TE OGH 1979/7/17 9Os88/79

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Veröffentlicht am 17.07.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.Juli 1979 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Friedrich als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Maukner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Hannes (Manfred) A wegen des Verbrechens des Diebstahls nach §§ 127 Abs 1, 128 Abs 2, 129 Z 1 und Z 2, 130 (zweiter und dritter Fall) StGB und anderer Delikte über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Jugendschöffengericht vom 14.Februar 1979, GZ 3 Vr 2592/78-75, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, nach Verlesung der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten und nach Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, hinsichtlich des Angeklagten Hannes (Manfred) A in den Punkten A/III. und F des Schuldspruchs, in der rechtlichen Beurteilung der diesem Angeklagten nach dem aufrecht bleibenden Punkt A/I. des Schuldspruchs zur Last fallenden Taten auch nach § 128 Abs 2 StGB, im Strafausspruch einschließlich des Ausspruchs über die Anrechnung der Vorhaft und im Ausspruch über die Einziehung von Waffen aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO

1. unter Ausschaltung des Einziehungsausspruchs in der Sache selbst erkannt 'Hannes (Manfred) A wird von der Anklage, er habe von 1976 bis zum 30.August 1978 in Graz und an anderen Orten Österreichs, wenn auch nur fahrlässig, verbotene Waffen (§ 11 WaffG.), und zwar zwei 'Nun-chaku', sechs Wurfgeräte (Metallsterne) 'Shaken' und 'Rhode-Shuriken' sowie ein Fixiermesser mit ungewöhnlicher Klingenlänge und dolchartiger Spitze, unbefugt besessen, und er habe hiedurch das Vergehen nach § 36 Abs 1 lit. b WaffG.

begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.' sowie 2. die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im übrigen Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (neben anderen Angeklagten) Hannes (Manfred) A unter anderem des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Bandendiebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, 128 Abs 2, 129 Z 1

und Z 2, 130 (zweiter und dritter Fall) StGB sowie des Vergehens nach § 36 Abs 1 lit. b WaffG. schuldig erkannt.

Als Diebstahl mit den vorerwähnten Qualifikationen liegt ihm unter anderem zur Last, am 27.August 1978 in Graz im Zusammenwirken mit (den Mitangeklagten) Josef B, Andreas C und Markus D den S*** D***-P***Werken durch Einsteigen und Aufbrechen des Einfahrtstores zu einem Lagerplatz einen Personenkraftwagen im Wert von 180.000 S gestohlen zu haben (Punkt A/III. des Urteilssatzes).

Die Verurteilung nach dem Waffengesetz erfolgte, weil er von 1976 bis zum 30.August 1978 in Graz und anderen Orten Österreichs, wenn auch nur fahrlässig, gemäß § 11 Abs 1 Z 5 und Z 6 WaffG. verbotene Waffen, nämlich zwei 'Nunchaku', sechs Wurfgeräte (Metallsterne) 'Shaken' und 'Rhode-Shuriken' sowie ein Fixiermesser mit ungewöhnlicher Klingenlänge und dolchartiger Spitze, unbefugt besessen habe (Punkt F des Urteilssatzes).

Rechtliche Beurteilung

Der inhaltlich nur gegen diese beiden Punkte des Schuldspruchs gerichteten, auf Z 5 und Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt Berechtigung zu.

Nach § 11 Abs 1 WaffG. ist unter anderem der Besitz (und die Einfuhr) der unter der Bezeichnung 'Schlagringe', 'Totschläger' und 'Stahlruten' bekannten Hiebwaffen (Z 5) sowie der unter der Bezeichnung 'Springmesser' und 'Fallmesser' bekannten Stichwaffen (Z 6) verboten. 'Fixiermesser', die bloß eine Feststellvorrichtung für eine ansonsten normal ausschwenkbare Klinge besitzen, nicht aber eine besondere Vorrichtung, die deren Ausspringen oder Auswerfen ermöglicht, gehören ohne Rücksicht auf die Länge und auf die sonstige Beschaffenheit ihrer Klinge nicht zu diesen (oder sonst nach § 11 WaffG.) verbotenen Waffen (vgl. ÖJZ-LSK. 1976/100 u.a.). Ebensowenig werden die beschriebenen sternförmigen Wurfgeräte, mögen sie auch als (durchaus gefährliche) Waffen im Sinne des Waffengesetzes anzusehen sein, von den vorerwähnten, nur Hieb- und Stichwaffen betreffenden (oder anderen) Verbotsbestimmungen des § 11 WaffG. erfaßt. Insoweit war daher der Schuldspruch nach § 36 Abs 1 lit. b WaffG. jedenfalls verfehlt.

