TE OGH 1982/5/14 10Os73/82

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Veröffentlicht am 14.05.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Glock als Schriftführer in der Strafsache gegen Walter A wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 22. März 1982, GZ 7 d Vr 12.639/81-33, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen wegen dauernder Sachentziehung und Raubes (Pt 1 und 2 des Urteilssatzes) sowie demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruches nach § 38

StGB) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 9. Mai 1951 geborene 'Gelegenheitsarbeiter' Walter A des Vergehens der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs. 1

und 2 StGB (Punkt 1), des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB (Punkt 2) und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB (Punkt 3) schuldig erkannt.

Mit seiner aus der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte nur die Punkte 1) und

2) des Schuldspruches, in welchem ihm angelastet wird, in Wien (zu 1) am 6. August 1981 den Karl B durch die - ohne Zueignung erfolgte - dauernde Entziehung eines Pinselohraffens im Werte von 5.500 S aus dessen Gewahrsam geschädigt sowie (zu 2) am 13. Novmeber 1981 dem Gerhard C mit Gewalt gegen dessen Person 2.700 S mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er den Genannten am Halse packte und ihm den Geldbetrag aus der Sakkoaußentasche zog.

Die Mängelrüge ist in beiden Punkten berechtigt.

Das Erstgericht stützt die wesentliche Feststellung, daß der Angeklagte auf dem Wege vom Schnellbahnhofrestaurant Floridsdorf zum nahe gelegenen Cafe D beim Durchlaß unter der Bahn das Tier plötzlich dem B von dessen Schulter nahm, sodann durch den Bahnhof ins Bahnhofsespresso lief und dort den Affen einer unbekannten Frau übergab, die damit flüchtete, auf die als glaubwürdig und unbedenklich angesehene Aussage des genannten Zeugen; es erachte dadurch die gegenteilige Verantwortung des Angeklagten für widerlegt, er habe B dabei beobachtet, wie er dem Affen im Restaurant Wein zu trinken gab, hierin eine Tierquälerei erblickt und zu dem Tier hingegriffen, das daraufhin weggelaufen sei.

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend sieht der Beschwerdeführer in der gänzlichen stillschweigenden Übergehung der ursprünglichen Angaben Bs anläßlich der Anzeigeerstattung bei der Polizei am 6. August 1981 (S 39) durch das Erstgericht eine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung (im Sinne des angerufenen Nichtigkeitsgrundes). Damals hatte der 'mittelstark' alkoholisierte Anzeiger überhaupt nicht gewußt, auf welche Weise ihm der Affe abhanden gekommen war und lediglich die 'Vermutung' ausgesprochen, daß ihm das Tier durch den Beschwerdeführer (in der Schnellbahnhofgaststätte) von der Schulter genommen und 'laufen lassen' worden sei; woher er dann nach mehr als vier Monaten, nämlich bei seiner Einvernahme vor dem Untersuchungsrichter am 22. Dezember 1981 (ON 12 S 93 f) sein - später, und zwar bei der Hauptverhandlung (am 22. März 1982) neuerlich bekundetes Wissen (S 161 f) - über eine diebische Wegnahme durch den Angeklagten sowie den genauen Tathergang bezog, ist den (von seiner ursprünglichen Schilderung eklatant abweichenden nachfolgenden) Angaben in keiner Weise zu entnehmen. Unter diesen Umständen durfte sich das Erstgericht zur Begründung des Schuldspruchs nicht einfach allein auf die spätere Darstellung Bs und den von diesem gewonnenen persönlichen Eindruck berufen (vgl S 173). Um sich dem Vorwurf einer unvollständigen Urteilsbegründung zu entziehen, hätte es sich - auch wenn der Zeuge vor dem Untersuchungsrichter einleitend von einer 'Korrektur' der seinerzeitigen Depositionen spricht, trotzdem -

mit dem aufgezeigten krassen Widerspruch befassen und schlüssig darlegen müssen, aus welchen (besonderen) Gründen (dennoch) die Angaben, auf denen seine Sachverhaltsfeststellungen fußen, für (hinreichend) verläßlich angesehen werden können. Da es dies nicht tat, ist der Schuldspruch zum Punkt 1) mit der geltend gemachten Nichtigkeit behaftet.

