TE OGH 1980/1/30 1Ob791/79

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Veröffentlicht am 30.01.1980
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Norm

ABGB §869
ABGB §878
ABGB §901
ABGB §983
ABGB §1053
ABGB §1295
ABGB §1299
KWG §23
WG Art1
WG Art11
WG Art15
WG Art16
WG Art17

Kopf

SZ 53/13

Spruch

In der Regel trifft die Kreditunternehmung, auch wenn sie einen Wechsel auf Grund einer Vereinbarung mit dem Akzeptanten ankauft, keine besondere Aufklärungspflicht über dessen Bonität

OGH 30. Jänner 1980, 1 Ob 791/79 (OLG Innsbruck 5 R 216/79; LG Innsbruck 9 Cg 183/79)

Text

Die erstbeklagte Partei, eine Kommanditgesellschaft, stellte am 31. Oktober 1978 einen Wechsel auf eigene Order über die Summe von 166

752.44 S, zahlbar gestellt bei der klagenden Partei per 31. Jänner 1979, aus. Dieser Wechsel wurde von der Firma M Baugesellschaft mbH (im folgenden Firma M) akzeptiert. Der Zweitbeklagte ist Komplementär der erstbeklagten Partei. Auf der Rückseite enthält der Wechsel ein Blankoakzept der erstbeklagten Partei und den Protest des Öff. Notars Dr. Bernhard E vom 2. Feber 1979. Die erstbeklagte Partei hatte der klagenden Partei am 2. November 1978 den Wechsel zum Diskont übermittelt. Der Wechsel war vorerst nicht eingelöst worden, weil sich die klagende Partei ausdrücklich vorbehalten hatte, die Bonität sämtlicher Wechselverpflichteter zu überprüfen und den Diskont von einem befriedigenden Ergebnis abhängig zu machen. Erst nach dieser Prüfung war der volle Wechselbetrag am 7. November 1978 der erstbeklagten Partei gutgeschrieben worden.

Auf Grund dieses Wechsels nimmt die klagende Partei die erstbeklagte Partei als Ausstellerin und Indossantin und den Zweitbeklagten als persönlich haftenden Gesellschafter in Anspruch.

Gegen den Wechselzahlungsauftrag des Erstgerichtes vom 3. April 1979 erhoben die beklagten Parteien Einwendungen. Der Zweitbeklagte sei passiv nicht legitimiert, da er nicht wechselrechtlich hafte. Die Akzeptantin habe zur Bezahlung einer offenen Rechnung am 31. Oktober 1978 der erstbeklagten Partei den Wechsel mit dem ausdrücklichen und unabdingbaren Auftrag übermittelt, dieses Akzept bei der klagenden Partei als ihrer Hausbank einzulösen. Die klagende Partei habe zum Zeitpunkt des Abschlusses des Diskontvertrages gewußt, daß die Akzeptantin zahlungsunfähig sei und daß sie bei Fälligkeit die Wechselsumme nicht werde bezahlen können. Die klagende Partei habe sohin zum Nachteil der erstbeklagten Partei schuldhaft den Anschein erweckt, als ob die Akzeptantin ungewöhnlich kreditwürdig wäre, denn sonst hätte sich die klagende Partei niemals bereit gefunden, zu besseren und unüblichen Bedingungen den Wechsel zum vollen Wechselbetrag einzulösen. Zwischen der klagenden Partei und der Akzeptantin bestehe eine ständige Geschäftsverbindung. Der Abschluß des Diskontvertrages habe offenbar nur dazu gedient, die Position der klagenden Partei gegenüber der Akzeptantin zu verbessern. Die klagende Partei habe dadurch die erstbeklagte Partei in Irrtum geführt und zur Einlösung des Wechsels veranlaßt. Der Diskontvertrag sei daher nichtig. Die klagende Partei sei daher auch nicht berechtigt, aus diesem Diskontvertrag und dem Wechsel Rückgriff gegen die beklagten Parteien zu nehmen. Es handle sich nicht um einen Motivirrtum, sondern um eine bewußte listige Irreführung. Die klagende Partei hätte bei Abschluß des Diskontvertrages ausdrücklich darauf hinweisen müssen, daß die Kreditwürdigkeit und Zahlungsfähigkeit der Akzeptantin in Frage gestellt sei. Die erstbeklagte Partei sei auch von der Akzeptantin niemals davon verständigt worden, daß sie zahlungsunfähig sei oder in kürzester Zeit zahlungsunfähig werden würde. Dies sei aber der klagenden Partei auf Grund der ständigen Geschäftsbeziehung bekannt und bewußt gewesen.

