TE OGH 1979/10/3 10Os122/79

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.10.1979
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Oktober 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Müller, Dr. Walenta und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Winter als Schriftführer in der Strafsache gegen Robert A und Johann B wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 2, 129 Z 1, 130

(zweiter Satz) StGB (und einer anderen strafbaren Handlung) über die von beiden Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 1. Juni 1979, GZ 1 a Vr 8820/78-51, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Spitzer-Reinelt und Dr. Speierl sowie des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Kodek, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 19. August 1945 geborene beschäftigungslose Robert A und der am 20. März 1948 geborene Vertreter Johann B des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 2, 129 Z 1 und 130 (zu ergänzen: zweiter Satz) StGB (Pkt.A des Urteilssatzes), B überdies des Vergehens nach § 36 Abs. 1 lit. b WaffenG (Pkt.B) schuldig erkannt und hiefür nach § 128 Abs. 2 StGB (B in Verbindung mit § 28 StGB) zu (unbedingten) Freiheitsstrafen verurteilt und zwar A zu vier Jahren und B zu dreieinhalb Jahren. Außerdem ordnete das Gericht gemäß § 23 StGB ihre Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter an.

Nach dem Inhalt des Schuldspruches (zu A) haben die Angeklagten in Wien in Gesellschaft als Beteiligte gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen in einem 100.000 S übersteigenden Wert durch 'Einbruch und Nachsperre' gestohlen, indem sie 1.) Ende September 1978 dem Leo C einen Koffer im Wert von 100 S, einen Fotoapparat im Wert von etwa 5.000 S, einen tragbaren Radiorecorder im Wert von 800 S sowie Modeschmuck nicht mehr feststellbaren Wertes, 2.) Anfang Oktober 1978 der Maria D einen Rauhledermantel, eine Standuhr, ein Bild sowie zwei Weißgoldbroschen mit Brillanten im Gesamtwert von etwa 35.000 S, und schließlich 3.) am 18. Oktober 1978 Dr. Max und Liselotte E einen Koffer im Wert von 1.500 S, Bargeld (gemeint: Banknoten), und zwar 3.000 S, 405 US-Dollar, 400 sfrs. und 300 DM sowie Münzen, und zwar 30 Silbermünzen zu je 50 S, 20 Silbermünzen zu je 100 S, zwei Goldmünzen zu je 1.000 S, eine Nerzjacke im Wert von etwa 40.000 S und Briefmarken im Wert von ebenfalls ungefähr 40.000 S, somit Sachen im Gesamtwert von ca. 101.000 S wegnahmen. Johann B besaß und führte außerdem am 19. November 1978 unbefugt ein Springmesser (B) des Urteilsspruches).

Beide Angeklagten bekämpfen diesen Schuldspruch A mit Nichtigkeitsbeschwerden.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Robert A:

Dieser Beschwerdeführer behauptet zunächst unter Bezugnahme auf § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO Feststellungsmängel des angefochtenen Urteils. Er vermißt die Feststellungen, seine Absicht sei bei den Diebstählen nur auf Schmuck, Bargeld und Münzen gerichtet gewesen, weshalb er auch aus dem Einbruch bei Maria D (A 2) keinen Beuteanteil an sich gebracht habe, ferner, daß sich in der Wohnung des Dr. E (A 3) wesentlich mehr an Wertgegenständen befand als von seinem Komplizen und ihm gestohlen wurde, und daß sein Beuteanteil aus allen Diebstählen insgesamt nur 11.500 S betragen habe. In diesem Zusammenhang bemängelt er auch, daß keine ausreichenden Feststellungen über sein Vorleben und die Ursache seiner Vorstrafen sowie darüber getroffen worden seien, daß er sich nach seiner letzten Haftentlassung nahezu vier Monate wohlverhalten und nur aus Hilfsbereitschaft wieder zu stehlen begonnen habe.

Rechtliche Beurteilung

Diese Vorwürfe versagen schon deshalb, weil keinem dieser Umstände für das Erkenntnis in der Schuldfrage (einschließlich der einen bestimmten Strafsatz bedingenden Tatumstände) Bedeutung zukommt. Insbesondere übersieht der Beschwerdeführer, daß (abgesehen von dem Fall eines - hier nicht behaupteten und nicht in Betracht kommenden - (sogenannten Exzesses) jeder Diebsgenosse für den gesamten, aus der gemeinsamen Tat aller hieran Beteiligten entspringenden, vorliegend insgesamt 100.000 S übersteigenden Schaden haftet und es daher nicht darauf ankommt, was er für sich persönlich stehlen wollte und was er von der Beute selbst erhalten hat; entscheidend ist allein seine vom Schöffengericht festgestellte Mitwirkung (iS d. § 127 Abs. 2 Z 1 StGB) an diesen Diebstählen insgesamt, bei denen eben nicht nur Bargeld oder Schmuck, sondern auch andere Gegenstände erheblichen Wertes gestohlen wurden, deren Wegnahme von seinem dolus mitumfaßt war.

