TE OGH 1979/5/23 10Os37/79

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Veröffentlicht am 23.05.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23.Mai 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Racek, in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Bernardini, Dr. Walenta und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Ackerl als Schriftführer in der Strafsache gegen Friedrich A wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1

StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11.Dezember 1978, GZ 7 d Vr 5520/78-32, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Janek und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 29.April 1956 geborene Bauhelfer Friedrich A der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Inhaltlich des Schuldspruchs hat er am 24.August 1978 in Wien 1.) Andrea B durch Versetzen eines Faustschlages gegen das Kinn, der eine Jochbeinprellung und Schürfwunden zur Folge hatte, am Körper verletzt;

2.) Andrea B durch Hinhalten eines Messers vor ihren Bauch sowie durch die Worte 'wenn du dich rührst, steche ich dich ab', durch gefährliche Drohung zu einer 'Unterlassung, nämlich dem Sich-nicht-Bewegen', genötigt;

3.) Andrea und Christian B, und zwar Christian B durch die Äußerung, er werde ihn abstechen bzw. das Ehepaar B durch die Äußerung, wenn er es allein antreffe, werde er es abstechen, gefährlich bedroht.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte im Schuldspruch mit einer auf die Z 5, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs 1

StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

In Ausführung des ersterwähnten Nichtigkeitsgrundes wirft der Beschwerdeführer dem angefochtenen Urteil vor allem vor, es sei unzureichend begründet, wobei er zunächst behauptet, die zum Punkt 1./ des Schuldspruchs getroffene Urteilsfeststellung, er habe Andrea B einen Kinnhaken versetzt, sodaß sie zu Boden stürzte und dadurch eine Jochbeinprellung und Schürfwunden erlitt (vgl. S. 164), sei insbesondere hinsichtlich der Hautabschürfungen weder durch die Angaben der Andrea B und ihres Ehegatten, noch durch irgendwelche anderen Beweisergebnisse gedeckt.

Hiebei übersieht er jedoch, daß das Erstgericht, das den gesamten Akteninhalt verlesen hat (vgl. S. 153 und 162), diese Feststellung mängelfrei auf Grund der Verletzungsanzeige des Hanusch-Krankenhauses (S. 27 in ON. 23) treffen konnte, durch die im Hinblick auf die Diagnose 'Cont. os.

mandibulae; Excor. superfic. menti' sowohl die bereits vom Rettungsarzt angenommene Jochbeinprellung (S. 25 in ON. 23) als auch die konstatierten Hautabschürfungen objektiviert sind. Keinen Begründungsmangel vermag der Beschwerdeführer weiters auch hinsichtlich der (den Punkt 2./ des Schuldspruchs betreffenden) Urteilsfeststellung aufzuzeigen, daß er ein Messer zog, es gegen den Bauch der Andrea B hielt und (dabei zu ihr) sagte: 'wenn du dich rührst, steche ich dich ab' (vgl. S. 164). Dem Vorwurf, es bestehe in dieser Beziehung zwischen den Zeugenaussagen der Andrea und des Christian B ein im Urteil nicht erörterter Widerspruch, ist zu erwidern, daß die in der Beschwerde erwähnten Angaben des Christian B (S. 150) den bezüglichen Angaben seiner Ehefrau - welch' letztere die getroffene Feststellung voll decken (vgl. S. 23 in ON. 23 und S. 148) - durchaus nicht entgegenstehen. Christian B konnte lediglich nicht alle Andrea B betreffenden Vorgänge aus eigener Wahrnehmung bestätigen, was jedoch seine Erklärung in dem - im Urteil ohnedies festgestellten (S. 164) - Umstand findet, daß er von den drei in der Gesellschaft des Angeklagten befindlichen (abgesondert verfolgten) Burschen angegangen wurde und deshalb abgelenkt war. Eine der Aussage seiner Ehefrau widersprechende (und deswegen besonders zu erörternde) Darstellung hat er jedoch nicht gegeben. Dies insbesondere auch nicht hinsichtlich der von ihm erwähnten (den Zeugen selbst betreffenden, weiteren) Äußerung des Beschwerdeführers:

'wenn du mich angreifst, stech ich dich ab', die von der - mit einem Messer verübten - Bedrohung der Andrea B unterschieden werden muß. Ihrem Inhalt und ihrer Zielsetzung nach laufen die Beschwerdeausführungen zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO insgesamt nur auf den im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen und daher unbeachtlichen Versuch hinaus, die auf Grund einer Gesamtwürdigung der Verfahrensergebnisse vorgenommene freie Beweiswürdigung des erkennenden Gerichtes (vgl. § 258 Abs 2 StPO) zu bekämpfen.

Dies gilt besonders auch für die Behauptung, die Bezugnahme des Erstgerichtes auf die Erfahrungen des täglichen Lebens sei unzureichend, weil aus diesen Erfahrungen das Beisichführen eines Messers und dessen Ziehen durch den Angeklagten nicht abgeleitet werden könne. Denn das Erstgericht hat sich - durchaus folgerichtig - nur insoweit auf die Erfahrungen des täglichen Lebens berufen, als ihretwegen nicht anzunehmen sei, daß ein Ehepaar von sich aus auf vier (kräftige) Burschen losgehen und mit ihnen Streit und einen Raufhandel suchen würde (vgl. S. 166).

Es hat daher dieses Argument nicht (unmittelbar) für das Ziehen eines Messers durch den Angeklagten ins Treffen geführt, sondern u. a. lediglich dafür gebraucht, daß die Aussage der Andrea B (die allerdings das Ziehen eines Messers durch den Angeklagten bestätigte) glaubwürdiger ist, als die leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers und die Darstellung seiner Begleiter. Ebenfalls nicht zielführend ist schließlich das Bemühen des Beschwerdeführers, die (den Punkt 3./ des Schuldspruchs betreffende) Feststellung, daß der Angeklagte die Andrea und den Christian B, in der Absicht, sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, mit dem 'Abstechen' bedrohte, als unzureichend begründet zu bemängeln. Auch diese Konstatierung ist durch die vom Erstgericht für glaubwürdig befundenen Aussagen der Bedrohten (S. 148, 149, 150) voll gedeckt. Der Versuch, die hinsichtlich des Wortlauts der Drohungen (umbringen, abstechen, aufschlitzen) unbedeutend differierenden Ausdrucksweisen zu erörterungsbedürftigen Widersprüchen aufzuwerten, geht ebenso fehl wie die Behauptung, das Urteil ermangle jeder Erörterung über die Ernsthaftigkeit der bezüglichen Äußerungen. Denn das Erstgericht hat mit der (in freier Beweiswürdigung getroffenen) Feststellung über die Absicht des Angeklagten, das Ehepaar B in Furcht und Unruhe zu versetzen, auch die Ernsthaftigkeit der geäußerten Drohungen, die für die Bedrohten selbst schon auf Grund der festgestellten vorangegangenen Vorfälle unverkennbar war, eindeutig bejaht.

Unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 9 lit. a StPO behauptet der Beschwerdeführer, das Erstgericht habe keine Feststellung getroffen, die den Schuldspruch, daß er 'Christian B mit dem Abstechen' bedrohte, rechtfertige. Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, daß im Pkt. 3 des Urteilssatzes - wie schon dessen einleitender Widergabe entnommen werden kann - von einer gegen 'Christian B bzw. das Ehepaar (Andrea und Christian) B' gerichteten Drohung gesprochen wird, die Urteilsgründe jedoch bloß die ausdrückliche Konstatierung der den Eheleuten im Davonlaufen zugerufenen drohenden Äußerung enthält (vgl. S. 165). Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer solcherart jedenfalls auch Christian B mit dem Abstechen bedroht hat, wird dem Beschwerdeführer mit der nicht gerade glücklichen Fassung des Urteilssatzes im fraglichen Belange ersichtlich weder die Verübung zweier getrennten Fakten noch ein Verhalten angelastet, das eine verstärkte Tatbestandsmäßigkeit bedeutet. Der Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 107 Abs 1 StGB an sich ist durch die Urteilsbegründung nach dem Gesagten aber voll und ganz gedeckt.

