TE OGH 1982/1/26 10Os191/81

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Veröffentlicht am 26.01.1982
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Der Oberste Gerichtshof hat am 26.Jänner 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hoch als Schriftführer in der Strafsache gegen Andreas A und andere wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Raubes nach § 142 Abs 1, 143 (erster und zweiter Fall), 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Christian A sowie die Berufungen der Angeklagten Andreas A und Ernst B gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 3. November 1981, GZ 20 r Vr 9956/80-99, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Hummer, Dr. Stanek-Noverka und Dr. Roland sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurde unter anderem Christian A des (in der Zeit vom 19.Juni bis zum 14.August 1980

in Wien und an einem anderen Ort in vier Fällen durch überfälle auf einen Supermarkt, auf zwei Geldboten und auf ein Bankinstitut in Gesellschaft sowie unter Verwendung von Waffen begangenen) Verbrechens des schweren Raubes nach § 142 Abs 1, 143 (erster und zweiter Fall) StGB (mit einem Wert der gesamten Raubbeute von über 400.000 S) schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 345 Abs 1 Z. 4, 6 und 8 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des genannten Angeklagten gegen dieses Urteil kommt keine Berechtigung zu.

Eine Beeinträchtigung der ihm zustehenden Vorbereitungsfrist (§ 221 StPO) macht der Beschwerdeführer mit der Begründung geltend (Z. 4), daß ihm eine vor der Hauptverhandlung begehrte Akteneinsicht verwehrt worden sei.

Unter der damit relevierten Nichtigkeitssanktion vorgeschrieben (§ 221 Abs 1 StPO) ist jedoch nur die Bestimmung des Tages der Hauptverhandlung derart, daß dem Angeklagten von der Zustellung der Vorladung an im geschwornengerichtlichen Verfahren eine Frist von wenigstens acht Tagen zur Vorbereitung seiner Verteidigung bleibt; diese Frist wurde im vorliegenden Fall (Termin der Hauptverhandlung:

3. November 1981, Zustellung der Vorladung an den Beschwerdeführer:

5. Oktober 1981) bei weitem eingehalten.

Für den Fall dagegen, daß ein Angeklagter in der Vorbereitung seiner Verteidigung auf andere Weise behindert wird - wofür übrigens hier die Aktenlage, speziell in die behauptete Richtung hin, keinen Anhaltspunkt bietet -, steht es ihm lediglich offen, jener Benachteiligung durch eine sachgerechte Antragstellung in der Hauptverhandlung entgegenzuwirken und allenfalls deren Ablehnung unter dem Gesichtspunkt des § 345 Abs 1 Z. 5 StPO als ungerechtfertigt zu rügen; derartige Anträge aber sind vom Beschwerdeführer gar nicht gestellt worden (vgl. 9 Os 29/78 u.a.). Eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung an die Geschwornen (Z. 6) hinwieder behauptet er mit dem Einwand, in den ihn betreffenden Hauptfragen 2, 4, 6

und 8 sei die ihm angelastete Verwendung einer Waffe bei den Raub-Taten unter Verstoß gegen § 312 Abs 1 StPO

nicht dahingehend individualisiert worden, daß er dazu (jeweils) eine - seiner Auffassung nach dem Begriff 'Waffe' in § 143 StGB nicht entsprechende - Gaspistole benützt habe; in Ansehung dieses Begriffs sei außerdem die den Geschwornen erteilte Rechtsbelehrung unrichtig (Z. 8), weil sie nicht darauf hinweise, daß als 'Waffe' nur ein Gegenstand zu verstehen sei, mit dem die körperliche Integrität eines Gegners nachhaltig verletzt, jener also getötet oder mindestens schwer verwundet werden könne, nicht aber ein solcher, der - wie seiner Ansicht nach auch eine Gaspistole - dem Bedrohten eine derartige Gefahr bloß vortäusche. Beide Vorwürfe sind indessen gleichfalls nicht zielführend.

Gaspistolen sind, wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach erkannt hat (vgl. ÖJZ-LSK. 1978/47, 1976/56, 10 Os 152/81 u.a.), unabhängig davon, ob sie geladen sind oder nicht (RZ. 1978/101 = verstärkter Senat), als Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen durch unmittelbare Einwirkung zu beseitigen oder herabzusetzen, 'Waffen' im Sinn des § 1 WaffG. und (jedenfalls) damit auch des § 143 StGB; von dieser Auffassung abzugehen bietet die Beschwerde - gleichwie eine im Schrifttum erst jüngst vertretene abweichende Ansicht (Krückl in ÖJZ. 1981, S. 566 ff.) - keinen Anlaß.

Dementsprechend kann zum einen von einer Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung in dem vom Beschwerdeführer behaupteten Sinn (Z. 8) keine Rede sein. Zum anderen aber ist eben darum unzweifelhaft erkennbar, daß das tatsächlich, allerdings nur teilweise, nämlich bei den Hauptfragen 2 ('geladene Waffen', 'vorgehaltene Waffe') sowie 8 ('gezogene Waffen') - wogegen die Art der Waffen in den Hauptfragen 4 ('Gaspistole') und 6 ('Pistole') ohnedies bezeichnet wurde und die Geschwornen durch die allgemeine Rechtsbelehrung (§ 325 Abs 2 StPO) sowie durch den Fragen-Vordruck (./D zu ON. 98) auch auf die Möglichkeit einer Beschränkung der Antwort im Sinn des § 330 Abs 2 StPO (wie etwa 'Ja, aber nicht unter Verwendung einer Pistole') hingewiesen waren -, unterlaufene Fehlen einer ausreichenden Individualisierung der Taten in Ansehung der jeweiligen Art der dabei verwendeten Waffen (Z. 6) keinen für ihn nachteiligen Einfluß auf die Entscheidung üben konnte (§ 345 Abs 3 StPO). Aus der hier vorangestellten rechtlichen Erwägung schließlich erweist sich der Einwand des Angeklagten, die Verwendung einer Gaspistole entspreche nicht der ihm angelasteten Qualifikation nach § 143 (zweiter Fall) StGB, auch dann als verfehlt, wenn man darin eine auf das Urteilsfaktum I.2. - dem der Wahrspruch zur vorerwähnten Hauptfrage 4