Sowohl (formell unrichtig) im Rahmen der Ausführungen zu dem vorgenannten Nichtigkeitsgrund als auch (formell richtig) unter dem Aspekt eines Subsumtionsirrtums gemäß § 281 Abs. 1 Z 10 StPO bekämpft der Beschwerdeführer die Annahme der gewerbsmäßigen Begehung der Diebstähle. Er meint, er habe sich durch fast vier Monate wohlverhalten, dann wohl, und zwar primär um B in seiner finanziellen Bedrängnis zu helfen, drei Diebstähle verübt, aber bereits Aussicht auf eine Anstellung zum 1. November 1978 gehabt; der Urteilsvorwurf, daß er sich durch wiederkehrende Begehung von Diebstählen eine fortlaufende Einnahme verschaffen wollte, sei daher nicht gerechtfertigt.

Mit diesem Vorbringen entfernt sich der Beschwerdeführer zunächst von den, nicht zuletzt auf seine eigene Verantwortung, wenn sie (er und sein Komplize) nicht erwischt worden wären, hätten sie weitere Einbrüche begangen (S 337), gestützten erstgerichtlichen Feststellungen (S 352 f und 355), es sei ausschließliches Motiv der Angeklagten gewesen, fortlaufend immer weitere Diebstähle zu begehen, um sich dadurch - der A zusätzlich zur väterlichen Unterstützung - eine Einnahmsquelle zu verschaffen und daraus den laufenden Unterhalt zu bestreiten. Er bringt insoweit weder eine Rechtsrüge zur gesetzmäßigen Darstellung, noch zeigt er allenfalls sachlich ins Auge gefaßte Begründungsmängel (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO) der Konstatierungen auf, die der Bejahung des in Rede stehenden Merkmals zugrundeliegen, zumal ihnen die ins Treffen geführten Umstände nicht entgegenstehen.

Daß der Beschwerdeführer zur Fristung seines Unterhaltes auf die Diebstähle nicht angewiesen war, weil er von seinem Vater finanziell unterstützt wurde und überdies die Möglichkeit hatte, einer Arbeit nachzugehen (wovon er auch nach seiner Haftentlassung gelegentlich Gebrauch machte), hindert die Bejahung einer gewerbsmäßigen Tatverübung im Sinne des § 70 StGB in keiner Weise, da es nicht darauf ankommt, welche Bedeutung die bei der Tat erstrebte Einnahmsquelle im Rahmen der sonstigen wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters hat; insbesondere ist unerheblich, ob der Täter auf die fortlaufende Einnahme aus dem deliktischen Verhalten angewiesen ist, um seinen Unterhalt zu bestreiten, oder ob er diesen auch aus redlich erworbenen Mitteln decken könnte und sich nur zusätzliche Einkünfte verschaffen will (LSK 1976/191).

Dem Urteil haftet daher auch insofern weder ein Rechtsirrtum, noch ein entscheidungswesentlicher Begründungsfehler an.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Johann B:

Das Schwergewicht der auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützten Ausführungen dieses Beschwerdeführers liegt auf jenen Einwänden, die sich dagegen richten, daß ihm auch der Diebstahl von Banknoten zum Nachteil der Eheleute E angelastet wird, sich aber auch gegen die Wertfeststellungen im Einzelfall wie die Bewertung der gesamten Beute mit mehr als 100.000 S wenden. Allerdings erschöpft sich dieses Vorbringen in einer Erörterung der Glaubwürdigkeit und Beweiskraft der den bezüglichen Konstatierungen zugrundeliegenden Verfahrensergebnisse und damit in einer unzulässigen Anfechtung der freien Beweiswürdigung des Erstgerichtes.

Nicht anders verhält es sich, wenn der Beschwerdeführer ferner auch die Urteilsfeststellung über die Gewerbsmäßigkeit seines Tuns als mangelhaft begründet rügt; er hat sich doch selbst im vollen Umfang der gegen ihn erhobenen Anklage schuldig bekannt und sinngemäß zugegeben, daß er sich nach Versiegen seiner Einkünfte als Vertreter wegen seiner besonders mißlichen finanziellen Lage zur Begehung von Diebstählen entschlossen hatte, aus deren Ertrag er eine aushaftende Darlehensschuld zurückzuzahlen bestrebt war (S 330, 331). Die vom Erstgericht hieran geknüpfte Folgerung, es sei dem Beschwerdeführer darum gegangen, seinen Unterhalt aus (wiederholten) Diebstählen zu bestreiten, ist schlüssig und demnach mängelfrei begründet. Nicht dem Gesetze gemäß ausgeführt ist der abschließend herangezogene Nichtigkeitsgrund der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO, zu dem eine gesetzwidrige Strafzumessung mit der Begründung behauptet wird, daß die urteilsgegenständlichen Taten - richtig - den §§ 127 Abs. 1 und 128 Abs. 1 Z 4 StGB zu unterstellen, daher die Strafe unter zwei Jahren zu bemessen gewesen wäre und damit der Ausspruch nach § 23 Abs. 1 StGB ebenfalls gesetzwidrig sei. Denn solcherart geht der Beschwerdeführer bei Geltendmachung dieses materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes nicht, wie es dessen gesetzmäßige Darstellung erfordern würde, von den erstgerichtlichen Urteilsfeststellungen aus, weil er bezüglich der Schadenshöhe auf die Ausführungen in der Mängelrüge zurückgreift und nicht auf den als erwiesen angenommenen Schadensbetrag von mehr als 100.000 S (§ 128 Abs. 2 StGB), sondern auf einen solchen unter dieser Wertgrenze abstellt, wie er in der Mängelrüge im Zuge des unzulässigen Angriffs auf die Beweiswürdigung des Schöffengerichts behauptet wurde.

