TE OGH 1979/7/3 5Ob627/79

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Veröffentlicht am 03.07.1979
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Norm

ABGB §366
ABGB §367
ABGB §1041
ABGB §1042
ABGB §1295
ABGB §1301
ABGB §1392
ABGB §1393
ABGB §1395
Handelsgesetzbuch §366

Kopf

SZ 52/110

Spruch

Wenn der Zedent trotz Bindung durch einen Factoring-Vertrag seine Schuldner verständigt, daß sie künftig nicht mehr an den Factor, sondern an einen Dritten zu zahlen haben, so zahlen sie ungeachtet der Unwirksamkeit dieser weiteren Zession an diesen mit schuldbefreiender Wirkung. Der Factor, dem - Forderungen abgetreten wurden, hat gegen den Dritten, der dieselben Forderungen für sich beansprucht, keinen Anspruch aus § 366 ABGB. Es stehen ihm gegen den Dritten aus dieser Vertragsverletzung keine Verwendungsklage und mangels wissentlicher Beeinträchtigung durch Verleitung zur Vertragsverletzung auch keine Schadenersatzansprüche zu. Den Dritten trifft keine Nachforschungspflicht bezüglich fremder Forderungen im Verkehr

OGH 3. Juli 1979, 5 Ob 627/79 (OLG Linz 4 R 46/79; KG Ried im Innkreis 3 Cg 136/78)

Text

Mit der am 17. März 1978 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin von der Beklagten die Bezahlung eines Betrages von 984 316.25 S samt 5% Zinsen seit 1. April 1977. Sie brachte vor, sie habe mit der protokollierten Firma X Ges. m. b. H. einen Factoring-Vertrag abgeschlossen, wonach sie dieser Firma sämtliche aus Fakturen an Dritte entstandenen Forderungen unwiderruflich abgekauft habe; trotz Kenntnis dieser Abtretung habe die beklagte Bank seit 1. April 1977 an die Klägerin abgetretene Forderungen der Firma X für sich beansprucht und Zahlungen Dritter in der Höhe des Klagebetrages ohne Rechtstitel in Anspruch genommen.

Das Erstgericht gab der Klage statt.

Bei der zwischen der Klägerin und der Firma X geschlossenen Factoring-Vereinbarung handle es sich um einen gemischten Vertrag eigener Art, nach dem sich die Klägerin zur Erbringung bestimmter Dienstleistungen, die Firma X aber zur Abtretung aller Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen im Rahmen ihres Elektrovertriebes, die sie nach dem 1. April 1975 erbringen werde, verpflichtet habe. Diese Abtretung einer Mehrheit künftiger Forderungen in Form einer Globalzession sei zulässig, weil die Forderungen genügend individualisiert worden seien. Die Kenntnis der Schuldner sei für die Wirksamkeit dieser Abtretung nicht erforderlich; es genüge, daß die Schuldner jeweils feststellbar seien. Auch müsse das betreffende Grundverhältnis, aus dem die abgetretenen Forderungen entstehen sollen, noch nicht begrundet sein. Ein derartiges Geschäft bedürfe nur, soweit ihm Sicherungscharakter zukomme, in Analogie zur Pfandrechtsbegründung der Einhaltung eines publizitätswirksamen Modus, etwa der Verständigung des Drittschuldners oder des Buchvermerkes. Dem Factoring-Vertrag sei aber nicht zu entnehmen, daß durch ihn bereits bestehende Forderungen gesichert werden sollten. Der Factoring-Vertrag zwischen der Klägerin und der Firma X sei daher wirksam zustande gekommen und habe mangels einer Kündigung über den 31. März 1977 hinaus bestanden. Die Klägerin habe ihrer hieraus entstandenen Rechte durch eine spätere Abtretung derselben Forderungen seitens der Firma X an die Beklagte nicht mehr verlustig gehen können, weil für den Erwerb der abgetretenen Forderungen der Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages maßgeblich sei, auch wenn der Eigentumsübergang erst mit der Entstehung der künftigen Forderungen eintrete. Weder die Verständigung des Drittschuldners noch dessen Zahlungen seien für die Wirksamkeit der Zession und damit für das Eigentum an den abgetretenen Forderungen von Belang. Daher stunden die Forderungen aus den nach dem 1. April 1977 von der Firma X erbrachten Warenlieferungen und Leistungen ebenso wie früher der Klägerin zu. Die Beklagte sei unabhängig davon, ob ihr der genaue Inhalt des Factoring-Vertrages bekannt gewesen sei und welchen genauen Inhalt die Zessionskreditvereinbarung zwischen der Beklagten und der Firma X aufweise, zur Herausgabe der aus diesen Forderungen bei ihr eingegangenen Gelder in der Höhe des Klagebetrages verpflichtet.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge, hob das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache unter Rechtskraftvorbehalt zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück: Es führte aus:

