TE OGH 1982/3/30 9Os43/82

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Veröffentlicht am 30.03.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Kliment als Schriftführer in der Strafsache gegen Arnold A wegen des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 15.Oktober 1981, GZ 11 a Vr 932/80-23, den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 28-jährige Kellner Arnold A des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er in der Zeit zwischen dem 20.Feber 1980 und dem 19. März 1980 in Marchegg in wiederholten Angriffen Gut, das ihm anvertraut worden ist, nämlich (insgesamt) 4.572 S, die er für Edith B kassiert hatte, sich mit dem Vorsatz zugeeignet hat, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern. Von der weiteren Anklage, in zwei Fällen auch das Vergehen des Betruges nach § 146 StGB begangen zu haben, wurde Arnold A (rechtskräftig) gemäß § 259 Z. 3 StPO freigesprochen.

Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil im Schuldspruch mit einer auf die Z. 1, 4, 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde sowie im Strafausspruch mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Eine Urteilsnichtigkeit im Sinne der Z. 1 des § 281 Abs 1 StPO erblickt der Beschwerdeführer darin, daß über die gegenständliche Anklage das Schöffengericht entschieden hat, wiewohl nach Modifizierung der ursprünglichen Anklage durch den öffentlichen Ankläger in der Hauptverhandlung nur mehr eine in die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes fallende strafbare Handlung verblieben ist, weil dem Beschwerdeführer darnach lediglich die Veruntreuung von 4.572 S angelastet werde. Damit verkennt der Beschwerdeführer aber das Wesen des geltendgemachten Nichtigkeitsgrundes, stellt dieser doch darauf ab, daß der Gerichtshof nicht gehörig besetzt war oder nicht alle Richter der ganzen Verhandlung beigewohnt haben oder sich ein ausgeschlossener Richter an der Entscheidung beteiligt hat; keiner dieser Umstände wird jedoch vom Beschwerdeführer behauptet. Davon abgesehen kann gemäß § 219 StPO die Zuständigkeit des Gerichtes, das nach der Anklageschrift zur Hauptverhandlung berufen ist, nicht mehr angefochten werden, sobald der Beschuldigte rechtskräftig in den Anklagestand versetzt ist; Zuständigkeitsfragen können im Nichtigkeitsverfahren nur im Falle des § 281 a StPO oder gemäß § 281 Abs 1 Z. 6 StPO bei einem auf Grund der Bestimmung des § 261 StPO ergangenen Unzuständigkeitsurteil eine Rolle spielen (vgl. EvBl 1959/256), sodaß die sachliche Zuständigkeit des Schöffengerichtes mit der Behauptung, daß über die Tat vor dem Einzelrichter oder vor dem Bezirksgericht zu verhandeln und zu entscheiden gewesen wäre, im Nichtigkeitsweg nicht bekämpft werden kann (vgl. SSt. 31/116). Mit dem bezüglichen Beschwerdevorbringen wird somit keiner der im Gesetz taxativ aufgezählten Nichtigkeitsgründe dargetan, sodaß es insoweit an einer gesetzmäßigen Ausführung der Beschwerde fehlt. Als Verfahrensmangel nach der Z. 4 des § 281 Abs 1

StPO rügt der Beschwerdeführer die Abweisung seines in der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrags auf Ausforschung (und Vernehmung) jener beiden Kellner, die nach ihm bei Edith B beschäftigt waren und die 'auch ausgeschieden sind, weil die Kassa nicht gestimmt hat' (S. 122 d.A.). Das Erstgericht hat diesen Antrag mit der Begründung abgewiesen, daß durch eine Vernehmung dieser Zeugen nicht dargetan werden könne, ob der Angeklagte die ihm angelastete Tat begangen hat oder nicht, könnten doch diese Zeugen - wie der Begründung des bekämpften Zwischenerkenntnisses jedenfalls dem Sinn nach zu entnehmen ist - nur über ihr eigenes Verhalten, nicht aber über jenes des Angeklagten Angaben machen (S. 123 d.A.). Abgesehen davon, daß der in Rede stehende Beweisantrag - nach seinem protokollierten Wortlaut (vgl. S. 122 d. A.) - nicht erkennen läßt, was durch die begehrte Beweisaufnahme in bezug auf den Angeklagten und die ihm vorgeworfenen Veruntreuungshandlungen zu Lasten der Edith B konkret bewiesen werden soll, verfiel dieser Antrag jedenfalls zu Recht der Abweisung, weil der Umstand, daß auch bei den Nachfolgern des Beschwerdeführers als Kellner im Kaffeehaus B die Kassa nicht gestimmt habe, keine Rückschlüsse darauf zuläßt, ob sich der Beschwerdeführer Geld, das er von den Kaffeehausgästen kassiert hat, widerrechtlich zugeeignet hat oder nicht. Durch das bekämpfte Zwischenerkenntnis konnten sohin Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers nicht beeinträchtigt werden.

Aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs 1

StPO wendet sich der Beschwerdeführer dagegen, daß das Schöffengericht den Angaben des Zeugen (Johannes) B folgte, die jedoch - seiner Auffassung nach - zur Widerlegung seiner Verantwortung nicht ausreichen, weil B selbst eingeräumt habe, daß auch bei den folgenden drei Kellnern das Geld nicht gestimmt habe, woraus abzuleiten sei, daß 'offenbar nicht die Kellner, sondern der Zeuge B nicht in der Lage war, eine ordnungsgemäße Verrechnung zu führen'; das Ersturteil sei daher unzureichend begründet und widerspruchsvoll.

Was zunächst die Einwände gegen die Beweiskraft der Aussage des Zeugen B betrifft, so bekämpft der Beschwerdeführer damit in unzulässiger und deshalb unbeachtlicher Weise die freie Beweiswürdigung des erkennenden Gerichtes. Im übrigen hat sich der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren nie dahin verantwortet, daß die - von ihm eingestandenen (vgl. S. 88/89 d.A.) - Fehlbeträge auf Verrechnungsfehler des Zeugen B zurückzuführen seien; er hat ihr Zustandekommen vielmehr teils mit eigener 'Schlamperei', teils mit Zechprellereien bzw. Diebstählen Dritter zu erklären versucht, welche Verantwortung das Schöffengericht (mit zureichender Begründung) als widerlegt erachtet hat (S. 131/132 d.A.). Für eine Erörterung der nunmehr - erstmals in der Nichtigkeitsbeschwerde - vorgebrachten Version bestand somit für das Erstgericht kein Anlaß. Ebensowenig war aber das Schöffengericht dazu verhalten, in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zu erörtern, daß nach den Bekundungen des Zeugen B auch bei den Nachfolgern des Beschwerdeführers Fehlbeträge festgestellt wurden.

Der Beschwerdeführer vermag daher mit seinen Ausführungen Begründungsmängel in der Bedeutung der Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO nicht aufzuzeigen.

In der Rechtsrüge führt der Beschwerdeführer zunächst aus, daß es an der subjektiven Tatseite der Veruntreuung fehle, weil er weder mit Tatbestands- noch mit Bereicherungsvorsatz gehandelt habe. Bei diesem Vorbringen übergeht die Beschwerde jedoch die Urteilskonstatierungen, wonach der Beschwerdeführer deliktsspezifisch vorsätzlich und mit Bereicherungsvorsatz gehandelt hat (S. 130, 132 d.A.);

sie ist daher nicht gesetzmäßig ausgeführt. Soweit der Beschwerdeführer aber - formell im Rahmen der Rechtsrüge aus der Z. 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO, der Sache nach insoweit einen (weiteren) Begründungsmangel in der Bedeutung der Z. 5 der zitierten Gesetzesstelle behauptend -

meint, das Ersturteil sei unvollständig, weil nicht darauf eingegangen werde, daß inzwischen insgesamt 4.500 S zurückbezahlt worden seien, so übersieht er, daß sich das Erstgericht mit den bezüglichen Angaben des Beschwerdeführers und des Zeugen B nicht auseinandersetzen mußte, weil eine nachträgliche Schadensgutmachung keine für die Beurteilung der Schuldfrage entscheidende Tatsache (§ 270 Abs 2 Z. 4 StPO) darstellt, sondern nur für die Strafbemessung von Bedeutung sein kann.

Was letztlich den auf die Z. 10 des § 281 Abs 1

StPO gestützten Einwand betrifft, das Erstgericht habe zu Unrecht

'eine Qualifikation der Tat nach § 39

StGB' vorgenommen, so wird damit weder der geltendgemachte noch ein anderer Nichtigkeitsgrund ausgeführt, zumal das Erstgericht § 39 StGB bei der Strafbemessung nicht angewendet hat und im übrigen die Anwendung (oder Nichtanwendung) der zitierten Bestimmung, die bloß eine fakultativ anzuwendende Strafbemessungsvorschrift darstellt, nur mit Berufung bekämpft werden könnte, sofern nicht eine überschreitung der Grenzen der durch § 39

StGB ermöglichten Strafschärfung vorliegt, wovon vorliegend - mangels Anwendung des § 39 StGB - keine Rede sein kann. Die Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich somit teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z. 2 StPO, teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt gemäß § 285 d Abs 1 Z. 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO, sodaß sie schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen war. über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden (§ 296 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03741

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0090OS00043.82.0330.000

Dokumentnummer

JJT_19820330_OGH0002_0090OS00043_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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