Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Oktober 1979
unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Kießwetter und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Winter als Schriftführer in der Strafsache gegen Josef Alois A und Rosemarie B wegen des Vergehens des versuchten schweren Betruges nach den §§ 15, 146, 147 Abs 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von der Angeklagten Rosemarie A gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 23. Februar 1979, GZ 6 Vr 488/75-126, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie die Berufung des Angeklagten Josef Alois A nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten Josef Alois A, Rechtsanwalt Dr. Heigl, und der Ausführungen des Verteidigers der Angeklagten Rosemarie A, Rechtsanwalt Dr. Oehlzand, sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen wird dahin Folge gegeben, daß die über die Angeklagte Rosemarie A verhängte Freiheitsstrafe gemäß dem § 37 StGB in eine unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren gemäß dem § 43 Abs 1
StGB bedingt nachgesehene Geldstrafe in der Höhe von 180 (einhundertachtzig) Tagessätzen 'a 100 (einhundert) Schilling, im Fall der Uneinbringlichkeit 90 (neunzig) Tage Ersatzfreiheitsstrafe, umgewandelt und die über den Angeklagten Josef Alois A verhängte Freiheitsstrafe auf 12 (zwölf) Monate herabgesetzt wird. Im übrigen wird den Berufungen nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 21. Juni 1946 geborene Vertreter Josef Alois A und dessen Gattin, die am 21. Oktober 1955 geborene Hilfsarbeiterin Rosemarie A des Vergehens des versuchten schweren Betruges nach den §§ 15, 146, 147
Abs 2 StGB schuldig erkannt, weil sie im Jahre 1973 in Kopfing (O§) und Tittmoning (BRD) mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der Versicherungsanstalt der D -AG, Landesdirektion für Oberösterreich, durch die Behauptung, die Versicherungsnehmer der genannten Anstalt Anton und Theresia E hätten am 26. August 1973 einen Verkehrsunfall verschuldet, bei dem am PKW Marke Mercedes 250 S der Rosemarie A Schäden im Gesamtbetrag von S 18.293,- entstanden seien, somit durch Täuschung über Tatsachen zur Erbringung von Versicherungsleistungen im Betrag von S 18.293,-, sohin zu einer Handlung zu verleiten versuchten, welche die genannte Versicherungsanstalt an ihrem Vermögen schädigen sollte, wobei der Schaden S 5.000,- übersteigen sollte (Punkt I A des Urteilssatzes). Außerdem erfolgten Schuldsprüche des Josef Alois A wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB (Punkt I B I des Urteilssatzes) und wegen des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach dem § 269 Abs 1 StGB (Punkt I B II des Urteilssatzes), sowie ein Freispruch dieses Angeklagten von einem weiteren Betrugsfaktum (Punkt II des Urteilssatzes).
Während der Angeklagte Josef Alois A die ihn betreffenden Schuldsprüche unangefochten ließ und auch der Teilfreispruch in Rechtskraft erwuchs, bekämpft die Angeklagte Rosemarie A das Urteil mit einer ausdrücklich auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z 1, 4, 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbe- schwerde. Unter Anrufung der beiden erstgenannten Nichtigkeitsgründe rügt die Beschwerdeführerin zunächst die Teilnahme des ihrer Ansicht nach befangenen Vorsitzenden des Schöffengerichtes an der Hauptverhandlung.
Rechtliche Beurteilung
Die Teilnahme eines Richters an der Hauptverhandlung, der von einem Angeklagten wegen Befangenheit abgelehnt wird, begründet indes keine Nichtigkeit gemäß dem § 281 Abs 1 Z 1 StPO (vgl Gebert-Pallin-Pfeiffer III/1, Nr 13 zu § 74 StPO und III/2, Nr 9 zu § 281 Abs 1 Z 1 StPO). Im übrigen wurden Anträge wegen Ablehnung des Vorsitzenden des Schöffengerichtes schon vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt und diese daher außerhalb der Hauptverhandlung vom Präsidenten des Kreisgerichtes Ried im Innkreis (§ 74 Abs 1 StPO) erledigt. In der Hauptverhandlung selbst wurden Ablehnungsanträge, über die der Vorsitzende des Schöffengerichtes gemäß dem § 238 StPO selbst zu entscheiden gehabt hätte, nicht mehr gestellt, sodaß es insoweit für die Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO schon an der formellen Voraussetzung eines in der Hauptverhandlung eingebrachten, vom Gericht nicht oder durch Zwischenerkenntnis abschlägig erledigten Antrages der Beschwerdeführerin mangelt.
Aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 4 StPO rügt die Beschwerdeführerin ferner die Abweisung ihrer in der Hauptverhandlung gestellten Anträge auf zeugenschaftliche Vernehmung
a) des Leiters der Schadensabteilung der D-Dr. G zum Beweis dafür, da ß auf Grund des an die D-ergangenen formlosen Anspruchsschreibens der Rechtsschutzversicherung die Versicherung im Hinblick auf die zeitliche Divergenz zwischen dem Schadenstag und dem Datum der vorgelegten Kostenaufstellung niemals Zahlungen geleistet hätte, b) des Versicherungsvertreters Julius H zum Beweis dafür, daß dieser den Schaden am PKW der Angeklagten selbst gesehen und im Zusammenhang damit die Meldung an die Haftpflicht- und Rechtsschutzabteilung der 'I' - (I)I(AG) abgesandt habe, c) des Rudolf J zum Beweis dafür, daß seine Kostenaufstellung nur frische Schäden betraf, die auf den gegenständlichen Unfall zurückzuführen seien, und er von den Angeklagten nicht veranlaßt wurde, eine unrichtige Kostenaufstellung vorzunehmen (vgl Band II, S 235 ff dA).
Die Verfahrensrüge versagt.
Bezüglich der unrichtigen Datierung der Kostenaufstellung mit 18. Oktober 1972 räumt das Erstgericht ohnedies ein, daß insofern dem mit der Schadensbehebung betrauten Mechanikermeister Rudolf J möglicherweise ein Irrtum durch Verschreiben der Jahreszahl unterlaufen sei (vgl Band II, S 350 dA). Im übrigen aber ist das Beweisthema schon deshalb bedeutungslos, weil nach den - insoweit unbekämpft gebliebenen - Urteilsfeststellungen der Umstand, daß das (ursprüngliche) Datum der Kostenaufstellung mit dem Unfallszeitpunkt nicht in Einklang steht, bei der in Anspruch genommenen Versicherungsgesellschaft ohnedies erkannt und die Kostenaufstellung nach erfolgter Korrektur des Ausstellungs datums neuererlich zum Zwecke der Liquidierung des behaupteten Schadens vorgelegt wurde (Band II S 318 dA). Die Tätigkeit des Versicherungsvertreters Julius H hinwiederum erschöpfte sich nach den Verfahrensergebnissen darin, daß er die Beschwerdeführerin über deren Anfrage aufforderte, eine Schadensmeldung über den Unfall und einen Kostenvoranschlag bezüglich der Unfallschäden beizubringen, und er möglicherweise diese Unterlagen entgegennahm und weiterleitete. Daß er überdies das beschädigte Fahrzeug nach dem Unfall selbst besichtigt hätte, wurde weder von den Angeklagten inhaltlich ihrer Verantwortung noch sonst im Verfahren behauptet (vgl Band II, S 200 ff, 205, 222 dA). Hinsichtlich des in der BRD wohnhaften Zeugen Rudolf J lagen die Voraussetzungen für eine Verlesung des Protokolls über seine Vernehmung im Rechtshilfeweg (siehe Band II, S 177 dA) gemäß dem § 252 Abs 1 Z 1 StPO vor.
Umstände, welche seine neuerliche Einvernahme im Interesse der Wahrheitsfindung erfordert hätten, konnte die Beschwerdeführerin nicht dartun, nachdem der Zeuge ohnedies über alle ihm noch erinnerlichen Wahrnehmungen betreffend die Unfallschäden an dem zur Reparatur übernommenen PKW und bezüglich der von ihm verfaßten Kostenaufstellung, mithin im wesentlichen auch zu den nunmehr vorgebrachten Beweisthemen befragt worden war.
