TE OGH 1981/3/12 12Os6/81

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Veröffentlicht am 12.03.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.März 1981 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mayer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gerd Hannes Karl A wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Jugendschöffengericht vom 7.Oktober 1980, GZ. 11 Vr 2458/ 79-33, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Gustav Wiltschek und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 30.Mai 1962 geborene Gerd Hannes Karl A des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 10.September 1979 in Villach den Heinz B durch Versetzen mehrerer Schläge ins Gesicht vorsätzlich am Körper verletzte, wobei die Tat (neben anderen leichten Verletzungen) eine an sich schwere, mit einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung verbundene Verletzung, nämlich einen Kieferbruch, zur Folge hatte. Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Einen Verfahrensmangel (Z 4) erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung des von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Einholung eines ergänzenden ärztlichen Sachverständigengutachtens darüber, ob die Verletzungen des Heinz B durch Einwirkungen von Faustschlägen oder durch Schläge mit einem (harten) Gegenstand entstanden seien (S 140). Dies sei für den Angeklagten deshalb von entscheidender Bedeutung, weil er im zweiten Fall als Täter auszuschließen sei, zumal feststehe, daß er keinen solchen Gegenstand (Holzlatte) in der Hand gehabt habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrüge schlägt jedoch nicht durch.

Das Erstgericht hat diesen Antrag mit der Begründung abgewiesen, daß von einem solchen Gutachten keine entscheidungswesentlichen Tatsachen zu erwarten seien (S 141), und hiezu in den Gründen des angefochtenen Urteils nachgetragen (S 150), daß nach den Erfahrungen des täglichen Lebens Verletzungen der in Rede stehenden Art (Abschürfungen und Rißquetschwunden im Gesicht, Nasenbeinbruch, Fraktur der Vorderwand der rechten Kieferhöhle, S 145), sowohl durch Faustschläge als auch mit Gegenständen (hier: Holzlatte) zugefügt werden könnten. Nach den Feststellungen des Schöffengerichtes hat der Angeklagte A allein oder im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit seinem Begleiter Leo C auf Heinz B eingeschlagen (S 150), wobei möglicherweise auch eine Holzlatte verwendet wurde (S 145, 149). Aus dieser zulässigen, die rechtliche Beurteilung der Tat nicht berührenden (wahlweisen) Feststellung (vgl. Mayerhofer-Rieder, StPO, § 260, Nr. 66, 68) hat das Schöffengericht zutreffend abgeleitet, daß der Angeklagte zumindestens als Mittäter für die dem Heinz B zugefügten schweren Verletzungen haftet (S 150), wobei es nach Lage des Falles letztlich dahingestellt bleiben kann, ob die Verletzungen das Ergebnis von Faustschlägen oder von Schlägen mit einem harten Gegenstand gewesen sind (siehe auch Mayerhofer-Rieder, StPO, § 260, Nr. 27). Der Angeklagte kann sich daher durch die Abweisung des Beweisantrages in seinen Verteidigungsrechten nicht mit Fug beeinträchtigt erachten.