Bei der Strafbemessung wurden bei beiden Angeklagten die zahlreichen, auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden, zum Teil schweren Vorstrafen und der rasche Rückfall als erschwerend gewertet, als mildernd hingegen das Geständnis und die teilweise Zustandebringung der Diebsbeute.

Mit ihren Berufungen streben die Angeklagten eine Herabsetzung des Strafmaßes und die Ausschaltung der vorbeugenden Maßnahme nach § 23 StGB an.

Auch diese Rechtsmittel erweisen sich als unbegründet. Bei beiden Angeklagten ist in bezug auf die Diebstähle (außerdem) das Vorliegen von mehreren Qualifikationen als erschwerend anzusehen. Dementgegen vermag keiner der zwei Berufungswerber weitere für die Strafzumessung wirklich bedeutsame Milderungsgründe aufzuzeigen, die nicht schon, namentlich im Ergebnis vom Erstgericht ausreichend berücksichtigt wurden. Das Ausmaß der verhängten Freiheitsstrafen ist angesichts des beträchtlichen Schuld- und Unrechtsgehaltes der Straftaten keineswegs überhöht, weshalb eine Herabsetzung bei keinem der Angeklagten in Betracht kommt. Zu Unrecht bekämpfen die Angeklagten ferner in Ansehung der angeordneten Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter die vom Erstgericht im Sinne des § 23 Abs. 1 Z 3 StGB erstellte Gefährlichkeitsprognose, es sei bei ihnen wegen eines entsprechenden Hanges zu befürchten, daß sie sonst auch in Zukunft immer wieder strafbare Handlungen der gegenständlichen Art und Schwere begehen werden. Das Erstgericht hat sich hiezu zutreffend einerseits auf das bisherige Vorleben der beiden Berufungswerber und andererseits auf die Gutachten des Sachverständigen Dr. F (ON 40 und 41 sowie S 336 f) bezogen.

Es ist ihm bei seiner Ermessensentscheidung über die Gefährlichkeitsprognose ein Rechtsirrtum über die in deren Rahmen zu beurteilenden Begriffe des Hanges (zur Begehung von Delikten) oder der Straftat mit schweren Folgen nicht unterlaufen. Durch das Schöffengericht -

wurden rechtlich einwandfrei einerseits Einbruchdiebstähle (mit noch dazu - in der Regel - reicher und wertvoller Beute) als solche Taten gewertet und beide Angeklagten als qualifiziert gefährliche Hangtäter angesehen.

Den Berufungsausführungen des Angeklagten A ist zwar zuzugeben, daß ihm der psychiatrische Sachverständige Dr. F in der Hauptverhandlung (S 337) zugebilligt hat, er sei infolge seiner Haltlosigkeit als 'geistig abnorm' zu bezeichnen, und, daß dieser Sachverständige eine psychiatrische Behandlung befürwortet. Für die Annahme einer geistigen oder seelischen Abartigkeit höheren Grades, die an Stelle einer Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21

(2) StGB zur Folge hätte (vgl § 23 Abs. 2) bietet diese gutächtliche Äußerung, namentlich wenn die übrigen Darlegungen des Sachverständigen ebenfalls berücksichtigt werden (s. zB S 295, 299), keine Grundlage. Dazu, eine solche Einweisung zu begehren, wäre der Angeklagte A zudem nach der Rechtsprechung - im Hinblick auf § 25 Abs. 1 StGB - gar nicht gemäß § 283 Abs. 2 StPO legitimiert. Das Erstgericht hat sohin auch nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes bei Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen des § 23 StGB die dort vorgesehene vorbeugende Maßnahme hinsichtlich beider Angeklagten angeordnet.

Es war daher auch den unbegründeten Berufungen ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E02334

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0100OS00122.79.1003.000

Dokumentnummer

JJT_19791003_OGH0002_0100OS00122_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten