TE OGH 1982/2/17 11Os193/81

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Veröffentlicht am 17.02.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Februar 1982

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Payrhuber als Schriftführers in der Strafsache gegen Hermann A wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs. 1 und 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 1. September 1981, GZ 6 c Vr 5.502/81-27, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Doczekal und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in den im Punkt I 1 bis 4 des Schuldspruches enthaltenen Aussprüchen, es habe sich jeweils um Drohungen 'mit dem Tod' gehandelt, sowie in der rechtlichen Unterstellung der im Punkt I umschriebenen Straftaten auch unter den § 107 Abs. 2 StGB und demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruches über die Anrechnung der Vorhaft) aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Hermann A hat durch die in Punkt I des in vorgenannter Weise modifizierten Schuldspruches umschriebenen Tathandlungen das Vergehen der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs. 1 StGB begangen und wird hiefür sowie für das ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruches weiter zur Last liegende Vergehen der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB (Punkt II) nach dem § 107 Abs. 1

StGB unter Anwendung der § 28 und 39 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 (achtzehn) Monaten verurteilt.

Der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft wird aus dem Ersturteil übernommen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 6. Juni 1936 geborene, zuletzt beschäftigungslose Speditionsangestellte Hermann A der Vergehen der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs. 1 und 2 StGB und der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB schuldig erkannt, weil er in der Zeit zwischen Oktober 1979 und 18. Mai 1981 Elfriede B (Punkt I 1 und 5 des Schuldspruches), Erna C (Punkt I 2), Ilse C (Punkt I 3) sowie Elisabeth (im Ersturteil irrig 'Elfriede') B (Punkt I 4) gefährlich bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwischen 16. und 18. Mai 1981 zwei Reifen des PKW der Erstgenannten aufstach (Schaden ca 1.000 S).

Gegen diese Schuldsprüche wendet er sich mit einer auf die Z 4, 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Mit seiner den erstgenannten Nichtigkeitsgrund relevierenden Verfahrensrüge bekämpft der Angeklagte die Abweisung seines in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Einholung eines Gutachtens 'aus dem Bereich der Medizin' zum Beweis dafür, daß er zurechnungsunfähig war, weil er angab, 'er habe 3 Liter Wein getrunken und weiters bei einem Heurigenbesuch weiters Alkohol konsumiert hat' (S 134).

Rechtliche Beurteilung

Dem ist zunächst zu erwidern, daß sich der in Rede stehende Beweisantrag nach seiner oben wiedergegebenen Diktion klar erkennbar ausschließlich auf eines der mehreren vom Schuldspruch wegen des Vergehens nach dem § 107

StGB umfaßten Geschehnisse bezog, nämlich - wie sich aus dem Akteninhalt (vgl S 43 a verso unten, 80 unten, 130) ergibt - auf das Verhalten des Angeklagten am 27. April 1981, an welchem Tag er, wie auch die Beschwerde ausführt, die erwähnte Weinmenge konsumiert haben will. Es ist daher bloß in diesem Umfang zu überprüfen, ob durch die Abweisung des gestellten Beweisantrages Verteidigungsrechte des Angeklagten im Sinn des angezogenen Nichtigkeitsgrundes verletzt wurden, wogegen das weitere, in die Verfahrensrüge aufgenommene Beschwerdevorbringen des Angeklagten als nicht das im Beweisantrag umschriebene Beweisthema betreffend von vornherein außer Betracht zu bleiben hat.

