TE OGH 1980/9/23 4Ob39/80

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Veröffentlicht am 23.09.1980
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Norm

IESG §1
KO §46 Abs1 Z3
KO §46 Abs1 Z4
KO §51

Kopf

SZ 53/122

Spruch

Nach der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des früheren Arbeitgebers fällig werdende Ansprüche des früheren Arbeitnehmers auf vertragliche Pensionsleistungen fallen weder unter Z. 3 noch unter Z. 4 des § 46 Abs. 1 KO; sie sind Konkursforderungen und können daher nicht im ordentlichen Rechtsweg geltend gemacht werden

OGH 23. September 1980, 4 Ob 39/80 (KG Wr Neustadt R 339/79; ArbG Wr Neustadt Cr 257/79)

Text

Gegenstand des Revisionsrekurses ist allein die Frage, ob der vom Kläger geltend gemachte Pensionszuschuß eine Masseforderung im Sinne des § 46 Abs. 1 Z. 4 KO darstellt und daher der Rechtsweg zulässig ist oder ob es sich dabei um eine Konkursforderung dritter Klasse handelt.

Der Kläger war bis 28. Feber 1975 bei der P-AG in H beschäftigt. Ab diesem Datum ist er in den Ruhestand getreten. In Anerkennung seiner Verdienste wurden ihm und seiner Gattin auf Lebenszeit ein Pensionszuschuß unter folgenden Voraussetzungen zugesagt: Der Pensionszuschuß sollte vom März 1975 bis einschließlich Feber 1978 4000 S monatlich betragen, vom März 1978 bis einschließlich Feber 1980 3 000 S und ab März 1980 auf Lebenszeit 2 000 S monatlich. Ferner wurde eine Wertsicherung dieses Pensionszuschusses im Sinne der Dynamik des Pensionsanpassungsgesetzes zugesagt. - Sollte der Kläger vor Vollendung des 65. Lebensjahres ableben, dann sollte die Witwe diesen Zuschuß in voller Höhe so lang erhalten, bis ihr 65. Lebensjahr vollendet wäre. - Diese Zusage wurde in der Folge eingehalten und nach Fusionierung der P-AG mit der K-AG von letzterer gezahlt.

Über das Vermögen der K-AG wurde am 11. Dezember 1978 zu S 37/78 des KG Wr. Neustadt der Konkurs eröffnet und der Beklagte zum Masseverwalter bestellt. Der dem Kläger zugesagte Pensionszuschuß wurde ab Dezember 1978 nicht mehr ausgezahlt. Er hätte auf Grund der Pensionsdynamik zuletzt ab 1. Jänner 1978 5230 S brutto 14 x jährlich betragen.

Mit der vorliegenden Klage begehrte der Kläger

1. den Masseverwalter zur Zahlung der bereits fälligen Pensionszuschüsse für die Zeit vom Dezember 1978 bis Oktober 1979 in der Höhe von 82 760 S brutto samt Anhang als Masseforderung nach Maßgabe der Konkursordnung bei Exekution zu verurteilen und ihn weiters hinsichtlich der noch nicht fälligen Pensionszuschüsse zu verurteilen:

2. a) als Masseforderung nach Maßgabe der Konkursordnung eine Sicherstellung im Betrag von 727 824.23 S zu bilden, aus welcher dem Kläger auf Lebenszeit die noch nicht fälligen Pensionszuschüsse gemäß der Pensionszuschußvereinbarung gezahlt werden; im Fall der Abweisung des Begehrens zu 2. a. 2. b) als Masseforderung nach Maßgabe der Konkursordnung einen Betrag von 727 824.32 S bei Gericht zu hinterlegen, aus welchem Betrag dem Kläger auf Lebenszeit die noch nicht fälligen Pensionszuschüsse gemäß der Pensionszuschußvereinbarung gezahlt werden, im Fall der Abweisung auch des Begehrens zu 2. b. 2. c) als Masseforderung nach Maßgabe der Konkursordnung dem Kläger ab dem Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung bis einschließlich Feber 1980 3000 S und ab März 1980 bis auf Lebenszeit 2000 S monatlich und am 30. Juni und am 30. November eines jeden Jahres einen zusätzlichen 13. und 14. Pensionsbezug in gleicher Höhe bei Exekution zu zahlen, wobei sämtliche Pensionszuschüsse jeweils nach dem System der regelmäßigen gesetzlichen vorausbestimmten Anpassung der Pensionen an die Entwicklung der Löhne und Gehälter (Pensionsanpassungsgesetz) unter Heranziehung des Monats Feber 1975 als Ausgangszeitpunkt wertgesichert sind.