Soweit der Beschwerdeführer die Urteilsbegründung als unvollständig im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO rügt, weil sie sich mit Beweisergebnissen, aus denen hervorgehe, daß er selbst gegen Heinz B nicht tätlich geworden sei, nicht befasse, zeigt er keinen formellen Begründungsmangel auf, sondern bekämpft nur auf im Nichtigkeitsverfahren unzulässige und damit unbeachtliche Weise die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes. Das Erstgericht hat sich nämlich entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers, der lediglich aus dem Zusammenhang gerissene Angaben einzelner Zeugen zitiert, ohnehin hinreichend mit sämtlichen wesentlichen Beweisergebnissen befaßt und diese auch in der Urteilsbegründung dargestellt (S 146 bis 149 d. A); es hat sich schließlich auf Grund der ihm durch § 258 Abs 2 StPO eingeräumten Befugnisse dafür entschieden, (vor allem) den Aussagen der Zeugen vor der Polizei, in denen der Angeklagte belastet wurde, im Gegensatz zu seiner leugnenden Verantwortung, Glauben zu schenken, und dies damit begründet, daß bei den ersten polizeilichen Einvernahmen die Erinnerung der Zeugen noch am frischesten und damit am verläßlichsten gewesen sei (S 149-150 d. A). Durch die Behauptung des Beschwerdeführers, aus den späteren Aussagen der Zeugen könnten auch andere, für ihn günstigere Schlüsse abgeleitet werden, wird daher der angerufene Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht. Daß der Zeuge D mit dem Beschwerdeführer Meinungsverschiedenheiten hatte, hat das Schöffengericht ohnehin festgestellt, die Glaubwürdigkeit dieses Belastungszeugen aber nicht in Zweifel gezogen (S 149 d. A). Von inneren Widersprüchen oder Undeutlichkeiten des Urteils kann gleichfalls nicht die Rede sein. Denn entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers stellte das Schöffengericht keineswegs fest, daß ein zweiter Bursche, der untätig geblieben sei (der Angeklagte), geflüchtet wäre; es läßt letztlich lediglich offen, ob der Angeklagte allein oder aber im Zusammenwirken mit Leo C die Verletzungen herbeigeführt hat. Bei den in der Nichtigkeitsbeschwerde in diesem Zusammenhang zitierten Urteilsstellen handelt es sich um die Wiedergabe von Bekundungen von Zeugen. Die für die Entscheidung maßgebenden Feststellungen des Erstgerichtes lauten indessen, wie schon erwähnt, dahin, daß der Angeklagte entweder allein oder im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken mit dem ihn begleitenden Zeugen C auf B eingeschlagen hat, wodurch letzterer schwer verletzt wurde. Diese Feststellungen sind unter dem Gesichtspunkt des § 281 Abs 1 Z 5 StPO ebenfalls fehlerfrei und finden auch in den Ergebnissen des Beweisverfahrens ausreichende Deckung. Daß die in Rede stehende (wahlweise) Feststellung auch vom Grundsätzlichen her durchaus zulässig war, ist bereits bei Behandlung der Verfahrensrüge (§ 281 Abs 1 Z 4 StPO) aufgezeigt worden. Eine Feststellung des Inhalts, daß der Angeklagte mit einer Holzlatte auf B eingeschlagen habe, hat das Erstgericht entgegen der in der Beschwerde vertretenen Meinung gar nicht getroffen, sondern bloß dies behauptende Aussagen zitiert (S 144, 145). Begründungsmängel in der Bedeutung des § 281 Abs 1 Z 5 StPO haften dem Urteil sohin gleichfalls nicht an. In seiner Rechtsrüge (Z 9 lit a) bringt der Beschwerdeführer vor, das Schöffengericht gehe zwar von einem bewußten Zusammenwirken zwischen ihm und dem Zeugen C aus, laste aber dennoch alle Verletzungen ihm allein an.

Auch dieser Einwand versagt.

Das Schöffengericht hat zwar letztlich offengelassen, ob der Angeklagte A allein oder im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken mit Leo C auf Heinz B eingeschlagen hat (S 150); dies ist jedoch rechtlich schon deshalb ohne Bedeutung, weil der Beschwerdeführer nicht nur als Alleintäter, sondern auch als vorsätzlich mit C zusammenwirkender Mittäter für den gesamten von seinem Vorsatz umfaßten aus der Straftat entstandenen Erfolg haftet (Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB2, RN 10 zu § 12). Sollte also, was vom Erstgericht als möglich angenommen wurde, der Beschwerdeführer nicht allein, sondern im bewußten und gewollten (allenfalls erst spontan bei der Tatbegehung und ohne vorherige Verabredung entstandenen) Zusammenwirken mit Leo C auf Heinz B eingeschlagen haben, würde jeder der beiden Täter für den insgesamt eingetretenen schweren Erfolg auch dann haften, wenn die unmittelbare Zufügung der einzelnen Verletzungen mit Sicherheit dem einen oder dem anderen Mittäter zugeordnet werden könnte, sofern eine Verletzung am Körper, wie das Erstgericht nach Lage des Falles ohneweiters annehmen konnte, - oder auch nur ein nach Abs 2 des § 83 StGB insoweit gleichwertiges Mißhandeln (vgl. Leukauf-Steininger2, RN 11 zu § 83 sowie RN 19 und 20 zu § 84 StGB) - vom gemeinsamen Vorsatz erfaßt war und der schwere Erfolg zumindestens fahrlässig herbeigeführt worden ist (§ 7 Abs 2 StGB).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten unter gleichzeitiger

