TE OGH 1979/8/22 9Os108/79

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Veröffentlicht am 22.08.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Simetzberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Maria A wegen des Verbrechens des Beischlafes mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB als Beteiligte nach § 12 StGB mit Zustimmung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Maria A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Jugendschöffengericht vom 18. Mai 1979, GZ 3 Vr 731/79-18, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Maria A wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in seinem Maria A betreffenden Teil (Punkt 2 des Urteilssatzes) aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 14.Juli 1961 geborene Maurerlehrling Karl Heinz B, der am 5.Mai 1961 geborene Glaserlehrling Josef C und die am 24.März 1944 geborene Hausfrau Maria A des 'Vergehens' (richtig: Verbrechens) des Beischlafes mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB, Maria A als Beteiligte nach § 12 StGB, schuldig erkannt. Inhaltlich des Schuldspruchs haben die Angeklagten B und C im Bezirk Deutschlandsberg vorsätzlich mit der am 23.Juni 1965 geborenen unmündigen Barbara A den außerehelichen Beischlaf unternommen (Karl Heinz B im Zeitraum Sommer 1976 bis 20.Jänner 1979 in Korbin in mehrfachen, mindestens drei Wiederholungen; Josef C im Herbst 1978 in Trag) und Maria A am 20. Jänner 1979 in Korbin dadurch, daß sie das Schlafzimmer zur Verfügung stellte, zur Ausführung der von Karl Heinz B (an diesem Tag gesetzten) strafbaren Handlung vorsätzlich beigetragen.

Rechtliche Beurteilung

Während das Urteil in bezug auf die Angeklagten B und C in Rechtskraft erwachsen ist, bekämpft die Angeklagte Maria A den sie betreffenden Schuldspruch mit einer auf die Z 5 und 8 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berechtigung zukommt.

Läßt man die weitwendigen Aktenzitate beiseite, ist den erstgerichtlichen Entscheidungsgründen immerhin zu entnehmen, daß das Jugendschöffengericht von der Annahme ausging, die Angeklagte habe schon vor dem 20.Jänner 1979

von geschlechtlichen Beziehungen ihrer minderjährigen Tochter Barbara zum Angeklagten B gewußt (S. 79) und am 20.Jänner 1979 zu B gesagt, er solle zu Barbara A ins Schlafzimmer gehen und sie dort wieder gut machen, wobei sie hinzufügte, er habe sie ja hin und wieder schon 'getipfelt'.

Da die übrigen, insbesondere zur subjektiven Tatseite der Beschwerdeführerin vom Erstgericht angestellten Überlegungen (da ihr seit Herbst 1978 die geschlechtlichen Beziehungen ihrer Tochter zu Josef C bekannt waren, wäre es ihre Pflicht als Mutter gewesen, auf das Kind in sexueller Beziehung besonders zu achten und sie hätte zumindest ab diesem Zeitpunkt bis 20.Jänner 1979 damit rechnen müssen, daß Barbara A auch mit anderen Burschen, insbesondere mit Karl B geschlechtliche Beziehungen unterhalten würde) zur Annahme eines unbedingten oder auch nur bedingten Vorsatzes nicht ausreichen (vgl. Gebert-Pallin-Pfeiffer, E.Nr. 16 a zu § 281 Abs 1 Z 5 StPO), kommt den obigen Konstatierungen entscheidende Bedeutung zu. In der Tat sind sie jedoch - wie die Beschwerde zutreffend erkannt hat - mit Begründungsmängeln behaftet:

Ein Hauptindiz für das Wissen der Angeklagten vom geschlechtlichen Umgang ihrer Tochter mit Karl Heinz B und dafür, daß sie ihm gegenüber die zitierte Äußerung machte, als sie ihn am 20.Jänner 1979 zu ihrer Tochter ins Schlafzimmer schickte, erblickt das Erstgericht in ihrem - angeblichen - Geständnis vor der Gendarmerie (vgl. S. 78). Wie sich aus dem Akt ergibt, findet sich jedoch an der vom Erstgericht zitierten Stelle (S. 15) keineswegs ein Zugeständnis der Angeklagten, sondern lediglich die Formulierung des (seitens der Gendarmerie) gegen sie bestehenden Verdachtes, der allerdings in den Angaben der Maria A gegenüber den Erhebungsbeamten keine Deckung findet, weil sie sich vor diesen (vgl. S. 21 f.) ausschließlich zu den geschlechtlichen Beziehungen ihrer Tochter zu Josef C, nicht aber zu Karl Heinz B geäußert hat. Aber auch die weitere, zur Stützung der fraglichen Konstatierungen herangezogene Feststellungsgrundlage, nämlich die Verantwortung des Erstangeklagten B, der im Rahmen der vom Erstgericht vorgenommenen Beweiswürdigung zentrale Bedeutung zukommt (vgl. S. 79), hält einer Überprüfung nicht stand.

Denn entgegen der irrigen Meinung des Erstgerichts hat Karl Heinz B weder vor der Gendarmerie (vgl. S. 35 f.) noch in der Hauptverhandlung (vgl. S. 47 f. und S. 51 f.) bekundet, die Angeklagte habe am 21.Jänner 1979, bevor er sich zu Barbara A begab, geäußert, er hätte diese ja schon hin und wieder 'getipfelt'; er hat vielmehr im Gegenteil die diesbezügliche, von seiner Schwester Melitta B vor der Gendarmerie aufgestellte Behauptung (vgl. S. 32) ausdrücklich als unrichtig bezeichnet (vgl. S. 52), was das Erstgericht mit völligem Stillschweigen überging.

Da mithin das Ersturteil in bezug auf wesentliche Feststellungen an eklatanten Begründungsmängeln leidet, was die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung unvermeidbar macht, war der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten mit Zustimmung der Generalprokuratur (§ 285 e) schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden, ohne daß es erforderlich gewesen wäre, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.

Mit ihrer Berufung war die Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E02157

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0090OS00108.79.0822.000

Dokumentnummer

JJT_19790822_OGH0002_0090OS00108_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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