TE OGH 1980/9/11 12Os125/80

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.09.1980
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.September 1980

unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Steininger, Dr. Reisenleitner und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Köck als Schriftführerin in der Strafsache gegen Wilhelm A wegen des Vergehens der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach § 310 Abs. 1 StGB. über die von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes St. Pölten vom 29.April 1980, GZ. 15 Vr 1108/79-9, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik und der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Hubert Schweighofer zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt:

Wilhelm A ist schuldig, er hat als Gerichtsvollzieher des Bezirksgerichtes Melk durch Bekanntgabe des von ihm gemäß § 553 Abs. 2 Geo. (Pkt. 17 des Dienstbuches für Vollstrecker - DV.) gegenüber den Verpflichteten geheimzuhaltende Termine des Vollzuges der Fahrnisexekution in der Wohnung der Eheleute Eduard und Bettie Jean B, indem er 1) am 11.Juli 1979 Sofie B fragte, ob sie morgen oder übermorgen zu Hause sei, da es wieder zu Vollstreckungshandlungen wegen der Firma C komme, 2) am 12.Juli 1979 Bettie Jean B über telefonische Anfrage bestätigte, daß es am 13.Juli 1979 gegen sie über Antrag der Firma C zu Vollstreckungshandlungen kommen werde und ihr bei ihrer persönlichen Vorsprache einen Aktendeckel mit der Aufschrift 'Fahrnisexekution' zeigte, ein ihm ausschließlich kraft seines Amtes anvertrautes Geheimnis geoffenbart, dessen Offenbarung geeignet war, ein berechtigtes privates Interesse zu verletzen. Er hat hiedurch das Vergehen der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach § 310 Abs. 1 StGB. begangen und wird hiefür nach dieser Gesetzesstelle sowie unter Anwendung des § 37 StGB. zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen verurteilt.

Die Höhe des Tagessatzes wird mit 150 S bestimmt.

Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe wird die Ersatzfreiheitsstrafe mit 75 Tagen festgesetzt.

Gemäß § 43 Abs. 1 StGB. wird die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Gemäß §§ 389, 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 24.April 1927 geborene Gerichtsvollzieher Wilhelm A von der Anklage, als Gerichtsvollzieher des Bezirksgerichtes Melk durch Bekanntgabe des Termines des Vollzuges der Fahrnisexekution in der Wohnung der Eheleute Eduard und Bettie Jean B ein ihm ausschließlich kraft seines Amtes anvertrautes Geheimnis geoffenbart zu haben, dessen Offenbarung geeignet war, ein öffentliches und ein berechtigtes privates Interesse zu verletzen, indem er 1) am 11.Juli 1979 Sofie B fragte, ob sie morgen oder übermorgen zu Hause sei, da es wieder zu einer 'Versteigerung' wegen der Firma C komme, 2) am 12.Juli 1979 Bettie Jean B über telefonische Anfrage bestätigte, daß am 13.Juli 1979 gegen sie über Antrag der Firma C eine 'Versteigerung' stattfinde, und sie bei ihrer persönlichen Vorsprache in den mit der Überschrift 'Fahrnisexekution' bezeichneten Akt Einsicht nehmen ließ, und hiedurch das Vergehen der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach dem § 310 Abs. 1 StGB. begangen zu haben, gemäß dem § 259 Z. 3 StPO. freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Nach den Urteilsfeststellungen wußte der Angeklagte, daß es sich bei einem festgesetzten Vollstreckungstermin um ein Geheimnis handelt; ebenso war ihm der Sinn und Zweck dieser von ihm verletzten Geheimhaltungspflicht bekannt. Von seinem (zumindest bedingten) Vorsatz war auch umfaßt, daß die ihm zum Vorwurf gemachte Vorgangsweise - wegen der Möglichkeit, pfändbare Gegenstände zu verbringen - geeignet war, berechtigte private Interessen eines betreibenden Gläubigers zu verletzen. Dennoch fällte das Erstgericht einen Freispruch, weil durch das als erwiesen angenommene Tatverhalten ein (Vermögens-) Schaden nicht eingetreten sei. Die Staatsanwaltschaft bekämpft den Freispruch mit einer auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Ihr ist beizupflichten, daß der Tatbestand des Vergehens der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach § 310 Abs. 1 StGB. nicht den Eintritt eines Vermögensschadens oder einer Schädigung konkreter staatlicher Rechte bzw. einen auf die Herbeiführung eines solchen Schadens gerichteten Tätervorsatz erfordert; er verlangt im Gegensatz zu jenem nach § 302 Abs. 1 StGB. nur, daß die Offenbarung oder Verwertung des dem Beamten ausschließlich kraft seines Amtes anvertrauten oder zugänglich gewordenen Geheimnisses (objektiv) geeignet ist, ein öffentliches oder ein berechtigtes privates Interesse zu verletzen, und daß (subjektiv) der Vorsatz des Täters sich (auch) auf diesen Umstand erstreckt (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB.2, RN. 4, 7 und 11 zu § 310 StGB.).

Diese Voraussetzungen waren aber nach den im Urteil als erwiesen angenommenen Tatumständen vorliegend erfüllt.

Da das Erstgericht sohin alle für eine rechtliche Beurteilung der Handlungsweise des Angeklagten als das Vergehen der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach § 310 Abs. 1 StGB. erforderlichen Feststellungen getroffen hat, konnte eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst erfolgen, sodaß wie im (Schuld-) Spruch zu erkennen war. Bei der Strafbemessung wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend die Wiederholung der Straftat, als mildernd den ordentlichen Lebenswandel, das Geständnis und den Umstand, daß diese auch durch andere Gründe Erleichterungen beim Vollzug) motiviert waren.

Da die Milderungsgründe nicht nur der Zahl, sondern auch dem Gewichte nach beträchtlich überwiegen und demgemäß eine Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten nicht zu verhängen war, konnte in Anwendung des § 37 StGB. eine Geldstrafe verhängt werden, zumal es nach Lage des Falles nicht der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe bedurfte, um spezial- oder generalpräventiven Gründen Rechnung zu tragen.

Die Anzahl der Tagessätze entspricht dem (eher geringen) Schuld- und Unrechtsgehalt der Straftaten, die Höhe des Tagessatzes dem deklarierten Monatseinkommen des Angeklagten, das er 14 mal im Jahr bezieht, und dem Umstand, daß ihn keine Sorgepflichten treffen. Da unter Berücksichtigung der Art der Tat, der Person des Rechtsbrechers, des Grades seines Verschuldens und seines ordentlichen Vorlebens bis zu seinem 52. Lebensjahr anzunehmen ist, daß die bloße Androhung der Vollziehung allein genügen werde, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, konnte bei den besonderen Umständen dieses Straffalles auch die verhängte Geldstrafe gemäß § 43 Abs. 1 StGB. für eine Probezeit in der Dauer von drei Jahren bedingt nachgesehen werden.

Die Kostenentscheidungen beruhen auf die im Urteil zitierten Gesetzesstellen.

Anmerkung

E02814

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0120OS00125.8.0911.000

Dokumentnummer

JJT_19800911_OGH0002_0120OS00125_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten