TE OGH 1981/3/26 12Os9/81

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Veröffentlicht am 26.03.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26.März 1981 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mayer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Walter A wegen des Vergehens der üblen Nachrede nach §§ 111 Abs 1 und Abs 2, 116 StGB. über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 22. Jänner 1980, GZ. 5 E Vr 3487/79-7

und den Vorgang, daß Haftungsbeteiligte nicht geladen wurden, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

Spruch

In dem Verfahren 5 E Vr 3487/79 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz gegen Walter A wegen §§ 111 Abs 1 und Abs 2, 116 StGB. ist durch Unterlassung der Ladung des Herausgebers und Eigentümers (Unternehmers) der periodischen Druckschrift 'Neue Kronen Zeitung-Steirerkrone' als Haftungsbeteiligte zur Hauptverhandlung das Gesetz in der Bestimmung des § 40 PresseG. sowie durch die mit Urteil des Einzelrichters dieses Gerichtes vom 22.Jänner 1980, GZ. 5 E Vr 3487/79-7, der (Steiermärkischen) Rechtsanwaltskammer zugesprochene Geldbuße von 1.000 S das Gesetz in der Bestimmung des § 29 Abs 2 PresseG. verletzt.

Es werden das vorerwähnte Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in seinen die Bestimmung einer Geldbuße sowie die Mithaftung des Herausgebers gemäß § 5 Abs 2 PresseG. auch für diese Geldbuße betreffenden Aussprüchen und der die Geldbuße berührende Teil der Endverfügung vom 23.Jänner 1980, Punkt 3.) in ON. 7 a des Aktes, aufgehoben.

Text

Gründe:

Mit dem durch einen Protokolls- und Urteilsvermerk beurkundeten (rechtskräftigen) Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 22.Jänner 1980, GZ. 5 E Vr 3487/79-7, wurde auf Grund eines Strafantrages des öffentlichen Anklägers nach erteilter Ermächtigung durch den Ausschuß der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer in Graz der am 28.April 1949 geborene Redakteur Walter A des Vergehens der üblen Nachrede nach §§ 111 Abs 1 und Abs 2, 116 StGB. schuldig erkannt und hiefür zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er in der von ihm verfaßten und in der Ausgabe Nr. 6961 der periodischen Druckschrift 'Neue Kronen Zeitung-Steirerkrone' vom 14.Oktober 1979

auf Seite 34 veröffentlichen Rubrik 'Fabian' s Murnockerln' durch die darin enthaltene Textstelle '..... sah ich Rechtsanwalt Dr. Erich B (gemeint: Dr. Emil C), den die brancheneigene Neidgenossenschaft (sprich: Anwaltskammer) sogar zur Zurücklegung seiner Haus- und Gebäudeverwaltungskonzession verdonnern wollte' vorsätzlich die Steiermärkische Rechtsanwaltskammer und deren Ausschuß, sohin eine Behörde, öffentlich in einem Druckwerk eines unehrenhaften Verhaltens beschuldigt hatte.

Gleichzeitig wurde der 'PB. Rechtsanwaltskammer' (ersichtlich gestützt auf die Bestimmung des § 29 Abs 2 PresseG.) ein Betrag von 1.000 S (als Geldbuße) zugesprochen und gemäß § 5 Abs 2 PresseG. die Mithaftung des Herausgebers dieser Tageszeitung für die Geldstrafe, die Geldbuße und die Kosten des Strafverfahrens ausgesprochen.

Rechtliche Beurteilung

In dem vorliegenden Verfahren ist dem Landesgericht für Strafsachen Graz in zweifacher Richtung eine Gesetzesverletzung unterlaufen:

Zunächst hat es entgegen der Bestimmung des § 40

PresseG. die (ausführbare) Ladung des haftungsbeteiligten Herausgebers und Eigentümers (Unternehmers) der periodischen Druckschrift 'Neue Kronen Zeitung' zur Hauptverhandlung unterlassen und dadurch die Haftungsbeteiligten in ihrem Recht auf Beteiligung an der Hauptverhandlung zur Wahrung der ihnen dort eingeräumten Befugnisse (§ 40 PresseG) verkürzt.

Weiters steht der mit dem eingangs angeführten Urteil erfolgte Zuspruch einer Geldbuße (von 1.000 S) an die (Steiermärkische) Rechtsanwaltskammer mit dem Gesetz nicht im Einklang. Die einem Beleidigten gemäß §§ 29 Abs 2 oder 30

