TE Vwgh Erkenntnis 2005/4/28 2004/07/0048

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Veröffentlicht am 28.04.2005
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Index

L69005 Sonstiges Wasserrecht Salzburg;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
81/01 Wasserrechtsgesetz;
81/02 Sonstiges Wasserrecht;

Norm

ReichswasserG 1869 §3;
ReichswasserG 1869 §4 litc;
ReichswasserG 1869 §4;
VwRallg;
WasserrechtsG Slbg 1870 §3;
WasserrechtsG Slbg 1870 §4 lita;
WasserrechtsG Slbg 1870 §4 litb;
WasserrechtsG Slbg 1870 §4 litc;
WasserrechtsG Slbg 1870 §4;
WasserrechtsGNov Slbg 1920 §6;
WRG 1959 §140 Z1;
WRG 1959 §2 Abs1;
WRG 1959 §2 Abs2;
WRG 1959 §3 Abs1 litd;
WRG 1959 §3 Abs1 lite;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2004/07/0049

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Chlup, über die Beschwerde des durch die Österreichische Bundesforste AG in Wien vertretenen Bundes, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Salzburg jeweils vom 10. Juni 2003, Zl. 1/01-38.269/3-2003 (hg. Zl. 2004/07/0048), und Zl. 1/01-38.275/3-2003 (hg. Zl. 2004/07/0049), betreffend Feststellungsverfahren betreffend die Gewässereigenschaft des A-Baches in den Gemeinden A und P (Zl. 2004/07/0048) und F und E (Zl. 2004/07/0049), zu Recht erkannt:

Spruch

Der erstangefochtene Bescheid wird, soweit mit ihm eine Feststellung betreffend die Grundparzellen 1188/1, 1188/2, 1188/3, 1188/6 KG W und 606/3 KG Hinterwiesthal getroffen wird, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der zweitangefochtene Bescheid wird, soweit mit ihm eine Feststellung betreffend die Grundparzellen 850/3, 850/2, 850/4, 850/1 KG Anger, 829/1, 829/2 KG L, 387/3, 387/2 und 387/1 KG E II, getroffen wird, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Beschwerdeführende Partei vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Bund, der gemäß § 4 Abs. 1 Z. 3 des Bundesforstegesetzes 1996, Art. I des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 793/1996, durch die Österreichische Bundesforste AG als gesetzlichen Verwalter des Liegenschaftsbestandes des Bundes (§ 1 Abs. 1 des genannten Gesetzes) vertreten wird.

Mit Bescheid vom 11. April 2002 stellte die Bezirkshauptmannschaft (BH) H gemäß § 98 Abs. 2 in Verbindung mit § 140 Abs. 1 Z 1 WRG 1959, §§ 4 und 6 des Salzburger Landeswasserrechtsgesetzes, LGBl. Nr. 32/1870, in der Fassung des LGBl. Nr. 28/1920, von Amts wegen fest, dass der A-Bach in den Gemeinden A und P im Bereich der Grundstücke Nr. 1188/4, 1188/7, je KG W, sowie im Bereich der Grundstücke 606/1, 606/4, 606/2, 359, 360/3, 360/5, 360/4, je KG H ein Privatgewässer des Staates sei, welches den öffentlichen Gewässern gleichzuhalten sei.

Diese amtswegige Feststellung erfolgte im öffentlichen Interesse, nachdem die Gewässereigenschaft im Zusammenhang mit geführten Canyoning-Touren durch die A-Bachschluchten strittig geworden war.

Im Wege einer einvernehmlichen Vorgangsweise wurde am 17. April 2002 von der BH S ein Bescheid gleichen Inhaltes für den A-Bach in den Gemeinden F und E erlassen. Dieser betraf die Feststellung der Gewässereigenschaft des A-Baches im Bereich der Grundparzellen 1188/4, 1188/7, je KG W, des Grundstückes Nr. 728 KG V, der Grundstücke Nr. 387/3, 387/2, 387/1 und 3030 je KG E I, sowie der Grundstücke 133/1, 133/3, 133/2 und 566, je KG H-E.

Dies wurde von den Bezirksverwaltungsbehörden mit dem im Bundesland Salzburg in Geltung stehenden § 6 des Salzburger Landeswasserrechtsgesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 27. Jänner 1920, LGBl. Nr. 28/1920 (in weiterer Folge: Sbg WRG 1920) in Verbindung mit § 4 des Salzburger Landeswasserrechtsgesetzes in der Fassung vom 28. August 1870, LGBl. Nr. 32/1870 (in weiterer Folge: Sbg WRG 1870) begründet. Sowohl der H-See als auch der vom H-See abfließende A-Bach stünden im Eigentum der Republik Österreich (Österreichische Bundesforste). Da im zitierten § 4 Sbg WRG 1870 Abflüsse aus Seen nicht genannt seien, läge ein Anwendungsfall des zitierten § 6 Sbg WRG 1920 vor. Der im Eigentum der Republik (Österreichische Bundesforste) stehende H-See sowie der A-Bach seien somit als Privatgewässer des Staates den öffentlichen Gewässern gleichzuhalten.

