TE OGH 1982/4/27 9Os39/82

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Veröffentlicht am 27.04.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.April 1982 unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pribitzer als Schriftführer in der Strafsache gegen Elfriede A wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von der Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 15.Oktober 1981, GZ. 11 b Vr 104/81-53, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Doczekal und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 31.Jänner 1954 geborene Hausfrau Elfriede A des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 zweiter Fall StGB (Punkt I/ des Schuldspruchs) und des Vergehens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 sowie § 15

StGB (Punkt II/ des Schuldspruchs) schuldig erkannt. Dagegen wendet sich die Angeklagte mit einer auf die Z. 3, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 3 StPO erblickt die Beschwerdeführerin darin, daß in der Hauptverhandlung der Zeuge Willibald B ohne Vorhalt des § 152 StPO vernommen wurde, obgleich sie im Zuge ihrer Verantwortung angegeben habe, mit dem Genannten in Lebensgemeinschaft gelebt zu haben und nicht geklärt worden sei, ob diese Lebensgemeinschaft noch aufrecht bestehe.

Dabei übersieht die Beschwerdeführerin jedoch, daß sie in der Hauptverhandlung ausdrücklich erklärte, die - von ihr verleumdete - Johanna B sei die Schwester ihres ehemaligen Lebensgefährten (gemeint Willibald B), und daß der Zeuge B sich bei seiner anschließenden Vernehmung im Rahmen der Befragung zur Person auch selbst als 'fremd' zur Angeklagten bezeichnete (S. 172; vgl. auch S. 41). Damit war klargestellt, daß zwischen der Beschwerdeführerin und dem Zeugen B keine aufrechte Lebensgemeinschaft mehr besteht (was die Angeklagte auch in ihrem Rechtsmittel gar nicht behauptet) und B sohin kein Entschlagungsrecht im Sinne des § 152 StPO hatte (vgl. § 72 Abs. 2

StGB, siehe auch EvBl. 1976/221 = ÖJZ-LSK. 1976/85 zu § 152 StPO). Er war folglich in dieser Richtung auch nicht zu belehren. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund liegt demnach nicht vor. In Ausführung ihrer Rechtsrüge wirft die Beschwerdeführerin dem Erstgericht zunächst als Nichtigkeit nach der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO vor, keine Feststellungen darüber getroffen zu haben, daß sie ihre (die Zeugin Johanna B verleumdenden) Angaben vor der Gendarmerie nur deshalb gemacht habe, weil sie den sie selbst treffenden Verdacht der Täterschaft bezüglich bestimmter Straftaten von sich ablenken wollte, obgleich dies im Verfahren hervorgekommen sei.

Eine solche - hier sicherlich gegebene - Motivation ist aber für die Beurteilung des bezüglichen Tatverhaltens der Beschwerdeführerin als Verbrechen nach § 297 Abs. 1 StGB ohne Relevanz, zumal sie die Täterin nicht exkulpieren kann und die Verleumdung einer anderen Person entgegen der irrigen Rechtsansicht der Beschwerdeführerin keineswegs eine (straflose) 'Deckungshandlung' in bezug auf vom Verleumder selbst verübte Straftaten darstellt. Der vermißten Konstatierungen bedurfte es daher nicht.

Ebensowenig ist die Beschwerdeführerin aber auch im Recht, wenn sie vermeint, das Erstgericht hätte vorliegend Feststellungen darüber treffen müssen, daß zum Zeitpunkt der Verleumdung sie selbst schon der betreffenden Straftaten überführt und ihre gegen Johanna B geäußerten Anschuldigungen daher so unglaubhaft gewesen seien, daß von vornherein nicht einmal die Wahrscheinlichkeit eines behördlichen Einschreitens gegen die Genannte bestanden habe (vgl. ÖJZ-LSK. 1975/

144 = SSt. 46/39). Denn nach den Feststellungen des Erstgerichtes (S. 184) in Verbindung mit den in der Hauptverhandlung verlesenen (S. 174) und vom Schöffensenat ausdrücklich als Urteilsgrundlage herangezogenen (S. 182) Gendarmerieerhebungen bestand auf Grund der falschen Anschuldigungen der Angeklagten nicht nur die Gefahr einer behördlichen Verfolgung der Johanna B, sondern es wurden gegen die Genannte auch tatsächlich behördliche Erhebungen durchgeführt. Sie wurde nämlich zu den in Punkt I/ A des Schuldspruches umschriebenen falschen Beschuldigungen am 18.April 1978 vom Gendarmeriepostenkommando Sierndorf als Verdächtige vernommen (S. 19 in ON. 26) und in bezug auf die weiteren, in Punkt I/ B des Schuldspruches näher bezeichneten Anschuldigungen in Richtung von Scheckbetrügereien vom Gendarmeriepostenkommando Sierndorf am 31. Juli 1978 - nachdem sie dort hiezu zunächst als Auskunftsperson vernommen worden war - zu Vergleichszwecken zur Unterschriftsleistung mit dem Namen 'Johanna S***' verhalten (S. 27 und 47 in ON. 12). Aus der Tatsache der Vornahme dieser Erhebungen ergibt sich bereits, daß damals keineswegs bereits die Angeklagte als Täterin feststand. Nur der Vollständigkeit halber sei dem noch beigefügt, daß die Angeklagte vor dem Untersuchungsrichter (S. 115) ihr Bewußtsein, Johanna B durch ihre falschen Angaben der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung ausgesetzt zu haben, auch selbst zugegeben hat.