Gegen die Auffassung des Erstgerichtes, zwischen der Klägerin und der Firma X sei auf Grund des Factoring-Vertrages eine wirksame Abtretungsvereinbarung zustande gekommen, vermöge die Beklagte keine stichhältigen Argumente vorzubringen. Der Forderung der Beklagten nach Einhaltung einer bestimmten Publizitätsform habe bereits das Erstgericht zutreffend entgegengehalten, daß dieses Erfordernis nur für Fälle der Sicherungsabtretung gelte, und zwar aus der Überlegung heraus, daß sonst die Vorschriften über den Pfandrechtserwerb umgangen werden könnten. Es handle sich dabei darum, daß Ansprüche des Zessionars gegen den Zedenten durch die Übereignung von Forderungen des Zedenten gegen Dritte gesichert werden sollten, wobei den Sicherungsnehmer die schuldrechtliche Verpflichtung treffe, von den ihm abgetretenen Forderungen nur zur Sicherung seiner Ansprüche gegen den Zedenten im vereinbarten Rahmen Gebrauch zu machen. Insbesondere folge aus dem Sicherungszweck, daß es sich nicht um endgültige unwiderrufliche Abtretungen handle, sondern um resolutiv bedingte Zessionen insofern, als der Sicherungsnehmer die ihm übereigneten Forderungen rückzuübertragen habe, nachdem seine Ansprüche gegen den Zedenten abgedeckt seien. Die im vorliegenden Factoring-Vertrag enthaltene Forderungszession unterscheide sich von einer Sicherungsabtretung darin, daß hier nicht der Sicherungszweck im Vordergrund stehe. Entsprechend dem Grundgedanken des Factoring, wonach dem sogenannten Factor während des auf Dauer angelegten Factoring-Verhältnisses alle Forderungen des betreffenden Unternehmers gegen seine Kunden zur Einziehung überlassen würden, habe diese Zession vielmehr dem Zweck dienen sollen, der Klägerin für die Dauer des Vertrages die Einbringung sämtlicher Kundenforderungen der Firma X zu übertragen, ohne daß dabei der Bestand einer Forderung der Klägerin gegen die Firma X, wie er für eine Sicherungsabtretung kennzeichnend wäre, vorausgesetzt würde. Freilich mache die Beklagte ohnehin nicht geltend, daß jede Factoring-Vereinbarung eine Sicherungsabtretung beinhalte; sie leite das Vorliegen einer Sicherungsabtretung im vorliegenden Fall aus der Tatsache ab, daß die Klägerin vertraglich ihre Bereitschaft zu einer Bevorschussung der abgetretenen Forderungen erkläre und auch tatsächlich Vorschüsse geleistet habe. Die Tätigkeit des Factors beschränke sich dann allerdings nicht auf eine bloße Geschäftsbesorgung und laufe in gewissem Sinne auf eine Kreditgewährung hinaus, wobei sich die Klägerin nach der Natur des Factoring-Vertrages für ihre Vorschüsse in erster Linie durch die Einziehung der abgetretenen Forderungen bezahlt machen solle. Dies ändere aber nichts daran, daß dem Factoring-Verhältnis weiterhin primär die Dienstleistungsfunktion des Factors zugrunde liege und weder der Forderungsübergang an ihn von einer Kreditgewährung an seinen Auftraggeber abhängig sei noch es zu einer Rückübertragung der auf ihn übergegangenen Forderungen aus dem Gründe zu kommen habe, weil er an den Auftraggeber keine Ansprüche mehr zu stellen habe. Sei die Forderungsabtretung im Rahmen eines Factoring-Vertrages demnach nicht akzessorisch, d. h. nicht durch den Bestand einer Forderung des Factors bedingt, so bedürfe es eines besonderen Publizitätsaktes, wie er für die Sicherungsabtretung gefordert wäre, nicht.