Auf Grund des Inhaltes näher dargestellter Urkunden, insbesondere durch die dadurch belegte Abstandnahme von einer weiteren Leistung eines Wasserzinses, sahen sich die Bezirksverwaltungsbehörden in ihrer Rechtsansicht bestärkt, wonach der A-Bach schon zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung im Jahre 1920 als Privatgewässer des Staates, welches den öffentlichen Gewässern gleichzuhalten wäre, angesehen worden sei.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin jeweils Berufung und berief sich hinsichtlich der Beurteilung der Gewässereigenschaft des A-Baches auf § 3 Abs. 1 lit. e WRG 1959. Der H-See, dessen Abfluss der A-Bach sei, sei ein ausschließlich von den in den umliegenden bundesforstlichen Liegenschaften entspringenden bzw. sich ansammelnden Quell- und Niederschlagswässern gebildeter See. Der A-Bach sei daher ein Abfluss eines nicht von einem öffentlichen Gewässer gespeisten oder durchflossenen Sees, wobei jedenfalls im verfahrensgegenständlichen Bereich eine Vereinigung mit einem öffentlichen Gewässer nicht stattfinde. Ausdrücklich werde bestritten, dass ein Anwendungsfall des § 6 des Sbg WRG 1920 vorläge. Nur jene Gewässer des Staates, die auf Grund eines besonderen, in der Zeit vor Inkrafttreten des Sbg WRG 1870 entstandenen Privatrechtstitels Privatgewässer seien, fielen in den Anwendungsbereich des § 6 leg. cit. und seien den öffentlichen Gewässern gleichzuhalten (vgl. die Ausführungen in Grabmayr/Rossmann, Das Österreichische Wasserrecht,

2. Auflage, S. 661 ff, Anmerkung 2 zu § 140 WRG 1959 und Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, Rz. 3 zu § 3 WRG).

Die Beschwerdeführerin führte weiters aus, es sei auch zu Unrecht verneint worden, dass der A-Bach ein Privatgewässer im Sinn des § 4 des Sbg WRG 1870 sei. In der Literatur werde durchgehend davon ausgegangen, dass § 4 Sbg WRG 1870 dem § 3 WRG 1959 entspreche. § 4 Sbg WRG 1870 enthalte keine Aufzählung bestimmter Wasserformationen, sondern eine Umschreibung der Voraussetzungen, unter denen Gewässern die rechtliche Eigenschaft eines privaten Gewässers zukomme. Auch Bäche seien dort (ebenso wie im § 3 WRG 1959) nicht eigens genannt, würden aber selbstverständlich als Privatgewässer im Sinne dieser Gesetzesbestimmung in Betracht kommen. Es sei daher von vornherein nicht ersichtlich, warum Wasser, wenn es als See in Erscheinung trete, vom Anwendungsbereich des § 4 leg. cit. ausgenommen sein solle. Auch eine systematische Interpretation der Bestimmungen des Sbg WRG 1870 ergebe völlig unzweifelhaft, dass nach den Intentionen des Gesetzgebers auch Seen hinsichtlich ihrer rechtlichen Eigenschaft nach § 4 leg. cit. zu beurteilen seien (wird näher ausgeführt). Da § 4 des Sbg WRG 1870 (anders als § 3 WRG 1959) einen eigenen Tatbestand betreffend Seen nicht kenne, sei der H-See als Abfluss von Quell- und Niederschlagswässern unter den Tatbestand des § 4 lit. d leg. cit. zu subsumieren. Dies gelte auch für den aus dem H-See abfließenden, somit ebenfalls aus abfließenden Quell- und Niederschlagswässern gebildeten A-Bach. Dieser stelle im verfahrensgegenständlichen Bereich ein bundesforstliches Privatgewässer gemäß § 4 lit. d Sbg WRG 1870 dar und sei somit von der Gleichbehandlung mit öffentlichen Gewässern ausdrücklich ausgenommen.

Zum Inhalt der genannten Urkunden meinte die Beschwerdeführerin, es sei richtig, dass die S-Werke Mitte der 50iger Jahre die Bezahlung des im Vertrag 1909 vereinbarten Wasserzinses unter Berufung auf LGBl. Nr. 28/1920 und die erste Wasserrechtsgesetz-Novelle StGBl. Nr. 113/1945 verweigert und die Bundesforste dies letztlich akzeptiert hätten. Unabhängig von der Motivationslage für den damaligen Verzicht und von allfälligen Gesetzesinterpretationen und Rechtsansichten der damals agierenden Personen könne jedoch aus dem damaligen Verhalten kein Präjudiz für die Gewässereigenschaft des A-Baches abgeleitet werden.

Hinsichtlich der in den erstinstanzlichen Bescheiden angeführten Grundparzellen führte die Beschwerdeführerin in der Berufung gegen den Bescheid der BH H schließlich aus, dass darin zahlreiche, nicht im Eigentum der Republik Österreich (Österreichische Bundesforste) stehende Grundstücke angeführt seien. Es handle sich dabei um Grundstücke vom Ende der A-Bachklamm bis zum Tagesspeicher A. In diesem Bereich stehe das Bett des A-Baches im Eigentum der S AG. Sie stelle den Antrag, den erstinstanzlichen Feststellungsbescheid dahingehend abzuändern, dass festgestellt werden solle, dass der A-Bach ein Privatgewässer der Republik Österreich (Österreichische Bundesforste) gemäß § 3 Abs. 1 lit. e WRG 1959 und § 4 lit. d des Sbg WRG 1870 sei; und zwar im Bereich der so genannten A-Bachklamm (Grundparzellen 1188/4 KG W und 606/1 KG Hinterwiesthal) ein Privatgewässer der Republik Österreich (Österreichische Bundesforste) sowie im Bereich der Grundstücke 1187/7, KG W, sowie 606/4, 606/2, 359, 360/3, 360/5 und 360/4, KG H, ein Privatgewässer der S AG.