Sämtliche begehrte Beweisaufnahmen konnten demnach ohne Verletzung von Verteidigungsrechten der Beschwerdeführerin unterbleiben. Zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO bezeichnet die Beschwerdeführerin das Urteil vor allem (in mehrfacher Richtung) als unvollständig und offenbar unzureichend begründet.
Auch der Mängelrüge kommt Berechtigung nicht zu.
Der Beschwerdeeinwand, das Erstgericht habe bei seinem Ausspruch, der Vorsatz der Beschwerdeführerin sei auf einen Schadensbetrag von S 18.293,- gerichtet gewesen, unberücksichtigt gelassen, daß vom Rechtsanwalt Dr. Hans K - von einem gleichteiligen Verschulden der unfallbeteiligten Kraftfahrzeuglenker ausgehend - lediglich der halbe Schadensbetrag hätte eingeklagt werden sollen, wobei der Auftrag, Ansprüche in dieser Höhe einzuklagen, von der von ihr lediglich schriftlich benachrichtigten Rechtsschutzversicherung erteilt worden sei, betrifft keine entscheidenden Tatumstände. Denn für die rechtliche Beurteilung als versuchter schwerer Betrug ist im gegebenen Zusammenhang nur wesentlich, daß der Vorsatz der Beschwerdeführerin die Herbeiführung eines S 5.000,- übersteigenden Schadens umfaßte, was auch zuträfe, wenn sie von vornherein nur die Hälfte der Reparaturkosten hätte ansprechen wollen (vgl hiezu insb Band II, S 196 dA). Davon abgesehen reichte es für die Verwirklichung des Tatbestandes schon aus, daß die Beschwerdeführerin - wie das Erstgericht annahm - im einverständlichen Zusammenwirken mit ihrem Gatten durch Verfassen und Vorlage einer wahrheitswidrigen Schadensanzeige unter Anschluß einer Kostenaufstellung, in welcher mit dem Verkehrsunfall nicht zusammenhängende Schäden aufscheinen, an ihren Versicherer, die 'I' -, Angestellte der gegnerischen Haftpflichtversicherung, der Versicherungsanstalt der D, täuschen und auf diese Weise - mit dem Vorsatz, diese Versicherung an ihrem Vermögen zu schädigen und sich unrechtmäßig zu bereichern -
eine versicherungsmäßige Liquidierung ihrer angeblichen Reparaturkosten aus dem Unfall (in der Höhe von S 18.293,-) laut vorgelegter Kostenaufstellung erreichen wollte (vgl Band II, S 315 ff, 397 dA). Daß sie in der Folge, als sich die D-weigerte, eine Zahlung zu leisten, ihre Täuschung somit mißlungen war, außerdem noch eine Forderung im Wege einer gerichtlichen Klage geltend machen ließ, ist für die rechtliche Beurteilung ohne Bedeutung. Im übrigen begründete das Erstgericht ausführlich und schlüssig, auf Grund welcher Verfahrensergebnisse es als erwiesen annahm, daß die beiden Angeklagten bewußt wahrheitswidrig vortäuschten, daß die von ihnen behaupteten und in der vorgelegten Kostenaufstellung enthaltenen Schäden bei dem gegenständlichen Verkehrsunfall entstanden seien, weshalb es auch deren gegenteilige Verantwortung als widerlegt erachtete. Soweit die Beschwerdeführerin daher die Möglichkeit erörtert, daß ihr Fahrzeug durch das Auffahren auf den Gehsteig einen schweren Schaden erlitten haben müssen, durch den alte (aus einem früheren Unfall stammende) Schäden wieder 'aufgebrochen' seien, und dabei auf einzelne, in den Urteilsgründen ohnedies erörterte und gewürdigte Verfahrensergebnisse - wie insbesondere aus der Zeugenaussage des Gendarmeriebeamten Maximilian L hervorgehende Umstände (vgl hiezu Band II, S 212 ff, 331, 333, 337 dA) - verweist, aus denen ihrer Auffassung nach andere, für sie günstigere Schlußfolgerungen hätten gezogen werden müssen, stellt ihr Vorbringen nur einen unzulässigen und daher unbeachtlichen Angriff auf die unter Verwertung aller wesentlichen Verfahrensergebnisse logisch einwandfrei und zureichend begründete Beweiswürdigung des Erstgerichtes dar.
