionsverfahrens wird durch den Inhalt der Versteigerungsbedingungen und des Versteigerungsediktes festgelegt. Gemäß den §§ 146 Z. 1 und 170 Z. 1 EO haben die Versteigerungsbedingungen und das Versteigerungsedikt die deutliche Bezeichnung der Liegenschaft unter Angabe des mit derselben zu versteigernden Zubehörs zu enthalten. Darüber hinaus soll die gemäß den §§ 140 ff. EO vorzunehmende Beschreibung der Liegenschaft im Zuge der Schätzung ein genaues Bild der Liegenschaft mit all ihren Teilen, Zubehör und maßgebenden Erscheinungsformen geben, so daß das Gericht, vor allem aber auch der Ersteher Kenntnis davon erhält, wie die Liegenschaft aussieht; die Beschreibung hat auch den Zweck festzustellen, was alles zur Liegenschaft gehört, so daß für den Ersteher ersichtlich ist, was er erwirbt (Heller - Berger - Stix a. a. O., 1128). Im vorliegenden Fall wurde in den Versteigerungsbedingungen und im Versteigerungsedikt ausgeführt, daß Gegenstand der Versteigerung die der Verpflichteten gehörende Liegenschaft EZ 55 KG H, Wohn- und Geschäftshaus in Klagenfurt, V-Straße 284 (bestehend aus Erdgeschoß, Kellergeschoß, 1 Obergeschoß, Dachgeschoß) mit Konsumzubau, Hofgebäude, Schankbude Gartenanlage und 1733 m2 Grundfläche ist. Im Schätzungsgutachten wurde der Umfang der Liegenschaft dahin gehend umschrieben, daß die Grenze der zu versteigernden Liegenschaft im Süden durch Nachbarbauwerke, welche an der Grenze errichtet sind, gebildet werde. In der eingehenden Beschreibung der Liegenschaft wird das früher als Tanzsaal verwendete Gebäude nicht erwähnt. Es wurde auch nach den getroffenen Feststellungen im Hinblick auf die Erklärung der verpflichteten Partei, der Liegenschaftsanteil, auf welchem der Tanzsaal errichtet sei, gehöre der beklagten Partei, als solches in die Schätzung nicht einbezogen.

Zu prüfen ist daher zunächst, ob die zu versteigernde Liegenschaft in den Versteigerungsbedingungen und im Versteigerungsedikt so deutlich bezeichnet wurde, daß gesagt werden kann, der Ersteher habe auf Grund des Zuschlages auch Eigentum an der in Rede stehenden Teilfläche erworben. Dabei ist zunächst darauf zu verweisen, daß die Versteigerungsbedingungen jene Bedingungen festlegen, unter denen der Verkauf des Versteigerungsobjektes erfolgt. Sie entsprechen den Punkten eines Kaufvertrages bei der freiwilligen Veräußerung (Holzhammer , Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht, 151) und legen den Inhalt des vom Gericht abzuschließenden publizistischen Verkaufsgeschäftes fest (Petschek - Hämmerle - Ludwig, Das Österreichische Zwangsvollstreckungsrecht, 111), denen sich der Ersteher gemäß § 194 Abs. 3 EO unterwirft. Nun wird aber dem Erfordernis der deutlichen Bezeichnung der Liegenschaft in den Versteigerungsbedingungen (§ 146 Z. 1 EO) und im Versteigerungsedikt (§ 170 Z. 1 EO) durch die Angabe der Grundbuchsdaten entsprochen (ZBl. 1932/156). § 562 Geo. sieht zwar vor, daß die zu versteigernde Liegenschaft im Versteigerungsedikt nicht nur durch die Angabe der Grundbuchseinlage, sondern auch durch die Anführung sonstiger Merkmale so zu bezeichnen ist, daß dem Kauflustigen Ort und Lage der Liegenschaft bekannt wird. Es sind weiters die erforderlichen Angaben über die Umstände zu machen, die nach Auffassung des Verkehrs für die Bewertung maßgebend sind; diese Umstände werden im § 562 Geo. näher angeführt. Dieser Bestimmung der Geschäftsordnung kann aber nicht die Bedeutung beigemessen werden, daß bei Unterbleiben der entsprechenden Angaben oder bei ihrer Unvollständigkeit die Liegenschaft nicht im Sinne der §§ 146, 170 EO deutlich bezeichnet wäre. Ersichtlich sollen damit nur die Kauflustigen über die nähere Beschaffenheit der Liegenschaft unterrichtet werden. Es wäre auch die Ansicht abzulehnen, daß gegen die Erteilung des Zuschlages gemäß § 184 Abs. 1 Z. 2 EO Widerspruch allein schon deshalb erhoben werden könnte, weil das Edikt die im § 562 Geo. vorgeschriebenen Angaben (z. B. den Hinweis, daß die Liegenschaft für einen bestimmten Gewerbebetrieb eingerichtet ist, bei landwirtschaftlichen Betrieben über die Größe der Stallungen, bei städtischen Liegenschaften über die Verwendungsart) nicht enthält. Der OGH hat denn auch in der Entscheidung ZBl. 1932/156 dem Umstand, daß das Edikt entgegen § 627 Geo. 1930 nicht die für die Bewertung erforderlichen näheren Angaben enthielt, keine Bedeutung beigemessen. Es steht dann aber der Umstand, daß in den Versteigerungsbedingungen und im Versteigerungsedikt zwar die anderen auf der Liegenschaft errichteten Bauwerke erwähnt sind, nicht aber der in Rede stehende Tanzsaal, dem Eigentumserwerb des Erstehers an der in Rede stehenden Grundfläche nicht entgegen.

