TE Vwgh Erkenntnis 2005/5/11 2001/13/0228

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Veröffentlicht am 11.05.2005
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §67 Abs8 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Keidel LL.M., über die Beschwerde der P-Verlagsgesellschaft mbH in W, vertreten durch KPMG Alpen-Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1090 Wien, Kolingasse 19, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 23. Juli 2001, Zl. RV/103-15/16/2000, betreffend Haftung für Lohnsteuer des Jahres 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei, eine Verlagsgesellschaft, leistete ihrem Angestellten X.Y. aus Anlass der einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses im Jahre 1992 eine Zahlung in Höhe von S 1,600.000,--, welche sie steuerlich als Pensionsabfindung im Sinne des § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 behandelte. Um die Gesetzmäßigkeit dieser steuerlichen Behandlung der an den ausgeschiedenen Dienstnehmer geleisteten Zahlung durch die beschwerdeführende Partei geht der vorliegende Streit.

Im Rahmen einer den Zeitraum der Jahre 1991 bis 1995 umfassenden Lohnsteuerprüfung des Verlagsunternehmens der beschwerdeführenden Partei gelangte der Prüfer zur Auffassung, dass die in Rede stehende Zahlung nicht als Pensionsabfindung angesehen werden könne. Die Beschwerdeführerin habe für ihren Angestellten X.Y. eine Versicherung auf Er- und Ableben abgeschlossen, die auf X.Y. oder seine Erben als Begünstigte gelautet habe. Bei Vollendung des 60. Lebensjahres durch X.Y. hätte eine Wahlmöglichkeit zwischen Rente oder Einmalzahlung (beides wertgesichert) bestanden. Die beschwerdeführende Partei habe sich zudem verpflichtet, bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres des X.Y. die Versicherungsprämie zu bezahlen. Ausgenommen von dieser Verpflichtung wäre lediglich der Fall gewesen, dass X.Y. ohne Anspruch auf eine gesetzliche Abfertigung nach § 67 Abs. 3 EStG 1988 ausgetreten wäre. Bei seinem Austritt am 31. Jänner 1992 habe X.Y. jedoch anspruchsgemäß eine gesetzliche Abfertigung erhalten, die ordnungsgemäß versteuert worden sei. Ab diesem Zeitpunkt habe das Unternehmen die Zahlung der Versicherungsprämien eingestellt und die Polizze an X.Y. übergeben. Für "die nicht mehr vom Verlag bezahlten Versicherungsprämien" habe X.Y. die in Rede stehende, als Pensionsabfindung versteuerte Zahlung erhalten. Mangels Vorliegens der "Grundvoraussetzungen einer Pensionsabfindung (vertragliche Pensionszusage, versicherungsmathematisches Gutachten)" habe diese Zahlung nicht als Pensionsabfindung beurteilt werden können. Es handle sich bei dieser Zahlung vielmehr um einen sonstigen Bezug, der unter Anrechnung auf das Jahressechstel (§ 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988) zu versteuern sei.

Gegen den Bescheid des Finanzamtes vom 27. Juni 1996, mit welchem die beschwerdeführende Partei u.a. auch wegen der an X.Y. im Jahre 1992 geleisteten Zahlung von S 1,600.000,-- nach § 82 EStG 1988 zur Haftung für Lohnsteuer herangezogen wurde, erhob die beschwerdeführende Partei Berufung mit dem Vorbringen, dass entgegen der Ansicht des Lohnsteuerprüfers eine Pensionszusage sehr wohl bestanden habe, wenngleich auch nicht als "unternehmensintern vorgesorgte Firmenpensionszusage, sondern als mit dem Bezugsrecht zu Gunsten des Dienstnehmers ausgestattete Direkt-Lebensversicherung". Zusätzlich zu dieser Lebensversicherung habe die dienstvertragliche Zusage bestanden, X.Y. im Falle des Ausscheidens vor dem "regulären Frühpensionierungszeitpunkt" die vom Unternehmen in den künftigen Jahren bis zur Erreichung des 60. Lebensjahres des Bezugsberechtigten auf den Versicherungsvertrag noch verpflichtend zu leistenden Prämienzahlungen in einer "Einmalabfindung" im Zeitpunkt des vorzeitigen Ausscheidens zu gewähren. Der von den Lohnsteuerprüfern reklamierte Verpflichtungsgrund bestehe deshalb ebenso wie die den Hintergrund der Begünstigung des § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 bildende Kumulierung von Einkünften durch die Einmalzahlung und die daraus resultierende Progressionserhöhung, welche nicht eingetreten wäre, wenn die Prämien in den künftigen Jahren vom Dienstgeber geleistet worden wären, wie dies vertragsgemäß vorgesehen gewesen sei. Für das von den Lohnsteuerprüfern reklamierte versicherungsmathematische Gutachten bestehe bei einer Direkt-Versicherung kein Raum, weil die "versicherungsmathematische Bemessung" im Rahmen des Versicherungsvertrages erfolge.