Vorsichtshalber wendeten die beklagten Parteien compensando gegen die Klagsforderung auch bei einer späteren Erörterung des Sachverhaltes nicht näher begrundete und damit wohl auf die Begründung der Einwendungen gestützte Schadenersatzansprüche vorerst in der Höhe des Klagsbetrages ein.

Die klagende Partei bestritt, daß ihr im Zeitpunkt des Abschlusses des Diskontvertrages bekannt gewesen sei oder hätte bekannt sein müssen, daß die Akzeptantin insolvent war. Da der Wechselbetrag voll ausbezahlt worden sei, hätte durch den Abschluß des Diskontvertrages die Position der klagenden Partei gegenüber der Akzeptantin nicht verbessert werden können. Die klagende Partei habe auch niemals den Anschein erweckt, daß die Akzeptantin besonders kreditwürdig sei. Bis Mitte Jänner 1979 habe die Akzeptantin alle Wechsel anstandslos gezahlt, die klagende Partei habe auch nicht alle von der Firma M akzeptierten Wechsel, sondern nur solche diskontiert, bei denen die unzweifelhafte Bonität auch des Ausstellers gegeben gewesen sei.

Das Erstgericht hielt den Wechselzahlungsauftrag aufrecht und sprach aus, daß die Gegenforderung der beklagten Parteien nicht zu Recht bestehe. Der Komplementär hafte auch dann wechselmäßig, wenn er den Wechsel persönlich gar nicht unterfertigt habe. Selbst wenn der Diskontvertrag infolge Irrtums oder List nichtig sei, führte dies nicht zum Erlöschen der wechselrechtlichen Verbindlichkeiten der beklagten Parteien. Diese hätten gemäß § 877 ABGB alles zurückzustellen, was sie aus einem solchen Vertrag erhalten haben. Selbst wenn man das tatsächliche Vorbringen der beklagten Parteien zur aufrechungsweise eingewendeten Gegenforderung für wahr hielte, ließe sich daraus ein Schadenersatzanspruch nicht ableiten. Hätte die klagende Partei den Wechsel nicht eingelöst, wäre die Fakturenforderung der erstbeklagten Partei gegen die Akzeptantin nach wie vor unbeglichen. Behauptungen in der Richtung, daß bei einer Warnung durch die klagende Partei eine anderweitige Befriedigung der erstbeklagten Partei noch möglich gewesen wäre, hätten die beklagten Parteien nicht aufgestellt. Die Rechtssache sei daher schon auf Grund des beiderseitigen Vorbringens spruchreif.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Parteien nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Nicht verständlich ist zunächst die Behauptung der Revisionswerber, durch den Abschluß des Diskontvertrages sei die klagende Partei in die Lage versetzt worden, einen weiteren Schuldner für die Verbindlichkeiten der Akzeptantin zu erhalten. Mit dem Rückgriff will die klagende Partei nur ihr eigenes Geld wiedererlangen, das sie ohne den Diskontvertrag gar nicht gezahlt hätte.