Der beklagte Masseverwalter bestritt die geltend gemachten Ansprüche dem Gründe und der Höhe nach, beantragte Abweisung des Klagebegehrens und vertrat die Auffassung, es handle sich bei den geltend gemachten Forderungen nicht um Masseforderungen, sondern um Konkursforderungen dritter Klasse.

Das Erstgericht erklärte das Verfahren für nichtig und wies die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück. Es vertrat die Auffassung, daß es sich bei den geltend gemachten Forderungen nicht um Masseforderungen, sondern um Konkursforderungen handle, die nach der Konkurseröffnung weder gegen den Gemeinschuldner noch gegen den Masseverwalter klageweise geltend gemacht werden könnten. § 46 Abs. 1 Z. 4 KO müsse nämlich im Zusammenhang mit den sonstigen Bestimmungen über Ansprüche der Dienstnehmer im Konkurs des Dienstgebers gesehen werden. Nach § 46 Abs. 2 lit. a KO gelten als Masseforderungen Ansprüche der Dienstnehmer auf laufende Dienstbezüge für die letzten 30 Tage vor der Konkurseröffnung oder dem Ableben des Gemeinschuldners. Ansprüche für weiter zurückliegende Zeiträume auf laufende Dienstbezüge seien somit keine Masseforderungen, sondern Konkursforderungen. Bei Richtigkeit der Auffassung des Klägers komme man zu einem Ergebnis, das mit dem sozialen Grundgedanken der Novelle zur Konkursordnung, BGBl 253/1959, nicht in Einklang zu bringen wäre, nämlich daß Aktivbezüge für länger als 30 Tage vor der Konkurseröffnung zurückliegende Zeiträume bloß Konkursforderungen, Ansprüche auf laufende Pensionsbezüge aber als Masseforderungen begünstigt würden. Die Absicht des Gesetzgebers, Dienstnehmern aus sozialen Gründen hinsichtlich des in der Regel ihr einziges Einkommen darstellenden Arbeitsentgeltes einen besonderen Schutz angedeihen zu lassen, schließe die Einbeziehung von Pensionszuschüssen unter die Masseforderungen aus, weil in aller Regel vertragliche Pensionen bloß einen Zusatz zu den Bezügen aus der gesetzlichen Pensionsversicherung darstellten, sodaß die Existenzgrundlage ohnedies auf anderem Wege gewährleistet sei. Aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage der Novelle ergebe sich auch, daß unter diese Bestimmung keine Ansprüche auf laufendes Entgelt fallen sollten. Das Erstgericht könne daher die gegenteilige Meinung des OGH in den Entscheidungen SZ 35/109 und SZ 43/206 nicht teilen.

