TE OGH 1982/4/2 7Ob526/82

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Veröffentlicht am 02.04.1982
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Norm

CMR, allgemein Art17

Kopf

SZ 55/48

Spruch

Der Absender haftet im internationalen Straßengüterverkehr dem Frachtführer für den durch mangelhafte Verladung des Gutes durch ihn oder seine Leute entstandenen Schaden nach materiellem nationalen Recht (nicht CMR), wenn er trotz Warnung auf der gefährlichen Verladung beharrt hat

OGH 2. April 1982, 7 Ob 526/82 (OLG Linz 1 R 177/81; LG Salzburg 12 a Cg 492/80)

Text

Die Klägerin begehrt den Zuspruch von 114 600 S samt Anhang und bringt vor, sie habe ihren Sattelauflieger am 29. 10. 1980 in Salzburg durch die Beklagte mit Schiffslacken beladen lassen; die Ware sei zum Transport nach Piräus, Griechenland, bestimmt gewesen. Der Verlademeister der Beklagten habe die Lackfässer trotz des Protestes des Fahrers der Klägerin - der darauf aufmerksam gemacht habe, daß dadurch die Lackdosen beim Transport zerdrückt werden könnten und der Lack ausrinnen könne - übereinandergestellt aufladen lassen, mit dem Hinweis, daß auch noch Sammelgut (Karosserieteile) aufgeladen werden müßte. Beim Transport seien tatsächlich Lackdosen zerdrückt worden und es sei Lack ausgeronnen. Durch Stehtage, Umladung und Reinigung sowie auch durch die Aufnahme des Schadens und die Erneuerung von zwei Kotflügeln sei der Klägerin ein Schaden in der Höhe des Klagebetrages entstanden.

Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage und wendet ein, das Beladen des Sattelaufliegers sei nach den Anweisungen des Fahrers der Klägerin erfolgt; der Fahrer habe keineswegs gegen die Art der Beladung protestiert.

Das Erstgericht erkannte mit dem Zwischenurteil, daß der Anspruch der Klägerin dem Gründe nach (mit mindestens 1 S) zu Recht bestehe.

Es traf folgende Feststellungen:

Auf Grund einer telefonischen Anfrage der Beklagten kam es im Oktober 1980 zwischen den Parteien zum Abschluß eines Transportvertrages. Dabei sollte die Klägerin Lackfässer und Sammelgut nach Griechenland transportieren. Die Beladung sollte durch die Beklagte in Salzburg vorgenommen werden. Am 29. 10. 1980 meldete sich der Fahrer der Klägerin, Hermann S, mit deren Sattelauflieger in Salzburg bei der Beklagten. Dort zeigte ihm der Verlademeister Hermann B Lackfässer und Karosserieteile, die geladen werden sollten. Auf den Hinweis des Fahrers, er werde das nicht alles auf seinen Wagen bringen, erwiderte der Verlademeister, das ginge schon, sie machten das öfters, das sei schon in Ordnung. Gegen den Protest des Fahrers wurden dann 23 Paletten mit verschieden großen Fässern in der Form verladen, daß zwei Lagen übereinander gestellt wurden. Sodann wurde noch Sammelgut auf die Ladefläche geladen. Der Verlademeister mußte diese Art wählen, weil er sonst die gesamte Fracht nicht auf den Sattelauflieger hätte verladen können. Er war aber gehalten, die gesamte Ladung unterzubringen, weil die Frachtkosten danach kalkuliert waren. Wären die Fässer nach dem Wunsch des Fahrers verladen worden (nur eine Lage Fässer), hätten nur die Fässer transportiert werden können. In diesem Fall hätte der Verlademeister dem Transport nicht zugestimmt.

Der Fahrer des LKWs der Klägerin hat seine Bedenken bezüglich dieser Art der Verladung unter neuerlichem Hinweis auf die Route, die er zu befahren habe, auch bei Abholung der Frachtpapiere gegenüber Elfriede T, einer Büroangestellten der Beklagten, zum Ausdruck gebracht. Im besonderen wehrte er sich gegen den auf dem Frachtbrief angebrachten Stempelaufdruck, wonach die Beladung ausschließlich nach Weisung des Fahrers erfolgt sei. Elfriede T drängte aber den Fahrer der Klägerin zur Unterschrift, damit er abfahren könne. Als Hermann S zu seinem Wagen zurückkam, war bereits alles fertig verladen und die Ladung plombiert.

Etwa 100 Kilometer nach der jugoslawischen Grenze, in Griechenland, bemerkte Hermann S anläßlich einer Inspektion des Wagens, daß Lack über die Bordwand tropfte. Da der Wagen plombiert war, konnte er nichts unternehmen. Er fuhr zunächst vorsichtig zum Bestimmungsort in Griechenland.

Dort wurde zunächst das Sammelgut entladen, dann wurde die Fracht wieder plombiert, weil der Empfänger der Lackfässer die Verzollung selbst durchführte. Es stellte sich dann heraus, daß etwa 40 (richtig wohl 14) Fässer zum Teil erheblich zerdrückt und daher zur Gänze beschädigt waren. Von der Versicherung wurden Fotos gemacht und der Schaden behoben. Das dauerte zwei bis drei Tage. Dann reinigte Hermann S die Ladefläche notdürftig. Schon vorher hatte er sich mit seiner Arbeitgeberin in Verbindung gesetzt. Trotz einer von dieser angeordneten Reinigung konnte die vorgesehene Fracht, nämlich Reis, nicht geladen werden. Im Auftrag der Klägerin fuhr Hermann S nach Saloniki und lud Kartons. Diese waren für die Firma A in Ried im Innkreis bestimmt. Dort mußten sie zum Zweck des Weitertransportes an eine deutsche Firma umgeladen werden.

Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß die Schäden an den Lackfässern auf die Fahrweise des Hermann S zurückzuführen sind und eine andere Ursache als die Art der Verladung hatten.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, die Verantwortlichkeit der Beklagten gegenüber der Klägerin sei in Anlehnung an die Haftungsbefreiung des Frachtführers für Schäden am Frachtgut nach Art. 17 Z 4 lit. c CMR gegeben, wonach der Frachtführer für die Folgen einer vom Absender unsachgemäß vorgenommenen Beladung nicht einzustehen habe.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes als Teil-Zwischenurteil hinsichtlich des Anspruches der Klägerin auf Ersatz von zwei Stehtagen in Piräus sowie der Kosten der Umladung und der Reinigung ihres Fahrzeuges; im übrigen, di. hinsichtlich der Kosten der Schadensaufnahme sowie der Erneuerung von zwei hinteren Kotflügeln samt Schutzfängern, hob es das Ersturteil ohne Rechtskraftvorbehalt auf. Ausgehend von den unbekämpft gebliebenen Feststellungen - die es allerdings hinsichtlich der Kosten der Schadensaufnahme und der Erneuerung von zwei hinteren Kotflügeln als mangelhaft ansah -, vertrat es die Ansicht, daß zwar die Bestimmungen des Art. 17 Z 4 lit. c CMR auf den vorliegenden Fall nicht unmittelbar anwendbar seien, daß aber eine gewisse Übereinstimmung zwischen der Eigenverantwortlichkeit des Absenders für Schäden am Frachtgut als Folge der von ihm selbst vorgenommenen Verladung und seiner Haftung aus dem, wenn auch in diesem Umfang weitgehend nach dem ABGB zu beurteilenden, Frachtvertrag (Werkvertrag) gegenüber dem Frachtführer bestehe, wenn es das Frachtgut so schlecht verstaue, daß es beschädigt werde und dadurch Schäden am Transportfahrzeug verursache.

Im Ersturteil komme zum Ausdruck, daß die Fässer nicht durch eine unsachgemäße Fahrweise des Lenkers der Klägerin, sondern deshalb beschädigt worden seien, weil sie trotz ihrer verschiedenen Größe und ihres Gewichts übereinander gelagert wurden. Dies seien jedoch Umstände, auf die ein Verlademeister Bedacht nehmen müsse. Die schonende Behandlung des LKW beim Verladen sei eine vertragliche Nebenpflicht des Absenders. Es hätte daher der Absender beweisen müssen, daß den Verlademeister an der Verletzung dieser vertraglichen Nebenpflicht kein Verschulden treffe (§ 1298 ABGB). Der auf dem Frachtbrief angebrachte Vermerk, wonach die Beladung ausschließlich nach Weisung des Fahrers erfolgt sei, sei von der Klägerin widerlegt worden. Ein Mitverschulden des Fahrers der Klägerin, das darin gelegen sei, daß er zwar zunächst gegen die Art der Verladung protestiert, dann aber die Fahrt doch angetreten habe, habe die Beklagte im Verfahren vor dem Erstgericht nicht behauptet. Im übrigen wäre es dem Lenker der Klägerin nicht zumutbar gewesen, auf der ihm allein sicher erscheinenden Art der Verladung zu bestehen, wenn daran die Durchführung des Transports überhaupt gescheitert wäre.