An sich zu Recht rügt die Revision die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, die Frage der von den beklagten Parteien geltend gemachten Nichtigkeit des Diskontvertrages wegen listiger Irreführung bzw. von der klagenden Partei veranlaßten Irrtums der erstbeklagten Partei sei irrelevant, weil die beklagten Parteien, sei es auf Grund des Diskontvertrages, sei es auf Grund der Bestimmung des § 877 ABGB, jedenfalls zur Rückzahlung des Klagsbetrages verpflichtet seien. Der vom durch eine geschlossene Indossamentenkette legitimierten Wechselinhaber in Anspruch genommene Wechselschuldner kann nämlich den Nachweis führen, daß der förmlichen Berechtigung das materielle Recht nicht entspricht (Kapfer, Handkomm. zum Wechselgesetz, 88). Gegenüber dem unmittelbaren Wechselnehmer kann sich der in Anspruch Genommene auch stets auf das Nicht- oder Nichtmehrbestehen der Wechselschuld berufen (Baumbach - Hefermehl, Wechsel- und Scheckgesetz[12], 164 Anm. 31). Der Indossierung des Wechsels an die klagende Partei lag ein Diskontgeschäft mit der erstbeklagten Partei zugrunde. Die allgemeinen Nichtigkeits- und Anfechtungsgrunde des bürgerlichen Rechtes gelten grundsätzlich auch für das Diskontgeschäft (Canaris in Groß KommHGB[3] III/2, 845 Anm. 562). Könnten die beklagten Parteien die Nichtigkeit des Diskontvertrages wegen List oder von der klagenden Partei veranlaßten Irrtums nachweisen, wäre der Titel für die Übertragung des Eigentumsrechtes am Wechsel und der in ihm verbrieften Rechte weggefallen (Baumbach - Hefermehl a. a. O., 181 f. Anm. 44); dies hätte zur Folge, daß das Eigentum am Wechsel niemals auf die klagende Partei übergegangen wäre. Die erfolgreiche Anfechtung des Titels zu einer Eigentumsübertragung wegen Willensmängeln hat zur Folge, daß der Veräußerer sein Eigentum nicht verloren hat (Koziol - Welser[5] II, 64; Klang in seinem Komm.[2] II, 300). Lägen die Anfechtung des Vertrages rechtfertigende Willensmängel vor, stunden der klagenden Partei daher keine Wechselrechte zu. Das Begehren auf Zurückstellung der Vorteile aus dem nichtigen Vertrag könnte dann aber entgegen der Auffassung der Vorinstanzen nicht im Wechselmandatsverfahren geltend gemacht werden. Ist der Klagsanspruch aus dem Wechsel unbegrundet, muß nämlich der Wechselzahlungsauftrag aufgehoben werden, mag auch das Begehren aus anderen Gründen gerechtfertigt sein (SZ 43/173; SZ 30/1; SZ 23/247 u. a.; Fasching IV, 583 f.).

Es ist in Rechtsprechung und Lehre anerkannt, daß unabhängig davon, ob es später zu einem Vertragsabschluß kommt, schon die Aufnahme von Vertragsverhandlungen die Beteiligten zu erhöhter Sorgfalt und Rücksichtnahme auf die Interessen des (späteren) Vertragspartners verpflichtet. Sehr oft besteht das vorvertragliche Schuldverhältnis in der Wahrnehmung von Aufklärungspflichten (SZ 49/94; SZ 48/102 u. a.; die in den zitierten Entscheidungen bezogene Literatur; außerdem Koziol - Welser[5] I, 173; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht II, 62; Frotz in Gschnitzer-GS, 174; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts[12] I, 92). Aufklärungspflichten bestehen insbesondere auch für Kreditinstitute ihren Kunden gegenüber (JBl. 1980, 33). Die Verletzung einer Aufklärungspflicht kann auch durch Schweigen erfolgen (SZ 47/148; SZ 37/76 u.a.; Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 111). Die Verletzung von Aufklärungspflichten in vorvertraglichen Beziehungen hat Schadenersatzverpflichtungen zur Folge (SZ 48/102; SZ 46/22 u. a.; Welser in ÖJZ 1973, 286 f.). Durch arglistige Unterlassung einer nach der Verkehrsanschauung erforderlichen Aufklärung kann aber auch der als Folge dieser Handlungsweise geschlossene Vertrag nach § 870 ABGB wegen Nichtigkeit angefochten werden; ebenso ist eine Anfechtung wegen vom anderen veranlaßten Irrtums möglich (SZ 47/148 u. a.).

Das Geschäftsverhältnis zwischen Kreditunternehmung und Kunden ist ein Vertrauensverhältnis (Schinnerer - Avancini, Bankverträge[3] I, 22; Canaris a. a. O., 553 Anm. 9), das auch Grundlage für eine Aufklärungspflicht der Kreditunternehmung sein kann. Im Rahmen der Geschäftsverbindung kann sich so auch die Verpflichtung ergeben, bei drohendem wirtschaftlichem Zusammenbruch eines Dritten in banküblicher Weise, d. h. vorsichtig und alle Interessen schonend, Bedenken zu äußern oder auf sonstige Bedenken aufmerksam zu machen (Schinnerer - Avancini a. a. O., 22; in diesem Sinne auch Canaris a. a. O., 588 Anm. 55; Schlegelberger - Hefermehl, HGB[5] IV, 445 Anm. 22). Diese Anforderungen dürfen allerdings nicht überspannt werden. Es sind Geschäfte des Kunden, die über die Bank abgewickelt werden, so daß primär er selbst seine Interessen zu wahren hat; außerdem muß die Kreditunternehmung bei Verwertung von Tatsachen, die für die Entscheidung des Kunden von Bedeutung sein können, das Bankgeheimnis wahren. Sie darf daher grundsätzlich die geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, die einen anderen Kunden betreffen, nicht offenbaren. Für die Bank besteht damit ein Interessenskonflikt, bei dessen Lösung nicht übersehen werden darf, daß Diskretion für das Bankgeschäft als solches lebenswichtig ist (Schinnerer - Avancini a. a. O., 23). Eine allfällige Aufklärungspflicht der Bank hat insbesondere in dem nunmehr im § 23 Kreditwesengesetz, BGBl. 63/1979, normierten Bankgeheimnis, das vor diesem Gesetz gesetzlich nicht geregelt war, aber als Bestandteil des bankgeschäftlichen Verkehrs und eine der Grundlagen, auf denen die vertragsmäßigen Übereinkünfte zwischen den Kreditunternehmungen und ihren Kunden aufbauen, anerkannt war (Schinnerer - Avancini a. a. O., 166 f.), ihre Grenzen. In aller Regel braucht daher die Kreditunternehmung ohne besonderes Verlangen auf Auskunft ihren Kunden nicht über die Vermögensverhältnisse eines anderen Kunden unterrichten und ihm etwaige Bedenken gegen dessen Kreditwürdigkeit mitteilen (vgl. Schinnerer - Avancini a. a. O., 173; Canaris a. a. O., 571 und 588 Anm. 38 und 55; Schlegelberger - Hefermehl a. a. O.). Eine besondere Aufklärungspflicht über die Bonität des Akzeptanten eines Wechsels wird daher die Kreditunternehmung in der Regel auch bei Ankauf eines Wechsels nicht treffen. Jeder Aussteller oder Indossant eines Wechsels muß vielmehr damit rechnen, daß der spätere Inhaber des Wechsels bei NichDbezahlung der Wechselsumme durch den Akzeptanten Rückgriff bei ihm nimmt (Art. 43 Abs. 1 WG). Es obliegt also vor allem ihm, vor Diskontierung eines Wechsels, mit der besondere Nachteile oder Risken für ihn verbunden sein können, indem er etwa damit die Aufgabe von Sicherheiten wie die eines Eigentumsvorbehaltes verbinden will, sich selbst über die Bonität des Akzeptanten Gewißheit zu verschaffen. Der erstbeklagten Partei wäre es freigestanden, vor Diskontierung des Wechsels eine allgemein gehaltene bankübliche Auskunft über die Akzeptantin zu verlangen. Grundsätzlich mußte die klagende Partei hingegen, wenn ihr besondere Umstände auf seiten der erstbeklagten Partei, die eine außergewöhnliche Wahrung ihrer Interessen erfordert hätten, nicht bekannt waren, nicht tätig werden (vgl. Canaris a. a. O., 588 Anm. 54); dies gilt insbesondere einem Kaufmann gegenüber, bei dem die Kenntnis der Bestimmungen des Wechselrechtes, aber auch ein weitgehendes Maß an Wahrung eigener Interessen vorausgesetzt werden kann. Es kann keinen entscheidenden Unterschied machen, wenn der Vertragspartner beim Abschluß des Diskontvertrages die Hausbank des Akzeptanten ist. In der Hereinnahme eines Wechsels erweckte sie auch nicht dadurch den Anschein, die Akzeptantin sei kreditwürdig, daß sie den Wechsel nach Anbot zum Abschluß eines Diskontvertrages nicht zugleich ankaufte, sondern sich ausdrücklich vorbehielt, die Bonität sämtlicher Wechselverpflichteter, zu denen auch die erstbeklagte Partei als Ausstellerin gehörte, zu überprüfen. Damit gab die klagende Partei nur kund, daß sie ihre eigenen Interessen wahren wollte. Die erstbeklagte Partei mußte dann aber damit rechnen, daß die klagende Partei sich auch mit der Bonität eines einzigen wechselmäßig Verpflichteten, somit auch der der erstbeklagten Partei allein, zufriedengeben könnte. Aus der Erklärung der klagenden Partei konnte die erstbeklagte Partei also nicht den Schluß ziehen, sie habe den Abschluß des Diskontvertrages auch von der Bonität der Akzeptantin abhängig gemacht und demnach durch den Abschluß des Diskontvertrages den Anschein erweckt, die Akzeptantin sei zahlungsfähig.