Das Rekursgericht hob den Beschluß des Erstgerichtes auf und trug diesem die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund auf. Es vertrat die Ansicht, der Wortlaut des § 46 Abs. 1 Z. 4 KO lasse die Qualifizierung vertraglicher Pensionsansprüche als Masseforderung ohne weiteres zu. Materialien könnten zur Auslegung nur herangezogen werden, wenn die Ausdrucksweise des Gesetzes zweifelhaft sei; ein Rechtssatz, der im Gesetz nicht einmal angedeutet sei, könne auch nicht im Wege der Auslegung Geltung erlangen. Es sei auch nicht richtig, daß die klare Absicht des Gesetzgebers gegen die Unterstellung vertraglicher Pensionsansprüche unter § 46 Abs. 1 Z. 4 KO spreche. Aus dem Gesetz sei klar zu erkennen, daß sowohl hinsichtlich der Ansprüche der Dienstnehmer auf laufende Dienstbezüge als auch der Ansprüche, die sich aus der Beendigung des Dienstverhältnisses ergäben, eine Privilegierung der Befriedigung dieser Ansprüche danach geschaffen wurde, ob sie nach der Konkurseröffnung fällig wurden oder nicht. Je länger ihre Forderung vor der Konkurseröffnung zurückliege, um so weniger hätten sie Anspruch auf bevorzugte Befriedigung als Masseforderungen. Diese Regelung entspreche der durchaus sozialen Überlegung, daß der Schutz der Dienstnehmeransprüche um so ausgeprägter sein sollte, als der Zeitpunkt heranrücke, in welchem Zahlungsunfähigkeit des Dienstgebers vorliege. Damit im Einklang stehe der naheliegende Gedanke, daß es in erster Linie gelte, die laufende und zukünftige Lebensexistenz des Dienstnehmers zu gewährleisten. Dem werde höhere Priorität beigemessen als es dem Dienstnehmer zu ermöglichen, länger zurückliegende offene Forderungen einbringlich zu machen, die möglicherweise nicht selten auch nur wegen der Saumsal des Dienstnehmers noch unbefriedigt seien. So betrachtet sei es durchaus kein sozial ungerechtes Ergebnis, länger als 30 Tage vor der Konkurseröffnung zurückliegenden Forderungen auf laufende Dienstbezüge im Vergleich zu erst nach der Konkurseröffnung fällig gewordenen Ansprüchen, die sich aus der Beendigung des Dienstverhältnisses ergeben, und zwar auch unter Einschluß laufender Pensionsbezüge, nicht den Vorzugsstatus einer Masseforderung zu geben. Es sei nicht ohne weiteres einzusehen, wieso einem laufenden betrieblichen Ruhegeld ein sozial so wesentlich geringerer Stellenwert beigemessen werden sollte als den laufenden Dienstbezügen, daß man sie nicht auch als Masseforderungen anerkennen wollte, obgleich den Ansprüchen auf laufende Dienstbezüge bei Unzulänglichkeit der Masse ohnedies der Befriedigungsvorzug nach § 47 Abs. 2 KO gegenüber den als Masseforderung anerkannten Ansprüchen aus der Beendigung des Dienstverhältnisses zukomme. Eine solche Benachteiligung der betrieblichen Ruhegeldansprüche wäre vor allem dann eine Härte, wenn der gesetzliche Pensionsanspruch des Dienstnehmers niedrig sei oder wenn sich dieser etwa im Laufe seiner aktiven Dienstzeit mit niedrigeren Aktivbezügen zufrieden gegeben habe, um in den Genuß des Ruhegeldes zu gelangen. Zu willkürlichen Ergebnissen müßte es auch dann kommen, wenn der Dienstgeber etwa die Betriebspension kapitalisiert und auf einmal oder in mehreren Teilbeträgen auszahlt. In einem solchen Fall liege nichts anderes als eine Abfertigung vor, deren Status als Masseforderung unbestritten wäre. Wenn eine solche Kapitalisierung aber nicht erfolge, müßte sich der Dienstnehmer - nach der vom Erstgericht vertretenen Auffassung - damit zufrieden geben, daß seine Forderung als bloße Konkursforderung behandelt werde. In den Erläuternden Bemerkungen sei davon die Rede, daß Ansprüche auf "laufendes Entgelt" nicht zu den Ansprüchen nach § 46 Abs. 1 Z. 4 KO zählten. Selbst wenn man mit dem Erstgericht betriebliche Ruhegelder diesem Begriff unterstellen wollte, sei zunächst zu sagen, daß aus dem Gesetzeswortlaut selbst sich eine solche Einschränkung nicht ergebe. Es könne dahingestellt bleiben, was mit dem besagten Satz der Erläuternden Bemerkungen zum Ausdruck gebracht werden sollte; möglicherweise habe man auch klarstellen wollen, daß Ansprüche auf laufendes Entgelt aus einem aufrechten Dienstverhältnis auf jeden Fall von der durch die Novelle 1959 geschaffenen Neuregelung betreffend die Ansprüche aus der Beendigung des Dienstverhältnisses in dem Sinne ausgenommen bleiben sollten, daß sie bei unzureichender Masse als Masseforderungen gemäß § 