TE OGH 1979/5/17 13Os71/79

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Veröffentlicht am 17.05.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Horak und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Lackner als Schriftführers in der Strafsache gegen Werner A wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und Z 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen mit Zustimmung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 30.November 1978, GZ 2 a Vr 3157/78-34, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten zu den Punkten I/A/2, B/4 und III/ des Urteilssatzes sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens, soweit sie den erfolglosen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde betreffen, zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der zuletzt keiner Beschäftigung nachgehende Werner A - neben einem unangefochten gebliebenen Teilfreispruch - des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und Z 2 StGB, des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§ 223 Abs 1, 224 StGB und des Vergehens des Betruges nach dem § 146 StGB schuldig erkannt.

Inhaltlich des Schuldspruches liegt ihm zur Last, in Wien und Gänserndorf I/ fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Wert mit dem Vorsatz, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannten Personen weggenommen zu haben, und zwar:

A./ durch Verwendung eines widerrechtlich erlangten Schlüssels

1./ am 23.März 1978 dem Rudolf B einen 5.000 S nicht

übersteigenden Geldbetrag durch Aufbrechen eines Spielautomaten, 2./ im März 1978 der Christine C, indem er deren heimlich an sich gebrachten Wohnungsschlüssel benützte, Silbermünzen im Wert von ca. 8.000 S, Schmuck, eine Weißgolduhr, zwanzig handgeschliffene Gläser und verschiedene Nippfiguren (nicht festgestellten Wertes /siehe jedoch S. 282

und S. 310 ff. /) und 12.000 S Bargeld, B./ 1./ im März 1978

der Susanne D 1.200 S Bargeld aus ihrer Handtasche, 2./ am 9. April 1978 der Elisabeth und dem Mario E 500 S Bargeld, 3./ am 11. April 1978 (siehe jedoch S. 321) der Ingrid F Schmuck und eine Damensilberuhr im Wert von ca. 10.400 S und 2.000 S Bargeld, 4./ am 14.Februar 1978 (richtig: am 12.April 1978 /siehe S. 282, ferner S. 151 u. 159 /) der Josefa G Schmuck (nicht festgestellten Wertes /siehe jedoch S. 282 und S. 322 ff. /), ferner Schmuck im Wert von 2.400 S und 1.300 S Bargeld, II/ am 12.April 1978 einen für Josefa G ausgestellten Führerschein mit dem Vorsatz verfälscht zu haben, daß er im Rechtsverkehr zum Beweis seiner Lenkerberechtigung und seiner Identität gebraucht werde und III/ im April 1978 mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, den Angestellten eines Reisebüros durch Vorgabe einer Verfügungsberechtigung zum Storno einer von Josefa G gebuchten Reise und zur Auszahlung der Differenz zwischen der von ihr geleisteten Anzahlung und einer Stornogebühr verleitet und dadurch Josefa G an ihrem Vermögen um 1.460 S (siehe jedoch S. 328) geschädigt zu haben.

Mit seiner ziffernmäßig die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 9 lit. c und 10 des § 281 Abs 1 StPO anrufenden Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte den Schuldspruch; gegen den Strafausspruch wendet er sich mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Mit der in Ausführung aller genannten Nichtigkeitsgründe aufgestellten Behauptung, die Straftaten zum Nachteil der Christine C und der Josefa G seien, weil diese Frauen als Lebensgefährtinnen mit dem Angeklagten in Hausgemeinschaft lebten, im Familienkreis begangen worden und sohin nur auf Verlangen der Verletzten verfolgbar (§ 166 Abs 3 StGB), an dem es jedoch vorliegend fehle, macht die Beschwerde - insoweit berechtigt - der Sache nach nur den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. c des § 281 Abs 1 StPO geltend. Denn in den Urteilsgründen heißt es unter anderem, der Angeklagte sei mit Josefa G vermutlich zu Beginn des Monats April (1978) - sohin auch noch vor der richtigerweise am 12.April 1978 begangenen Tat zu I/B/4 des Urteilssatzes (siehe S. 282, ferner 151 und 159) - 'eine Art Lebensgemeinschaft' eingegangen (S. 370); weiters, daß die Darstellung der Zeugin Christine C glaubhafter erscheine als die des Angeklagten, wenn man dessen gesamte Vorgangsweise gegenüber 'den von ihm als Lebensgefährten bzw. Opfer ausgewählten Frauen' berücksichtige (S. 374). Damit haben aus der Verantwortung des Angeklagten indizierte Umstände, die für die materiellrechtliche Beurteilung der zum Nachteil der genannten beiden Frauen begangenen Straftaten (Schuldspruchfakten I/A/2/, B/4/ und III/) im Hinblick auf eine mögliche Unterstellung dieser Tathandlungen unter die Bestimmung des § 166 Abs 1 StGB erheblich sind, in den Urteilsgründen einen gewissen Niederschlag gefunden, nicht aber bisher eine solche Konkretisierung erfahren, daß damit das Bestehen einer Lebens- und Hausgemeinschaft des Angeklagten mit den beiden Frauen durch das Erstgericht schlechthin als festgestellt angesehen werden könnte.

