TE OGH 1979/4/19 13Os38/79

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Veröffentlicht am 19.04.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. April 1979 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, Dr. Friedrich, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Santa als Schriftführers in der Strafsache gegen Nikolaus A wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach den §§ 15, 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1 StGB über die vom Angeklagten und von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengerichtes vom 11. September 1978, GZ 23 Vr 2630/77-44, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Michlmayr und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Nikolaus A wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe am 26. März 1977 in Haiming in Gesellschaft des Johann B als Beteiligten (§ 12 StGB) dem Anton C eine fremde bewegliche Sache, nämlich Benzin unerhobenen Wertes mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern und hiedurch das Vergehen des versuchten Diebstahls nach den §§ 15, 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1 StGB begangen, gemäß dem § 259 Z 4 StPO freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung, desgleichen der Angeklagte mit seiner Berufung werden auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 19. Juni 1958 geborene Elektrikerlehrling Nikolaus A - abweichend von der gegen ihn wegen Vergehens des versuchten Gesellschaftsdiebstahles nach den §§ 15, 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1 StGB erhobenen Anklage - des Vergehens des versuchten Diebstahls nach den §§ 15, 127 Abs 1 StGB als Bestimmungstäter nach dem § 12 StGB verurteilt, weil er am 26. März 1977 in Haiming den Johann B dadurch, daß er erklärte, 'er wüßte schon, wie man zu Benzin komme', dazu bestimmt habe, eine fremde bewegliche Sache in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert, nämlich (etwa 8 l) Benzin unerhobenen Wertes dem Anton C mit dem Vorsatz, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, wegzunehmen, wobei die Tat des Johann B wegen der Dazwischenkunft des Anton C beim Versuch geblieben sei.

Dieses Urteil bekämpfen die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerden; die Staatsanwaltschaft stützt ihr Rechtsmittel, mit dem sie die Beurteilung der Tat als versuchten Gesellschaftsdiebstahl erreichen will, auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10 StPO, der Angeklagte macht die Nichtigkeitsgründe nach dem § 281 Abs 1 Z 4, 9 lit. a und b StPO geltend.

Rechtliche Beurteilung

Von der unrichtigen Rechtsansicht ausgehend, daß die bloße Verursachung des Tatentschlusses zur Annahme einer Bestimmungstäterschaft genüge, unterließ es das Erstgericht, die Vorsätzlichkeit der Bestimmung zur Tat (oder zu einem sonstigen Tatbeitrag), sohin eine zur abschließenden materiellrechtlichen Beurteilung der Strafsache erforderliche Tatsache festzustellen, was zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Neudurchführung des Verfahrens führen müßte.

Dieser die subjektive Tatseite betreffende Feststellungsmangel kann vorliegend aber deshalb auf sich beruhen, weil sich das auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit. b StPO gestützte Beschwerdevorbringen jedenfalls als berechtigt erweist, nämlich der Einwand, die Schuld des Angeklagten sei gering, weil er das Benzin nicht für sich, sondern (vornehmlich) für die Beförderung der Mitangeklagten verwenden wollte, die Tat habe keine Folgen nach sich gezogen und der Wert des Benzins, das zu stehlen versucht wurde, sei im Sinn des § 140 (gemeint wohl: des § 141) StGB gering; ebenso wenig würden auch spezial- oder generalpräventive Momente eine Bestrafung des Angeklagten erheischen, sodaß die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 42 StGB vorlägen.

Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils wies der bisher unbescholtene Beschwerdeführer anläßlich einer mit einigen anderen Jugendlichen unternommenen nächtlichen Autofahrt darauf hin, daß ihm der Treibstoff auszugehen drohe. Darauf schlug ihm der mitfahrende B vor, zu einer nahen Tankstelle nach Ötztal zu fahren, die bis Mitternacht offenhalte. Als der Beschwerdeführer die Tankstelle erreichte, war sie aber bereits geschlossen und der Tankstellenpächter ließ sich auch durch Klopfen nicht dazu bestimmen, nochmals zu öffnen. Als B den Beschwerdeführer von der Erfolglosigkeit seiner Bemühungen um Benzin unterrichtete, bemerkte dieser, er wisse schon, wie man zu Benzin kommen könne, womit er das Abzapfen von Benzin aus abgestellten Fahrzeugen meinte, doch sei 'dies ein Blödsinn'. B verstand die Andeutung, fragte den Beschwerdeführer, ob er Schlauch und Kanister im Auto mitführe, was dieser bejahte, und holte sich die Gegenstände selbst aus dem Kofferraum. Mit Schlauch und zwei Kanistern begab er sich, obgleich ihn der Beschwerdeführer davon abhalten wollte, zu einem nahe der Tankstelle abgestellten PKW des Tankstellenpächters C und zapfte aus dessen Tank eine geringe Menge Benzin ab (etwa 8 l im Wert von 56 S, S. 19 und 21 in ONr. 7). Als C, der den Vorgang beobachtet hatte, erschien, verließen die Beteiligten unter Zurücklassung der Kanister und des Schlauches den Tatort, konnten aber bald darauf gestellt werden.

Dieses vom Schöffengericht festgestellte Verhalten des Beschwerdeführers erfüllt alle Voraussetzungen des § 42 StGB:

Die Tat wäre selbst nach § 127 Abs 2 StGB mit höchstens einjähriger Freiheitsstrafe bedroht, sie zog keine Folgen nach sich, auch bei Gelingen eines Diebstahls wären die Folgen nur unbedeutend gewesen. Die Schuld des Täters ist trotz der Tatbeteiligung eines Jugendlichen gleichfalls gering, denn er versuchte sofort, als die mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch stehende Äußerung gefallen war, B von der als unsinnig erkannten Tat abzuhalten, indem er sie als 'Blödsinn' bezeichnete, wenngleich diese Bemühungen um eine Tatverhinderung erfolglos blieben und er letztlich doch duldete, daß sein Schlauch und seine Kanister bei der Tatausführung verwendet wurden.

Schließlich aber ist auch der soziale Störwert der Handlung so gering, daß die Bestrafung nicht erforderlich ist, um den Täter, der sich vor und seit der schon etwa zwei Jahre zurückliegenden Tat nach der Aktenlage wohlverhielt, von strafbaren Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.

Ohne daß es nötig ist, auf die weder auf einen sofortigen Freispruch abzielenden noch zu einem solchen führenden weiteren Beschwerdeausführungen einzugehen, war daher schon aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. b des § 281

StPO der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Folge zu geben und wie aus dem Spruche ersichtlich zu erkennen, wobei die Staatsanwaltschaft mit ihren Rechtsmitteln und der Angeklagte mit seiner Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen waren.

Anmerkung

E02039

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0130OS00038.79.0419.000

Dokumentnummer

JJT_19790419_OGH0002_0130OS00038_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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