Abs 4 PresseG. zuzusprechende Geldbuße ist nach ihrer Rechtsnatur keine Strafe (oder Nebenstrafe), sie dient vielmehr der Abgeltung des materiellen und ideellen Schadens des Verletzten und ist demnach einem Privatbeteiligtenzuspruch vergleichbar (ÖJZ-LSK 1980/176). Dies ergibt sich schon aus dem letzten Satz des § 29 Abs 2 PresseG., demzufolge ein das Ausmaß der vom Gericht (nach freiem, durch die Würdigung aller Umstände geleitetem Ermessen) bestimmten Geldbuße übersteigender Schaden (nur) auf dem Zivilrechtsweg geltend gemacht werden kann. Den hier in Betracht kommenden Gesetzesmaterialien, vor allem jenen zur Pressegesetznovelle 1952, BGBl. Nr. 118/1952, ist zu entnehmen, daß die Buße nach §§ 29 Abs 2 und 30 Abs 4 PresseG. dem Gekränkten eine Entschädigung in Geld verschaffen soll. Im Bericht des Justizausschusses zum Entwurf dieser Pressegesetznovelle (536 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, VI. GP.) wird ausdrücklich darauf verwiesen, daß die Geldbuße in ihrem Kern eine Abgeltung der erfolgten Ehrverletzung mit Geld darstellt (vgl. S. 2 dieses Berichtes). Es geht aber auch schon aus dem Bericht des Justizausschusses zum Regierungsentwurf der StG-Novelle 1929 (398 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, III. GP.) hervor, daß die Einrichtung der Geldbuße keine Strafbestimmung darstellt.

Angesichts des Charakters der Geldbuße als eine zur Abgeltung des erlittenen materiellen und ideellen Schadens bestimmte Schadenersatzleistung an den Beteiligten kommt aber bei einer in einem Druckwerk (sohin öffentlich) begangenen Beleidigung einer Behörde die Auferlegung einer Geldbuße nicht in Betracht, ist doch nach dem Vorgesagten der Anspruch auf Geldbuße gemäß dem § 29 Abs 2 PresseG.

(§ 30 Abs 4 PresseG.) ein rein persönlicher, der dem in seiner Ehre gekränkten Individuum nicht im öffentlichen Interesse, sondern primär unter dem Gesichtspunkt der Abgeltung der in der Regel mit einer Verletzung der Ehre verbundenen (seelischen) Kränkung durch eine vom Verurteilten zu leistende Geldsumme zusteht. Die Geldbuße ist demnach, entsprechend ihrem Wesen als eine primär nach schadenersatzrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilende Privatgenugtuung in Form einer Geldleistung an den Beleidigten zu entrichten und fließt demnach in die Tasche des Gekränkten. Sie ist daher, weil keine Strafe, auch nicht von Amts wegen einzubringen; auch ist keine Ersatzfeiheitsstrafe für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit festzusetzen (ÖJZ-LSK 1980/176). Das Strafurteil bildet in Ansehung der darin verhängten Geldbuße bloß einen Exekutionstitel, von dem Gebrauch zu machen allein im Ermessen der beleidigten Person liegt. Daß das Gesetz (§ 116 StGB.) auch Behörden als rechtlich taugliche Objekte von Ehrenbeleidigungen anerkannt hat, vermag daran nichts zu ändern. Denn gegenüber verfassungsmäßigen Vertretungskörpern, dem Bundesheer oder einer Behörde scheidet eine faktische Ehrenkränkung, wie sie gegenüber einem Menschen möglich ist, schon begrifflich aus. Diesen im § 116 StGB.

bezeichneten Schutzobjekten wurde die Beleidigungsfähigkeit deshalb zuerkannt, weil ihr Ruf und ihr Ansehen gegen Angriffe der in den §§ 111 ff. StGB. bezeichneten Art geschützt werden sollte, also im öffentlichen Interesse (SSt 48/13). Aus diesem Grund stellt auch die öffentliche Beleidigung dieser Staatsorgane kein Privatanklagedelikt dar, sondern ein - nach Erteilung der Ermächtigung - vom Staatsanwalt von Amts wegen zu verfolgendes (offizioses) Delikt (§§ 117 Abs 2 StGB., 2 Abs 3 und Abs 5 StPO.).

Aus all diesen Erwägungen erhellt, daß im Falle der Beleidigung einer Behörde eine Geldbuße nicht aufzuerlegen ist und die sie betreffenden Bestimmungen der §§ 29 Abs 2 und 30 Abs 4 PresseG. auf eine 'beleidigte' Behörde nicht anwendbar sind (vgl. hiezu auch Mayerhofer/Rieder, Das Österreichische Strafrecht, III. Teil/Nebengesetze, zweiter Halbband, Nr. 58 und 59 zu § 29 PresseG.). Daß es sich aber bei dem vorliegend betroffenen Ausschuß der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer um eine Behörde handelt, hat das Erstgericht richtig erkannt. Denn der Ausschuß dieser Rechtsanwaltskammer ist in bezug auf Rechtsanwalt Dr. Emil C in einer Angelegenheit tätig geworden, in der sich der Bund der Rechtsanwaltskammer zur Erledigung von Angelegenheiten bedient, die nach den Vorschriften der Bundesverfassung in die Vollziehung des Bundes fallen (vgl. Art. 10 Abs 1 Z. 6 B-VG. und § 23

RAO.; Klecatsky, Das Österreichische Bundesverfassungsrecht2, E.Nr. 39 zu Art. 10 Abs 1 Z. 6, Leukauf-Steininger2, RN. 5, 6 zu § 116 StGB.).

Es war daher auf Grund der von der Generalprokuratur gemäß § 33 Abs 2 StPO. erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes spruchgemäß zu erkennen.

Anmerkung

E03094

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0120OS00009.81.0326.000

Dokumentnummer

JJT_19810326_OGH0002_0120OS00009_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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