In der Berufung gegen den Bescheid der BH S führte die Beschwerdeführerin diesbezüglich aus, es seien Grundstücke genannt, die nicht mehr den Gewässerabschnitt S-Bachklamm beträfen, in diesem Abschnitt sei die Aufzählung der betroffenen Grundstücke aber lückenhaft. Sie fügte dem eine Auflistung der Gewässerabschnitte und der betroffenen Grundstücke an und beantragte ebenfalls die Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides dahin, dass der A-Bach ein Privatgewässer der Republik Österreich (Österreichische Bundesforste) gemäß § 3 Abs. 1 lit. e WRG 1959 und § 4 lit. d des Sbg WRG 1870 sei.

Im Verfahren vor der belangten Behörde wurde zur Abklärung der betroffenen Grundstücke und deren Eigentumsverhältnisse eine Anfrage beim Salzburger Geographischen Informationssystem durchgeführt.

Mit den nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheiden jeweils vom 10. Juni 2003 wurde die Berufung gegen die zitierten Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörden jeweils gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen.

Mit dem Bescheid, der dem hg. Beschwerdeverfahren zur Zl. 2004/07/0048 zu Grunde liegt, wurde der Spruch des Bescheides der BH H vom 11. April 2002 insofern abgeändert, als nunmehr gemäß § 140 Z. 1 WRG 1959, in Verbindung mit § 6 Sbg WRG 1920 und § 4 Sbg WRG 1870 festgestellt wird, dass der A-Bach in den Gemeinden A und P im Bereich der Grundparzellen 1188/1, 1188/2, 1188/3, 1188/6, 1188/4, je KG W und 606/3, 606/1, je KG H, ein Privatgewässer des Staates sei, welches den öffentlichen Gewässern gleichzuhalten sei.

Mit dem zur hg. Zl. 2004/07/0049 in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde vom 10. Juni 2003 wurde der Spruch des Bescheides der BH S vom 17. April 2002 abgeändert, sodass er nach Zitierung der obgenannten Gesetzesbestimmungen auf Feststellung dahingehend lautet, dass der A-Bach in den Gemeinden F und E im Bereich der Grundparzellen 728 KG V-See, 850/3, 850/2, 850/4, 850/1, je KG A, sowie 829/1, 829/2, KG L, sowie 387/3, 387/2, 387/1 je KG E II, sowie 303 KG E I und 133/1, 133/3, 133/2, 566, je KG H-E, ein Privatgewässer des Staates sei, welches den öffentlichen Gewässern gleichzuhalten sei.

Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der entscheidenden gesetzlichen Bestimmungen (des § 3 Abs. 1 WRG 1959, des ersten Satzes des § 6 Sbg WRG 1920, des § 4 Sbg WRGes 1870) führte die belangte Behörde aus, bei der Prüfung der Frage, ob ein bestimmtes Gewässer ein öffentliches oder privates sei, sei auf Grund des systematischen Zusammenhanges der diesbezüglichen Bestimmungen im Wasserrechtsgesetz eine Rangordnung der in Frage kommenden Titel zu berücksichtigen. Der A-Bach könne als Abfluss des H-Sees nicht unter § 3 Abs. 1 lit. a bis lit. c WRG 1959 subsumiert werden; er sei auch nicht nach § 61 leg. cit. als öffentlich erklärt worden. Das Vorliegen eines vor dem Jahre 1870 entstandenen Privatrechtstitels im Sinne des § 2 Abs. 2 WRG 1959 sei für den A-Bach nicht ersichtlich und werde von Seiten der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet. Auch sei der A-Bach nicht in Anhang A des geltenden Wasserrechtsgesetzes angeführt.

Aus dem Inhalt der angeführten historischen Urkunden ergebe sich unzweifelhaft, dass der A-Bach zumindest vor dem 1. November 1934 nicht anlässlich der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung als öffentliches Gewässer behandelt worden sei. Die Anwendbarkeit des § 2 Abs. 1 lit. b WRG 1959 scheide somit aus.

Bedeutung für den A-Bach habe zunächst vielmehr die Bestimmung des § 3 Abs. 1 lit. d WRG 1959. Der dem A-Bach vorgelagerte H-See werde unbestrittenermaßen ausschließlich von Gewässern aus dem umliegenden bundesforstlichen Einzugsgebiet gespeist. Der H-See stelle sich somit jedenfalls als See dar, der nicht von einem öffentlichen Gewässer gespeist oder durchflossen werde. Für den A-Bach komme folglich die Bestimmung des § 3 Abs. 1 lit. e WRG 1959 zur Anwendung, weil er sich als Abfluss eines Sees im Sinne der vorgenannten lit. d darstelle. Als erstes Ergebnis der Prüfung könne somit festgehalten werden, dass der A-Bach im verfahrensgegenständlichen Bereich ein Privatgewässer der Republik Österreich (Österreichische Bundesforste) im Sinne des § 3 Abs. 1 lit. e WRG 1959 sei.