Den beklagten Parteien ist allerdings darin beizupflichten, daß der Bundesgerichtshof der Bundesrepublik Deutschland in der in Der Betrieb 1977, 1312 veröffentlichten Entscheidung in einem gleichgelagerten Fall, in dem die Bank im Gegensatz zum üblichen Diskontgeschäft auf Grund einer Vereinbarung mit der Wechselannehmerin die Wechselspesen nicht zu Lasten des Diskontnehmers von der Wechselsumme abgezogen hatte, darin eine Kreditgewährung an die Akzeptantin erblickte, die im Diskontnehmer den Anschein erweckte, daß die Akzeptantin kreditwürdig und in der Lage sei, den Wechsel einzulösen. Die soll nach Auffassung des Bundesgerichtshofes geeignet gewesen sein, Gläubiger davon abzuhalten, von der Akzeptantin Barzahlung oder anderweitige Sicherheit zu verlangen und statt dessen sich mit einer Wechselfinanzierung zufriedenzugeben. Nach Meinung des Bundesgerichtshofes hätte es den Erfordernissen des redlichen Verkehrs entsprochen, daß die beklagte Kreditunternehmung den von ihr geschaffenen Anschein der Kreditwürdigkeit beseitigt hätte, als ihr die Zahlungsunfähigkeit der Akzeptantin bekannt wurde. Dies hätte sie durch Ablehnung der Diskontierung ohne Angabe von Gründen erreichen können. Sei die beklagte Bank aber trotz erkannter Zahlungsunfähigkeit der Akzeptantin in Verhandlungen zum Zwecke der Diskontierung des Wechsels eingetreten, hätte sie gemäß § 242 BGB darauf hinweisen müssen, daß der Wechsel bei Fälligkeit vom Akzeptanten voraussichtlich nicht eingelöst werde und der Diskontnehmer den Wechselbetrag im Wege des Rückgriffs wieder zurückzahlen müsse. Durch die in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Akzeptantin ohne jeden Hinweis erfolgte Hereinnahme des Wechsels habe die beklagte Bank gegen die Grundsätze des redlichen Bankverkehrs verstoßen und damit schuldhaft ihre dem Diskontnehmer gegenüber obliegende vertragliche Aufklärungspflicht verletzt.

Es soll gewiß nicht übersehen werden, daß es vor allem Aufgabe der Kreditunternehmungen ist, den geschäftlichen Verkehr zu erleichtern und zu fördern, sodaß als Geschäftsgrundlage eines Diskontvertrages die beiderseitige Annahme gelten kann, daß der Wechsel vom Akzeptanten eingelöst wird. Derjenige, der mit einer Bank einen Diskontvertrag schließt, kann daher damit rechnen, daß die Bank annimmt, der Akzeptant werde die Wechselverpflichtung erfüllen. Die Hereinnahme eines Wechsels durch die Bank im Wissen, daß wieder Rückgriff genommen werden müsse, wäre dem Wesen eines solchen Bankgeschäftes zuwiderlaufend. Der Wechselinhaber, der den Wechsel zum Diskont gibt, kann daher damit rechnen, daß die Bank den Wechsel nicht im Wissen hereinnimmt, es werde ein Rückgriff notwendig sein.

