TE OGH 1980/1/15 9Os177/79

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Veröffentlicht am 15.01.1980
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Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Jänner 1980

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Lehmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Hermine A wegen des Vergehens der falschen Beurkundung im Amt nach § 311 StGB über die von der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14. September 1979, GZ 3 a Vr 10302/77-25, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Siegl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Höhe des Tagessatzes auf 50 (fünfzig) Schilling herabgesetzt; im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 21. Oktober 1928 geborene, als Vertragsbedienstete im Kanzleidienst beim Bezirksgericht Floridsdorf tätige Hermine A (auch) im zweiten Rechtsgang des Vergehens der falschen Beurkundung im Amt nach § 311 StGB schuldig erkannt, weil sie am 7. Juli 1977 in Wien in der vorerwähnten Eigenschaft als Beamtin dadurch in einer öffentlichen Urkunde, deren Ausstellung in den Bereich ihres Amtes fiel, eine Tatsache fälschlich beurkundet hat, daß sie ein StPO-Formular Nr. 70 (Leumundschreiben) unter der fingierten Aktenzahl 1 P 1000/77 mit den Personaldaten ihres Sohnes Günther A ausfüllte, darauf die Ausfertigungsstampiglie des Bezirksrichters Dr. Bernhard B anbrachte, mit ihrer Paraphe unterfertigte und sodann diese Urkunde dem Bezirkspolizeikommissariat Hernals übermittelte, wobei sie mit dem Vorsatz handelte, daß die Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis der Tatsache eines ihr von Bezirksrichter Dr. B erteilten Auftrages zur Beischaffung einer Leumundsnote über Günther A gebraucht werde. Nachdem der im ersten Rechtsgang gegen Hermine A gefällte gleichlautende Schuldspruch vom Obersten Gerichtshof in Stattgebung der von der Angeklagten dagegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde mit Entscheidung vom 8. Juni 1979, GZ 9 Os 51/79-10, aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen worden war, weil dem seinerzeit angefochtenen Urteil insoweit ein Feststellungsmangel anhaftete, als sich daraus nicht entnehmen ließ, ob die Angeklagte zur geschäftsordnungsmäßigen Ausfertigung der hier in Rede stehenden und rechtlich als öffentliche Urkunde zu wertenden gerichtlichen Anfrage (nach Leumund, persönlichen Verhältnissen und Vorstrafen ihres Sohnes Günther A) funktionell berechtigt war, hat das Erstgericht nunmehr in dem im zweiten Rechtsgang ergangenen Urteil - ersichtlich gestützt auf die (in der Hauptverhandlung zur Verlesung gebrachte; vgl S 87 dA) Mitteilung des Vorstehers des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 24. Juli 1979 (ON 16) -

ausdrücklich als erwiesen angenommen, daß der Angeklagten, die seit dem 27. September 1976 beim Bezirksgericht Floridsdorf (im Kanzleidienst) als 'Mundantin' der Geschäftsabteilung 2 (Außerstreitsachen) verwendet wurde, zur Tatzeit die Unterfertigung von gerichtlichen Ausfertigungen im Sinne des § 149 Abs 1 lit b Geo oblag, sie demnach insoweit mit einer an sich dem Leiter der Geschäftsabteilung zukommenden Verrichtung betraut und daher zur geschäftsordnungsgemäßen Ausfertigung und Unterfertigung der urteilsgegenständlichen gerichtlichen Anfrage nach Leumund, persönlichen Verhältnissen und Vorstrafen ihres Sohnes Günther A funktionell berechtigt war (vgl S 95 dA).

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281

Abs.1 Z 9 lit.a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten, in der sie ihren abermaligen Schuldspruch wegen Vergehens nach § 311 StGB deshalb als rechtsirrig bezeichnet, weil sie sich nach den Urteilsfeststellungen (S 94 dA) zur Tatzeit im Krankenstand befand, davon abgesehen (aber nur) in der Geschäftsabteilung 2

des Bezirksgerichtes Floridsdorf (als Mundantin) eingesetzt war und daher zu der von ihr vorgenommenen Ausfertigung und Unterfertigung eines Geschäftsstückes der Abteilung 1 dieses Gerichtes gar nicht zuständig gewesen sei, sodaß die ihr angelastete falsche Beurkundung entgegen der im angefochtenen Urteil vertretenen Auffassung gar nicht in ihren Amtsbereich gefallen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Rüge versagt.

Dem Umstand, daß sich die Beschwerdeführerin zur Tatzeit im Krankenstand befand, kommt bei der strafrechtlichen Beurteilung des ihrem Schuldspruch zugrundeliegenden Sachverhaltes keine Bedeutung zu, weil - von dem hier nicht in Betracht kommenden Fall des § 24 Abs.9