Für ein als Privatgewässer des Staates erkanntes Gewässer sei im Bundesland Salzburg jedoch in weiterer Folge auch der § 140 Z. 1 WRG 1959 in die Prüfung einzubeziehen. Zufolge des durch diese Bestimmung aufrecht erhaltenen ersten Satzes des § 6 Sbg WRG 1920 seien im Bundesland Salzburg die Privatgewässer des Staates, mit Ausnahme der im § 4 bezeichneten, den öffentlichen Gewässern gleichzuhalten. § 4 Sbg WRG 1870 nenne in den lit. a bis lit. d Seen nicht. Daraus hätten die Bezirksverwaltungsbehörden zu Recht abgeleitet, dass auch Abflüsse aus Seen nicht vom Ausnahmetatbestand des § 4 leg. cit. erfasst seien. Für den verfahrensgegenständlichen Abschnitt des A-Baches habe die Bezirksverwaltungsbehörde daher folgerichtig die Anwendbarkeit des ersten Satzes des § 6 Sbg WRG 1920 bejaht und dem zufolge zu Recht die Gleichstellung mit den öffentlichen Gewässern festgestellt.

Die von der Beschwerdeführerin geäußerte Rechtsansicht, wonach nach dem ersten Satz des § 6 Sbg WRG 1920 nur jene Gewässer im Bundesland Salzburg den öffentlichen Gewässern gleichzuhalten seien, für die auch ein alter, aus der Zeit vor 1870 stammender Privatrechtstitel geltend gemacht werden könnte, sei angesichts des klaren Wortlautes der genannten Bestimmung in Verbindung mit den im § 4 Sbg WRG 1870 angeführten Ausnahmen nicht nachvollziehbar. Daran vermöge auch der Hinweis auf die Ausführungen in den namhaften Kommentaren nichts zu ändern, zumal die Gleichstellung des § 4 Sbg WRG 1870 mit § 3 WRG 1959 in den Textpassagen augenscheinlich unzutreffend sei. Abgesehen von einer inhaltlich unterschiedlichen Textierung sei im § 4 Sbg WRG 1870 jedenfalls das im § 3 Abs. 1 lit. d WRG 1959 angeführte Gewässer "Seen, die nicht von einem öffentlichen Gewässer gespeist oder durchflossen werden", nicht genannt. Von einer Entsprechung der beiden Bestimmungen könne daher augenscheinlich nicht gesprochen werden.

Die Rechtsansicht der Beschwerdeführerin, wonach auf Grund des tatbestandlichen Fehlens der "Seen" im § 4 Sbg WRG 1870 schon das Gewässer H-See selbst als Abfluss von Quell- und Niederschlagswässern unter den Tatbestand des § 4 lit. d leg. cit. zu subsumieren sei, vermöge hingegen zumindest in rechtlicher Hinsicht nicht zu überzeugen. Zum einen stehe dieser Ansicht der klare Wortlaut der betreffenden Bestimmung entgegen, zum anderen würde dadurch eine Abgrenzung der verschiedenen Gewässer überhaupt unmöglich, da sich letztlich der Ursprung eines jeden Gewässers (ob unter- oder oberirdisch) als Abfluss von Niederschlagswässern darstelle.

Nicht zu überzeugen vermöge im gegebenen Zusammenhang auch der Hinweis der Beschwerdeführerin, wonach Bäche nicht eigens genannt seien. Dazu sei auszuführen, dass der Begriff "Abfluss" in den genannten Bestimmungen wohl auch den Begriff "Bäche" mitumfasse, diese somit in den betreffenden Bestimmungen sehr wohl Berücksichtigung fänden.

Ein Eingehen auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin im Bezug auf die § 1 bis 3 Sbg WRG 1870 im Zusammenhang mit den Grundsätzen des Allgemeinen Bürgerlichen Rechtes erscheine entbehrlich, da diese Bestimmungen nicht mehr dem geltenden Recht angehörten; § 140 Z. 1 WRG 1959 habe nur die Weitergeltung des ersten Satzes des § 6 Sbg WRG 1920 und zufolge des ausdrücklichen Verweises damit auch des § 4 Sbg WRG 1870 festgelegt.

Der Ansicht der Beschwerdeführerin, wonach aus dem Kontext der historischen Urkunden keinesfalls die Anwendbarkeit des § 6 Sbg WRG 1920 abgeleitet werden könne, sondern diese Urkunden nur bewiesen, dass der A-Bach vor dem 1. November 1934 anlässlich der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung nicht als öffentliches Gewässer behandelt worden sei, sei zuzustimmen. Allerdings sei die Entscheidung der erstinstanzlichen Behörde auch nicht auf die historischen Zusammenhänge gestützt. Vielmehr sei von der erstinstanzlichen Behörde der aus den Urkunden hervorgehende historische Kontext folgerichtig nur als zusätzliches Indiz für die Richtigkeit des Ausspruches gewertet worden.

Die belangte Behörde meinte in dem zu hg. Zl. 2004/07/0048 in Beschwerde gezogenen Bescheid, zu Recht sei von der Beschwerdeführerin bemängelt worden, dass im erstinstanzlichen Bescheid zahlreiche, nicht im Eigentum der Republik Österreich sondern der S AG stehende Grundstücke angeführt worden seien. Aus Sicht der erkennenden Behörde seien verfahrens- und berufungsgegenständlich nur die im Eigentum der Republik Österreich stehenden Grundstücke des A-Baches (vorliegend eingeschränkt auf die Gemeinden A und P) bis zum Ende der A-Bachschlucht. Die Gewässerstrecke vom Ende der A-Bachschlucht bis zum Tagesspeicher A erscheine nicht mehr verfahrensgegenständlich. Es seien daher die Gewässerparzellen entsprechend den Ausführungen in der Berufungsschrift und den Ergebnissen der Abfrage ergänzt worden.