Gegen die Wirksamkeit des von der Klägerin mit der Firma X geschlossenen Factoring-Vertrages bestunden aber auch aus dem Gründe, daß die dort vorgesehene Abtretung teilweise künftige, der Höhe nach noch nicht feststehende Forderungen betroffen habe, keine Bedenken. Solche Forderungen könnten nach Lehre und Rechtsprechung abgetreten werden, sofern sie ausreichend individualisiert seien, also nach dem Grundverhältnis, aus dem in Zukunft die Forderung zwischen den Beteiligten entstehen solle, und nötigenfalls nach der Person des Schuldners bestimmt seien. Die bei Factoring-Verträgen regelmäßig vereinbarte Globalzession (Abs. 1 des Factoring-Vertrages, Beilage B, und § 1 der Allgemeinen Factoring-Bedingungen, Beilage 3), wonach sämtliche Forderungen aus ab einem bestimmten Zeitpunkt erbrachten Warenlieferungen und Dienstleistungen des betreffenden Unternehmens abgetreten würden, ergebe in diesem Sinne eine ausreichende Bestimmtheit der erfaßten Forderungen.

Der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes sei schließlich auch darin beizustimmen, daß bei einer zweifachen Zession derselben Forderung im Sinne des Prioritätsgrundsatzes die ältere Zession vorgehe, ohne daß es bei dem hier zu beurteilenden Verhältnis zwischen den beiden Zessionaren auf den Schutz des gutgläubigen Drittschuldners ankäme. Dabei sei für den Rang einer Zession der Zeitpunkt der betreffenden Vereinbarung maßgebend, sofern nicht eine Übergabe im Sinne einer bestimmten Erwerbsart erforderlich sei, wie bei formbedürftigem Kausalgeschäft (z. B. Schenkung), bei bestimmten Wertpapierforderungen oder bei einer Sicherungsabtretung.

Das Erstgericht sei somit darin im Recht, daß die Beklagte wegen der von der Firma X im Jahre 1977 zu ihren Gunsten abgegebenen Zessionskrediterklärung Zahlungen in Höhe des Klagebetrages auf Grund von Forderungen erhalten habe, die nach dem Factoring-Vertrag der Klägerin zugestanden wären und daher von einer späteren Abtretung an die Beklagte nicht mehr betroffen hätten sein können. Ungeachtet dessen erweise sich die Rechtssache noch nicht als spruchreif. Solange nämlich vertragliche Beziehungen zwischen den Streitteilen weder behauptet noch festgestellt seien, bedürfe der von der Klägerin geltend gemachte Herausgabeanspruch einer unmittelbaren gesetzlichen Grundlage; eine solche lasse sich aber nicht auffinden:

Ein den sachenrechtlichen Eigentumsklagen entsprechend nachgebildeter Anspruch des vorgehenden gegen den späteren Zessionar auf Herausgabe empfangener Zahlungen, wie ihn das Erstgericht offenbar als selbstverständlich angenommen habe, lasse sich nämlich aus dem geltenden Recht nicht ableiten. Wenn in den §§ 427 und 1424 ABGB auch vom Eigentum an Forderungen die Rede sei, was allenfalls im Zusammenhang mit Zessionen an die Anwendung von Rechtseinrichtungen des Sachenrechtes denken ließe, dürfe doch nicht außer acht gelassen werden, daß die meisten Normen des Sachenrechtes auf körperliche Sachen zugeschnitten seien und sich daher nicht ohne weiteres auf Forderungen übertragen ließen. Die Klage aus dem rechtlich vermuteten Eigentum des Klägers (§ 372 ABGB) setze qualifizierten Sachbesitz voraus und sei daher bei Forderungen von vornherein unanwendbar. Forderungen seien aber auch kein Gegenstand der eigentlichen Eigentumsklage nach §§ 366 ff. ABGB.

Neben der Eigentumsklage scheide auch ein Bereicherungsanspruch der Klägerin aus, weil der der Beklagten zugekommene Vorteil keinem der gesetzlichen Bereicherungstatbestände unterstellt werden könne. Insbesondere komme ein Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB nicht in Betracht, weil zwischen der Beklagten und der Firma X ein die Vermögensverschiebung rechtfertigendes Schuldverhältnis bestanden habe.