VertragsbedienstetenG abgesehen (demzufolge erst eine durch /Unfall oder/ Krankheit bedingte Dienstverhinderung in der Dauer eines Jahres eine Beendigung des Dienstverhältnisses zur Folge hat) - eine auf Krankheit beruhende Dienstverhinderung keine Änderung oder Beschränkung in ihrem Status als Gerichtsbedienstete bewirkte (vgl insbesondere die §§ 7, 30 VertragsbedienstetenG) und die Beschwerdeführerin daher weiterhin (trotz Krankenstandes) im Zuge des Tatgeschehens als Vertragsbedienstete des Bezirksgerichtes Floridsdorf, sohin als ein im Kanzleidienst dieses Gerichtes eingesetzter Beamter im Sinne des § 311 StGB (§ 74 Z 4 StGB) tätig geworden war. Daß aber die vorerwähnte, ihr als Mundantin des Bezikrsgerichtes Floridsdorf übertragene Befugnis des Leiters der Geschäftsabteilung 2 dieses Gerichtes zur Unterfertigung von gerichtlichen Ausfertigungen im Sinne des § 149 Abs.1 lit.b Geo für die Dauer ihres Krankenstandes erloschen wäre, läßt sich der Mitteilung des Vorstehers des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 24. Juli 1979 (auf die das angefochtene Urteil ersichtlich seine bezügliche Feststellung gründet) nicht entnehmen. Hingegen ist es unerheblich, ob diese Befugnis zur Tatzeit auch noch einer anderen Kanzleibediensteten dieses Gerichtes - sei es auch nur in Vertretung der Beschwerdeführerin - übertragen war. Im übrigen genügt es für das im § 311 StGB normierte Erfordernis einer in den Amtsbereich des Täters fallenden Beurkundung, daß der Beamte hiezu funktionell zuständig ist, sodaß es nur darauf ankommt, ob dem Beamten kraft seiner Amtsstellung der Art nach die Berechtigung zur Vornahme der entsprechenden Beurkundung zukommt, wobei es gleichgültig ist, ob es sich um eine allgemeine oder auch nur um eine im konkreten Fall eingeräumte Berechtigung handelt (vgl Leukauf-Steininger2, § 311 RN 8).

Entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung ist es somit rechtlich ohne Bedeutung, welcher Geschäftsabteilung des Gerichtes sie zur Dienstleistung zugeteilt war, ganz abgesehen davon, daß sie die ihr als Vergehen nach § 311 StGB angelastete Falschbeurkundung unter einer von ihr fingierten Aktenzahl (1 P 1000/77) des Bezirksgerichtes Floridsdorf vorgenommen hat, sodaß sie in Wahrheit gar nicht im Rahmen der in die Geschäftsabteilung 1 dieses Gerichtes (der diese Aktenzahl an sich zuzuordnen wäre) fallenden Agenden tätig geworden ist.

Die Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich sohin als unbegründet, weshalb sie zu verwerfen war.

Das Erstgericht verhängte über die Angeklagte nach § 311 StGB unter Anwendung des § 37 StGB eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen, wobei es die Höhe des Tagessatzes mit 80 S bestimmte und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 60 Tagen festsetzte.

Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend keinen Umstand, als mildernd hingegen die Unbescholtenheit der Angeklagten, ihre bisherige tadellose Dienstleistung und eine gewisse persönliche schwierige Situation zur Tatzeit.

Mit ihrer Berufung wendet sich die Angeklagte gegen die Höhe des Tagessatzes, der Sache nach aber auch gegen die Anzahl der Tagessätze, indem sie eine schuldangemessene Herabsetzung der Strafe begehrt.

Der Berufung kommt nur in Ansehung der Höhe des Tagessatzes Berechtigung zu, nicht aber in Ansehung der Anzahl der Tagessätze. Ausgehend von den vom Erstgericht im wesentlichen zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründen - ein bloßes Tatsachengeständnis ist entgegen der Meinung der Berufungswerberin kein Milderungsgrund - und unter Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung (§ 32 Abs.1 und 2 StGB) entspricht eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen auch nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat, sodaß zu einer Reduzierung der Anzahl der Tagessätze kein Anlaß besteht. Hingegen hat das Erstgericht, ausgehend von den aktenkundigen persönlichen Verhältnissen und - vor allem - der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Angeklagten, den Tagessatz etwas zu hoch bemessen. Zwar kann bei einer verheirateten Frau, die selbst ein Einkommen bezieht, bei Bemessung der Höhe des Tagessatzes das Existenzminimum auch unterschritten werden, wenn ihre Eigenversorgung - wie vorliegend - durch den Verdienst des Ehegatten gesichert ist (12 Os 5/79), wobei diesfalls auch zu berückstichtigen ist, daß für die Dauer der Belastung durch die Geldstrafe der andere Ehegatte für den Unterhalt der Kinder sorgen kann (11 Os 180/78), und durch die Geldstrafe der eigene Lebensaufwand des Rechtsbrechers äußerst eingeschränkt werden soll (12 Os 149/76). Da die Angeklagte ihren eigenen Angaben zufolge (S 84 dA) nunmehr 4.200 S netto monatlich verdient, wovon sie 1.114 S monatlich an die Pensionsversicherungsanstalt bezahlt, verbleiben ihr monatlich rund 3.000 S, mithin täglich rund 100 S; sie selbst hat (unter Berücksichtigung eines rechnungsmäßigen Unterhaltszuschusses) ihr Netto-Tageseinkommen mit 136 S angegeben (S 106 dA). Bei dieser Sachlage kann aber der Tagessatz lediglich mit 50 S bemessen werden. In diesem Umfang war somit der Berufung Folge zu geben und spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02453

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0090OS00177.79.0115.000

Dokumentnummer

JJT_19800115_OGH0002_0090OS00177_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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