Zu der Präzisierung der Grundparzellen meinte die belangte Behörde im zur hg. Zl. 2004/07/0049 bekämpften Bescheid, es beziehe sich zwar der Antrag des Canyoning- und Raftingunternehmens primär auf die Bereiche der A-Bachschluchten, dennoch könne der erstinstanzlichen Behörde nicht unterstellt werden, dass sie ihre amtswegige Feststellung im öffentlichen Interesse nicht auch für den gesamten Bereich des A-Baches treffen wollte. Aus Sicht der erkennenden Behörde sei somit verfahrens- und berufungsgegenständlich die Frage der Gewässereigenschaft des A-Baches vom Abfluss aus dem H-See bis zum Ende der A-Bachschlucht in der Gemeinde A (vorliegend eingeschränkt auf die Bereiche der Gemeinden F und E). Es seien daher die Gewässerparzellen entsprechend den Ausführungen in der Berufungsschrift und den Ergebnissen der Abfrage ergänzt worden; herausgenommen worden seien hingegen die Grundparzellen 1188/4 und 1188/7 KG W, weil die letztgenannten Grundparzellen in den Zuständigkeitsbereich der BH H gehörten und Eigentümerin der Grundparzelle 1188/7 nicht die Republik Österreich sondern die S AG sei.

Gegen diese Bescheide wandte sich die Beschwerdeführerin mit Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschlüssen vom 2. März 2004, B 1021, 1022/03-7 die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der Beschwerdeergänzung macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Sie vertritt im Wesentlichen die bereits unter Hinweis auf die Literatur in der Berufung vertretene Ansicht, der A-Bach sei ein aus Quell- und Niederschlagswässern aus dem bundesforstlichen Einzugsgebiet gebildetes Gewässer und daher unter § 4 lit. d in Verbindung mit lit. a und b Sbg WRG 1870 zu subsumieren. Die Beschwerdeführerin wiederholt ihre Argumentation zur Systematik des § 4 Sbg WRG 1870 und meint, dass die Gleichstellung staatlicher Privatgewässer mit öffentlichen Gewässern im § 6 Sbg WRG 1920 ganz offenkundig nur staatliche Privatgewässer kraft besonderer Privatrechtstitel betroffen habe, seien doch die im § 4 leg. cit. definierten Privatgewässer kraft Gesetzes ausdrücklich von der Gleichstellung ausgenommen worden. Es scheide daher eine Gleichbehandlung staatlicher Privatgewässer im Sinne des § 3 des geltenden WRG 1959 von vornherein aus. Ergänzend meint die Beschwerdeführerin, die bekämpften Bescheide seien auch insoweit rechtswidrig, als die belangte Behörde einerseits den Gewässerabschnitt zwischen dem Ende der A-Bachklamm und dem Tagesspeicher A, der sehr wohl Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides wie auch des Berufungsverfahrens gewesen sei, einfach aus dem Bescheidspruch eliminiere und andererseits in den erstinstanzlichen Bescheiden gar nicht vorkommende bundesforstliche Grundstücke ergänzt habe.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass die Wasserrechtsbehörden in den vorliegenden Beschwerdefällen amtswegige Feststellungen nach § 98 Abs. 2 WRG 1959 über die Gewässereigenschaft des A-Baches auf - durch die Angabe von Grundstücksnummern der betroffenen Grundstücke - näher umschriebenen Fließstrecken dieses Gewässers trafen.

§ 2 Abs. 1 und 2 sowie § 3 Abs. 1 WRG 1959 lauten:

"Öffentliche Gewässer

§ 2. (1) Öffentliche Gewässer sind:

a) die im Anhang A zu diesem Bundesgesetze namentlich aufgezählten Ströme, Flüsse, Bäche und Seen mit allen ihren Armen, Seitenkanälen und Verzweigungen;

b) Gewässer, die schon vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anlässlich der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung als öffentliche behandelt wurden, von der betreffenden Stelle angefangen;

c) alle übrigen Gewässer, sofern sie nicht in diesem Bundesgesetze ausdrücklich als Privatgewässer bezeichnet werden.

(2) Insoweit für die im Abs. 1 genannten Gewässer ein besonderer vor dem Jahre 1870 entstandener Privatrechtstitel nachgewiesen wird, sind diese Gewässer als Privatgewässer anzusehen. Das Eigentum an den Ufergrundstücken oder dem Bette des Gewässers bildet keinen solchen Privatrechtstitel.

