TE OGH 1980/1/15 9Os121/79

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Veröffentlicht am 15.01.1980
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Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Jänner 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Lehmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Andreas A und andere wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten Andreas A gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 17. Mai 1979, GZ. 2 Vr 1265/78-34, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Peisteiner, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Gehart, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten Andreas A auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde unter anderen der am 14. Juni 1962 geborene HTL-Schüler Andreas A der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB. und der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt und zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte A am 16. Juni 1978 im Internatsgebäude der B in Pinkafeld in zwei (zeitlich und örtlich getrennten) Angriffen gemeinsam mit den (im selben Urteil rechtskräftig abgeurteilten) Mitangeklagten Alois C und Franz D - jedoch nicht in verabredeter Verbindung mit diesen - seinen Mitschüler Herbert E durch zahlreiche Faustschläge gegen den Kopf, den Körper (gemeint: den Oberkörper) und die Extremitäten, die Blutergüsse im Bereich der linken Schulter, am Rücken und am linken Oberarm sowie eine Prellung desselben zur Folge hatten, am Körper verletzt. Vor der ersten Mißhandlung hat A zusammen mit Alois C den (widerstrebenden) Herbert E mit Gewalt, und zwar durch Stoßen und Ziehen zum Betreten des (damals unbenützten) Studierzimmers der gemeinsam besuchten Schule genötigt, wo sodann der erste tätliche Angriff gegen E erfolgte.

Gegen dieses Urteil, und zwar nur hinsichtlich des Schuldspruchs wegen Nötigung, wendet sich der Angeklagte Andreas A mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Einwand, es handle sich insofern um einen Fall mangelnder

Strafwürdigkeit der Tat nach § 42 StGB.

Rechtliche Beurteilung

Die Rüge versagt.

Wohl ist dem Beschwerdeführer zuzugeben, daß die den Gegenstand des Schuldspruchs bildende Nötigung als solche - für sich allein betrachtet - nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat (§ 42 Abs. 1 Z. 2 StGB.).

Maßgebend sind jedoch nicht bloß die unmittelbaren Tatfolgen, sondern alle Auswirkungen der Tat. Daher darf im gegebenen Fall der bestehende Zusammenhang zwischen der Nötigung und der im Anschluß daran dem Opfer in jenem Studierzimmer, zu dessen Betreten es gezwungen wurde, zugefügten Körperverletzung nicht außer acht gelassen werden. War es doch nach den Urteilskonstatierungen infolge der Nötigung möglich geworden, Herbert E im Studierzimmer (offenbar ungestört) mit erheblicher Brutalität zu verprügeln und ihm (schon in dieser Phase des Geschehens) nicht unerhebliche Verletzungen zuzufügen. Bei diesem - in seiner Gesamtheit zu würdigenden - Sachverhalt kann aber auch nicht von einer geringen Schuld des Täters (§ 42 Abs. 1 Z. 1 StGB.) gesprochen werden.

Der Meinung des Beschwerdeführers zuwider ändert daran der Umstand nichts, daß sich die Tat im Schulmilieu abspielte. Auch in diesem Milieu können das Strafrecht verletzende und die Menschenwürde des Opfers beeinträchtigende erhebliche Brutalitäten der gegenständlichen Art, wenn sie von einem immerhin bereits 16 Jahre alten Täter verübt werden, nicht uneingeschränkt toleriert werden. Im vorliegenden Fall ist ein Schuldspruch im übrigen aus spezialpräventiven Gründen geboten, um den Beschwerdeführer das Verbotene seines Tuns nachdrücklich vor Augen zu führen und ihn von weiteren gleichartigen Verstößen gegen die Rechtsordnung abzuhalten. Letztlich können aber auch generalpräventive Gesichtspunkte gerade im Hinblick auf die Begehung der Tat in einem Internat nicht unberücksichtigt bleiben. Es liegen daher auch die Voraussetzungen der Z. 3

des § 42 Abs. 1 StGB. nicht vor.

Das Erstgericht hat sohin § 42 StGB. zu Recht nicht angewendet, weshalb dem angefochtenen Urteil die behauptete Nichtigkeit nicht anhaftet.

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02435

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0090OS00121.79.0115.000

Dokumentnummer

JJT_19800115_OGH0002_0090OS00121_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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