Ebensowenig ist dem Erstgericht schließlich bei der Annahme, die Beschwerdeführerin habe ihre beim Kreisgericht Ried im Innkreis (AZ 1 Cg 146/75) eingebrachte Schadenersatzklage nicht aus innerem Antrieb, nämlich aus Rücksicht auf die als Tatzeugin in Betracht kommende Anna M, sondern unter dem Druck der bevorstehenden Betrugsanzeige der D-zurückgezogen (vgl Band II, S 358, 400 dA), ein Begründungsmangel in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO unterlaufen. Wenn das Erstgericht in diesem Zusammenhang aus dem - in den Urteilsgründen richtig und vollständig wiedergegebenen - Wortlaut des Schreibens der Beschwerdeführerin vom 14. April 1975 ersichtlich auf ein gewisses Zugeständnis ihres Betrugsversuches gegenüber dem Rechtsanwalt Dr. Hans K schloß (vgl Band II, S 320, 358 unten, 400 dA), stellt dies einen Akt freier Beweiswürdigung dar, der einer Anfechtung im Nichtigkeitsverfahren entzogen ist. Unzutreffend ist ferner der Vorwurf eines Rechtsirrtums bzw eines auf einem solchen beruhenden Feststellungsmangels im Sinne der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO, den die Beschwerdeführerin mit der Behauptung erhebt, dem Urteil sei eine Täuschung über Tatsachen nicht zu entnehmen. Den Beschwerdeausführungen zuwider erblickte das Erstgericht die Täuschtungshandlung der Angeklagten keineswegs darin, daß diese (bloß) ein Verschulden des Anton und der Theresia E an dem Verkehrsunfall vom 26. August 1973 behaupteten - worin freilich ein falsches Tatsachenvorbringen noch nicht gelegen sein könnte (vgl SSt 46/3) -, sondern lastete ihnen, wie sich aus dem Urteilsinhalt in seiner Gesamtheit zweifelsfrei ergibt (vgl Band II, S 306, 315 ff, 352, 397 dA), an, daß sie bewußt wahrheitswidrig dem Unfallsgeschehen mit diesem in keinem Zusammenhang stehende, auf einen anderen Unfall sich beziehende Schäden - laut der ihrer Schadensanzeige beigeschlossenen Kostenaufstellung - unterstellten. Ein solches Verhalten stellt aber eine Täuschung über Tatsachen dar. Der Annahme eines Betrugsversuches steht schließlich nicht entgegen, daß die Beschwerdeführerin und der Mitangeklagte Josef Alois A selbst nicht mit Angestellten der D-in Verbindung traten. Wesentlich ist beim Tatbestand des Betruges, daß der Täter beim Getäuschten einen Irrtum hervorruft, der diesen sodann zu einer Vermögensverfügung verleitet, die sein Vermögen oder das eines anderen schädigt. Ein solcher ursächlicher Zusammenhang zwischen der Täuschungshandlung des Täters und dem Irrtum sowie zwischen dem Irrtum und dem Verhalten des Getäuschten ist nicht nur dann gegeben, wenn dessen Täuschung durch den Täter direkt bewirkt wurde, sondern auch dann, wenn sie mit Hilfe eines an der Tat unbeteiligten, selbst über den wahren Sachverhalt in Irrtum begriffenen Dritten erfolgte. Wenn die Angeklagten daher vorliegend ihre bewußt wahrheitswidrige Schadensanzeige samt Kostenaufstellung ihrer Haftpflichtund Rechtsschutzversicherung - direkt oder durch einen Versicherungsvertreter - zum Zwecke der Schadensliquidierung übermittelten und diese sodann die Forderung ihrer Versicherungsnehmerin im Vertrauen auf ihre Richtigkeit ohne nähere Prüfung gegenüber der gegnerischen Haftpflichtversicherung geltend machte, so versuchten sie auf diese Weise Angestellte der D-über die Tatsache zu täuschen, daß die in der Kostenaufstellung enthaltenen Reparaturkosten zur Behebung unfallbedingter Schäden nicht erforderlich waren.