Die Mängelrüge des Angeklagten, die sich betreffend das Schuldspruchfaktum zu Punkt I/A/1 des Urteilssatzes gegen die Urteilsannahme, der Angeklagte habe diesen Diebstahl durch Verwendung eines widerrechtlich erlangten Schlüssels begangen und damit gegen die rechtliche Unterstellung der Tat auch unter die Bestimmung des § 129 Z 1

StPO richtet, erweist sich als unbegründet.

Denn diese Konstatierung konnte das Schöffengericht auf die dezidierten und für glaubwürdig erachteten Angaben der Zeugin Christine C stützen (S. 369, 373, 311, 312) und die diesbezügliche gegenteilige Verantwortung des Angeklagten für widerlegt erachten. Das insoweit bloß spekulative Vorbringen, der Angeklagte werde aus der Lebensgemeinschaft mit Christine C auch über die Schlüsseln zum Geschäft ihres Dienstgebers verfügt haben, zumal er dort auch allein Arbeiten verrichtet habe, war nicht näher erörterungsbedürftig, sondern erweist sich nur als unzulässiger Angriff auf die im Nichtigkeitsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof unanfechtbare freie Beweiswürdigung des Schöffengerichtes.

Weiters releviert die Beschwerde den ebendieses Schuldspruchfaktum betreffenden Ausspruch, der Angeklagte habe diesen Diebstahl 'durch Aufbrechen eines Spielautomaten' begangen und die allein auf diesen Ausspruch beziehbare rechtliche Qualifikation der Tat nach dem § 129 Z 2

StGB (S. 364 und 366); dies an sich zurecht, denn in den Urteilsgründen wird eingehend dargelegt, daß und warum das Erstgericht diesen Tatumstand nicht als erwiesen ansah (S. 372 und 373). Ganz offensichtlich handelt es sich dabei aber um ein Versehen bei der Ausfertigung des anders verkündeten Urteils: in der Anklageschrift vom 27.Juli 1978, ON. 16, wurde wohl die Passage:

'Erbrechen eines Behältnisses' gestrichen, eine Streichung der konkretisierenden Wendung: 'durch Aufbrechen eines Spielautomaten' und der rechtlichen Qualifikation: (§ 129 Ziffer 1) 'und 2' (StGB) ist aber offenbar irrtümlich unterblieben. Es liegt daher ersichtlich ein Fall einer Abweichung der Urteilsausfertigung vom mündlich verkündeten Urteil vor, die in der Folge der Zurückverweisung an das Erstgericht mit Beschluß des Vorsitzenden im Sinne der §§ 268, 270 StPO durch eine Berichtigung der Ausfertigung in gebotener Angleichung an das mündlich verkündete Urteil zu beheben sein wird (13 Os 71/75 = ÖJZ-LSK. 128/75, 13 Os 84/76 u. a.m.).

Soweit die Beschwerde unter ziffernmäßiger Anrufung der Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z 9 lit. c und Z 10 StPO den Schuldspruch betreffend die ihm zur Last liegenden 'Straftaten allesamt (mit Ausnahme des Faktums I/A/1)' bekämpft, sich sohin auch gegen die Schuldspruchfakten zu den Punkten I/B/1/2/3/ und II/ des Urteilssatzes richtet und im Wege einer materiellrechtlichen Unterstellung auch dieser Straftaten unter die Bestimmung des § 166 Abs 1 StGB einen Freispruch anstrebt, ist die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie insoweit von einer durch die Verfahrensergebnisse nicht indizierten und im Urteil nicht festgestellten Tatbegehung im Familienkreis, sohin nicht von dem durch das Erstgericht festgestellten Sachverhalt ausgeht und damit unbeachtlich ist.

Da demnach der angefochtene Schuldspruch in den Punkten I/A/2, B/4 und III/ des Urteilssatzes mit einem Nichtigkeit nach dem § 281 Abs 1 Z 9 lit. c StPO bewirkenden Feststellungsmangel behaftet ist, der eine erschöpfende materiellrechtliche Beurteilung des Falles ausschließt und daher eine teilweise Erneuerung des Verfahrens erfordert, war in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde das Ersturteil in diesem Umfang mit Zustimmung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung gemäß dem § 285 e StPO aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückzuverweisen, ohne daß es erforderlich gewesen wäre, auf eine diesen Teil des Schuldspruches betreffende Mängelrüge weiter einzugehen. Im übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aber als offenbar unbegründet gemäß dem § 285 d Abs 1 Z 2 StPO gleichfalls in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01978

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0130OS00071.79.0517.000

Dokumentnummer

JJT_19790517_OGH0002_0130OS00071_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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