TE OGH 1981/11/3 10Os149/81

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Veröffentlicht am 03.11.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Gerstberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Mehmet Ali A und andere wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach § 142 Abs 1, 143 StGB und einer anderen strafbaren Handlung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Ramazan B sowie die Berufungen des Angeklagten A und der Staatsanwaltschaft in Ansehung der beiden genannten Angeklagten sowie des Angeklagten Ayhan C gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als (Jugend)Schöffengericht vom 9. Juli 1981, GZ 14 Vr 607/

81-41, den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 20. August 1965 geborene Mehmet Ali A (außer einer weiteren strafbaren Handlung - § 83 Abs 1 StGB), ferner der am 10. November 1964 geborene Ramazan B und schließlich der am 4. Jänner 1967 geborene Ayhan C, drei Jugendliche türkischer Staatsangehörigkeit, des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 StGB schuldig erkannt, weil sie am 19. März 1981 in Feldkirch in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB) dadurch, daß A dem Norbert E (durch die versperrte Türe in einer öffentlichen WC-Anlage) zurief:

'Aufmachen! Gib das Geld her!', sodann (nach Öffnen dieser Türe durch Entriegelung mit einem Messer und Einwerfen von Münzen in den Automaten) dieses geöffnete Messer gegen ihn richtete, ihm zwei Faustschläge und zwei Schläge gegen den Oberkörper sowie - als der Genannte (bereits) am Boden lag - weitere Stäße gegen den Körper versetzte, weiters B und C das Vorgehen des A durch ihre Anwesenheit am Tatort unterstützten sowie (seinerseits) dem Opfer ein paar Faustschläge ins Gesicht versetzte und C versuchte, diesem einen Fußtritt zu geben, worauf A dem E die Geldtasche mit 120 S (Bargeld) wegnahm, ihm (sohin) durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben und mit Gewalt gegen seine Person fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen hatten, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei der Raub unter Verwendung einer Waffe verübt wurde und die Gewaltanwendung eine schwere Körperverletzung des E, nämlich einen dreifachen Jochbeinbruch und eine Ausrenkung des rechten Ringfingers zur Folge hatte.

Diesen Schuldspruch bekämpft nur der Angeklagte B mit Nichtigkeitsbeschwerde aus der Z 5 und 9 (ohne eine der gesetzlichen buchstabenmäßigen Unterteilung Rechnung tragende nähere Bezeichnung), der Sache nach insoweit allerdings aus der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO, der keine Berechtigung zukommt.

Das Erstgericht hat die mit der Mängelrüge angefochtene Feststellung, daß auch der Beschwerdeführer auf E einschlug nicht nur auf eine als - allerdings sogleich wieder widerrufenes - Zugeständnis in dieser Richtung gewertete Äußerung des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung, sondern auch, und zwar primär auf die ihn belastenden Angaben der Mitangeklagten gestützt und solcherart der letztlich - teils - leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers den Glauben versagt. Dabei hat es sich auch (eingehend) mit der Aussage des Verletzten eine Handanlegung des Beschwerdeführers an ihn nicht wahrgenommen zu haben, auseinandergesetzt und das Fehlen einer solchen Wahrnehmung - in Übereinstimmung mit der Schilderung des Zeugen (insbes S 246) - darauf zurückgeführt, daß ihm bereits zu Beginn der Tätlichkeiten die Brille heruntergefallen war und er somit danach nichts mehr sehen konnte.

Rechtliche Beurteilung

All das, was der Beschwerdeführer - in grundsätzlicher Verkennung des Wesens der freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) und der Art sowie des Umfanges der gesetzlichen Begründungspflicht (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO), aber auch unter Übergehung maßgebender Darlegungen des Erstgerichts - gegen die fragliche Urteilsannahme, aus dem Gesichtspunkt (vor allem) einer Unvollständigkeit der Urteilsbegründung im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO mit dem Ziel ins Treffen führt, seiner Verantwortung auch insoweit zum Durchbruch zu verhelfen, als sie vom Schöffengericht abgelehnt worden ist, erschöpft sich lediglich in einer Erörterung der Glaubwürdigkeit und Beweiskraft der vom Gerichtshof verwerteten Beweismittel und damit in einem unzulässigen Angriff auf dessen Beweiswürdigung. Die Mängelrüge wird somit - abgesehen davon, daß sie keine entscheidende Tatsache betrifft, zumal bei der vorliegend Platz greifenden (deliktsspezifischen Sonder-) Täterschaftsform des § 143, erster Fall, StGB schon ein bloßer Beteiligter, also eine Person, welche selbst keinerlei Ausführungshandlungen unternimmt, sondern nur mit der Tatausführung durch einen anderen einverstanden ist und ihn dabei am Tatort oder in dessen Nähe in irgendeiner Weise unterstützt, wozu regelmäßig schon eine aktive Förderung oder Erleichterung der Tatbegehung durch den unmittelbaren Täter im Wege einer in der unmittelbar beim Tatgeschehen zum Ausdruck kommenden Entschlossenheit zu einem allfälligen helfenden Eingreifen ('Bereitschaft für den Bedarfsfall') hinreicht, trotzdem als unmittelbarer Täter (im Sinne der ersten Alternative des § 12 StGB) angesehen wird (vgl Leukauf-Steininger, Kommentar2, RN 14 zur letztangeführten Gesetzesstelle sowie RN 7 zu § 143 und 74 f zu § 127 StGB; 10 Os 4/81 uvam) - nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht.

Das gleiche gilt für die Rechtsrüge (nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO), in der sich der Beschwerdeführer mit der Argumentation, er habe von der Existenz der Waffe und deren Einsatz bei der Tatverübung durch A keine Kenntnis gehabt, darüber beschwert, daß die erhöhte Strafbarkeit nach § 143

(erster Strafsatz) StGB auch aus dem 2. Fall (Verwendung einer Waffe) ihm ebenfalls zugerechnet wird. Denn er negiert damit faktisch die Urteilsfeststellungen, wonach er und C neben A im Halbkreis vor der Türe jener Toilette standen, in welcher sich E befand als A (nach den konstatierten Verhältnissen für seine Komplizen sichtbar) mit dem als Waffe gebrauchten Messer die bewußte Türe öffnete und anschließend mit eben diesem Messer, das er in Brusthöhe vor sich hielt, E bedrohte.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als insgesamt nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§§ 285 d Abs 1 Z 1, 285 a Z 2 StPO). Da dies schon Aufgabe des Erstgerichts gewesen wäre, steb die Akten in sinngemäßer Anwendung des § 285 b Abs 6

StPO zur Entscheidung über die - noch zu erledigenden - Berufungen dem hiefür zuständigen Oberlandesgericht Innsbruck zuzuleiten.

Anmerkung

E03473

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0100OS00149.81.1103.000

Dokumentnummer

JJT_19811103_OGH0002_0100OS00149_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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