An einer Stelle behaupten die beklagten Parteien in ihren Einwendungen gegen den Wechselzahlungsauftrag, daß die klagende Partei nicht nur einen Irrtum der erstbeklagten veranlaßt, sondern sie auch listig irregeführt hätte. Es fehlt aber an jeder Tatsachenbehauptung, aus der geschlossen werden müßte, die klagende Partei habe sich eines solchen Verhaltens schuldig gemacht. Sie bezahlte auch die volle Wechselsumme an die erstbeklagte Partei aus und kann mit dem Erfolg im nunmehrigen Rechtsstreit nur die Vermögenslage wiederherstellen, die auch ohne Abschluß des Diskontvertrages mit der erstbeklagten Partei bestanden hätte. Sie mußte dazu noch sehen, wie sie ihre Spesen und ihren Verdienst von der Akzeptantin hereinbrachte. Irgendein Anhaltspunkt für listige Irreführung besteht demnach nicht. Einen Irrtum der erstbeklagten Partei könnte die klagende Partei allerdings dadurch veranlaßt haben, daß sie den Eindruck hervorrief, die Akzeptantin sei zahlungsfähig. Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob der strengen Auffassung des Bundesgerichtshofes, die wenig berücksichtigte, daß das eigene Risiko der beklagten Partei insbesondere bei Bestehen von Sicherheiten sehr gering gewesen sein könnte, zu folgen ist. Täte man es, könnte die klagende Partei durch die Unterlassung der Aufklärung der erstbeklagten Partei deren Irrtum, die Akzeptantin sei zahlungsfähig, veranlaßt haben. Aus den Einwendungen der beklagten Parteien ist aber nicht zu ersehen, welche nachteiligen Folgen dieser Irrtum für sie gehabt haben soll. Als sich die erstbeklagte Partei an die klagende Partei wandte, um das Diskontgeschäft abzuschließen, hatte die Akzeptantin bereits eine offene Rechnung der erstbeklagten Partei zu bezahlen. Daran, daß die erstbeklagte Partei nicht Barzahlung verlangt, sondern sich mit der Annahme eines drei Monate später fälligen Wechsels begnügt hatte, hatte die klagende Partei keinen Anteil. Es fehlt nun jede Behauptung, daß die erstbeklagte Partei von der Firma M, wenn sie nicht den Wechsel ausgestellt und der klagenden Partei zum Diskont gegeben hätte, Barzahlung erlangt oder daß sie wegen der Diskontierung des Wechsels ihr von der Firma M gewährte Sicherheiten aufgegeben hätte. Es besteht dann aber kein Anhaltspunkt dafür, daß die Diskontierung des Wechsels durch die klagende Partei für die erstbeklagte Partei von Nachteil war. Wäre vielmehr, wie die beklagten Parteien in diesem Prozeß behaupten, die Firma M bereits zahlungsunfähig gewesen, hätte die erstbeklagte Partei von ihr ohnehin keine Barzahlung erlangen können. Die erstbeklagte Partei erhielt damit aber mit der vollen Ausbezahlung der Wechselsumme jedenfalls einen günstigen Kredit; es konnte ihr nicht mehr passieren, als daß sie die Wechselsumme mit dem günstigen Zinssatz an die klagende Partei zurückzahlen mußte. Die Unterlassung einer Aufklärungspflicht der klagenden Partei wäre damit aber ohne erkennbaren Nachteil für die erstbeklagte Partei, die sich durch sofortige Bezahlung der von der Akzeptantin nicht bezahlten Wechselsumme auch weitere Kosten ersparen hätte können, gewesen. Zusätzlich sind nur die Protestspesen erwachsen, deren Bezahlung die erstbeklagte Partei aber nur ablehnen könnte, wenn sie die klagende Partei nicht zur Anrufung des Gerichtes gezwungen hätte. Der von der klagenden Partei allenfalls durch Unterlassung einer Aufklärungspflicht veranlaßte Irrtum ist dann aber kein wesentlicher. Wesentlich ist ein Irrtum nur dann, wenn der Erklärende das Geschäft ohne ihn nicht geschlossen hätte (JBl. 1976, 646 u. a.; Koziol - Welser[5] I, 107). Das kann aber unter den dargestellten Voraussetzungen nicht gesagt werden; insbesondere mußte die erstbeklagte Partei der klagenden Partei nichts für den Diskontvertrag bezahlen, da dessen Kosten der Akzeptantin angelastet wurden. Der allfällige Irrtum der erstbeklagten Partei rechtfertigte daher nicht die Anfechtung des Diskontvertrages mit der klagenden Partei, sondern gab der erstbeklagten Partei höchstens das Recht, von der klagenden Partei angemessene Vergütung und Schadenersatz zu verlangen (§§ 872, 874 ABGB). Einen konkreten Schaden haben die beklagten Parteien aber nicht behauptet, denn die Verpflichtung zur Rückzahlung der von der klagenden Partei auf Grund des Diskontvertrages erhaltenen Wechselsumme allein stellt sie für sich allein nicht schlechter als sie gestanden wäre, wenn der Diskontvertrag nach einer Aufklärung der erstbeklagten Partei über die Zahlungsunfähigkeit der Akzeptantin nicht zustande gekommen, aber auch von der Akzeptantin wegen ihrer Zahlungsunfähigkeit keine Zahlung zu erlangen gewesen wäre. Auch der Bundesgerichtshof verlangte in der zitierten Entscheidung vom auf Schadenersatz klagenden Diskontnehmer, der die Wechselsumme bereits zurückbezahlt hatte, den Beweis, daß er ohne Abschluß des Diskontvertrages seine Forderung gegen die Akzeptantin noch hätte eintreiben können. Die anscheinend von den beklagten Parteien vertretene Auffassung, sie könnten die volle ihnen auf Grund des Diskontvertrages zugekommene Wechselsumme nur deswegen behalten, weil die klagende Partei sie über die Zahlungsunfähigkeit der Akzeptantin nicht aufgeklärt hatte, selbst wenn die erstbeklagte Partei auch von dieser keine Zahlung mehr erlangen hätte können, ist durch nichts zu rechtfertigen. Damit wurde zunächst dem Klagebegehren gegen die erstbeklagte Partei im Ergebnis zu Recht stattgegeben.

