TE OGH 1980/11/25 10Os177/80

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Veröffentlicht am 25.11.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Braitenberg-Zennenberg als Schriftführer in der Strafsache gegen Michael A und einen anderen wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Karl B sowie über die Berufungen dieses Angeklagten, des Angeklagten Michael A und der Staatsanwaltschaft (bezüglich beider Angeklagten) gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 29. September 1980, GZ. 6 d Vr 4200/80- 26, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufungen wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Michael A und Karl B (jeweils) der Vergehen (I.) der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB sowie (II. und III.) der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, begangen am 28. April 1980 in Wien dadurch, daß (zu I.) beide im einverständlichen Zusammenwirken Helmut C und Karl D gefährlich bedrohten, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem A ein Fixiermesser zog, öffnete und dem C mit der Frage 'Blader, was ist jetzt ?' vor den Körper hielt sowie in der Folge dem D mit der Spitze am Bauch ansetzte, wobei er ihn auch ohrfeigte, und B mit dem Ausruf 'Ich schieß euch ein Loch in den Kopf !' durch einen Griff zur Innenseite seines Sakkos das Ziehen einer Schußwaffe vortäuschte sowie gleichzeitig mit dem Fuß gegen C trat, und ferner (zu II.) A den Karl D durch eine Ohrfeige, die Schwellungen und einen Bluterguß im Gesicht sowie die Lockerung eines Zahnes zur Folge hatte, und (zu III.) B den Helmut C durch einen Fußtritt gegen den Körper, der eine Hodenprellung nach sich zog, vorsätzlich am Körper verletzten.

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs. 1 Z 5 und Z 10 (inhaltlich 9 lit. a) StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B

gegen dieses Urteil kommt keine Berechtigung zu.

Verfehlt ist zunächst die Mängelrüge (Z 5).

Daß die inkriminierten Aggressionshandlungen des Beschwerdeführers seiner Persönlichkeit entsprechen, hat das Erstgericht keineswegs aus den Vorstrafen des Mitangeklagten A, sondern aus seinem eigenen (unter anderem durch zwei Vorverurteilungen wegen vorsätzlicher leichter Körperverletzung und eine weitere wegen Raubes getrübten) Vorleben abgeleitet. Mit seinem Vorwurf aber, das Schöffengericht habe durch nicht zwingende Schlußfolgerungen den Zweifelsgrundsatz mißachtet und solcherart seine Feststellungen auf bloße Mutmaßungen gegründet, verkennt der Angeklagte das Wesen des geltend gemachten, den (in § 258 Abs. 2 StPO verankerten und einander ergänzenden) Grundsätzen der freien Beweiswürdigung und 'in dubio pro reo' Rechnung tragenden Nichtigkeitssgrundes nach § 281 Abs. 1 Z 5 StPO : darnach kann die (für die Annahme eines zurückbleibenden Zweifels keinen Raum lassende) Überzeugung des Gerichts durchaus auch auf nicht zwingenden (Wahrscheinlichkeits-) Schlüssen beruhen, die (als Ergebnis der durch keinerlei gesetzliche Beweisregeln eingeschränkten richterlichen Beweiswürdigung) dann, wenn sie (jedenfalls) den Denkgesetzen und allgemeiner Lebenserfahrung entsprechen, mit der Mängelrüge nicht (als 'nur offenbar unzureichende Gründe') anfechtbar sind. Die - der Beschwerde insofern im Ergebnis zu entnehmende - Auffassung, Folgerungen, die (weil sie nicht zwingend seien) keine an (objektive) Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeitsannahme vermitteln, könnten lediglich als 'bloße Vermutungen' angesprochen werden, steht demnach mit der gesetzlichen Ausgestaltung der vorerwähnten Verfahrensgrundsätze und des Rechtsmittelverfahrens in der Prozeßordnung nicht im Einklang. Außerdem handelt es sich bei den so apostrophierten Ausführungen des Urteils (noch dazu) lediglich um Erwägungen, welche das Erstgericht im Zusammenhang mit der Frage nach der Verläßlichkeit und Glaubwürdigkeit der Aussagen der Zeugen C und D angestellt hat, in deren Angaben die Sachverhaltsfeststellungen ihre unmittelbare Begründung finden. In einem ebenfalls unzulässigen Angriff gegen die schöffengerichtliche Beweiswürdigung schließlich erschöpft sich der (in der Wiedergabe der betreffenden Aussage des Zeugen D zudem aktenwidrige: vgl. S 104) Einwand, der - durch die Angaben des Genannten im Vorverfahren und in der Hauptverhandlung sowie durch jene des Zeugen C bei der Polizei (S 21, 23, 54, 104) gestützte - Vorwurf, demzufolge der Beschwerdeführer dem C durch einen Fußtritt eine Hodenprellung zugefügt hat, sei durch die Verfahrensergebnisse nicht mit der nötigen Sicherheit erwiesen worden.