Hinsichtlich der Vorfälle des genannten Tages, von denen im übrigen entgegen dem Beschwerdevorbringen ein ebenfalls stattgehabter mündlicher Streit mit der Zeugin Elfriede B (vgl S 80 unten) überhaupt nicht Verfahrensgegenstand ist, vielmehr allein die gegen die Zeuginnen Erna und Ilse C ausgestoßenen Drohungen (vgl S 100, 101, 133, 134, 145) unter Anklage gestellt wurden und nunmehr vom Schuldspruch umfaßt sind (Punkt I 2 und 3), berief sich der Angeklagte aber in der Hauptverhandlung selbst nicht auf das Vorliegen eines seine Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Alkoholrausches (§ 287 StGB), sondern erklärte im Gegenteil ausdrücklich, er sei damals trotz seines Weinkonsums nicht betrunken gewesen und könne sich an alles erinnern (S 131). Da auch keine sonstigen Verfahrensergebnisse eine alkoholisierungsbedingte Zurechnungsunfähigkeit an diesem Tag indizieren, bestand für das Erstgericht schon aus diesem Grund kein Anlaß für die Aufnahme des begehrten Sachverständigenbeweises. Dies umso weniger, als das Erstgericht den Angaben des Angeklagten über den damaligen Konsum von (zumindest) drei Liter Wein ersichtlich keinen Glauben schenkte und einem gerichtsärztlichen Sachverständigen mangels Hervorkommens sonstiger konkreter Hinweise für eine zur Tatzeit bestandene, ins Gewicht fallende Alkoholisierung des Angeklagten - wie auch das Schöffengericht in den Urteilsgründen sinngemäß und zutreffend ausführte (S 146) - kein verwertbares Tatsachensubstrat für eine Begutachtung zur Verfügung gestanden wäre.

Aus diesen Erwägungen verfiel der vom Erstgericht gestellte Beweisantrag demnach im Ergebnis zu Recht der Abweisung, wenngleich den in den Urteilsgründen zum Ausdruck gebrachten weiteren Ansichten des Erstgerichtes, wonach den Angeklagten im konkreten Fall eine allfällige Alkoholisierung (schon deshalb) nur enthemmt, nicht aber zurechnungsunfähig gemacht habe, weil das ihm angelastete Verhalten 'typisch für sein ganzes Leben ist' und im übrigen auch bei Annahme einer vollständigen (selbst verschuldeten) Berauschung für ihn 'nichts gewonnen wäre', weil die Strafdrohung sich nicht ändern würde (was unrichtig ist, da jene des § 287 Abs. 1 StGB zum Unterschied von der des § 107 Abs. 2 StGB alternativ auch eine primäre Geldstrafe vorsieht), nicht gefolgt werden kann. Der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 4 StPO liegt daher nicht vor.

Soweit der Angeklagte in Ausführung der den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO anrufenden Mängelrüge mit seinem Vorwurf mangelnder Auseinandersetzung mit den Ergebnissen des Beweisverfahrens und unzureichender Begründung des Schuldspruches wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs. 1 und 2

StGB die objektive Richtigkeit der vom Erstgericht dem Urteil zugrundegelegten Angaben der Zeugen Elfriede (gemeint offenbar: Elisabeth) B sowie Erna und Ilse C anzweifelt, denen zufolge sie den (die inkriminierten Drohungen in fast allen Fällen über Telefon oder Gegensprechanlage äußernden) Angeklagten an seiner Stimme erkannt hätten, sucht er - wie die Generalprokuratur richtig ausführt - in Wahrheit bloß in einer im Nichtigkeitsverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässigen und daher unbeachtlichen Weise die erstgerichtliche Beweiswürdigung zu bekämpfen. Gleiches gilt für den Hinweis des Beschwerdeführers, die ihm zu Punkt I 2 und 3 des Schuldspruches angelasteten Drohungen gegen Erna und Ilse C des Inhaltes 'die eineinhalb Jahre, die ich gesessen bin, werdet ihr mir büßen, ...' stimmten mit der Dauer der (auf Grund einer Anzeige der Ilse C) seinerzeit von ihm erlittenen tatsächlich nur 15- monatigen Strafhaft nicht überein, mit welchem der Angeklagte offensichtlich (schon der Sache nach in untauglicher Weise, da es im gegebenen Zusammenhang nicht auf eine präzis richtige Angabe der Dauer dieser Strafhaft ankommt) ein Argument für die Glaubwürdigkeit seiner generell leugnenden und vom Erstgericht abgelehnten Verantwortung ins Treffen führen will.