Angesichts der Feststellung des Erstgerichtes, daß die Beklagte vom Factoring-Vertrag der Klägerin mit der Firma X Kenntnis erlangt habe, sei allerdings ein Schadenersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte in Betracht zu ziehen. Nach Lehre und Rechtsprechung habe die Beklagte die ihr bekannten Rechte der Klägerin aus dem Factoring-Vertrag bei sonstiger Ersatzpflicht nicht dadurch beeinträchtigen dürfen, daß sie die Firma X in der Richtung beeinflußte, diesen Vertrag nicht mehr zuzuhalten. Sie wäre wohl von einer Haftung frei, wenn ihr, wie sie vorgebracht habe, von der Firma X mitgeteilt worden wäre, daß deren Verpflichtungen gegenüber der Klägerin mit 31. März 1977 erloschen seien, weil ihr eine besondere Nachforschungspflicht in diesem Zusammenhang nicht zugemutet habe werden können. Habe aber eine derartige Mitteilung gefehlt und sei die zu ihren Gunsten abgegebene, den Rechten der Klägerin aus dem tatsächlich weiterbestehenden Factoring-Vertrag abträgliche Zessionserklärung der Firma X samt entsprechender Verständigung der Kunden von ihrem Einfluß auf die Willensbildung dieser Firma mitbestimmt gewesen, so hätte die Beklagte der Klägerin gegenüber für den Vertragsbruch der Firma X einzustehen, weil sie die Forderungsrechte der Klägerin nicht schlechthin mißachten hätte dürfen. Ein solches zu einer Schadenersatzpflicht führendes Verhalten der Beklagten sei noch von dem freilich reichlich knappgehaltenen Vorbringen der Klage umfaßt, die Beklagte habe trotz Kenntnis des Factoring-Vertrages die an die Klägerin abgetretenen Forderungen ab 1. April 1977 für sich beansprucht. Es lägen auch Beweisergebnisse vor, denen allenfalls entnommen werden könnte, für die Zessionskrediterklärung der Firma X seien die Erklärungen von seiten der Beklagten maßgeblich gewesen, wonach der Factoring-Vertrag ab 1. April 1977 ungeachtet der in der Vertragsurkunde Beilage B vorgesehenen automatischen Verlängerung nicht mehr eingehalten zu werden brauche.

Da sohin das Erstgericht, von einer nicht in jeder Weise zutreffenden rechtlichen Beurteilung ausgehend, die näheren Umstände, die zum Zessionskredit der Beklagten an die Firma X geführt hätten, mit den Parteien nicht erörtert und hiezu keine Feststellungen getroffen habe, habe das Ersturteil aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung zwecks Ergänzung in der aufgezeigten Richtung an das Erstgericht zurückverwiesen werden müssen (§ 496 Abs. 1 Z. 3 ZPO).

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Vorweg ist festzuhalten, daß der OGH der auf die einschlägige Lehre und Rechtsprechung gestützten - von der Klägerin (im Rekurs) ausdrücklich und von der Beklagten (durch Nichterhebung eines Rekurses) konkludent unbekämpft gelassenen - Auffassung der Vorinstanzen beitritt, die Klägerin habe auf Grund der im Factoring-Vertrag vereinbarten, eine Vollzession darstellenden Globalzession auch die nach dem 1. April 1977 entstandenen Forderungen der Firma X erworben, dieser Forderungserwerb sei durch die nachfolgende Sicherungsabtretung der Beklagten nicht mehr berührt worden. Es ist aber aus nachstehenden Erwägungen auch den weiteren - von der Klägerin im Rekurs bekämpften - rechtlichen Darlegungen des Berufungsgerichtes zu folgen:

Was zunächst die Frage betrifft, ob die Klägerin ihren streitgegenständlichen Anspruch auf § 366 ABGB grunden könne, so ist diese mit Wolff in Klang[2] VI, 316 (bei FN 43), und Koziol, Die Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte, 146 ff. (mit weiteren Nachweisen), zu verneinen (ebenso GlUNF 2832); die für den Bereich des Sachenrechtes getroffene Regelung läßt sich auf das Schuldrecht nicht anwenden. Dies gilt nicht nur für die Bestimmungen der §§ 367 ABGB und 366 HGB, deren Unanwendbarkeit auf den Forderungserwerb die Klägerin selbst einräumt (s. hiezu auch Koziol - Welser[4] I, 233, mit weiteren Hinweisen), sondern auch für die eigentliche Eigentumsklage nach § 366 ABGB Ehrenzweig[2] II/1, 264, und der Entscheidung GlUNF 4114 kann aus diesen Gründen nicht gefolgt werden.