Die Vorinstanzen folgten nun der von Heller - Berger - Stix a. a. O., 1243 vertretenen Rechtsansicht, daß an ein Grundstück, das im Edikt genannt, jedoch weder beschrieben noch geschätzt wurde, vom Ersteher kein Eigentum erworben werde. Die gegenteilige Entscheidung GlUNF 7265 wird von den Kommentatoren abgelehnt. Dort wurde vom OGH ausgesprochen, daß im Hinblick auf den Wortlaut des Versteigerungsediktes und des Versteigerungsprotokolls der Ersteher Eigentum am ganzen Grundbuchskörper erwerbe, ungeachtet des (ihm bekannten) vorherigen außerbücherlichen Verkaufs einer Parzelle, die dann auch in die Schätzung nicht einbezogen worden war. Auch Jäger, Rechtslexikon, Versteigerungsbedingungen, 12 verso, vertritt den Standpunkt dieser Entscheidung. Vorweg zu bemerken ist freilich, daß die Entscheidung GlUNF 7265 noch vor der Neufassung des § 170 Z. 5 EO ergangen ist. Die erste Gerichtsentlastungsnovelle hat aber klargestellt, daß Rechte Dritter, welche die Versteigerung unzulässig machen (wie insbesondere das Eigentum und der Besitz gemäß § 372 ABGB), nur dem gutgläubigen Ersteher ohne Anmeldung im Versteigerungstermin nicht entgegengehalten werden können. Auf die Frage des guten Glaubens wird in der Folge noch näher einzugehen sein. Was aber die von Heller - Berger - Stix vertretene Rechtsansicht betrifft, so ist zunächst darauf zu verweisen, daß die genannten Autoren a. a. O., 1243 ausführen, daß es bei Abweichungen zwischen dem Edikt und den Versteigerungsbedingungen, wenn aus diesem Grund kein Wiederspruch erhoben wird, auf den Inhalt der letzteren ankomme. Sie stellen aber dann in der Folge, wie dargestellt, nicht auf den Inhalt des Edikts oder der Versteigerungsbedingungen, sondern darauf ab, ob die Liegenschaft beschrieben und geschätzt wurde. Dieser Rechtsstandpunkt wird damit begrundet, daß jede andere Auffassung mit den zwingenden Vorschriften über das geringste Gebot im Widerspruch stunde. Andererseits wird aber ausgeführt, daß jede Zwangsversteigerung auf Grund der Versteigerungsbedingungen erfolge, denen sich der Ersteher unterwerfe. Eine Divergenz zwischen Versteigerungsbedingungen und Edikt liegt nun im vorliegenden Fall nicht vor. In beiden Beschlüssen wurde die zu versteigernde Liegenschaft in einer solchen Weise bezeichnet, daß sie auch die in Rede stehende Teilfläche, welche grundbuchsrechtlich Bestandteil der EZ 55 KG H ist, umfaßt. Es kann aber auch dem bloßen Schätzungsgutachten des Sachverständigen nicht die Bedeutung beigemessen werden, daß es für das Ausmaß des Rechtserwerbes des Erstehers von Bedeutung wäre. Die bei der Schätzung eingehaltene Vorgangsweise bewirkte nun zwar eine Herabsetzung des Schätzwertes, des Vadiums und des geringsten Gebotes, weil das auf dem Grundstück 94 Baufläche errichtete Gebäude, nämlich der in Rede stehende Tanzsaal, in die Schätzung nicht eingezogen wurde, es hätte die Unrichtigkeit des festgestellten Schätzwertes auch durch Einwendungen und Rekurs bekämpft werden können, die Unrichtigkeit der Schätzung vermag aber auf den Umfang des Eigentumserwerbes keinen Einfluß auszuüben. Im übrigen unterscheidet sich der hier vorliegende Fall von jenem der Entscheidung GlUNF 7265 dadurch, daß hier zwar die Grundstücksfläche in die Schätzung einbezogen wurde, weil der mit der Erstellung des Schätzungsgutachtens betraute Sachverständige davon ausging, daß die Restfläche der Liegenschaft (ohne Einbeziehung der Grundfläche, auf der der Tanzsaal errichtet ist) die katastermäßig ausgewiesene Fläche von 1733 m2 aufweist; nur die Schätzung des Gebäudes selbst unterblieb. Es kann daher schon aus diesem Grund nicht gesagt werden, daß der hier vorliegende Fall genau jenem entspreche, der der vorzitierten Entscheidung zugrunde lag.

Hinzuweisen ist freilich noch darauf, daß für den Umfang des Rechtserwerbes nicht unbedingt die Mappengrenzen entscheidend sind. Heller - Berger - Stix bemerken jedoch a. a. O., 1244 zutreffend, daß sich im Regelfall der Umfang der versteigerten Liegenschaft aus der Lage der Grundstücke ergibt, die den Gutsbestand der Einlage bilden. Abweichungen könnten sich freilich dann ergeben, wenn die Grenzen eines Grundstücks in der Natur mit den Mappengrenzen nicht übereinstimmen; daß dies hier der Fall wäre, daß also die tatsächliche Grenze des Grundstücks 94 in der Natur mit der mappenmäßigen Darstellung nicht übereinstimmt, wurde nicht einmal behauptet.

Entscheidende Bedeutung kommt dann aber dem Umstand zu, ob dem Ersteher guter Glaube beim Erwerb zugebilligt werden kann. Der Unredliche hat nämlich nach anerkannten Rechtsgrundsätzen, auch wenn er sich auf den Grundbuchstand zu berufen vermag, keinen Anspruch auf Schutz (Heller - Berger - Stix a. a. O., 1308). Die Bestimmung des § 328 ABGB, wonach im Zweifel die Vermutung für die Redlichkeit des Besitzes streitet, enthebt den Erwerber aber des Nachweises seines guten Glaubens und bürdet die Beweislast demjenigen auf, der aus der Unredlichkeit Rechte für sich ableiten will. Dabei ist darauf zu verweisen, daß nach herrschender Lehre und Praxis selbst die bloße Anmeldung eines Rechtes im Versteigerungstermin ohne Begründung dieses Rechtes nicht ausreicht, um den guten Glauben des Erstehers auszuschließen (Heller - Berger - Stix a. a. O., 1308; Klang in Klang[2] II, 373; GlUNF 3607, 4041). Im vorliegenden Fall wäre es demnach aber der Beklagten oblegen, Umstände zu behaupten und zu beweisen, welche die Annahme mangelnden guten Glaubens des Erstehers rechtfertigen. Es hätte etwa gegebenenfalls geltend gemacht werden können, daß der Ersteher, dem nach eigener Darstellung die örtlichen Verhältnisse bekannt waren, schon auf Grund der räumlichen Anordnung des Liegenschaftsteiles, auf dem der Tanzsaal errichtet ist, der mangelnden Zugangsmöglichkeit und ähnlicher Umstände nicht der Ansicht sein konnten, auch den Teil der Liegenschaft, auf dem sich der Tanzsaal befindet, zu erwerben. Zu Nachforschungen in der Richtung, ob Teile des Grundbuchskörpers Gegenstand eines (nicht verbücherten) Veräußerungsgeschäftes waren, war der Ersteher jedenfalls nicht verpflichtet, zumal ihm ja selbst ein Einblick in den zwischen der Beklagten und der Verpflichteten abgeschlossenen Kaufvertrag keinen Aufschluß hierüber gegeben hätte, ist doch in diesem jener Grundstücksteil, auf dem sich der Tanzsaal befindet, als Gegenstand des Kaufvertrages irrtümlicherweise nicht erwähnt. Behauptungen in der Richtung, der gute Glaube des Erstehers sei nicht gegeben, wurden im Verfahren erster Instanz nicht aufgestellt, so daß die Vermutung des § 328 ABGB Platz greift. Demzufolge hat aber der Kläger durch den Zuschlag Eigentum auch an jenem Teil des Grundstücks Nr. 94 der EZ 55 KG H erworben, auf der das als Tanzsaal bezeichnete Gebäude errichtet ist. Sofern die Beklagte hieran auf Grund des Kaufvertrages vom 12. Feber 1975 Eigentum erworben hat - eine Frage die ungeprüft bleiben kann -, hat sie es durch den Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren verloren. Auf andere ihr zustehende Rechte als das Eigentumsrecht hat sich die Beklagte zur Abwehr des gegen sie erhobenen Räumungsanspruches nicht berufen.

Anmerkung

Z52013

Schlagworte

Zuschlag, Eigentumserwerb

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0010OB00757.78.0131.000

Dokumentnummer

JJT_19790131_OGH0002_0010OB00757_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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