TE OGH 1980/1/17 12Os174/79

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Veröffentlicht am 17.01.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Steininger, Dr. Schneider und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Lehmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Werner Hermann A wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 1. Oktober 1979, GZ 12 a Vr 882/79-25, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 6. Oktober 1958 geborene Hilfsarbeiter Werner Hermann A abweichend von der auf Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 2 StGB lautenden Anklage des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 11. Mai 1979 in Lustenau seine Mutter Margrit A dadurch, daß er ihr einen Schlag ins Gesicht versetzte und sie zu Boden stieß, mit Gewalt zu einer Handlung, nämlich zur Ausfolgung eines Darlehens in Höhe von 400 S, genötigt habe.

Laut Urteilsfeststellungen kam Werner Hermann A am 11. Mai 1979 gegen 21 Uhr in angeheitertem Zustand nach Hause und wollte von seiner Mutter Margrit A Geld ausborgen, weil er ohne Barmittel war und mit seiner Verlobten ausgehen wollte. Als Margrit A dies ablehnte, wurde der Angeklagte wütend, versetzte ihr einen Schlag ins Gesicht und gab ihr einen Stoß, sodaß sie zu Boden stürzte. Nunmehr holte die Mutter aus einem Schrank 500 S und händigte das Geld ihrem Sohn aus, der ihr 100 S sogleich zurückgab. Der Angeklagte gibt zu, seiner Mutter eine Ohrfeige versetzt zu haben, nachdem er mit ihr wegen ihrer Weigerung, ihm Geld zu borgen, in Streit geraten war.

Margrit A deponierte als Zeugin, ihr Sohn habe ihr, da sie ihm über wiederholtes Ersuchen kein Geld gegeben habe, schließlich eine Ohrfeige versetzt und ihr einen Schupfer gegeben, sodaß sie gestürzt sei; nach einem kurzen Streit habe sie ihm jedoch das Geld freiwillig gegeben und hätte dies auch ohne die Ohrfeige getan. In rechtlicher Beziehung wurde das Verhalten des nach Annahme des Schöffensenats ohne Schädigungsvorsatz und Bereicherungstendenz handelnden Angeklagten vom Erstgericht als Nötigung im Sinne des § 105 Abs 1 StGB beurteilt.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Ziffern 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Im Rahmen der Rechtsrüge weist der Beschwerdeführer zutreffend darauf hin, daß eine Feststellung des Inhalts, er habe durch die Tätlichkeiten seine Mutter zu einer Willensbetätigung veranlassen wollen, vom Erstgericht nicht getroffen worden sei. Doch auch wenn man einen bezüglichen Vorsatz annehmen wollte, falle ihm nach Inhalt der Aussage seiner Mutter, ihm das Geld freiwillig gegeben zu haben, höchstens versuchte Nötigung, ansonsten aber allenfalls nur Körperverletzung (§ 83 StGB) zur Last.

Der vom Angeklagten gerügte Feststellungsmangel ist gegeben. Einer Nötigung macht sich schuldig, wer einen anderen mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt (§ 105 Abs 1 StGB).

Den Gründen des angefochtenen Urteils ist tatsächlich nicht zu entnehmen, ob der Angeklagte mit seinem gewalttätigen Verhalten (auch) bezweckt hat, seine Mutter zur Ausfolgung eines Geldbetrages zu veranlassen, oder ob er damit - wie er es darstellt - nur seine Wut über die Weigerung der Mutter abreagieren wollte. Mangels bezüglicher Feststellungen, die eine abschließende rechtliche Beurteilung der Handlungsweise des Angeklagten zuließen, war daher der Nichtigkeitsbeschwerde des Werner Hermann A schon aus diesem Grunde Folge zu geben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen, ohne auf die im Rahmen der Mängelrüge vorgebrachten Argumente eingehen zu müssen. Sollte das Gericht im zweiten Rechtsgang zur Annahme gelangen, daß der Angeklagte seine Mutter mit Gewalt zur Gewährung eines Darlehens nötigen wollte, so wäre auch zu prüfen, ob Margrit A vom Angeklagten solcherart zu einem Verhalten bestimmt worden ist, welches sie ohne bezügliche Nötigung nicht gewollt hätte (siehe hiezu Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch2, 697). Wäre hingegen die Mutter des Angeklagten ohnehin bereit gewesen, ihrem Sohn das Geld schließlich zu geben, so läge nur versuchte Nötigung (§§ 15, 105 Abs 1 StGB) vor, weil es in diesem Fall an der zur Tatbestandsvollendung erforderlichen Willensbeugung fehlen würde. Davon abgesehen würde jedoch eine allfällige Bereitschaft der Mutter zur Gewährung des Darlehens an der Tatbestandsmäßigkeit eines Handelns des Angeklagten mit gegebenenfalls noch festzustellendem Nötigungsvorsatz nichts ändern.

Mit seiner ( - zum Teil unrichtig als Schuldberufung - S 107 unter a. b. - ) bezeichneten Berufung wegen Strafe war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E02447

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0120OS00174.79.0117.000

Dokumentnummer

JJT_19800117_OGH0002_0120OS00174_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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