Die beiden 'Nun-chaku' genannten Instrumente wurden vom Erstgericht als Nachbildungen einer so bezeichneten fernöstlichen Schlagwaffe angesehen und als 'Totschläger' beurteilt. Feststellungen über die Beschaffenheit der betreffenden Geräte, die eine Überprüfung der Rechtsrichtigkeit dieser Beurteilung zuließen, sind jedoch dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen. Nach dem polizeilichen Untersuchungsbericht (S. 351/I) handelt es sich dabei um jeweils zwei (etwa 3 cm starke und 30 cm lange Rund-) Hölzer, die mit einer Gliederkette (mit etwa 16 cm Öffnungsweite) verbunden sind. Den Schuldspruch tragende Feststellungen hätten dementsprechend nach der Aktenlage gar nicht getroffen werden können. Denn als Totschläger im Sinn des § 11 Abs 1 Z 5 WaffG. sind biegsame, an einem Ende durch Metall oder ähnlich gewichtetes Massivmaterial beschwerte Schlaggeräte zu verstehen, welche die menschliche Hiebenergie durch den Schleudereffekt zu einer erheblichen, zielbaren Auftreffenergie steigern (vgl. Gaisbauer, §S. 1977, Heft 6, S. 5). Mangels einer entsprechend gewichtigen Beschwerung an einem Ende gehören demnach die hier zu beurteilenden Instrumente ohne Rücksicht darauf, ob sie sich funktionell wirklich als Schlagwaffen oder, wie der Beschwerdeführer behauptet, in Wahrheit als Würgewaffen darstellen, nicht zu den derzeit im Geltungsbereich des Waffengesetzes unter der Bezeichnung 'Totschläger' bekannten Hiebwaffen. Sie sind daher (der in einem Erlaß des Bundesministeriums für Inneres - vgl. S. 353/I - vertretenen Auffassung zuwider) gleichfalls nicht als verbotene Waffen im Sinn des § 11 (Abs 1 Z 5) WaffG. anzusehen. In Stattgebung seiner sachlich eine Urteilsnichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 9 lit. a StPO geltendmachenden bezüglichen Rechtsrüge war der Angeklagte folglich vom Anklagevorwurf nach § 36 Abs 1 lit. b WaffG. sogleich freizusprechen. Demgemäß war auch der Ausspruch über die Einziehung der betreffenden Waffen aus dem Urteil auszuschalten. Nach den wesentlichen Feststellungen zum PKW-Diebstahl war das Fahrzeug von B und den Brüdern C, die den Zaun zum Lagerplatz überstiegen und das Tor aufgebrochen hatten, vorerst deshalb, weil kein Treibstoff im Tank war, etwa 50 bis 100 Meter weit in einen aufgelassenen Schrebergarten geschoben worden. Dorthin holten die Genannten in der Folge den in der Nähe wohnenden Angeklagten, der bis dahin von der Tat nichts gewußt hatte, nunmehr einige Liter Benzin (aus seinem eigenen PKW.) in den Tank des fremden Fahrzeugs goß und so dessen weiteres, jetzt mit Motorkraft bewerkstelligtes Wegbringen aus dem Tatortbereich ermöglichte. Zur subjektiven Tatseite vertrat das Erstgericht die Auffassung, der Angeklagte habe jedenfalls Bedenken hegen müssen, daß ein so teures Auto zur Nachtzeit ohne Nummerntafel und noch mit nylonüberzogenen Sitzen in einem Schrebergarten stehe, so daß er, möge er nun erfahren haben, daß es gestohlen sei, oder nicht, ebenso wie die übrigen Täter Diebstahl zu verantworten habe (S. 78, 79/II).

Mit Recht reklamiert der Beschwerdeführer insoweit Feststellungsmängel des Urteils nach Z 10, der Sache nach aber auch nach Z 9 lit. a des § 281 Abs 1 StPO

Weder den oben wiedergegebenen, noch sonstigen Ausführungen des Jugendschöffengerichts im angefochtenen Urteil ist eindeutig zu entnehmen, ob der Angeklagte bei seiner Mitwirkung von den ihr vorangegangenen Tathandlungen der übrigen Beteiligten wußte und ob er demgemäß oder aus anderen Gründen gegen deren Verfügungsberechtigung über den - noch nicht endgültig dem Verfügungsbereich des bisherigen Gewahrsamsträgers entzogenen - PKW. tatsächlich Bedenken hatte und sich mit einem Gewahrsamsbruch abfand, also darauf bezogen mit bedingtem Vorsatz (§ 5 Abs 1 zweiter Halbsatz StGB) handelte, oder ob ihm insofern, als er trotz der verdachterweckenden Umstände doch keine Bedenken hegte, oder als er eine Besitzentziehung zwar ernstlich für möglich hielt, dessenungeachtet aber leichtfertig dennoch auf das Vorliegen einer Zustimmung des Verfügungsberechtigten vertraute, nur unbewußte (§ 6 Abs 1 StGB) oder bewußte (§ 6 Abs 2 StGB) Fahrlässigkeit zur Last fällt.

Darüber hinaus enthält das Urteil aber auch keinerlei Konstatierungen, die eine verläßliche Beurteilung dahin zuließen, ob sich ein allfälliger Vorsatz des Angeklagten überhaupt auf eine Zueignung (§ 127 StGB) oder bloß auf eine unbefugte Ingebrauchnahme des fremden Fahrzeugs (§ 136 StGB) erstreckte.

Schon wegen dieser Mängel ist die Aufhebung des angefochtenen Urteils auch im Punkt A/III. des Schuldspruchs, in der rechtlichen Beurteilung der dem Angeklagten gemäß Punkt A/I. des Schuldspruchs weiterhin zur Last fallenden Diebstähle nach § 128 Abs 2 StGB und im Strafausspruch sowie insoweit die Zurückverweisung der Sache in die erste Instanz zu neuer Verhandlung und Entscheidung unumgänglich, sodaß es sich erübrigt, auf das weitere bezügliche Beschwerdevorbringen einzugehen.

Mit seiner Berufung war der Beschwerdeführer auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E02129

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0090OS00088.79.0717.000

Dokumentnummer

JJT_19790717_OGH0002_0090OS00088_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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