Gestützt auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO wendet sich die Beschwerdeführerin schließlich gegen die rechtliche Beurteilung ihres Verhaltens als Verbrechen der Verleumdung nach dem zweiten Fall des § 297 Abs. 1 StGB, wobei sie den Mangel von Feststellungen darüber rügt, ob ihr bei Begehung der Verleumdungen bewußt war, daß sie Johanna B jeweils Betrügereien mit einer Schadenssumme vorwarf, die die Anwendung der ein Jahr übersteigenden Strafdrohung des § 147 Abs. 2 StGB (bis zu 3 Jahren) nach sich gezogen hätte.

Rechtliche Beurteilung

Diesbezüglich ist die Beschwerdeführerin zunächst darauf zu verweisen, daß sich auch unter der Annahme, ihr Verleumdungsvorsatz sei - was sie selbst einräumt -

nur auf den Vorwurf von Betrugshandlungen im Sinne der §§ 146, 147 Abs. 1 StGB gerichtet gewesen (die zu Punkt I/ A des Schuldspruches umschriebene Verleumdung umfaßt u.a. auch den Vorwurf eines auch nach § 147 Abs. 1 Z. 1 StGB qualifizierten Betruges), die Verleumdung auf eine fälschlich angelastete Handlung bezogen hätte, die mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist (der Strafrahmen des § 147 Abs. 1 StGB reicht - wie die Beschwerdeführerin selbst zutreffend vermerkt -

ebenfalls bis zu drei Jahren), sodaß schon deswegen allein die Tat als Verbrechen der Verleumdung nach dem zweiten Fall des § 297 Abs. 1 StGB zu beurteilen gewesen wäre. Im übrigen finden sich in den Verfahrensergebnissen keine Anhaltspunkte dafür, daß der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt ihrer Verleumdungshandlungen etwa unbekannt gewesen sein könnte, die Zeugin Johanna B mehrfacher Betrügereien mit einer (sogar bei jedem der beiden Verleumdungsfakten für sich allein) 5.000 S übersteigenden Schadenssumme (§ 147 Abs. 2 StGB) bezichtigt zu haben. Waren doch in Wahrheit diese der Johanna B angedichteten Betrügereien tatsächlich verübt worden, nur eben von der Angeklagten selbst (vgl. Fakten II/ A 2 und II/ B des Schuldspruches); sie kannte daher die Höhe der betrügerisch herausgelockten Beträge ganz genau. Positives Wissen um die für das angedichtete Delikt vorgesehene Strafdrohung ist aber für die Annahme der Verbrechensqualifikation nach § 297 Abs. 1 zweiter Fall StGB nicht erforderlich (Leukauf-Steininger2, RN. 16 zu § 297 StGB).

Auch insoweit kommt der Rechtsrüge demnach keine Berechtigung zu. Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte die Angeklagte nach dem zweiten Strafsatz des § 297 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 1 (einem) Jahr.

Dabei wertete es als erschwerend das Zusammentreffen zweier Delikte und die Vielzahl der Betrugsfakten, als mildernd hingegen das volle und reumütige Geständnis, das wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat.

Mit ihrer Berufung strebt die Angeklagte die Herabsetzung der Strafe sowie - der Sache nach - auch die Gewährung bedingter Strafnachsicht an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Der Berufungswerberin ist zuzugeben, daß die vom Erstgericht festgestellten Strafzumessungsgründe zunächst insoweit einer Korrektur bedürfen, als die jedenfalls teilweise Schadensgutmachung (vgl. S. 174) und der Umstand, daß der Betrug in einem Fall (Faktum II/A/3

des Schuldspruchs) beim Versuch geblieben ist, als weitere Milderungsgründe hinzukommen; demgegenüber fällt der Berufungswerberin jedoch zusätzlich erschwerend zur Last, daß sie bereits einschlägig vorbestraft ist und daß sie Johanna B wiederholt (und in verschiedener Richtung) verleumdet hat.

Aber auch unter Berücksichtigung der solcherart richtiggestellten Strafzumessungsgründe erweist sich das vom Erstgericht gefundene Strafmaß nicht als überhöht;

es entspricht vielmehr der Schwere der Schuld und der Täterpersönlichkeit der Berufungswerberin, die ersichtlich immer wieder zu Betrügereien neigt und auch nicht davor zurückschreckt, eine andere Person mehrfach zu verleumden. Angesichts dieser kriminellen Persönlichkeitsartung der Berufungswerberin bedarf es nunmehr - nachdem die bisherigen Abstrafungen offensichtlich wirkungslos geblieben sind - einer entsprechend strengen Strafe, wobei es erforderlich ist, daß die Berufungswerberin das Strafübel auch tatsächlich verspürt.

Es kam daher weder eine Reduzierung der Strafe noch eine Gewährung bedingter Strafnachsicht in Betracht, sodaß auch der Berufung zur Gänze ein Erfolg zu versagen war.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03674

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0090OS00039.82.0427.000

Dokumentnummer

JJT_19820427_OGH0002_0090OS00039_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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