TE OGH 1980/2/12 5Ob719/79

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Veröffentlicht am 12.02.1980
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Norm

ABGB §833
ABGB §936

Kopf

SZ 53/24

Spruch

Jede Benützungsvereinbarung von Miteigentümern begrundet ein Dauerrechtsverhältnis, das aus wichtigen Gründen formlos aufgelöst werden kann

OGH 12. Feber 1980, 5 Ob 719/79 (KG Krems, R 307/79; BG Krems, 1 Nc 123/79)

Text

Die Parteien sind Miteigentümer der Liegenschaft X. Dort befindet sich ein Wohnhaus mit im Wohnungseigentum der Parteien stehenden und von ihnen benützten Wohnungen. Eine durch das Wohnhaus führende Einfahrt in den Haushof ist von der Straße her nur über eine zirka 5 m lange und zirka 3.20 m breite Brücke möglich. Die Hauseinfahrt selbst ist 7.60 m lang und 4.30 m breit. Der Antragsgegner stellt seit April 1961 seinen PKW teils in der Hauseinfahrt und teils auf der Zufahrtsbrücke ab; seit mehr als zwei Jahren stellt er auch seinen PKW-Anhänger neben seinem PKW in der Hauseinfahrt ab. Bis etwa Oktober 1978 hat die Antragstellerin dieser Übung des Antragsgegners nicht widersprochen. Seit dieser Zeit hat die Antragstellerin vergeblich versucht, die Zustimmung des Antragsgegners zur Benützung der Brücke und der Hauseinfahrt mit ihrem PKW zu erlangen, damit dieser im Hof des Hauses abgestellt werden könne. Sie besitzt diesen PKW seit Oktober 1978 und hatte vorher kein Fahrzeug besessen. Mit dem Fahrzeug fährt ihr Ehemann.

Das Erstgericht wies das Begehren der Antragstellerin, die Einfahrt des Hauses den Miteigentümern zur gemeinsamen Benützung zum Zwecke des Zuganges und der Zufahrt in den Hofraum zuzuweisen, im wesentlichen mit der Begründung zurück, es liege zufolge der stillschweigenden Duldung der langjährigen Abstellung des PKWs des Antragsgegners auf der Brücke und in der Hauseinfahrt durch die Antragstellerin eine Benützungsvereinbarung der Miteigentümer vor, über deren Änderung oder Beseitigung der Streitrichter zu befinden habe.

Das Gericht zweiter Instanz hat in Stattgebung eines Rekurses der Antragstellerin den Beschluß des Erstgerichtes aufgehoben und diesem aufgetragen, unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund das gesetzliche Verfahren über den Antrag auf Benützungsregelung durchzuführen. Von einer stillschweigend vereinbarten "Benützungsregelung" könne keine Rede sein, denn die dargestellte Benützung der Hauseinfahrt und der Zufahrtsbrücke durch den Antragsgegner habe die Antragstellerin solange, als sie in Ermangelung eines Fahrzeuges kein gleichgeordnetes Bedürfnis gehabt habe, nicht gestört und nicht beeinträchtigt; es habe damals also kein Regelungsbedürfnis bestanden. Ihr Schweigen und ihr Unterlassen von Gegenmaßnahmen, zu denen sie keine Veranlassung gehabt habe, könnten deshalb nicht als Zustimmung aufgefaßt werden. Nun sei aber eine Änderung der Verhältnisse insofern eingetreten, als sie selbst Bedarf für das Einstellen eines Personenkraftwagens habe, und dies mache eine Benützungsregelung durch den Außerstreitrichter erforderlich.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Antragsgegners nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Es kann dahingestellt bleiben, ob durch das Schweigen der Antragstellerin zu der dargestellten Benützung der Hauseinfahrt und der Zufahrtsbrücke durch den Antragsgegner eine stillschweigende Benützungsvereinbarung zustande gekommen ist oder nicht, denn selbst wenn eine solche Vereinbarung anzunehmen wäre, stunde sie nunmehr dem Regelungsbegehren der Antragstellerin nicht mehr hinderlich im Wege: Jede Benützungsvereinbarung von Miteigentümern stellt sich nämlich als Dauerrechtsverhältnis dar, das seit der allgemeinen Anerkennung des von Gschnitzer (JherJB 76, 317 ff.) in seiner Monographie über die Kündigung zum Ausdruck gebrachten Grundsatzes seiner unabdingbaren Auflösbarkeit aus wichtigem Gründe (für alle:

Koziol - Welser, Grundriß I[5], 166 und die dort in FN 2 angegebene Literatur und Rechtsprechung) bei Vorliegen dieser Voraussetzung jedenfalls formlos zur Auflösung gebracht werden kann (so auch schon MietSlg. 31 072). Die hier feststehende grundsätzliche Änderung der Verhältnisse in den Voraussetzungen für die bisherige Alleinbenützung der Hauseinfahrt und der Zufahrtsbrücke durch den Antragsgegner, nämlich das nun auch bestehende Benützungsbedürfnis der Antragstellerin, läßt den Fortbestand der bisherigen Benützung und daher auch einer allfälligen Benützungsvereinbarung für die Antragstellerin unzumutbar erscheinen. Ihr Antrag kann deshalb auch als eine Kündigung einer allenfalls doch bestandenen Benützungsvereinbarung gedeutet werden, sodaß sich infolge der dann jedenfalls fehlenden, aber notwendigen Willensübereinstimmung der Miteigentümer die von der Antragstellerin angestrebte Entscheidung des Außerstreitrichters als rechtsgestaltendes Surrogat des fehlenden Parteiwillens als unentbehrlich erweist.

Anmerkung

Z53024

Schlagworte

Auflösung von Benutzungsvereinbarung zwischen Miteigentümern, Benützungsvereinbarung zwischen Miteigentümern, Auflösung, Miteigentümer, Benützungsvereinbarung, Auflösung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0050OB00719.79.0212.000

Dokumentnummer

JJT_19800212_OGH0002_0050OB00719_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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