Der von der Beschwerdeführerin gerügte Mangel einer rechtlichen Begründung zur Frage, ob auf ihre vor dem Inkrafttreten des StGB begangene Tat das zur Zeit der Urteilsfällung oder das zur Tatzeit geltende Strafgesetz anzuwenden sei, stellt keine Urteilsnichtigkeit dar (vgl Gebert-Pallin-Pfeiffer III/2, Nr 61 ff zu § 281 Abs 1 Z 5 StPO). Im übrigen hat das Erstgericht im Ergebnis richtig erkannt, daß die Anwendung von StG-Recht in seinen Gesamtauswirkungen für die Beschwerdeführerin - im Hinblick auf die geringere Strafdrohung des § 147 Abs 1 StGB gegenüber der des § 202 StG - nicht günstiger gewesen wäre und daher StGB-Recht auf ihre Straftaten anzuwenden war (§ 61 StGB).
Schließlich versagt die Rechtsrüge, soweit die Beschwerdeführerin, der Sache nach aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO, geltend macht, es komme ihr Straflosigkeit wegen freiwilligen Rücktritts vom Versuch gemäß dem § 16 Abs 1 StGB zustatten.
Es ist zwar richtig, daß für den Entschluß des Täters, von der Vollendung der Tat abzustehen, nicht ausschließlich innere Erwägungen maßgebend sein müssen, sondern auch äußere Umstände hiefür bestimmend sein können, wie etwa die Aufforderung eines Getäuschten oder eines Dritten oder die Furcht vor allfälliger Bestrafung. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes setzt Freiwilligkeit eines Rücktritts vom Versuch aber immer voraus, daß der Täter von einem für ihn durchführbaren und als durchführbar erkannten strafgesetzwidrigen Vorhaben abläßt, dh die Deliktsausführung (bei unbeendetem Versuch) aufgibt bzw (bei beendetem Versuch) den Erfolg abwendet in der Vorstellung, daß eine dem Tatplan entsprechende Vollendung der Tat noch möglich wäre. Gerade dies trifft aber auf die Beschwerdeführerin nicht zu. Denn nach den Urteilsfeststellungen zog diese ihre Schadenersatzklage unter dem Druck der nach Aufdeckung ihres Täuschungsmanövers angedrohten Betrugsanzeige zurück, mithin deshalb, weil sie zufolge der gegebenen Umstände die Aussichtslosigkeit einer Fortsetzung ihrer Machinationen erkannte.
Dazu kommt, daß die Angeklagten durch die Vorlage ihrer Schadensanzeige unter Anschluß einer Kostenaufstellung bereits alles unternommen hatten, was ihrem (ursprünglichen) Tatplan zufolge zur Herbeiführung des Erfolges erforderlich war, und ihr Versuch, Angestellte der D-über den Umfang der tatsächlichen Unfallsschäden und über die Höhe des damit im Zusammenhang stehenden Reparaturaufwandes zu täuschen, im Zeitpunkt ihrer Klagsrücknahme schon gescheitert war, da die von der Schadensabteilung der betroffenen Versicherungsanstalt veranlaßte Prüfung ergeben hatte, daß die in der Kostenaufstellung enthaltenen Leistungen nicht zur Behebung unfallskausaler Schäden erforderlich waren. Bei einem solcherart mißlungenen Versuch ist jedoch freiwilliger Rücktritt vom Versuch schon begrifflich ausgeschlossen (vgl LSK 1976/360; Leukauf-Steininger, 151). Eine Beantwortung der - rein hypothetischen - Frage, inwiefern die Beschwerdeführerin im Falle eines Gelingens der Täuschung und bei Vollendung des Betruges Straflosigkeit wegen tätiger Reue hätte erlangen können, kann bei dieser Sachlage auf sich beruhen.
Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Rosemarie A war sohin zu verwerfen.