zugrunde liegt - bezogene Rechtsrüge nach § 345 Abs 1 Z. 12 StPO erblickt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten Christian A wegen des wie eingangs dargestellt begangenen Verbrechens sowie die Angeklagten Andreas A und Ernst B wegen des in der Zeit vom 19.Juni (bzw. 29.September) 1980 bis zum 17.Oktober 1980 in Wien und (bzw. nur) an anderen Orten verübten, durch Andreas A in fünf Fällen sowie durch B in einem Fall vollendeten und außerdem in jeweils einem Fall versuchten Verbrechens des schweren Raubes nach § 142 Abs 1, 143 (erster und zweiter Fall), 15 StGB - mit einem Wert der bei den überfällen (durch Andreas A auf einen Supermarkt, auf zwei Geldboten und auf drei Bankinstitute bzw. durch B auf zwei Bankinstitute) geraubten und zu rauben versuchten Beute in der Höhe von rund 756.000 S bei Andreas A bzw. von rund 356.000 S bei B - nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB zu Freiheitsstrafen in der Dauer von 10 Jahren bei Andreas A, 7 Jahren bei B und 6 Jahren bei Christian A.

Dabei wertete es bei allen Angeklagten ihr Geständnis und außerdem bei Andreas A seinen bisher ordentlichen Wandel, bei ihm und bei B den Umstand, daß es in Ansehung eines Raubes beim Versuch blieb, bei B und Christian A ihre Verleitung durch Andreas A sowie bei Christian A sein Alter unter 21 Jahren als mildernd, hingegen bei sämtlichen Angeklagten die Wiederholung des Raubes (in verschiedener Häufigkeit) und überdies bei Andreas A die Anstiftung seiner Mittäter, bei ihm und B das brutale Vorgehen im Faktum I.5. sowie bei B seine drei Vorstrafen wegen Vermögensdelikten als erschwerend. Den Berufungen, mit denen die Angeklagten jeweils eine Strafherabsetzung anstreben, kommt keine Berechtigung zu. Von einer drückenden Notlage, die seine schweren Raubtaten in einem milderen Licht erscheinen ließe, kann bei Andreas A schon mit Rücksicht auf die ihm offen gestandenen Möglichkeiten einer Vermögensverwertung, aber auch auf die Art und (nähere) Beschaffenheit der Delikte keine Rede sein. Dem Angeklagten Christian A hinwieder ist zwar wohl zusätzlich als mildernd zugute zu halten, daß es sich bei seinem ersten Raub noch um eine Jugendstraftat handelte; der Umstand dagegen, daß er die Straftaten vorwiegend im Interesse seines Bruders - jedoch durchaus nicht ohne jeglichen eigenen Nutzen - verübte, hat nicht die Bedeutung eines (ins Gewicht fallenden) Milderungsgrundes. Gleiches gilt für die Behauptung des Angeklagten B, er sei zur Mitwirkung auch durch die Notlage seiner Mutter motiviert worden und habe anfangs eine Beteiligung nachdrücklich abgelehnt; seiner Selbststellung ist angesichts der Situation, in der er sich dazu entschloß, nur ein geringer Milderungswert beizumessen; mit Recht hingegen trifft (auch) ihn der Vorwurf einer besonderen Brutalität und Gefährlichkeit des Täterverhaltens im Faktum I.5., die anderen Angeklagten zusätzlich auch beim Faktum I.2. des Urteilssatzes; und ebenso fällt es eher als negativ denn - unter dem Aspekt des bisherigen Nichtvollzuges einer Freiheitsstrafe an ihm - als positiv ins Gewicht, daß B die ihm bei seinen drei einschlägigen Vorstrafen wegen Diebstahls durch bedingte Verurteilung oder bedingte Strafnachsicht jeweils gewährte Chance zur Bewährung durchwegs nicht zu einer anhaltenden Resozialisierung zu nutzen vermochte. Bei einer zusammenfassenden Würdigung der vorliegenden (teilweise korrigierten) Strafzumessungsgründe zeigt sich, daß das Geschwornengericht die über die Angeklagten verhängten Freiheitsstrafen, zumal damit (ihrem Wesen nach) dem Kernbereich professioneller Schwerkriminalität zuzurechnende Straftaten geahndet wurden, sowohl absolut als auch - und hier insbesondere unter Bedacht auf die Jugend und auf das frühere Ausscheiden des Angeklagten Christian A aus dem Täterkreis - im Verhältnis zueinander nach ihrer tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) in keinem Fall zu hoch ausgemessen hat.

Sämtlichen Berufungen mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

Anmerkung

E03551

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0100OS00191.81.0126.000

Dokumentnummer

JJT_19820126_OGH0002_0100OS00191_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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