46 Abs. 1 Z. 1 KO im Sinne der schon erwähnten Bestimmung des § 47 Abs. 2 KO nach wie vor den befriedigungsweisen Vorzug gegenüber den Forderungen aus der Beendigung des Dienstverhältnisses behalten sollten. Der Gesetzestext unterscheide nicht zwischen laufendem und einmaligem Entgelt, sondern nur zwischen Ansprüchen der Dienstnehmer auf "laufende Dienstbezüge" und solche "Ansprüche, die sich aus der Beendigung des Dienstverhältnisses ergeben". Unter laufenden Dienstbezügen könnten nur solche verstanden werden, die aus einem aufrechten Dienstverhältnis laufend gewährt werden. Dagegen setzten Ansprüche, die sich aus der Beendigung des Dienstverhältnisses ergeben, voraus, daß das Dienstverhältnis eben beendet sei. Auch wenn letztere Ansprüche in wiederholten Zahlungen zu gleichbleibenden Fälligkeitsterminen geleistet würden, würden sie jedenfalls wegen der Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zu laufenden Dienstbezügen gehören, sondern eben "Entgeltansprüche eigener Art" sein. Auch der Hinweis des Masseverwalters, die Einstufung betrieblicher Ruhegelder als Masseforderung führe insofern zu einem unsozialen Ergebnis, weil solcherart nur die während der Anhängigkeit des Konkursverfahrens fällig werdenden Ruhegelder nach Zulänglichkeit der Masse befriedigt würden, die künftig fällig werdenden aber unberücksichtigt bleiben müßten, weil die in § 15 KO vorgesehene Zusammenrechnung bzw. Schätzung solcher künftig fällig werdender laufender Ansprüche nur auf Konkursforderungen anwendbar wäre, erweise sich nicht als zielführend. Der Masseverwalter sage selbst, eine wahlweise Anerkennung von Forderungen als Konkurs- oder Masseforderungen, je nachdem dies für den Dienstnehmer wirtschaftlich günstiger wäre, sei dem Gesetz fremd. Dies sei zweifellos richtig und müsse auch für den vorliegenden Fall gelten. Eine Forderung könne nicht deshalb zur Konkursforderung werden, weil es im einzelnen Fall für den Dienstnehmer günstiger wäre, sie der Berechnungsregel des § 15 KO zu unterstellen, welche Prognose übrigens nicht leicht anzustellen sein dürfte. § 15 sei eben nur auf Konkursforderungen anzuwenden. Was Konkursforderungen sind, sei unabhängig davon zu beurteilen, ob die Anwendung des § 15 KO im einzelnen Fall für den Dienstnehmer günstiger sei oder nicht. § 15 KO könne daher keine Hilfestellung zur Lösung der Frage bieten, ob eine Forderung als Masseforderung oder als Konkursforderung zu werten sei. Da es sich somit bei der Klageforderung um eine Masseforderung handle, sei die Zulässigkeit des Rechtsweges und die Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes nach den Klagsbehauptungen gegeben.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Beklagten Folge und stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Zur Frage, welche Stellung Ansprüche auf Pensionszuschuß oder betriebliches Ruhegeld im Konkurs des Dienstgebers haben, hat der OGH bisher in den Entscheidungen 5 Ob 110/62, SZ 35/109 und SZ 43/206 Stellung genommen. In der Entscheidung 5 Ob 110/62 wurde ausgesprochen, daß den innerhalb eines Jahres vor Konkurseröffnung entstandenen Pensionsforderungen gemäß § 51 Abs. 1 Z. 2 a KO der Rang in der ersten Klasse zukomme, die Fälligkeiten nach der Konkurseröffnung aber keine Masseforderungen nach § 46 Abs. 1 Z. 4 KO darstellten (letzteres wurde ohne nähere Begründung ausgesprochen), es sich jedoch um Masseforderungen nach § 46 Abs. 1 Z. 3 KO handle, weil der Masseverwalter kraft des Gesetzes in den den Pensionsanspruch begrundenden Vertrag eingetreten sei. Darüber hinaus wurde unter Berufung auf SZ 31/152 und Arb. 7304 der Standpunkt vertreten, das Dienstverhältnis bestehe, solange eine frühere Aktivleistung vom Dienstgeber mit laufenden Pensionsbezügen entgolten werde, wenn auch in geänderter Form, weiter. In seiner grundsätzlichen Entscheidung SZ 35/109 vertrat der OGH dagegen mit ausführlicher Begründung die Auffassung, zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer vereinbarte Pensionen fielen unter § 46 Abs. 1 Z. 4 KO. Bei der Pension handle es sich nämlich um einen Anspruch des Dienstnehmers, der sich aus der Beendigung des Dienstverhältnisses ergebe. Aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage lasse sich dagegen nichts Entscheidendes ableiten. Den gleichen Standpunkt vertrat der OGH in der Entscheidung SZ 43/206 wo es um eine Witwenpension ging.

