TE OGH 1979/5/4 11Os63/79

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Veröffentlicht am 04.05.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schifter als Schriftführer in der Strafsache gegen Otto A wegen des Vergehens der Hehlerei nach dem § 164 Abs 1 Z 1 StGB und des Vergehens der Begünstigung nach dem § 299 Abs 1 StGB mit Zustimmung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14. Dezember 1978, GZ 2 a Vr 1613/78-19, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 20. März 1945 geborene kaufmännische Angestellte Otto A des Vergehens der Hehlerei nach dem § 164 Abs 1 Z 1 StGB (A des Urteilssatzes) und des Vergehens der Begünstigung nach dem § 299 Abs 1 StGB (B des Urteilssatzes) schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, in Wien A) am 3.6.1977 von den abgesondert Verfolgten Karl B, Franz C, Anton D und Franz E bei Einbruchsdiebstählen gestohlene Sachen, nämlich diverse Statuen im Werte von nicht über 5.000,-- S, dadurch, daß er die Statuen gemeinsam mit Franz C in eine Tuchent wickelte und von der Wohnung des Karl B in die Wohnung des Anton D verschaffte, den Täter nach der Tat dabei unterstützt zu haben, Sachen, die dieser (durch sie) erlangte, zu verheimlichen;

B) am 27.6.1977 Karl B und Franz C, die Einbruchsdiebstähle, somit

mit Strafe bedrohte Handlungen, begangen hatten, durch Gewährung von Unterkunft der Verfolgung absichtlich zum Teil entzogen zu haben. Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte im Schuldspruch mit einer nominell auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 9

lit. a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung. Die Nichtigkeitsbeschwerde ist berechtigt.

Das Erstgericht hat die für das Urteilsfaktum A entscheidungswesentliche Feststellung, der Angeklagte habe die gestohlenen Statuen in Kenntnis ihrer diebischen Herkunft mit seinem PKW transportiert - der (weitere) Urteilsvorwurf, er habe die Statuen gemeinsam mit C in eine Tuchent gewickelt, findet in den Entscheidungsgründen keine Deckung - vor allem auf die Angaben des Franz C vor der Sicherheitsbehörde gestützt. Es hat jedoch - was der Beschwerdeführer zutreffend rügt - mit Stillschweigen übergangen, daß diese den Angeklagten belastende Aussage später widerrufen wurde. Franz C hat nämlich in diesem Zusammenhang schon vor dem Untersuchungsrichter ausdrücklich (und ergänzend) erklärt, der Angeklagte habe nicht gewußt, was sich in den Überzügen befand, und es sei ihm auch nicht mitgeteilt worden, daß es sich um gestohlenes Gut handelte (s. S 153 d. A = Bd I S 207 b des in der Hauptverhandlung verlesenen Aktes 1 e Vr 5505/77 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien).

Rechtliche Beurteilung

In der Nichtbeachtung dieser Aussagekorrektur ist eine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung zu erblicken. Daß der vom Erstgericht als zusätzliches Argument für die erwähnte Feststellung angeführte Umstand, der Angeklagte habe, wie aus den Angaben der Zeugen D und C zu erschließen sei, als er nach dem Transport das Diebsgut gesehen habe, keine Anzeichen von Überraschung gezeigt, schon mangels einer diesbezüglichen Fragestellung an die genannten Zeugen nicht verfangen kann, sei daher nur mehr am Rande erwähnt.

Dem Beschwerdeführer ist aber auch beizupflichten, wenn er die bedeutsame Feststellung zum Urteilsfaktum B, der Angeklagte habe Karl B und Franz C die Nächtigung in seiner Wohnung in der Absicht gestattet, 'sie (dadurch) der schon im Zuge befindlichen Verfolgung zu entziehen' (S 215 d. A), als mit gleicher Nichtigkeit behaftet rügt.

Das Erstgericht leitet den - zur Erfüllung des Tatbestandes nach dem § 299 Abs 1 StGB erforderlichen -

qualifizierten Vorsatz (§ 5 Abs 2 StGB) des Angeklagten insbesondere daraus ab, daß am fraglichen Tage 'für ihn keine Notwendigkeit vorlag, die beiden weiter bei sich zu behalten, als er erfahren hatte, daß sie polizeilich gesucht würden' (S 219 d. A). Die fehlende Notwendigkeit eines als Verfolgungsentziehung wertbaren Verhaltens indiziert aber eine absichtlichem Vorgehen im Sinne des zitierten Tatbestandes entsprechende Motivation des Täters noch nicht, sodaß eine (bloß) darauf gestützte Feststellung als unzureichend begründet angesehen werden muß (vgl. Gebert-Pallin-Pfeiffer E Nr. 72 d zu § 281 Z 5 StPO; KH 2513

u. a.). In diesem Zusammenhang darf für den vorliegenden Fall auch nicht außer acht gelassen werden, daß der Angeklagte - wie das Erstgericht an anderer Stelle (S 213 d. A) ausdrücklich feststellt - Karl B und Franz C auch schon früher wiederholt in seiner Wohnung hatte nächtigen lassen. Soweit das Erstgericht aber die bekämpfte Feststellung auch aus dem Umstand erschließt, daß sich der Angeklagte 'am nächsten Vormittag ohne weiteren Aufhebens zu neuerlichen Verfolgungsentziehungshandlungen verstanden hat' (S 219 d. A), fehlt es an jeglicher Konkretisierung des solcherart beurteilten Verhaltens und damit an der Möglichkeit, den Rückschluß des Gerichtes auf Übereinstimmung mit den Denkgesetzen und mit der allgemeinen Lebenserfahrung zu überprüfen. Die dargelegten Begründungsmängel bewirken die Urteilsnichtigkeit nach der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO Auf die weiteren Beschwerdeausführungen braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden, zumal das Vorbringen zu den Nichtigkeitsgründen der Z 9 lit. a und 10 des § 281 Abs 1

StPO einer gesetzmäßigen Ausführung entbehrt.

Da sich zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war gemäß dem § 285 e StPO - mit Zustimmung der Generalprokuratur - wie im Spruche zu erkennen.

Mit seiner durch die Urteilsaufhebung gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E01963

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0110OS00063.79.0504.000

Dokumentnummer

JJT_19790504_OGH0002_0110OS00063_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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