Privatgewässer

§ 3. (1) Außer den in § 2 Abs. 2 bezeichneten Gewässern sind folgende Gewässer Privatgewässer und gehören, wenn nicht von anderen erworbene Rechte vorliegen, dem Grundeigentümer:

a) das in einem Grundstück enthaltene unterirdische Wasser (Grundwasser) und das aus einem Grundstück zu Tage quellende Wasser;

b) die sich auf einem Grundstück aus atmosphärischen Niederschlagen sammelnden Wässer;

c) das in Brunnen, Zisternen, Teichen oder anderen Behältern enthaltene und das in Kanälen, Röhren usw. für Verbrauchszwecke abgeleitete Wasser; ferner, soweit nicht die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit. a und b entgegen stehen;

d) Seen, die nicht von einem öffentlichen Gewässer gespeist oder durchflossen werden;

e) die Abflüsse aus den vorgenannten Gewässern bis zu ihrer Vereinigung mit einem öffentlichen Gewässer."

Nach § 61 Abs. 1 WRG 1959 können die im § 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 1 lit. d und e genannten Privatgewässer mit Zustimmung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu öffentlichen Gewässern erklärt werden, wenn wichtige öffentliche Interessen es erfordern.

§ 140 WRG 1959 ("Aufrechterhaltung wasserrechtlicher Vorschriften") lautet in seiner Z. 1:

"Durch dieses Bundesgesetz werden nicht berührt:

1. der erste Satz des § 6 des Salzburger Wasserrechtsgesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 27. Jänner 1920, LGBl. Nr. 28;"

Der erste Satz des § 6 Sbg WRG 1920 lautet:

"Die Privatgewässer des Staates, mit Ausnahme der im § 4 bezeichneten, sind den öffentlichen Gewässern gleichzuhalten."

Der zitierte § 4 Sbg WRG in der Fassung des Gesetzes vom 28. August 1870, LGBl. Nr. 32/1870, hat folgenden Wortlaut:

"Nachstehende Gewässer gehören, wenn nicht von Anderen erworbene Rechte entgegenstehen, dem Grundbesitzer:

a) Das in seinen Grundstücken enthaltene unterirdische und aus denselben zu Tage quellende Wasser, mit Ausnahme der dem Salzmonopole unterliegenden Salzquellen und der zum Bergregale gehörenden Cementwässer.

b) Die sich auf seinen Grundstücken aus atmosphärischen Niederschlägen ansammelnden Wässer.

c) Das im Brunnen, Teichen, Cisternen oder anderen auf Grund und Boden des Grundbesitzers befindlichen Behältern oder in von demselben zu seinen Privatzwecken angelegten Kanälen, Röhren etc. eingeschlossene Wasser.

d) Die Abflüsse aus den vorgenannten Gewässern, solange sich erstere in ein fremdes Privat- oder in ein öffentliches Gewässer nicht ergossen und das Eigenthum des Grundbesitzers nicht verlassen haben (§. 4 des Reichsgesetzes)."

Nach § 2 Sbg WRG 1870 waren alle schiff- und flössbaren Gewässer jedenfalls öffentliches Gut; nach § 3 leg. cit. waren auch die sonstigen Gewässer - darunter ausdrücklich genannt auch die Seen - "öffentliches Gut", insoweit sie nicht kraft Gesetzes oder besonderer Privatrechtstitel jemandem gehörten.

Es ist unstrittig, dass der A-Bach nicht nach § 61 WRG 1959 als öffentlich erklärt wurde. Ebenso herrscht zwischen den Verfahrensparteien Übereinstimmung darüber, dass vor dem Jahre 1870 kein Privatrechtstitel im Sinne des § 2 Abs. 2 WRG 1959 für den A-Bach entstand und dass der A-Bach nicht im Anhang A des WRG 1959 angeführt ist.

Die Beschwerdeführerin wendet sich auch nicht gegen die Ansicht der belangten Behörde, wonach beim A-Bach die Anwendbarkeit des § 2 Abs. 1 lit. b WRG 1959 (Behandlung anlässlich der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung als öffentliches Gewässer vor dem 1. November 1934) ausscheidet. Übereinstimmung herrscht auch über die von der belangten Behörde vertretene Ansicht, dass der H-See ein See im Sinne des § 3 Abs. 1 lit. d WRG 1959 ist, der nicht von einem öffentlichen Gewässer gespeist oder durchflossen werde.

Zwischen den Verfahrensparteien ist auch nicht strittig, dass für den A-Bach die Bestimmung des § 3 Abs. 1 lit. e WRG 1959 zur Anwendung gelangt, weil er sich als Abfluss eines Sees im Sinne der vorgenannten lit. d des § 3 Abs. 1 WRG 1959 darstellt. Das erste Ergebnis der Prüfung der belangten Behörde, wonach der A-Bach im verfahrensgegenständlichen Bereich ein Privatgewässer der Republik Österreich (Österreichische Bundesforste) im Sinne des § 3 Abs. 1 lit. e WRG 1959 darstellt, wird nicht in Beschwerde gezogen und steht in Übereinstimmung mit dem Gesetz.

Entscheidend ist im vorliegenden Fall, ob die Anwendung des durch § 140 Z. 1 WRG 1959 aufrecht erhaltenen ersten Satzes des § 6 Sbg WRG 1920 zu einem anderen Ergebnis führt. Nach dieser Bestimmung sind die Privatgewässer des Staates den öffentlichen Gewässern gleichzuhalten, mit Ausnahme der in § 4 bezeichneten Privatgewässer. Fällt der A-Bach nicht unter eine der in § 4 Sbg WRG 1870 genannten Ausnahmen, wäre er daher den öffentlichen Gewässern gleich zu halten.