In der Lehre geben Wegan (Österreichisches Insolvenzrecht, 51), Petschek - Reimer - Schiemer (Das österreichische Insolvenzrecht, 527 FN 32), Schwarz - Holzer - Holler (Das Arbeitsverhältnis bei Konkurs und Ausgleich, 186, 261 und 272), Kropf (Zur Notwendigkeit der Sicherung der Arbeitnehmeransprüche bei Insolvenz des Arbeitgebers, RdA 1975, 252, insbesondere 258) und Fischer (in Tomandl, Betriebliche Sozialleistungen, 74) die beiden zuletzt angeführten Entscheidungen kommentarlos wieder, woraus abgeleitet werden kann, daß sie den darin vertretenen Standpunkt billigen.

Bei neuerlicher Prüfung dieses Problems vermag der OGH jedoch die in den Entscheidungen SZ 35/109 und SZ 43/206 vertretene Rechtsmeinung nicht aufrecht zu erhalten.

Gemäß § 46 Abs. 1 Z. 4 KO sind u. a. Masseforderungen Ansprüche der Dienstnehmer, die sich aus der Beendigung des Dienstverhältnisses ergeben, soweit sie nach der Konkurseröffnung fällig werden, auch wenn das Dienstverhältnis vor der Konkurseröffnung aufgekundigt oder aufgelöst wurde. Gemäß § 46 Abs. 2 lit. b KO gelten ferner als Masseforderungen Ansprüche der Dienstnehmer, die sich aus der Beendigung des Dienstverhältnisses ergeben, soweit sie in den letzten 30 Tagen vor der Konkurseröffnung oder vor dem Ableben des Gemeinschuldners fällig geworden sind, jedoch nur bis zum Betrag des für drei Monate entfallenden Entgelts. Diese Bestimmungen wurden durch die Novelle, BGBl. 253/1959, neu geschaffen. Hiedurch sollten im Rahmen des Vertretbaren die besonders schutzwürdigen Interessen der Dienstnehmer als Gläubiger im Insolvenzverfahren wirksamer als bisher geschützt werden (Erläuternde Bemerkungen zur Regierungsvorlage, 641 BlgNR, VIII. GP und 51 BlgNR, IX. GP). Die Erläuternden Bemerkungen zählen solche Ansprüche der Dienstnehmer, die sich aus der Beendigung des Dienstverhältnisses ergeben, beispielsweise ("insbesondere") auf, und zwar Abfertigung, Kündigungsentschädigung, allfällige mit der Lösung des Dienstverhältnisses entstehende Ansprüche auf anteilsmäßige Remuneration oder Urlaubsabfindung; dagegen werden Ansprüche auf laufendes Entgelt ausdrücklich ausgeschlossen. Wenn in diesem Zusammenhang das Rekursgericht meint, die Materialien könnten zur Auslegung eines Gesetzes erst dann herangezogen werden, wenn die Ausdrucksweise des Gesetzes selbst zweifelhaft bleibe, so ist dies sicherlich richtig. Gerade im vorliegenden Fall ist aber die Ausdrucksweise des Gesetzes durchaus nicht völlig klar, weshalb auch auf die Materialien zurückgegriffen werden darf.

Legt man die Bestimmung des § 46 Abs. 1 Z. 4 KO wörtlich aus, so ergibt sich daraus, daß es sich um Ansprüche der Dienstnehmer handeln muß, die sich "aus der Beendigung" des Dienstverhältnisses ergeben, die also ihren Ursprung in dieser Beendigung des Dienstverhältnisses haben. Gerade das kann aber bezüglich der Ansprüche auf betriebliches Ruhegeld oder Pensionszuschüsse nicht gesagt werden.