Aber auch ein Verwendungsanspruch der Klägerin nach § 1041 ABGB scheidet aus; ein solcher ist nämlich nicht nur dann ausgeschlossen, wenn ein die Vermögensverschiebung rechtfertigendes Vertragsverhältnis - sei es zwischen dem Verkürzten und dem Bereicherten, sei es zwischen dem Verkürzten und einem Dritten - besteht, auf Grund eines vertragsähnlichen Verhältnisses ein Anspruch gegen den Bereicherten oder einen Dritten erhoben werden kann (SZ 47/130 u. a.), sondern schon dann, wenn die Vermögensverschiebung auch nur sonst durch das Gesetz gerechtfertigt oder geregelt ist (SZ 38/92; JBl. 1978, 434; 1 Ob 18/79; vgl. auch Stanzl in Klang[2] IV/1, 911 unter Punkt IV). Auch Koziol - Welser[4] I, 310, führen aus, daß es sich nicht schlagwortartig umschreiben lasse, wann für eine Wertbewegung ein "rechtfertigender Grund" vorliege; ein solcher sei "jedenfalls" dann gegeben, wenn die Wertbewegung in Erfüllung eines gültigen Schuldverhältnisses stattgefunden habe. Ihre Ausführungen a. a. O., 318, auf die sich die Klägerin beruft, sind daher nicht so zu verstehen, daß bloß ein Schuldverhältnis zwischen dem Verkürzten und dem Bereicherten oder auch einem Dritten den Verwendungsanspruch ausschließen würde. Bei drei persönlichen Verhältnissen kann der zureichende Rechtsgrund im Verhältnis zwischen Verkürztem und Mittelsperson oder im Verhältnis zwischen Mittelsperson und Drittem liegen (Stanzl in Klang[2] IV/1, 912 ff.). Einem Verwendungsanspruch steht etwa auch ein dem Verkürzten vom Gesetz gegenüber einer Mittelsperson eingeräumter Ersatzanspruch entgegen (Stanzl a. a. O., 915 vor FN 54; 8 Ob 283/66 u. a.). Ebensowenig kann der Verkürzte Geld, das sein Vertrauensmann zur Zahlung eigener Schulden verwendet hat, vom redlichen Empfänger gemäß § 1041 ABGB zurückverlangen (Stanzl a. a. O., 915 bei FN 56).

Im gegenständlichen Fall hat die Firma X durch die Verständigung ihrer Kunden, daß sie ihre Fakturen ab 1. April 1977 an die Beklagte zediere und Zahlungen mit schuldbefreiende Wirkung daher nur mehr an diese erfolgen könnten (Beilage 2), bewirkt, daß ihre Kunden ungeachtet der Unwirksamkeit dieser (nach der im Factoring-Vertrag enthaltenen ersten Zession an die Klägerin zweiten) Zession mit schuldbefreiender Wirkung an die Beklagte zahlten und die betreffenden Forderungen untergingen (EvBl. 1977/168; ebenso für den gegenständlichen Fall Wolff in Klang[2] VI, 316; dessen abweichende Ansicht für den Fall, daß der Schuldner vom späteren Übernehmer nicht durch den ursprünglichen Gläubiger erfährt, ist hier ohne Bedeutung). Sie hat die Sicherungsabtretung zur Abdeckung des bei der Beklagten aufgenommenen Zessionskredits vorgenommen und dadurch sowie durch die dieser Sicherungsabtretung entsprechende Verständigung ihrer Kunden den mit der Klägerin noch aufrecht bestehenden Factoring-Vertrag verletzt. Die Klägerin hat sich daher an die Firma X zu halten und kann nicht mit der Verwendungsklage gegen die Beklagte vorgehen, die bloß das bekommen hat, worauf sie der Firma X gegenüber Anspruch hatte (im Ergebnis ebenso Fitz, Globalzession als Kreditsicherung im österreichischen Recht, ÖJZ 1973, 595 ff., insbesondere 601; Wolff in Klang[2] VI, 316 unter Punkt II drittletzter Absatz).

Ein Schadenersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte käme, wie das Berufungsgericht zutreffend darlegte, dann in Betracht, wenn die Beklagte die ihr bekannten Forderungsrechte der Klägerin durch die Verleitung der Firma X zur Nichteinhaltung des weitergeltenden Factoring-Vertrages wissentlich beeinträchtigt hätte. Das Berufungsgericht hat auch richtig erkannt, daß die Beklagte hinsichtlich der Rechte der Klägerin keine Nachforschungspflicht traf, weil Nachforschungspflichten bezüglich fremder Forderungen im Verkehr angesichts der erkennbarkeit (mangelnden Publizität) von Forderungsrechten einerseits und wegen ihrer Häufigkeit andererseits unzumutbare Beschränkungen der Bewegungsfreiheit des einzelnen wären (Bydlinski in Klang[2] IV/2; 117 f.; 1 Ob 615/78). Von einer übermäßigen Einengung des in Frage kommenden Schadenersatzanspruches kann mithin nicht die Rede sein.

Die Streitsache erweist sich somit im Sinne der Ausführungen des Berufungsgerichtes tatsächlich als noch nicht spruchreif.

Anmerkung

Z52110

Schlagworte

Factoringvertrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0050OB00627.79.0703.000

Dokumentnummer

JJT_19790703_OGH0002_0050OB00627_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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