Der A-Bach stellt einen Abfluss aus einem Gewässer (H-See) dar. § 4 lit. d Sbg WRG 1870 nennt Abflüsse, bezieht sie aber allein auf die in seinen lit. a bis c genannten Gewässer. Fraglich ist, ob der H-See unter die in lit. a bis c des § 4 leg. cit. genannten Gewässer fällt.

Wie die belangte Behörde feststellte und auch die Beschwerdeführerin nicht bestreitet, werden in den lit. a bis lit. c des § 4 Sbg WRG 1870 Seen nicht genannt.

Das Sbg WRG 1870 kannte aber den Begriff des "Sees" und verwendete ihn bei der Umschreibung des öffentlichen Gutes in § 3.

§ 4 hingegen nennt die Seen nicht, aber - in lit. c - das "in Teichen" eingeschlossene Wasser. Der Wortlaut des § 4 Sbg WRG 1870 legt daher das Verständnis nahe, dass zwar Teiche, nicht aber Seen unter die in dieser Bestimmung aufgezählten Privatgewässer fallen sollten.

Dieses Verständnis ergibt sich auch, wenn man die Systematik der §§ 3 und 4 des Sbg WRG 1870 betrachtet. Hier hilft der Blick in das wortidente Reichswassergesetz 1869, RGBl. Nr. 93 (RWRG 1869), dessen Systematik und Inhalt vom Sbg WRG 1870 übernommen wurde. Die hinsichtlich des RWRG getroffene Interpretation der Regelungen der §§ 3 und 4 können daher zur Auslegung dieser Bestimmungen des Sbg WRG 1870 herangezogen werden.

Die §§ 3 und 4 finden sich in beiden Gesetzen im ersten Abschnitt, der "von der rechtlichen Eigenschaft der Gewässer" handelt. §§ 2 und 3 legen fest, welche Gewässer "öffentliches Gut" sind und stellen sie den Gewässern gegenüber, die nach § 4 des Gesetzes "dem Grundbesitzer gehören." Damit regeln die beiden erstgenannten Bestimmungen die Qualifikation eines Gewässers als öffentliches Gewässer, § 4 beinhaltet die Umschreibung der Privatgewässer.

Auch § 3 RWRG 1869 zählte Seen ausdrücklich zu den öffentlichen Gewässern und nannte in § 4 lit. c als Privatgewässer lediglich die Teiche.

Im Kommentar von Peyrer, Das Österreichische Wasserrecht2, 1886, S. 127, heißt es dazu, dass "§ 3 von stehenden Gewässern namentlich die Seen erwähnt. In den meisten Ländern rechnet man die größeren Seen zum öffentlichen Gut, häufig auch, wo sie mit Staatsdomänen in Verbindung stehen, zu diesen oder zum 'Kammergut'; die kleineren Seen, welche schon mehr der Natur von Weihern oder Teichen sich nähern, zum Privatgut, gewöhnlich als Bestandtheil der sie umschließenden Grundstücke." Zu § 4 lit. c wird ausgeführt (aaO, S. 150), dass "Seen, bei denen von einem Einschließen durch ein Grundstück, von einem Beherrschen durch menschliche Gewalt (Ableiten, Trockenlegen u. dgl., wie bei Teichen) nicht mehr die Rede sein kann, welche Grund und Boden, den sie bedecken, dem menschlichen Verkehre entziehen, können auch nach natürlichen Rechtsgrundsätzen nicht als Bestandteil des Grundbesitzes angesehen werden. Diesselben fallen daher nicht unter die Gewässer nach § 4, sondern unter jene des § 3." Dieser Ansicht schloss sich auch Randa, Das österreichische Wasserrecht3, Prag 1891, S. 30 und S. 34, an, wenn er ausgehend vom Begriff "Teich" in § 4 lit. c RWRG ausführte, "dies gilt nicht von Seen, d.i. natürlichen großen Wasserbecken" bzw. "Seen sind dagegen, wenn nicht Privatrechte nachgewiesen werden, als öffentliche Gewässer anzusehen (§ 3 R. W. G.)."

Demnach wollte der Gesetzgeber damals nach der Größe des stehenden Gewässers unterscheiden und nur kleine Seen, die in der Ausdehnung Teichen oder Weihern entsprechen, von der Bestimmung des § 3 RWRG ausnehmen und dem § 4 RWRG zuweisen. Es erscheint nun unzweifelhaft, dass der H-See eine Ausdehnung hat, die es nicht mehr zulässt, den vom Wasser bedeckten Boden wieder dem "menschlichen Verkehr" zugänglich zu machen und somit von einem, einem Weiher gleichzuhaltenden Gewässer zu sprechen. Ein See in der Größenordnung des H-Sees konnte daher nicht unter § 4 lit. c fallen, sondern war nach dem System des RWRG als öffentliches Gewässer zu betrachten.

Dies bedeutet aber auch für das Sbg WRG 1870, dass Seen im Gegensatz zu Teichen überhaupt nicht unter § 4 fielen, sondern ihre Regelung in § 3 erfuhren. Der Umstand, dass infolge des in § 6 Sbg WRG 1920 enthaltenen Verweises allein auf § 4 Sbg WRG 1870 nur mehr diese Bestimmung unmittelbare Anwendung zu finden hat, ändert daran nichts. Es scheidet daher auch die - von der Beschwerdeführerin angesprochene - Subsumtion des H-Sees unter die lit. a und b des § 4 Sbg WRG 1870 aus, weil Seen überhaupt nicht unter § 4 fielen.