Ansprüche des Dienstnehmers auf Ruhegeld oder Pensionszuschuß können auf einer Einzelvereinbarung, auf Kollektivvertrag (§ 2 Abs. 2 Z. 2 und § 3 Abs. 1 ArbVG) oder auf Betriebsvereinbarung (§ 97 Abs. 1 Z. 18 ArbVG) beruhen. Die Entstehung des Ruhegeldanspruches wird dabei neben der Beendigung der Arbeitleistung meist noch vom Vorliegen weiterer Voraussetzungen abhängig gemacht. Erst mit dem Eintritt aller Voraussetzungen erwirbt der Arbeitnehmer einen festen Rechtsanspruch, während ihm bis dahin nur eine Anwartschaft zusteht. Häufig sind weitere Voraussetzungen, daß der Arbeitnehmer eine bestimmte Zeit im Betrieb tätig ist und bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit oder Erreichung des Pensionsalters noch dem Betrieb angehört (vgl. Hueck in Nipperdey, Lehrbuch[7], 484 f.). Es wäre aber im Rahmen der Vertragsfreiheit auch durchaus möglich, daß ein Dienstnehmer bereits Anspruch auf Pensionszahlung hat, daneben aber noch eine Zeitlang aktiv als Arbeitnehmer tätig ist. Ebenso ist ein zeitliches Vakuum zwischen den beiden Rechtsverhältnissen etwa in der Art denkbar, daß der Dienstnehmer sein Arbeitsverhältnis beendet, jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt, etwa mit Erreichen eines bestimmten Lebensalters, den Anspruch auf die Pension erwirbt. Es ist also keineswegs so, daß der Pensionsanspruch sich aus der Beendigung des Dienstverhältnisses ableiten muß, wenn diese auch häufig - aber nicht immer - eine der mehreren Bedingungen für das Entstehen des Anspruches ist. Ansprüche, "die sich aus der Beendigung des Dienstverhältnisses ergeben," sind aber nur solche, die ihren Rechtsgrund in der Tatsache der Beendigung des Arbeitsverhältnisses haben und deren Normzweck dem "Abschluß" des Arbeitsverhältnisses dient. Dazu kommt aber noch, daß nach Eintritt des Pensionsfalles Voraussetzung für die Zahlung der Pension das Erleben durch den Berechtigten ist. Hiedurch unterscheiden sich Pensionen und Ruhegelder grundsätzlich von den anderen in den Erläuternden Bemerkungen aufgezählten Ansprüchen. In allen jenen Fällen ist die Höhe des Anspruches von allem Anfang an völlig klar, wenn auch vielleicht eine Ratenzahlung - etwa bei der Abfertigung - vorgesehen ist.

Schließlich betonen die Erläuternden Bemerkungen ausdrücklich, daß unter § 46 Abs. 1 Z. 4 KO nicht Ansprüche auf "laufendes Entgelt" fallen. Dieser Hinweis kann nicht anders verstanden werden, als daß damit alle regelmäßig wiederkehrenden Leistungen ausgeschlossen werden sollten. Nichts anderes sind aber Pensionszahlungen. Wenn die Entscheidung SZ 35/109 meint, dieser Bemerkung möge auch zugrunde liegen, daß Ansprüche auf laufendes Entgelt ohnedies regelmäßig Masseforderungen nach § 46 Abs. 1 Z. 1 KO oder durch die als Beispiel zur Z. 4 genannten Kündigungsentschädigungen erfaßt seien, so wird dabei übersehen, daß ein solcher Hinweis bei Forderungen, die sich aus der Beendigung des Dienstverhältnisses ergeben, fehl am Platz wäre, wenn er seinerseits auf Arbeitseinkommen aus aufrechten Dienstverhältnissen hinweisen sollte.

Gegen diese Auslegung spricht auch nicht das InsolvenzentgeltsicherungsG, BGBl. 324/1977, denn die in § 1 Abs. 3 Z. 2 angeführten Ansprüche auf Ruhegenuß müssen nicht zwingend unter Entgeltansprüche aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 1 Abs. 2 Z. 1 subsumiert werden, da etwa § 1 Abs. 2 Z. 3 eine Sicherung auch für "sonstige Ansprüche" gegen den Arbeitgeber vorsieht. Die geltend gemachten Forderungen fallen daher nicht unter § 46 Abs. 1 Z. 4 KO.

Zu prüfen bleibt somit noch, ob die nach Konkurseröffnung fällig gewordenen Pensionszahlungen - wie dies in der Entscheidung 5 Ob 110/62 ausgesprochen wurde - unter die Masseforderungen nach § 46 Abs. 1 Z. 3 KO fallen. Auch dies ist zu verneinen.

Gemäß § 46 Abs. 1 Z. 3 KO sind Masseforderungen unbeschadet der Bestimmung des § 21 Abs. 4 KO Ansprüche auf Erfüllung zweiseitiger Verträge, in die der Masseverwalter eingetreten ist. Diese Bestimmung bezieht sich jedoch nur auf zweiseitige Verträge, die von beiden Teilen zur Zeit der Konkurseröffnung nicht oder nicht vollständig erfüllt wurden. Nur in diesen Fällen kann der Masseverwalter gemäß § 21 KO entweder Erfüllung verlangen und muß dann selbst seinerseits aus der Masse leisten oder vom Vertrag zurücktreten.