Unbegründet ist die Mängelrüge aber auch, soweit sie sich mit der Behauptung unzureichender Begründung gegen den Schuldspruch des Angeklagten wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB wendet, inhaltlich dessen ihm angelastet wird, in der Zeit zwischen 16. und 18. Mai 1981 zwei Reifen des PKW der Elfriede B aufgestochen und dabei einen Schaden von ca 1.000 S verursacht zu haben (Punkt II). Denn die diesem Schuldspruch zugrundeliegenden Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes finden ihre hinreichende Deckung in dem vom Erstgericht bezogenen (S 145) Umstand, daß die - zeitlich unmittelbar nach der gegen die Geschädigte geäußerten Drohung 'du miese Sau, du wirst dich noch wundern, was du noch an Watschen kriegst und was ich dir noch alles antue' (Punkt I 5 des Schuldspruches) - Sachbeschädigung ihre Entsprechung in einer ganz ähnlichen Tat findet, die der Angeklagte vor einigen Jahren gegenüber seiner geschiedenen Ehefrau (die ebenso wie nunmehr Elfriede B eine Rückkehr zu ihm ablehnte) beging.

überdies bekundete der Zeuge Franz D im Vorverfahren (ON 18), daß vermutlich am 19. Mai 1981 ein Mann in der Dienstgeberfirma der Elfriede B anrief, der diese Frau sprechen wollte und ihr über den Zeugen ausrichten ließ, das nächste Mal würden die Reifen ihres PKW nicht aufgestochen, sondern abmontiert werden. Auch aus diesem Beweisergebnis - welches das Erstgericht ersichtlich ebenfalls bei seiner Entscheidung berücksichtigte (vgl die Verlesungen in der Hauptverhandlung S 134, sowie S 144) -

ergibt sich deutlich, daß die Beschädigung der Autoreifen nicht etwa die Tat eines zur Geschädigten in keiner Beziehung stehenden mutwillig handelnden 'Vandalen', sondern ein gezielter Racheakt war, für den nach Lage des Falls primär der Angeklagte in Frage kommt, zumal auch Elfriede B nicht in der Lage war, einen gegründeten Verdacht gegen eine bestimmte andere Person zu äußern (S 131). Die Annahme der Täterschaft des Angeklagten durch das Erstgericht widerspricht sohin weder den Denkgesetzen noch der allgemeinen Lebenserfahrung, sondern ist nach den gegebenen Umständen im Rahmen des Rechtes des Schöffengerichtes auf freie Beweiswürdigung als hinreichend begründet anzusehen.

Auch die Mängelrüge vermag sohin nicht durchzuschlagen. Mit seiner den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO anziehenden Rechtsrüge behauptet der Beschwerdeführer, das Erstgericht habe durch die unter Punkt I 1 bis 5 des Schuldspruches umschriebenen Verhaltensweisen zu Unrecht den Tatbestand des Vergehens nach dem § 107

StGB als erfüllt angesehen, weil die objektiven Tatbildmerkmale dieses Deliktes nicht vorlägen.