Straffestsetzung (gemäß §§ 13 Abs 2, 46 Abs 4 JGG) zum Schuldspruch des Landesgerichtes Klagenfurt als Jugendschöffengericht vom 25.Oktober 1977, GZ 11 Vr 1908/77-10, nach § 84 Abs 1 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 StGB und § 11 (Z 1, letzter Satz) JGG sowie gemäß §§ 31, 40 StGB unter Berücksichtigung des Urteils des genannten Gerichtes vom 1.Oktober 1979, GZ 11 Vr 1316/79-18 (vier Monate Freiheitsstrafe wegen §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 2 StGB) zu vier Monaten Zusatzfreiheitsstrafe. Bei der Strafbemessung wertete es das Zusammentreffen von vier Vergehen und die Wiederholung der diebischen Angriffe als erschwerend, als mildernd - und zwar betreffend das Verfahren 11 Vr 1908/77 - hingegen das Geständnis, die Unbescholtenheit und die Bereitwilligkeit zur Schadensgutmachung.

Der Berufung des Angeklagten, mit welcher er eine Herabsetzung (der Zusatz-)Freiheitsstrafe, ersichtlich aber auch deren bedingte Nachsicht gemäß § 43 Abs 1 StGB anstrebt, kommt keine Berechtigung zu.

Bei den vom Erstgericht angenommenen Strafzumessungsgründen, denen der Berufungswerber nichts entgegenzuhalten vermag, wird die in erster Instanz festgesetzte (Zusatz-) Freiheitsstrafe angesichts sämtlicher hier zu berücksichtigenden deliktischen Handlungen des Angeklagten seiner tatund persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) durchaus gerecht.

Die vom Angeklagten überdies angestrebte bedingte Strafnachsicht (nach § 43 Abs 1 StGB) ist schon deshalb unzulässig, weil vom Erstgericht die Strafe nicht nur für das Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB, sondern zugleich auch zu dem bezeichneten Schuldspruch vom 25.Oktober 1977 gemäß §§ 13 Abs 2, 46 Abs 4 JGG verhängt wurde. Voraussetzung einer derartigen Straffestsetzung ist stets, daß eine Besserung des Verurteilten ohne Vollziehung der festzusetzenden Strafe nicht erreicht werden kann (arg: '... auszusprechen und zu vollziehen ...'). Es ist daher schon begrifflich ausgeschlossen, die gemäß § 13 Abs 2 JGG nachträglich festgesetzte Strafe - und im hier vorliegenden Fall (einer Vereinigung des zunächst mit dem Schuldspruch /ohne Strafausspruch/ nach § 13 Abs 1 JGG nur vorläufig abgeschlossenen Verfahrens mit dem wegen der neuen Straftat eingeleiteten Verfahren gemäß § 56 StPO), die im nunmehrigen Urteil für die dem Angeklagten zur Last liegenden (mehreren) Straftaten ausgesprochene 'Gesamtstrafe' - nach § 43 Abs 1 StGB bedingt nachzusehen (ÖJZ-LSK 1976/

241 = EvBl 1976/266). Im gegenständlichen Fall ist (im erstinstanzlichen Verfahren) vom Angeklagten der Einbeziehung der Akten 11 Vr 1908/77 des Landesgerichtes Klagenfurt (vgl. S 63) weder widersprochen noch in der Folge eine Ausscheidung und getrennte Führung begehrt worden; es wird aber auch in der Rechtsmittelschrift die Abweisung des erwähnten staatsanwaltlichen Antrags auf Straffestsetzung nicht beantragt. Ohne dessen Ablehnung ist aber die verlangte Entscheidung (bedingte Strafnachsicht gemäß § 43 Abs 1 StGB) aus den dargelegten Gründen nicht zulässig. Im übrigen wären aber beim Angeklagten auch sonst die Voraussetzungen für die Gewährung der erwähnten Rechtswohltat nicht gegeben, zumal sich diese Maßnahme angesichts der wiederholten Straffälligkeit als nicht zielführend erwiesen hat. Es war darum auch der Berufung ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03063

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0120OS00006.81.0312.000

Dokumentnummer

JJT_19810312_OGH0002_0120OS00006_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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