In der Lehre ist die Rechtsnatur der Pensionsansprüche umstritten. Nach Hämmerle (Arbeitsvertrag, 216) setzen Pensionsansprüche die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses voraus. Hueck (a.a.O., 478) meint, das Ruhegeld sei Ausfluß der Fürsorge des Arbeitgebers für die Zeit, in der der Arbeitnehmer nicht mehr arbeitsfähig sei; das Ruhestandsverhältnis sei ein Rechtsverhältnis eigener Art, das als eine Art Nachwirkung an die Stelle des eigentlichen Arbeitsverhältnisses trete (a.a.O., 488). Mayer - Maly (Österreichisches Arbeitsrecht, 82 f. und 98) lehrt, daß der Anspruch auf Ruhegeld an die Auflösung des Arbeitsverhältnisses anknüpfe, läßt dagegen die Frage offen, ob es sich um eine nachträgliche Vergütung für Arbeitsleistungen oder um einen Ausfluß der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers handle; jedenfalls liege eine Nachwirkung des Arbeitsverhältnisses vor (a.a.O., 245). Fischer (a.a.O., 73 ff., 78 und 82 ff.) vertritt dagegen den Standpunkt, daß es sich bei der Pension weder um ein Entgelt für geleistete Arbeiten handle noch daß sie ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienstgebers habe; vielmehr handle es sich um einen einseitig verbindlichen, entgeltlichen Vertrag mit versicherungsartigem Charakter. Nikisch (Arbeitsrecht[3] I, 586) meint, der Ruhestand stelle zwar kein Arbeitsverhältnis mehr dar, sondern durch die Überführung des Arbeitnehmers in den Ruhestand werde gleichzeitig das Arbeitsverhältnis beendet. Die Zahlung des Ruhegeldes sei Ausfluß einer das Arbeitsverhältnis überdauernden Fürsorge des Arbeitgebers, wogegen den Arbeitnehmer eine gewisse abgeschwächte Treuepflicht treffe. Auch Spielbüchler - Floretta (Arbeitsrecht I, 178) gehen davon aus, daß bei Pensionierung das Arbeitsverhältnis beendet werde. Den gleichen Standpunkt nimmt Floretta (in Floretta - Strasser, Handkomm. zum ArbVG 626, 680, 817 f.) ein.

Für den vorliegenden Fall ist diese strittige Frage nicht erheblich. Es kann nämlich keineswegs gesagt werden, daß es sich bei der Anspruchsgrundlage für die Pension um einen zweiseitigen Vertrag handle, der von beiden Seiten noch nicht oder noch nicht vollständig erfüllt wurde. Der Dienstnehmer hat ja, wenn man die Auffassung teilt, daß ihm der Ruhegenuß als Gegenleistung für eine von ihm zu erbringende Leistung gewährt wurde, diese ihn treffende Leistung jedenfalls bereits zur Gänze erbracht. Die allenfalls noch bestehende Treuepflicht stellt keine noch offene Gegenleistung des Dienstnehmers dar, zumal sie kein positives Handeln verlangt (Hueck a. a.O., 488). Sie reicht daher nicht aus, um von einem auf der Seite des Dienstnehmers noch nicht vollständig erfüllten Vertrag sprechen zu können. Auch eine Berücksichtigung der Klagsforderung als Masseforderung nach § 46 Abs. 1 Z. 3 KO scheidet daher aus.

Bei den geltend gemachten Pensionsansprüchen handelt es sich somit um keine Masseforderungen, für welche der Gläubiger in seinem Recht zu klagen nicht eingeschränkt wäre (Schwarz - Holzer - Holler a. a.O., 266; SZ 49/36 u. a.), sondern um Konkursforderungen für die der Rechtsweg unzulässig ist (Fasching I, 127; Schwarz - Holzer - Holler a.a.O., 279).

Anmerkung

Z53122

Schlagworte

Konkurs, vertragliche Pensionsansprüche des frühere Arbeitnehmers im -, des früheren Arbeitgebers, Pensionsansprüche, vertragliche, des früheren Arbeitnehmers im Konkurs, des früheren Arbeitgebers

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0040OB00039.8.0923.000

Dokumentnummer

JJT_19800923_OGH0002_0040OB00039_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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