TE OGH 1979/2/13 13Os7/79

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Veröffentlicht am 13.02.1979
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Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Februar 1979

unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Bernardini, Dr. Müller und Dr. Friedrich als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Santa als Schriftführers in der Strafsache gegen Josef A wegen des Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 StGB über die von der Generalprokuratur gegen die Strafverfügung des Bezirksgerichtes Neunkirchen vom 29.September 1978, GZ. U 650/78-5, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache gegen Josef A wegen übertretung der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 StGB, AZ. U 650/78 des Bezirksgerichtes Neunkirchen, ist durch die Strafverfügung dieses Gerichtes vom 29.September 1978, GZ. U 650/78-5, mit welcher Josef A des Vergehens der Veruntreuung, begangen im Familienkreis, nach dem § 166 Abs. 1 (§ 133 Abs. 1) StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, das Gesetz in der Bestimmung des § 166 Abs. 3 StGB verletzt.

Diese Strafverfügung und die darauf beruhenden richterlichen Verfügungen werden aufgehoben und es wird gemäß dem § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Der Antrag des öffentlichen Anklägers vom 12.September 1978, Josef A wegen des Vergehens nach dem § 133 Abs. 1 StGB zu bestrafen, wird abgewiesen und das Verfahren eingestellt.

Text

Gründe:

Aus den angeschlossenen Strafakten AZ. U 650/78 des Bezirksgerichtes Neunkirchen ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Katharina B erstattete am 20.Juni 1978 beim Stadtpolizeiamt Neunkirchen die Anzeige, daß der mit ihr im gemeinsamen Haushalt lebende Josef A einen von ihr am 5.Juni 1978 für den Einkauf von Lebensmitteln übernommenen Geldbetrag von 1.000 S veruntreut habe. Josef A gab an, mit Katharina B eine Lebensgemeinschaft zu unterhalten; mit dem Geld habe er eingekauft, den Restbetrag habe er Katharina B zurückgegeben.

Katharina B bestätigte, mit Josef A in einer Lebensgemeinschaft zu leben und erklärte, zur gerichtlichen Strafverfolgung eine Ermächtigung zu geben, doch wolle sie nur, daß Josef A einen Verweis erhalte und aus ihrer Wohnung ausziehen müsse.

Nachdem der Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Neunkirchen am 12. September 1978 den Antrag auf Bestrafung des Josef A wegen Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 StGB gestellt hatte, erließ das Bezirksgericht Neunkirchen am 29.September 1978 zur GZ. U 650/78-5

eine Strafverfügung, derzufolge über Josef A wegen Vergehens nach dem § 166 Abs. 1 (§ 133 Abs. 1) StGB eine Geldstrafe verhängt wurde, weil er laut Anzeige des Stadtpolizeiamtes in Neunkirchen und nach dem Ergebnis der durchgeführten Erhebungen am 5.Juni 1978 in Neunkirchen ein Gut, das ihm anvertraut worden sei, nämlich einen Bargeldbetrag von 1.000 S der Katharina B, sich mit dem Vorsatz zugeeignet habe, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, wobei er mit Katharina B in Hausgemeinschaft lebe.

Diese Strafverfügung erwuchs in Rechtskraft.

Rechtliche Beurteilung

Sie steht mit dem Gesetz nicht in Einklang.

Nach dem § 166 Abs. 1 StGB ist zu bestrafen, wer ... eine

Veruntreuung ... zum Nachteil seines Ehegatten, eines Verwandten in

gerader Linie, seines Bruders oder seiner Schwester oder zum Nachteil eines anderen Angehörigen begeht, sofern er mit diesem in Hausgemeinschaft lebt. Personen verschiedenen Geschlechtes, die miteinander in außerehelicher Lebensgemeinschaft leben, werden wie Angehörige behandelt (§ 72 Abs. 2 StGB).

Der Täter ist in solchen Fällen nur auf Verlangen des Verletzten zu verfolgen (§ 166 Abs. 3 StGB); die Tat ist stets ein Privatanklagedelikt (Foregger-Serini, StGB2, 299).

Da das Gericht bei Erlassung der Strafverfügung erkennbar von der Annahme ausging, daß der Beschuldigte Josef A und die Verletzte Katharina B miteinander in außerehelicher Lebensgemeinschaft lebten, wäre nur die Verletzte selbst zur Anklage berechtigt gewesen. Die von Katharina B dem öffentlichen Ankläger der Sache nach erteilte Ermächtigung zur Strafverfolgung (§ 2 Abs. 5 StPO) ersetzt die fehlende Privatanklage aber nicht.

Die Strafverfügung des Bezirksgerichtes Neunkirchen verletzt somit das Gesetz in der Bestimmung des § 166 Abs. 3

StGB, weil Josef A des Vergehens der Veruntreuung, begangen im Familienkreis, nach dem § 166 Abs. 1 (§ 133 Abs. 1) StGB schuldig erkannt wurde, ohne daß die nach dem Gesetz erforderliche Anklage vorlag; aus diesem Grund leidet die Strafverfügung auch an einer Nichtigkeit nach dem § 468 Abs. 1 Z. 4 (§ 281 Abs. 1 Z. 9 lit. c) StPO Es war darum spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung

E01832

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0130OS00007.79.0213.000

Dokumentnummer

JJT_19790213_OGH0002_0130OS00007_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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