TE OGH 1980/6/10 10Os78/80

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Veröffentlicht am 10.06.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Juni 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Bart als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann A wegen des Verbrechens des schweren und räuberischen Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4, 131 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14. März 1980, GZ 1 d Vr 9209/79-51, erhobene Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Michner und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil im Ausspruch gemäß § 23 Abs. 1 StGB. aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung in diesem Umfang an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Johann A gegen das oben bezeichnete Urteil, mit dem er des Verbrechens des schweren (und) räuberischen Diebstahls (von Schmuck im Wert von rund 37.000 S) nach §§ 127 Abs. 1, 128

Abs. 1 Z 4, 131 StGB schuldig erkannt, gemäß § 131 StGB zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt und nach § 23 Abs. 1 StGB in eine Anstalt für gefährliche Rückfallstäter eingewiesen wurde, ist vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 20. Mai 1980, GZ 10 Os 78/80-6, schon in nichtöffentlicher Sitzung zurückgewiesen worden.

Rechtliche Beurteilung

Gegenstand des Gerichtstages war daher nur noch die Berufung, mit welcher der Angeklagte eine Strafherabsetzung und die Ausschaltung der Anstaltseinweisung anstrebt; ihr kommt teilweise Berechtigung zu.

Bei der Strafzumessung wertete das Erstgericht die (als objektive Schadensgutmachung bezeichnete) Sicherstellung der gesamten Diebsbeute als mildernd, die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen und den raschen Rückfall des Angeklagten dagegen als erschwerend. Diesen Erwägungen ist beizupflichten. Die vom Berufungswerber reklamierten zusätzlichen Milderungsgründe liegen nicht vor: seine schon seit Jahren bestehende, aber medikamentös immer gut einstellbar gebliebene Zuckerkrankheit hat in bezug auf seine Tat nicht die Bedeutung eines Milderungsumstands und auch von einer als mildernd wirkenden drückenden Notlage (§ 34 Z 10 StGB) kann bei seiner monatlichen Pension in der Höhe von immerhin 3.350 S netto nicht gesprochen werden. Im Hinblick auf die tat- und persönlichkeitsbezogene Schuld des Angeklagten (§ 32 StGB) erscheint die Höhe der über ihn verhängten Freiheitsstrafe als angemessen, sodaß seiner Berufung insoweit nicht Folge zu geben war. In Ansehung einer für die bekämpfte Anstaltseinweisung vorauszusetzenden Negativprognose im Sinn des § 23 Abs. 1 Z 3 StGB hat sich das Schöffengericht dagegen mit den Hinweisen begnügt, die 'Zukunftsprognose' sei nach dem Sachverständigengutachten 'eine äußerst ungünstige' und es bestehe, wie sich der Sachverständige wortwörtlich ausgedrückt habe, 'unbedingt die Möglichkeit', daß der Angeklagte wieder 'solch schwerwiegende Handlungen' - gemeint offenbar: wie die Anlaßtat - setze.

Zur Annahme einer 'Befürchtung' nach der in Rede stehenden Sanktionsnorm ist aber zumindest die nicht bloß geringgradige Wahrscheinlichkeit einer einweisungsrelevanten neuerlichen Straffälligkeit des Täters erforderlich (Erl. Bem.

zur RV des StGB, 30 d. Beil. zu den sten. Prot. des NR, XIII. GP, S 104, 109; vgl. auch 9 Os 52/79); die bloße Möglichkeit eines künftigen derartigen Täterverhaltens genügt dazu nicht. Außerdem muß sich die Befürchtung der vorerwähnten Straffälligkeit auch darauf erstrecken, daß letztere in einem Hang des Täters zu solchen strafbaren Handlungen oder darin wurzelt, daß er seinen Lebensunterhalt überwiegend auf diese Art zu gewinnen pflegt; eine Stellungnahme dazu läßt das angefochtene Urteil gleichfalls vermissen.

Da das bisherige Gutachten des Sachverständigen Dr. B (ON 29 und S 192), welches zu den erörterten Fragen außer der vom Erstgericht zitierten Wendung nur die - jeglichen Tatsachensubstrates entbehrende - Aussage enthält, daß die Voraussetzungen des § 23 StGB gegeben seien, gleichwie die übrige Aktenlage keine taugliche Grundlage zur Erstellung einer Prognose zu bieten vermag, die alle nach § 23 Abs. 1 Z 3 StGB maßgebenden Gesichtspunkte erfaßt, war der Ausspruch über die Anstaltseinweisung in Stattgebung der Berufung des Angeklagten aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung in diesem Umfang in die erste Instanz zurückzuverweisen.

Anmerkung

E02651

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0100OS00078.8.0610.000

Dokumentnummer

JJT_19800610_OGH0002_0100OS00078_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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