Aber auch die Mithaftung des Zweitbeklagten wurde von den Vorinstanzen mit Recht bejaht. Der OGH hat zuletzt in seiner Entscheidung 6 Ob 769/78 unter Hinweis auf Stanzl, Wechsel-, Scheck- und sonstiges Wertpapierrecht, 40; Fasching IV, 604 f.; Hueck, Das Recht der Offenen Handelsgesellschaft[4], 319; Baumbach - Lauterbach, DZPO[36], 1138; Baumbach - Hefermehl a. a. O., 64 Anm. 73; Fischer in GroßKommHGB[3] II/1, 292 f., sowie Schlegelberger - Gessler a. a. O. II, 1136 f. und ältere österreichische Judikatur ausgesprochen, daß der persönlich haftende Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft für deren wechselmäßige Verbindlichkeiten auch persönlich wechselmäßig haftet, weil seine Haftung für Gesellschaftsschulden unbeschränkt und unbeschränkbar ist und daher in gleicher Weise wie die der Gesellschaft eintritt; auch für einen Gesellschafter, der selbst einen Wechsel nicht unterschrieben hat, besteht keine Ausnahme von dieser Haftung. Die Haftung gilt auch für den Rückgriff gegen die Gesellschaft als Ausstellerin des Wechsels.

Anmerkung

Z53013

Schlagworte

Aufklärungspflicht eines Kreditunternehmens bei Wechselankauf, Kreditunternehmen, Aufklärungspflicht bei Wechselankauf, Wechsel, Ankauf eines -, Aufklärungspflicht durch Kreditunternehmen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0010OB00791.79.0130.000

Dokumentnummer

JJT_19800130_OGH0002_0010OB00791_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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