Ebenso verhält es sich mit Punkt 2). Das Erstgericht gründet den davon erfaßten Schuldspruch auf die als glaubwürdig bezeichnete Aussage des Gerhard C und stellt fest, daß der Angeklagte - nachdem er vom Zeugen kurz vorher in einem Gasthaus bewirtet worden war - jenen bei dessen Wohnhaus, ohne etwas zu sagen, mit einer Hand am Hals erfaßte und festhielt, während er ihm mit der anderen aus der linken oberen Sakkoaußentasche einen Geldbetrag von 2.700 S nahm, um sodann mit der Beute das Weite zu suchen;

auf die Hilferufe des Beraubten hin erschien dessen Bruder Josef C vor dem Haus und sah den Angeklagten noch weglaufen. Gerhard C begab sich mit seinem Bruder sodann in das Wohnhaus und stellte dort das Fehlen der (obangeführten) Geldsumme fest.

Zutreffend rügt der Beschwerdeführer, daß sich das Erstgericht - auch hier - mit den divergierenden Angaben des Anzeigers vor der Polizei nicht auseinandergesetzt habe;

dort hatte Gerhard C den Hergang der Tat vollkommen anders geschildert und bekundet, er sei vom Angeklagten gewürgt worden, hierauf zu Boden gestürzt und habe erst im Wohnhaus das Fehlen des - mit 2.000 S bezifferten (geraubten) - Geldbetrages festgestellt; von Hilferufen nach dem Bruder war damals noch keine Rede. Nicht ganz zu Unrecht verweist die Mängelrüge auf die bei einem derartigen Ablauf der Ereignisse gegebene Möglichkeit eines anderen Abhandenkommens des Geldes, insbesondere eines Verlustes im Zusammenhang mit dem Zu-Boden-Stürzen. Unabhängig hievon hätte es schon aus den früher festgehaltenen Erwägungen wegen der Bedeutung für die Beantwortung der Frage nach der Glaubwürdigkeit und Beweiskraft der im Urteil verwerteten Verfahrensergebnisse im konkreten Fall ebenfalls einer Erörterung (übrigens nicht nur) dieser Divergenzen (sondern auch weiterer, seitens der Beschwerde nicht aufgegriffener, betreffend beispielsweise die Zusammensetzung der Raubbeute - S 9 und 12: zwei Banknoten zu je 1.000 S; S 159: 'ein Tausender und zwei Fünfhunderter ...' - oder etwa die von Gerhard C dem Angeklagten vor der Tat bezahlte Konsumation - S 10:

ein Viertel Rotwein und 2 Schnäpse; S 12: ein Krügel Bier und zwei Pfefferminzliköre; Seite 156 in Verbindung mit S 158: ein Krügel Bier und ein Pfefferminzlikör -) bedurft.

Schließlich hätte sich das Gericht mit den in der Beschwerde (allerdings eher nur am Rande) erwähnten - entscheidungswesentlichen (SSt 44/30 ua) - (sonstigen) Unstimmigkeiten bezüglich des Umfangs des geraubten Guts, welches einmal 2.000 S (S 10), dann wieder 2.700 S (S 12, 89, 157) ausmachte und vom Zeugen Josef C zunächst sogar nur mit 1.700 S (S 160) angegeben worden war, befassen müssen. Da sich somit zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, war der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285 e StPO sofort Folge zu geben und der Angeklagte mit seiner Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E03748

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0100OS00073.82.0514.000

Dokumentnummer

JJT_19820514_OGH0002_0100OS00073_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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