Schließlich vermag der Beschwerdeführer auch einen Subsumtionsirrtum im Sinne des zuletzt geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 10 StPO nicht darzutun.

Soweit er die im Punkt 2./ des Urteilssatzes angeführten, vom Erstgericht als Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB beurteilten Tathandlungen als Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB gewertet wissen will, weil es wegen der angeblichen Unmöglichkeit des verlangten Verhaltens an der Ernstlichkeit der bezüglichen Forderung mangle, ist ihm entgegenzuhalten, daß Andrea B nach den Urteilsannahmen der Aufforderung des Angeklagten, sich nicht zu rühren (wodurch verhindert werden sollte, daß sie ihrem Ehemann zu Hilfe komme), Folge leistete und 'wie versteinert' (vgl. S. 165) stehen blieb. Von einer mangelnden Ernstlichkeit der Forderung infolge Unmöglichkeit des verlangten Verhaltens - das im übrigen (wie der Beschwerdeführer selbst einräumt) keine besondere rechtliche oder faktische Relevanz haben muß (vgl. ÖJZ-LSK 1976/382), hier allerdings sehr wohl eine solche hatte, da der Andrea B faktisch die Unterlassung einer Hilfeleistung für ihren tätlich angegriffenen Gatten abgenötigt wurde - kann daher keine Rede sein.

Soweit aber der Beschwerdeführer die Auffassung vertritt, es hätte ihm im Zusammenhang mit den der Andrea B zugefügten Körperbeschädigungen nicht Verletzungsvorsatz im Sinne des § 83 Abs 1 StGB, sondern nur Mißhandlungsvorsatz im Sinne des § 83 Abs 2 StGB angelastet werden dürfen, kann dieses Vorbringen schon deshalb nicht zum Erfolg führen, weil in den Absätzen 1 und 2 des § 83 StGB rechtlich vollkommen gleichwertige Begehungsweisen eines und desselben Delikts der (vorsätzlichen) Körperverletzung beschrieben sind (vgl. ÖJZ-LSK 1975/171, RZ 1979/4).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war mithin zu verwerfen. Das Erstgericht verurteilte Friedrich A gemäß §§ 28, 105 Abs 1 StGB zu sechs Monaten Freiheitsstrafe.

Erschwerend war das Zusammentreffen von drei (verschiedenen) strafbaren Handlungen, mildernd nichts. Mit seiner Berufung strebt Friedrich A eine Strafermäßigung, die Verhängung einer Geldstrafe und die bedingte Strafnachsicht an.

Die Berufung ist in keiner Richtung begründet.

Der angewendete Strafrahmen reicht bis zu einem Jahr; die Ausmessung der Strafe in halber Höhe der ausschöpfbaren Strafdrohung erscheint angesichts der Deliktskonkurrenz nicht überhöht.

Gegen die Verhängung einer Geldstrafe sprechen ebenso wie gegen die Gewährung der Rechtswohltat der bedingten Strafnachsicht die in §§ 37 und 43 StGB angeführten general- und spezialpräventiven Belange. Es kann doch nicht verkannt werden, daß die Verübung derartiger Straftaten an harmlosen Passanten einen empfindlichen sozialen Störwert aufweist und daß es sich beim Berufungswerber um eine kriminell labile Persönlichkeit handelt, bei der die wiederholte Anwendung bedingter Maßnahmen nicht vermocht hat, sie auf den rechten Weg zu bringen.

Anmerkung

E02042

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0100OS00037.79.0523.000

Dokumentnummer

JJT_19790523_OGH0002_0100OS00037_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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