Der A-Bach stellt daher keinen Abfluss aus einem in § 4 lit. a bis c Sbg WRG 1870 genannten Gewässer dar und erfüllt seinerseits nicht die Ausnahmebestimmung des § 4 lit. d Sbg WRG 1870. § 6 Sbg WRG 1920 gilt daher für den A-Bach; das bedeutet, dass dieses Privatgewässer des Staates den öffentlichen Gewässern gleich zu halten ist.

Die in den von der Beschwerdeführerin zitierten Kommentaren (Grabmayr/Rossmann, Raschauer) genannten, im Übrigen nicht näher begründeten Ausführungen zu § 140 bzw. § 3 WRG 1959, wonach § 4 des Sbg WRG 1870 dem § 3 WRG 1959 entspreche und nur jene Wässer betreffe, für die ein alter, aus der Zeit vor 1870 stammender Privatrechtstitel geltend gemacht werden könnte, sind nicht zu teilen. So stimmt der Wortlaut des § 4 des Sbg WRG 1870 keineswegs völlig mit jenem des § 3 WRG  1959 überein; er ist in Bezug auf Seen und Abflüsse nicht deckungsgleich (vgl. diesbezüglich kritisch auch Oberleitner, Das österreichische Wasserrecht 1959, Wien 2004, S. 476). Die Annahme einer nur auf die Fälle des § 2 Abs. 2 WRG 1959 eingeschränkten Bedeutung des § 6 des Sbg WRG 1920 kann daher weder auf den Wortlaut der anzuwendenden Bestimmungen noch auf die irrtümlich angenommene Identität dieser Bestimmungen gestützt werden. Es zeigen sich vielmehr gerade im vorliegenden Fall der Regelung der Gewässereigenschaft von Seen Unterschiede von rechtlicher Bedeutung.

Aus all dem folgt, dass im vorliegenden Fall der erste Satz des § 6 Sbg WRG 1920 zum Tragen kam und dass die mit den angefochtenen Bescheiden erfolgte Feststellung der Gleichstellung des A-Baches mit einem öffentlichen Gewässer der Rechtslage entsprach.

Dennoch sind die angefochtenen Bescheide teilweise mit Rechtswidrigkeit belastet.

Mit den Bescheiden der BH wurde hinsichtlich des A-Baches im Bereich näher genannter Gemeinden auf ziffernmäßig genau bezeichneten Grundstücken die Gewässereigenschaft des A-Baches festgestellt. Davon wich die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden jeweils in zweifacher Hinsicht ab; zum einen ließ sie bei der Abänderung des jeweiligen Bescheidspruches der BH einige dort genannte Grundstücke entfallen, zum anderen ergänzte sie die Bescheide und führte vorher noch nicht erwähnte Grundstücke namentlich an.

Die Beschwerdeführerin rügt nun, im Bescheid erster Instanz sei die Feststellung betreffend Grundparzellen getroffen worden, die sich im Bescheid zweiter Instanz nun nicht mehr fänden. Darin liegt aber keine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides; dies weist lediglich darauf hin, dass bezüglich dieser Grundstücke die betreffende Feststellung nicht (mehr) getroffen wurde.

Anders verhält es sich mit den durch die Abänderung des Spruches der belangten Behörde jeweils neu hinzugekommenen Grundstücken; diesbezüglich wurde seitens der belangten Behörde erstmals eine Feststellung nach § 98 Abs. 2 WRG 1959 getroffen. Dazu fehlt der Berufungsbehörde aber die Zuständigkeit; eine Feststellung nach § 98 Abs. 2 WRG 1959 ist - nach § 98 Abs. 1 letzter Satz im Zusammenhang mit §§ 99 und 100 WRG 1959  - in erster Instanz nämlich von der Bezirksverwaltungsbehörde zu treffen.

Hinsichtlich der in Beschwerde gezogenen, mit dem erstangefochtenen Bescheid getroffenen erstmaligen Feststellung der Gewässereigenschaft des A-Baches im Bereich der Grundstücke 1188/1, 1188/2, 1188/3, 1188/6 KG W und 606/3 KG H fehlte der belangten Behörde daher ebenso die Zuständigkeit zur Feststellung wie hinsichtlich der im zweitangefochtenen Bescheid erstmalig genannten Grundstücke 850/3, 850/2, 850/4, 850/1 KG A, 829/1, 829/2 KG L und 387/3, 387/2 und 387/1 KG E II.

Angesichts der ziffernmäßig genau bezeichneten Grundstücke in den Bescheiden der BH und der Trennbarkeit der Feststellung in einzelne Flussabschnitte verbot sich das Verständnis einer bloß ziffernmäßigen Klarstellung der Grundflächen eines geschlossenen Gewässerabschnittes.

In diesem Umfang waren die angefochtenen Bescheid daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG aufzuheben.

Im Übrigen - soweit die Feststellung der Gewässereigenschaft des A-Baches im erstangefochtenen Bescheid die Grundstücke Nr. 1188/4 KG W und Nr. 606/1 KG H und im zweitangefochtenen Bescheid die Grundstücke Nr. 728 KG V-See, Nr. 303 KG E I und Nr. 133/1, 133/3, 133/2 und 566 je KG H-E betrifft - war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 28. April 2005

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004070048.X00

Im RIS seit

13.06.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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