Dem ist zu entgegnen, daß die Verwirklichung des Tatbildes des Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 StGB entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht die tatsächliche Herbeiführung einer 'immanenten Gefahr' (gemeint: der unmittelbar bevorstehenden Verwirklichung des angedrohten übels) voraussetzt (und demnach im übrigen auch subjektiv nicht die ernstliche Absicht des Täters, die angedrohte Tat auszuführen, welche denknotwendig mit der objektiven Herstellung einer solchen Gefahr verbunden sein müßte), sondern sich das objektive Tatbild dieses Vergehens in der Voraussetzung erschöpft, daß der Täter eine gefährliche Drohung im Sinn des § 74 Z 5 StGB äußert. Dies ist dann der Fall, wenn eine gegen den Bedrohten selbst oder gegen andere, diesem nahestehende Personen gerichtete Drohung mit einer Verletzung an den dort aufgezählten Rechtsgütern geeignet ist, dem Bedrohten (von seiner Warte aus unter Zugrundelegung des Verhaltens eines Durchschnittsmenschen gesehen) mit Rücksicht auf die Verhältnisse und seine persönliche Beschaffenheit oder die Wichtigkeit des angedrohten übels begründete Besorgnisse zufolge des Anscheins der drohenden Verwirklichung dieses übels einzuflößen, wobei die Drohung diesfalls geeignet sein muß, über diese gegründeten Besorgnisse hinaus den Bedrohten auch in 'Furcht und Unruhe' zu versetzen.

Dem letzteren Erfordernis wird immer dann Genüge getan sein, wenn die Drohung die Eignung besitzt, das Opfer in einen nachhaltigen, das ganze Gemüt ergreifenden, peinvollen Seelenzustand zu versetzen und sohin die Gedanken des Betroffenen zu beherrschen:

Wenn nun, wie vorliegend, ein bereits neunmal wegen Gewalttätigkeitsdelikten der verschiedensten Art gerichtlich Vorbestrafter (vgl Strafregisterauskunft S 9) solche Frauen zumindest (siehe hiezu die weiteren Ausführungen) mit einer Verletzung der körperlichen Integrität bedroht, die (Elfriede B, Ilse C) oder deren Töchter (was bei Elisabeth B und Erna C zutrifft) er bereits in der Vergangenheit wiederholt mißhandelte (vgl S 79, 130 und 142 sowie S 99, 132 und 141), wobei er überdies wegen gegenüber einer dieser Frauen geäußerter gefährlicher Drohungen schon einmal zu einer 15-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde (S 9, 133), dann ist ein solches Verhalten, wie das Erstgericht zutreffend erkannte (S 146), objektiv geeignet, bei den Bedrohten Furcht und Unruhe im oberwähnten Sinn hervorzurufen. In einem der nunmehr inkriminierten Fälle (Punkt I 5 des Schuldspruches) begleitete der Angeklagte überdies seine (in diesem Fall von Angesicht zu Angesicht ausgesprochene) Drohung mit einer Tätlichkeit, nämlich einem Schlag ins Gesicht seines Opfers (S 21, 140), wobei die Drohung nach ihrem Wortlaut ('.... was du noch an Watschen kriegst und was ich dir noch alles antue') im Hinblick auf die Persönlichkeit des Angeklagten und nach der sonstigen Lage des Falles nicht etwa bloß als einfache Mißhandlungsdrohung, sondern als Drohung mit einer effizienten Verletzung der körperlichen Integrität und allenfalls auch des Vermögens - welch letztere dann auch tatsächlich vom Angeklagten herbeigeführt wurde (Punkt II des Schuldspruches) - gewertet werden muß. Der Umstand, daß der Angeklagte die Drohungen wiederholte, spricht entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht für ihre Harmlosigkeit, sondern war im Gegenteil in besonderer Weise geeignet, die Angst der Bedrohten immer wieder zu erneuern und sie solcherart in einen andauernden qualvollen Seelenzustand zu versetzen. Ob die Bedrohten durch die Drohungen tatsächlich in Furcht und Unruhe versetzt wurden (was das Erstgericht im übrigen ausdrücklich annahm, vgl S 142, 143), ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers rechtlich ohne Belang.

Da das Erstgericht auch die zur Erfüllung des subjektiven Tatbestandes vorausgesetzte Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB), die Bedrohten in Furcht und Unruhe zu versetzen, bejahte (S 142, 143, 146), erkannte es den Angeklagten sohin zu Recht des Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 (Abs. 1) StGB schuldig. Die zur Gänze unberechtigte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war demnach zu verwerfen.

Das angefochtene Urteil ist jedoch insoweit mit dem - vom Angeklagten nicht geltend gemachten - Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO behafet, als das Erstgericht die unter Punkt I 1 bis 4 des Schuldspruches umschriebenen Drohungen als solche 'mit dem Tod' wertete und demgemäß den Angeklagten des Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs. 1 und Abs. 2 StGB schuldig erkannte. Denn nach forensischer Erfahrung stellen bloß verbale Todesdrohungen inhaltlich objektiv vorwiegend nur in übertriebener Weise ausgedrückte Drohungen mit einer Verletzung der körperlichen Integrität, nicht jedoch mit einem Anschlag auf das Leben des Bedrohten dar und sind in der Regel auch nur so beabsichtigt (vgl ÖJZ-LSK 1977/

345). Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Annahme einer echten, dem § 107 Abs. 2 StGB zu unterstellenden Todesdrohung kann nur dann angenommen werden, wenn die Drohung nach den obwaltenden besonderen Umständen objektiv geeignet ist, dem Bedrohten eine dahingehende Besorgnis einzuflößen und in subjektiver Hinsicht der Täter in dem Bedrohten auch wirklich Furcht vor einem Anschlag auf sein Leben hervorrufen wollte (vgl hiezu ÖJZ-LSK 1977/97). Im gegenständlichen Fall stellte das Erstgericht weder eine derartige Absicht des Angeklagten fest, noch kann im Hinblick darauf, daß die verbalen Drohungen /'jetzt kannst du zuschauen, wie ich sie erschlage' (I 1); 'die eineinhalb Jahre, die ich gesessen bin, werdet ihr mir büßen, den alten blinden Trottel bring' ich auch um' (I 2 und 3); Ankündigung Elisabeth B 'umzubringen' (I 4)/ in allen Fällen ohne Verwendung einer mörderischen Waffe (in den Fällen der Punkte I 2, 3 und 4 des Schuldspruches überdies mittels Telefon, bzw Gegensprechanlage) ausgesprochen wurden, sowie unter Berücksichtigung der sonstigen vom Erstgericht festgestellten Umstände des Falles zu Recht von einer objektiven Eignung der Drohungen gesprochen werden, die Bedrohten um ihr Leben (und nicht nur um ihre körperliche Integrität) bangen zu lassen. Sämtliche vom Punkt I des Schuldspruches umfaßten drohenden Äußerungen wären daher rechtsrichtig bloß als Vergehen der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs. 1 StGB zu beurteilen gewesen.

Dieser einen nicht gerügten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund verwirklichende und sich zum Nachteil des Angeklagten auswirkende Rechtsirrtum des Erstgerichtes war durch eine amtswegig zu ergreifende Maßnahme nach dem § 290 Abs. 1 StPO zu beseitigen. Bei der hiedurch notwendig gewordenen Neubemessung der nach dem § 107 Abs. 1 StGB zu verhängenden Strafe wurde auch vom Strafschärfungsrecht des § 39 StGB Gebrauch gemacht, dessen gesetzliche Voraussetzungen bereits das Erstgericht mit Recht als gegeben ansah (vgl S 141 und die Strafregisterauskunft S 9): Vor allem im Hinblick auf die Wirkungslosigkeit der bisherigen zahlreichen Abstrafungen des sich als gefährlicher Gewalttäter erweisenden Angeklagten wird nur eine Freiheitsstrafe im durch § 39 StGB eröffneten Ausmaß von achtzehn Monaten dem Unrechtsgehalt der nunmehrigen Taten und der Schwere der Täterschuld gerecht. Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft war aus dem Ersturteil zu übernehmen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03527

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0110OS00193.81.0217.000

Dokumentnummer

JJT_19820217_OGH0002_0110OS00193_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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