TE OGH 1980/9/9 9Os95/80

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Veröffentlicht am 09.09.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. September 1980

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hausenberger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Wilhelm A wegen des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB über die von der Generalprokuratur gegen die Strafverfügung des Strafbezirksgerichtes Wien vom 4. März 1975, GZ. 1 U 395/75-3, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Strafverfügung des Strafbezirksgerichtes Wien vom 4. März 1975, GZ. 1 U 395/75-3, womit Wilhelm A des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, verletzt das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 57 Abs. 3, 58 Abs. 2 und Abs. 3 Z 2 StGB in Verbindung mit § 61 StGB. Diese Strafverfügung und alle darauf beruhenden Verfügungen werden aufgehoben und es wird gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Der Antrag des staatsanwaltschaftlichen Funktionärs beim Strafbezirksgericht Wien vom 21. Februar 1975 auf Bestrafung des Wilhelm A wegen des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB wird abgewiesen und das Verfahren eingestellt.

Text

Gründe:

Am 11. November 1974 erstattete die Firma B gegen den am 20. April 1949 geborenen Vertragsbediensteten der Post Wilhelm A beim Bezirkspolizeikommissariat Donaustadt Strafanzeige wegen Verdachtes der am 19. Mai 1973 begangenen betrügerischen Herauslockung von Waren im Wert von 4.385 S gegen Ratenzahlung mit einem tatsächlichen Schaden von 3.300 S. Nach Durchführung polizeilicher Erhebungen wurde die Anzeige zunächst am 30. Jänner 1975 dem (örtlich unzuständigen) Bezirksgericht Floridsdorf übermittelt, von wo sie am 12. Februar 1975

an das Strafbezirksgericht Wien gelangte.

Nachdem der staatsanwaltschaftliche Funktionär am 21. Februar 1975 Strafantrag gestellt hatte, wurde Wilhelm A mit Strafverfügung des Strafbezirksgerichtes Wien vom 4. März 1975, GZ. 1 U 395/75-3, wegen des oben genannten Sachverhaltes des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe von zehn Tagessätzen a 50 S verurteilt. Diese Strafverfügung erwuchs in Rechtskraft; der Verurteilte hat die Geldstrafe am 23. Juli 1975 zur Gänze bezahlt.

Rechtliche Beurteilung

Die zitierte Strafverfügung steht mit dem Gesetz nicht im Einklang, weil im Zeitpunkt ihrer Erlassung die Strafbarkeit der Tat bereits durch Verjährung erloschen war.

Wohl war Verjährung nach dem zur Tatzeit geltenden StG-Recht nicht eingetreten, weil der Sachverhalt nach diesem als das Verbrechen des Betruges nach §§ 197, 200, 201 lit. d StG zu beurteilen gewesen wäre und daher die hiefür vorgesehene Verjährungsfrist von fünf Jahren noch nicht abgelaufen war, überdies aber auch die Voraussetzungen des § 531 lit. a bis c StG nicht erfüllt waren. Mit dem Inkrafttreten des StGB am 1. Jänner 1975, zu welchem Zeitpunkt wegen der in Rede stehenden Tat ein Verfahren noch nicht gerichtsanhängig war, erlosch jedoch die Strafbarkeit diser Tat, weil nunmehr gemäß § 61 StGB die Bestimmungen der §§ 57 ff StGB als die in ihrer Gesamtauswirkung günstigeren Normen anzuwenden sind und nach diesen (vgl. § 57 Abs. 3 letzter Fall StGB) die Verjährungsfrist bei einer mit nicht mehr als sechsmonatiger Freiheitsstrafe oder nur mit Geldstrafe bedrohten Handlung, wie sie das Vergehen des Betruges nach § 146 StGB darstellt, ein Jahr beträgt. Da das Strafverfahren gegen Wilhelm A wegen der vorliegenden Tat - Tatzeitpunkt 19. Mai 1973 - erst nach Ablauf der Jahresfrist durch die Erlassung der Strafverfügung am 4. März 1975 gerichtsanhängig wurde, trat eine Verlängerung der Verjährungsfrist nicht ein; ebensowenig wurde der Fortlauf der Verjährungsfrist wegen der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung gemäß § 58 Abs. 2 StGB gehemmt, weil die vom Beschuldigten innerhalb der Verjährungsfrist begangenen Straftaten, wegen welcher er mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 10. Dezember 1974, GZ. 6 c E Vr 6612/73-32, rechtskräftig verurteilt wurde, nämlich die Übertretung der gegenseitigen Mißhandlung der Eheleute nach dem § 419 StG und die Übertretung gegen die körperliche Sicherheit nach dem § 335 StG, nicht auf der gleichen schädlichen Neigung beruhten.

In Stattgebung der von der Generalprokuratur erhobenen und begründeten Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war sohin spruchgemäß zu erkennen.

Anmerkung

E02750

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0090OS00095.8.0909.000

Dokumentnummer

JJT_19800909_OGH0002_0090OS00095_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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