TE OGH 1981/2/13 10Os25/81

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Veröffentlicht am 13.02.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Horak, Dr. Friedrich und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Zeitler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Wolfgang A wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs. 1 StGB. und des Vergehens nach § 36 Abs. 1 lit. a WaffG. nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 10.Oktober 1980, GZ. 2 e Vr 11.250/79-63, zu Recht erkannt:

Spruch

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, gemäß § 290 Abs. 1 StPO. im Schuldspruch laut Punkt 1

des Urteilssatzes und im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs nach § 38 StGB.) aufgehoben sowie die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung wird der Angeklagte darauf verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Wolfgang A des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs. 1 StGB. und des Vergehens nach § 36 Abs. 1

lit. a WaffG. schuldig erkannt.

Das erstbezeichnete Verbrechen liegt ihm zur Last, weil er am 20. Dezember 1979 in Wien dem Suleyman B durch einen gezielten Pistolenschuß aus einer Entfernung von fünf bis zehn Metern eine an sich schwere und mit einer länger als vierundzwanzig Tage dauernden Gesundheitsschädigung verbundene Körperverletzung, nämlich einen Durchschuß der linken Brustkorbhälfte mit Perforation des linken Lungenunterlappens, absichtlich zufügte.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlaß der (nur) gegen diesen Schuldspruch erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten hat sich der Oberste Gerichtshof davon überzeugt, daß das Urteil zum Nachteil des Beschwerdeführers insoweit mit einer dahin nicht geltend gemachten Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO.

(in bezug auf §§ 83, 84 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 StGB.) behaftet ist, als es keine ausreichenden Feststellungen zur subjektiven Tatseite des § 87 Abs. 1 StGB. enthält.

Der bloße Gebrauch des Wortes 'Absicht' in diesem Zusammenhang (S. 466, 467, 468) ist nicht mehr als eine substanzlose Verwendung des maßgebenden verbum legale, dem ein zur rechtlichen Beurteilung des Tätervorsatzes in Abgrenzung zu anderen Vorsatzarten geeignetes Tatsachen-

-Substrat nicht zu entnehmen ist (vgl. RZ. 1979/92 u.a.); außerdem bezieht sich der besagte Ausdruck in den hier in Betracht kommenden Passagen des Urteils überhaupt (jeweils) nur auf das Treffen des Opfers (mit dem Schuß) oder auf die Herbeiführung einer Verletzung schlechthin, nicht aber auch auf die qualifikationsrelevante Schwere der betreffenden Verletzung. Ebensowenig zielführend ist (für sich allein) die Feststellung, der Angeklagte habe B schwer verletzen 'wollen' (S. 463, ähnlich S. 466, 469), weil im Gesetz bekanntlich alle Varianten des Vorsatzes als das Verwirklichen-'Wollen' des einem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhalts umschrieben werden (RZ. 1977/69 u.a.). Schon damit bleibt es unklar, ob das Schöffengericht, welches an keiner einzigen Stelle der umfangreichen Urteilsbegründung den Willensfaktor im Tätervorsatz unmißverständlich (vgl. etwa EvBl.

1976/242, Leukauf-Steininger, StGB.2, RN. 5 zu § 5, oder Foregger-

Serini, StGB.2, Anm. II zu § 5) beschrieben hat, mit seinen darauf

bezogenen Aussprüchen wirklich auf die Feststellung eines Vorhabens

des Angeklagten abzielte, welches in rechtlicher Hinsicht als

Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB.) zu beurteilen ist. Vollends zweifelhaft

wird dies indessen durch jene (mehrfachen) Argumente für die Annahme

einer bezüglichen 'Absicht', der Angeklagte müsse 'damit gerechnet

haben, den Verfolgten auch zu treffen, was er ... auch wollte' (S.

466), er habe (über Vorhalt) zugeben müssen, 'daß er damit rechnen

mußte, ... eine Person zu treffen' (S. 467 f.), und er 'mußte ... um

die Auswirkungen des Schusses wissen und diese auch gewollt haben' (S. 469), nach denen zum Teil sogar die Möglichkeit einer bloßen Fahrlässigkeit offen bliebe (vgl. etwa ÖJZ-LSK. 1978/142), jedenfalls aber nicht angenommen werden kann, daß sich das Erstgericht über den Unterschied zwischen Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB.) und bedingtem Vorsatz (§ 5 Abs. 1, zweiter Halbsatz, StGB.) im klaren war. Daß andere Urteilsfeststellungen - wie etwa die, wonach sich der Angeklagte entschlossen habe, B mit einem Schuß niederzustrecken (S. 475) - die Annahme eines in bezug auf die Herbeiführung einer schweren Körperverletzung des Opfers absichtlichen (§ 5 Abs. 2 StGB.) Handelns nahelegen, vermag den aufgezeigten, ins Auge springenden Feststellungsmangel zur subjektiven Tatseite des § 87 Abs. 1 StGB. nicht zu beheben. Gemäß § 290 Abs. 1 StPO. war daher, ohne daß es einer Erörterung des (darauf nicht Bezug nehmenden) Beschwerdevorbringens bedurfte, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 285 e StPO. (i.d.F. BGBl. 1980/28) schon bei einer nichtöffentlichen Beratung von Amts wegen wie im Spruch zu erkennen; mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung war der Angeklagte darauf zu verweisen.

Anmerkung

E03022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0100OS00025.81.0213.000

Dokumentnummer

JJT_19810213_OGH0002_0100OS00025_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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