Mit seiner Rechtsrüge (sachlich Z 9 lit. a) vermeint der Angeklagte, das Gericht hätte sich im Hinblick auf die Konstatierung, daß A und er bei der Auseinandersetzung nur zeigen wollten, wie stark sie seien, mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob sie die ihnen angelasteten Drohungen nicht bloß aus Spaß begangen haben. Damit übergeht er aber, daß das Schöffengericht durch die Feststellung seiner mit den Tathandlungen verfolgten Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB), die Bedrohten in Furcht und Unruhe - also in einen Gemütszustand, der über die psychische Belastung durch begründete Besorgnisse (§ 74 Z 5 StGB) hinaus durch eine tatbedingt nachhaltige Übelsvorstellung tiefgreifend beeinträchtigt ist - zu versetzen, die damit unvereinbare (reklamierte) Annahme jedenfalls ausgeschlossen hat, er könnte diese Drohungen nicht ernst gemeint (und sohin nicht auf den vorerwähnten Effekt abgezielt), sondern bloß aus (gemeint: als) Spaß und demgemäß auch ohne eine Eignung seines Verhaltens zur Erregung von Furcht und Unruhe (hier gemeint: von begründeten Besorgnissen im Sinn des § 74 Z 5 StGB) gebraucht haben. Solcherart bringt er folglich den behaupteten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung, weil er dabei keineswegs - wie dies (hiezu) jedoch erforderlich wäre - von dem im Urteil (ohnedies) als erwiesen angenommenen Sachverhalt ausgeht. Der vorerwähnte Einwand schlägt aber auch als - damit zudem (in eventu) erhobene - Mängelrüge (Z 5) nicht durch. Denn die im Anschluß an die Konstatierung, daß sich beide Angeklagten durch ihre Tathandlungen nicht den Eintritt in jenes Lokal erzwingen wollten, in dem C zu dieser Zeit als Portier tätig war, getroffene weitere Feststellung, daß sie vielmehr (zur Einschüchterung der Bedrohten: S 120) 'nur' zeigen wollten, wie stark sie seien, stellt gerade im gegebenen Zusammenhang unmißverständlich bloß das für die Täter maßgebend gewesene Tatmotiv klar, welches weder zu deren als erwiesen angenommener Absicht, C und D in Furcht und Unruhe zu versetzen, im Widerspruch steht noch (auch nur) eine Erörterung darüber indizierte, ob die inkriminierten Drohungen etwa nur als Spaß gemeint und (objektiv) zu verstehen gewesen sein könnten. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO) und teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt (§§ 285 d Abs. 1 Z 1, 285 a Z 2 StPO) schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Über die Berufungen beider Angeklagten und der Staatsanwaltschaft ist dagegen gesondert bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung zu entscheiden (§ 296 Abs. 3 StPO).

Anmerkung

E02949

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0100OS00177.8.1125.000

Dokumentnummer

JJT_19801125_OGH0002_0100OS00177_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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