Das Erstgericht verhängte über die Angeklagte Rosemarie A nach dem § 147 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von drei Monaten, wobei diese gemäß dem § 43 Abs 1 StGB unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Den Angeklagten Josef Alois A verurteilte es nach dem § 129 StGB unter Anwendung des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten.
Als erschwerend wertete das Erstgericht bei der Strafzumessung hinsichtlich Rosemarie A keinen Umstand. Es ging jedoch hinsichtlich der Schuld der Angeklagten - ähnlich wie beim Mitangeklagten - davon aus, daß die Tat zum Faktum A des Urteilssatzes reiflich überlegt, sorgfältig vorbereitet und rücksichtslos ausgeführt worden sei sowie 'daß gegen sie nur schwer Vorsicht gebraucht werden konnte'. Als mildernd sah das Erstgericht den bisher ordentlichen Lebenswandel Rosemarie AS, ihr seitheriges Wohlverhalten und die Verübung der Tat unter dem Einfluß des Alois A sowie den Umstand an, daß es beim Versuch geblieben ist.
Bezüglich des Angeklagten Josef Alois A wurden als erschwerend angenommen mehrere strafbare Handlungen derselben und verschiedener Art, auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Vorverurteilungen sowie seine führende Beteiligung am Faktum A, zu dem er Rosemarie A anstiftete und einige andere mit ihm verwandte oder verschwägerte Personen mitriß. Als mildernd wurde berücksichtigt, daß es zum Faktum A beim Versuch geblieben ist und der Angeklagte sich bezüglich des Faktums B II selbst gestellt hat und er sich einige Zeit hindurch wohlverhalten hat. Mit ihren Berufungen streben beide Angeklagten die Herabsetzung der Strafe, Josef Alois A überdies die bedingte Strafnachsicht und Rosemarie A unter Aufrechterhaltung der bedingten Strafnachsicht die Umwandlung der Freiheitsstrafe in eine Geldstrafe an. Den Berufungen kommt teilweise Berechtigung zu.
Bezüglich der Angeklagten Rosemarie A ist davon auszugehen, daß das Erstgericht die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig erfaßte, mag auch der Vorwurf einer rücksichtslosen Tatausführung nach reiflicher Überlegung nicht stichhältig sein. Das Strafausmaß entspricht dem Unrechtsgehalt der Tat und ist schuldadäquat, weswegen der Berufung, soweit mit ihr die Strafhöhe bekämpft wird, kein Erfolg beschieden sein kann.
Dagegen erweist sich das auf Anwendung des § 37 StGB gerichtete Berufungsbegehren als berechtigt. Berücksichtigt man, daß die ehedem unbescholtene Rosemarie A zu der im Versuchsstadium gebliebenen Tat verführt wurde und sich nunmehr wieder durch etwa 6 Jahre wohlverhalten hat, dann muß angenommen werden, daß es hier nicht der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe bedarf, um den Täter von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten und der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken (§ 37 Abs 1 StGB). Da angesichts der Besonderheiten dieses Falles die Voraussetzungen feine bedingte Nachsicht auch auf die Geldstrafe zutreffen, konnte der schon in erster Instanz erfolgte Ausspruch nach dem § 43 Abs 1 StGB übernommen werden.
Bei der Festsetzung des einzelnen Tagessatzes war von einem monatlichen Einkommen der Angeklagten von etwa 6.000,- S und einer Sorgepflicht für ein Kind auszugehen.
Dem Angeklagten Josef Alois A ist zusätzlich als mildernd zugute zu halten, daß der entstandene Schaden teilweise gutgemacht wurde. Bei richtiger Würdigung der einzelnen Erschwerungs- und Milderungsgründe erweist sich bei ihm eine mäßige Reduzierung der Freiheitsstrafe auf das Ausmaß von zwölf Monaten als begründet.
Angesichts der einschlägigen Vorverurteilungen des Angeklagten kann jedoch nicht davon gesprochen werden, daß die bloße Androhung der Vollziehung der Strafe genügen werde, den Angeklagten von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Die Verpflichtung der beiden Angeklagten zum Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Anmerkung
E02285European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1979:0110OS00115.79.1009.000Dokumentnummer
JJT_19791009_OGH0002_0110OS00115_7900000_000