Auf ein Ersuchen des Finanzamtes hin wurde von der beschwerdeführenden Partei das an X.Y. gerichtete Schreiben einer mit der beschwerdeführenden Partei verflochtenen Gesellschaft vom 22. Juli 1987 vorgelegt, in welchem in hier interessierender Hinsicht Folgendes festgehalten wird:

"Unter Bezugnahme auf unsere Gespräche und nach zustimmender Kenntnisnahme durch unseren Aufsichtsrat erklären wir uns damit einverstanden, dass die (beschwerdeführende Partei) eine Altersvorsorge zu den nachstehenden Bedingungen abschließt:

1. Der Verlag wird einen Versicherungsvertrag auf Er- und Ableben zu Ihren Gunsten bzw. zu Gunsten Ihrer Erben (das sind ...) abschließen. Versicherungsnehmer und Zahler ist der Verlag, Versicherter und Begünstigter sind Sie.

2. Inhalt dieses Versicherungsvertrages wird eine Kapitalversicherung über eine Deckungssumme von 1,4 Millionen Schilling zuzüglich Gewinnbeteiligung sein, wobei Ihnen dieser Betrag oder wahlweise eine lebenslange Rente mit Erreichung des 60. Lebensjahres zusteht. Der Betrag von 1,4 Millionen Schilling ist wertgesichert nach dem Verbraucherpreisindex 1976, wobei Basisindex der für Juli 1987 ist.

3. Der Verlag verpflichtet sich, die Versicherungsprämie für einen derartigen Versicherungsvertrag laufend bis zur Vollendung Ihres 60. Lebensjahres einzuzahlen; im Falle der Auflösung Ihres Dienstverhältnisses mit der (beschwerdeführenden Partei) vor Erreichung Ihres 60. Lebensjahres, jedoch nur bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses, falls dieses unter Bedingungen aufgelöst wurde, unter denen Ihnen kein Anspruch auf die gesetzliche Abfertigung zustand."

Nachdem die beschwerdeführende Partei einem Ersuchen des Finanzamtes um Vorlage des Versicherungsvertrages nicht nachgekommen war, erließ das Finanzamt am 16. April 1999 eine abweisende Berufungsvorentscheidung aus diesem Grund. Dem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz schloss die beschwerdeführende Partei Ablichtungen einer Lebensversicherungspolizze samt Beilagen an, die über ein Versicherungsverhältnis mit der beschwerdeführenden Partei als Versicherungsnehmer und dem im Jahr 1939 geborenen X.Y. als Versichertem Auskunft geben. Auf Grund des gestellten Antrages und nach Maßgabe der allgemeinen und in dieser Polizze allfällig vereinbarten besonderen Versicherungsbedingungen verpflichte sich das Versicherungsunternehmen zur Leistung eines Betrages von S 1,400.000,--, falls der Versicherte den Termin 1. August 1999 erlebe und zur Leistung eines Betrages ebenso von S 1,400.000,--, falls der Versicherte in der Zeit vom 1. August 1987 bis zum 1. August 1999 ableben würde. Für den Erlebensfall werden der Versicherte als Bezugsberechtigter und für den Ablebensfall dessen näher bezeichnete Angehörige genannt. Die Versicherung beginne am 1. August 1987 und ende mit dem Ableben des Versicherten, spätestens am 1. August 1999.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird von der belangten Behörde nach Wiedergabe des Inhaltes des Schreibens vom 22. Juli 1987 festgestellt, dass X.Y. zum Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Dienstverhältnis im

53. Lebensjahr gestanden sei. Von einer Pensionsabfindung im Sinne des § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 könne nur dann gesprochen werden, wenn ein Anspruch auf Rentenzahlung abgegolten werde (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 19. März 1998, 97/15/0219). Nach dem unstrittigen Sachverhalt habe X.Y. anlässlich der Beendigung des Dienstverhältnisses einen "Einmalbetrag" zur Entrichtung der bis zur Vollendung seines 60. Lebensjahres fällig werdenden Prämien zu einer Er- und Ablebensversicherung erhalten. Bei dieser Sachverhaltskonstellation könne von der Abgeltung eines Anspruches auf Rentenzahlung nicht die Rede sein.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Erstattung einer Gegenschrift und Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung vor dem Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, sind zu versteuern