Der Oberste Gerichts hofgab der Revision der beklagten Partei gegen das Teil-Zwischenurteil nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die CMR regelt nur die Haftung des Absenders für die dem Frachtführer durch mangelhafte Verpackung des Gutes verursachten Schäden an Personen, Transportmitteln und anderen Gütern sowie die dadurch verursachten Kosten (Art. 10). Die durch mangelhafte Verladung des Gutes an den Transportmitteln des Frachtführers entstandenen Schäden und sonstigen Kosten werden in der CMR nicht erwähnt, da diese eine Regelung des Ladegeschäftes nicht enthält (Muth, Leitfaden zur CMR[4] 80, vgl. auch Helm, Großkommentar zum Handelsgesetzbuch[5] D 452 f.). Eine analoge Anwendung des Art. 17 Abs. 4 lit. c CMR ist wegen des anderen Regelungszweckes (Haftung des Frachtführers) nicht möglich. Es kommen daher die Bestimmungen des materiellen nationalen Rechtes (hier des österreichischen Rechtes) zur Anwendung (Helm aaO D 433 ff.). In erster Linie zu berücksichtigen wären dabei wegen der Kaufmannseigenschaft der Streitteile die Bestimmungen des Handelsgesetzbuches. Für den vorliegenden Fall kann diesen jedoch nichts entnommen werden; denn § 429 HGB regelt zwar die grundsätzliche Haftung des Frachtführers für die transportsichere Verladung (vgl. HS VI 38); gerade hier kommt aber diese Haftung nicht zum Tragen, weil die Verladung vom Absender eigenverantwortlich übernommen wurde. Zur Anwendung kommen daher die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes.

Die gegenseitigen vertraglichen Verpflichtungen der Streitteile entsprechen jenen eines Werkvertrages (vgl. Heuer, Die Haftung des Frachtführers nach der CMR 42 f.). Dabei traf die Beklagte im Rahmen der allgemein zwischen Vertragspartnern bestehenden Schutz- und Sorgfaltspflichten (Koziol - Welser, Grundriß[5] I 164) die vertragliche Nebenpflicht, die von ihr vorzunehmende Beladung des Kraftfahrzeuges der Klägerin so durchzuführen, daß dieses nicht beschädigt wird, wogegen die Klägerin gehalten war, die Beklagte im Sinne des § 1168a Satz 3 ABGB auf die Gefahr hinzuweisen, die bei der von ihr gewählten Verladungsart durch den Transport und die Beschaffenheit der zu befahrenden Straßen für das Frachtgut entstunden. Die Klägerin hat dieser ihrer Warnpflicht entsprochen; die Warnung ihres Fahrers ließ auch erkennen, daß die vom Verlademeister der Beklagten vorgenommene Verladung der Lackfässer eine Beschädigung des Frachtgutes zur Folge haben könnte (vgl. SZ 27/292; RZ 1968/107 ua.).

Die Beklagte dagegen hat die ihr obliegenden Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber dem Kraftfahrzeug der Klägerin nicht erfüllt. Denn der aus den Fässern ausrinnende Lack hat am Fahrzeug der Klägerin solche Spuren hinterlassen, daß ein beträchtlicher Aufwand zur Schadensbehebung (Reinigung und Ausbesserung) erforderlich war und weitere Kosten durch Stehtage und Umladen entstanden. Daß sie an der Erfüllung dieser vertraglichen Pflichten ohne ihr Verschulden verhindert worden sei, hat die Beklagte nicht bewiesen; dieser Beweis aber wäre, wie bereits das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, gemäß § 1298 ABGB ihr oblegen gewesen (JBl. 1975, 205; SZ 48/100; SZ 49/37 ua.). Mit Recht hat daher das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten für den von der Klägerin geltend gemachten Schaden (im Umfang der angefochtenen Entscheidung) bejaht. Ein (Mit)Verschulden der Klägerin liegt nicht vor.

Gehorcht der Unternehmer dem Besteller trotz Erfüllung seiner Warnpflicht, so geschieht dies (RZ 1968, 107; SZ 35/73; Adler - Höller in Klang[2] V 408 f.; Koziol - Welser, Grundriß[5] I 319) auf Gefahr des Bestellers, dem gegenüber der Unternehmer für alle Folgen, die sich aus der Verfügung des Bestellers ergeben, nicht verantwortlich ist.

Anmerkung

Z55048

Schlagworte

Absender, Haftung für mangelhafte Verladung: anzuwendendes Recht im, internationalen Straßengüterverkehr, Frachtführer, Haftung des Absenders für mangelhafte Verladung:, anzuwendendes Recht im internationalen Straßengüterverkehr, Straßengüterverkehr, internationaler, Haftung des Absenders gegenüber, Frachtführer für mangelhafte Verladung: anzuwendendes Recht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0070OB00526.82.0402.000

Dokumentnummer

JJT_19820402_OGH0002_0070OB00526_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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