"mit der Hälfte des Steuersatzes, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Bezuges auf die Monate des Kalenderjahres als Lohnzahlungszeitraum ergibt,

- Zahlungen für Pensionsabfindungen, soweit sie nicht nach Abs. 6 mit dem Steuersatz des Abs. 1 zu versteuern sind".

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegen Pensionsabfindungen im Sinne des § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 nur dann vor, wenn die zu Grunde liegende Vereinbarung die Abgeltung eines - auf Renten lautenden - bereits entstandenen Anspruches zum Inhalt hat, während die Abgeltung einer bloßen Pensionsanwartschaft nicht unter den in Rede stehenden Tatbestand fällt (siehe die hg. Erkenntnisse vom 22. Dezember 2004, 2000/15/0090, vom 28. September 2004, 2002/14/0131, vom 16. Dezember 2003, 2001/15/0165, vom 18. Dezember 2001, 2001/15/0190, vom 27. November 2001, 2001/14/0130, vom 23. April 2001, 98/14/0176, sowie das schon im angefochtenen Bescheid zitierte hg. Erkenntnis vom 19. März 1998, 97/15/0219, Slg. N.F. Nr. 7258/F).

Dass die im Beschwerdefall vorliegende Zahlung nicht einen bereits entstandenen Rentenanspruch abgegolten hat, kann nicht zweifelhaft sein. Der Anspruch auf eine "Pension", der schon nach allgemeinem Sprachgebrauch die Rentenform als wesentliches Tatbestandsmerkmal in sich trägt (siehe hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 2004, 2000/13/0133), konnte erst mit dem Zeitpunkt entstehen, in dem der mit dem Versicherungsunternehmen vereinbarte Versicherungsfall eingetreten wäre. Dieser Fall war im Jahre 1992 nicht eingetreten. Dass die beschwerdeführende Partei sich von ihrer dienstvertraglichen Verpflichtung zur Weiterzahlung der Versicherungsprämien für X.Y. bis zur Vollendung dessen 60. Lebensjahres im Einvernehmen mit X.Y. gegen Leistung eines Geldbetrages entband, konnte den versprochenen und geleisteten Geldbetrag nicht zu einer Pensionsabfindung im Sinne des § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 machen.

Die zur Bestimmung des § 32 Z. 1 lit. a EStG 1988 und zu dem zu dieser Gesetzesvorschrift ergangenen hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1997, 95/15/0079, Slg. N.F. Nr. 7163/F, erstatteten Beschwerdeausführungen gehen am Gegenstand des Beschwerdefalles vorbei, in welchem nicht das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 32 Z. 1 lit. a EStG 1988, sondern jener des § 67 Abs. 8 lit. b leg. cit. zu beurteilen war. Dem auf den Gesetzeszweck der Progressionsmilderung hinweisenden Beschwerdevorbringen muss erwidert werden, dass das Gesetz Maßnahmen der Progressionsmilderung nicht für zusammengeballt erbrachte Arbeitgeberleistungen jeglicher Art, sondern nur für solche als Abfindungen definierte Zahlungen vorsieht, die deren Tatbestandsvoraussetzungen erfüllen. Die Hingabe eines Betrages an den Dienstnehmer, mit dem dieser finanziell in die Lage versetzt werden soll, durch Weiterzahlung von Versicherungsprämien eine - sei es auch auf Rente lautende - Versicherungsleistung beim künftigen Eintritt des Versicherungsfalles zu erwerben, ließ sich nicht als Abfindung eines bereits erworbenen Pensionsanspruches umdeuten. Dass den von der beschwerdeführenden Partei im Verwaltungsverfahren vorgelegten Versicherungsunterlagen die Vereinbarung einer auf Rentenzahlung lautenden Versicherungsleistung zudem nicht einmal entnommen werden kann, weil als Versicherungsleistung lediglich die Zahlung eines Kapitalbetrages genannt ist, sei der Vollständigkeit halber noch angemerkt.

Die Beschwerde erwies sich somit als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 11. Mai 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2001130228.X00

Im RIS seit

09.06.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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