TE OGH 1982/6/2 1Ob546/82

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Veröffentlicht am 02.06.1982
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Norm

ABGB §1170a

Kopf

SZ 55/83

Spruch

Der Unternehmer ist verpflichtet, dem Besteller vor Durchführung des Werkes die voraussichtliche beträchtliche Überschreitung einer ursprünglich genannten Höchstsumme bekanntzugeben; unterläßt der Unternehmer die Anzeige, verliert er den Anspruch auf Werklohn, soweit er den dem Besteller genannten Höchstbetrag übersteigt

OGH 2. Juni 1982, 1 Ob 546/82 (KG Wels R 222/81; BG Schwanenstadt C 220/80)

Text

Das Kraftfahrzeug des Beklagten, Marke Simca LX, Baujahr 1976, wurde am 24. 5. 1979 bei einem Unfall schwer beschädigt und in die Werkstätte des Klägers, dessen langjähriger Kunde der Beklagte war, abgeschleppt. Vier Tage nach dem Unfall wurde das Fahrzeug im Zuge des gegen den Beklagten eingeleiteten Strafverfahrens 4 U 535/79 des Bezirksgerichtes Gmunden vom Sachverständigen Ing. Manfred E überprüft. Nach Erstellung des Gutachtens über die Unfallsursache unterhielt sich der Beklagte mit dem Kläger über die voraussichtlichen Reparaturkosten. Der Kläger erklärte dem Beklagten, daß die Reparatur zwischen 20 000 S und 25 000 S kosten werde, wobei bei der Reparatur gebrauchte Ersatzteile Verwendung finden würden. Der Beklagte erteilte daraufhin den Reparaturauftrag. Im Zuge der Arbeiten machte der Mechaniker des Klägers Karl W den Beklagten darauf aufmerksam, daß mit dem ursprünglich genannten Kostenbetrag nicht das Auslangen gefunden werden könne. Der Beklagte entgegnete, daß es ihm auf ein paar Tausender auf oder ab nicht ankommen würde, wenn nur die Reparatur gut gemacht werde. Nach Abschluß der Arbeiten teilte der Kläger dem Beklagten die Kosten mit 47 457.40 S mit. Die fachgerechte und ordnungsgemäße Reparatur erfordert (bei Verwendung von Neuteilen) einen Kostenbetrag von 43

162.63 S. Da sich das Fahrzeug des Beklagten vor Inangriffnahme der Reparaturarbeiten einige Tage in der Werkstätte des Klägers befunden hatte, wäre es diesem mit einem Unsicherheitsfaktor von 10% möglich gewesen, die Kosten der Reparatur zu ermitteln. Bei Verwendung gebrauchter Teile wäre die Reparatur mit einem Kostenaufwand von 25 000 S bis 30 000 S möglich gewesen. Der Beklagte hat vor Klagseinbringung einen Betrag von 35 000 S bezahlt.

Der Kläger begehrt den Betrag von 12 457.40 S als restliche Reparaturkosten.

Der Beklagte beantragt Abweisung des Klagebegehrens. Im Hinblick auf die ihm bekanntgegebenen Kosten von 20 000 S bis 25 000 S und sein erklärtes Einverständnis, daß dieser Betrag "um ein paar Tausender" überschritten werden könne, sei er nicht verpflichtet, mehr als den bereits geleisteten Betrag von 35 000 S zu bezahlen.

Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Der Reparaturauftrag sei dem Kläger auf Grund des von ihm erstellten Kostenvoranschlages erteilt worden. Da es sich um einen Kostenvoranschlag ohne Gewährleistung für Richtigkeit und Vollständigkeit gehandelt habe, wäre der Kläger verpflichtet gewesen, die wesentliche Überschreitung der Kosten dem Beklagten mitzuteilen und dessen Entscheidung einzuholen. Der Kläger habe dem Beklagten aber nur mitgeteilt, daß mit dem bisherigen Kostenbetrag von 20 000 S bis 25 000 S nicht das Auslangen gefunden werden könne. Die ihm mögliche Mitteilung der Kostenüberschreitung habe er unterlassen, sodaß ihm kein Ersatz der Mehrkosten gebühre.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Klägers teilweise Folge und änderte es dahin ab, daß es den Beklagten schuldig erkannte, dem Kläger den Betrag von 8 162.63 S samt Anhang zu bezahlen; das darüber hinausgehende Mehrbegehren auf Zuspruch von 4294.77 S wies es ab. Die Kostenschätzung des Klägers sei nicht als Kostenvoranschlag zu verstehen, weil dem Beklagten keine detaillierte Zergliederung der Kosten bekanntgegeben worden sei. Demnach sei aber die Bestimmung des § 1170a ABGB nicht anwendbar, sodaß der Kläger den angemessenen Werklohn in Höhe von 43 162.63 S zu fordern berechtigt sei. Unter Berücksichtigung der vom Beklagten geleisteten Zahlung von 35 000 S stehe dem Kläger noch der Betrag von 8 162.63 S samt Anhang zu.

Über Revision des Beklagten änderte der Oberste Gerichtshof das Urteil des Berufungsgerichtes dahin ab, daß er auch das Begehren auf Leistung des Betrages von 8162.63 S samt Anhang abwies.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Vorauszuschicken ist, daß auf den vorliegenden Rechtsfall die Bestimmungen des am 1. 10. 1979 in Kraft getretenen Konsumentenschutzgesetzes, BGBl. 140/1979, nicht zur Anwendung gelangen, da dieses Gesetz gemäß seinem § 39 Abs. 1 auf Verträge, die vor seinem Inkrafttreten geschlossen worden sind, nicht anzuwenden ist.

Das Berufungsgericht ging zutreffend davon aus, daß die Erklärung des Klägers, die Reparaturkosten würden zwischen 20 000 S und 25 000 S betragen, nicht als Bekanntgabe eines Kostenvoranschlages verstanden werden kann. Für einen Kostenvoranschlag ist nach Lehre und Rechtsprechung die Zergliederung der mutmaßlichen Kosten unter ausführlicher Berechnung der einzelnen Ansätze nach Arbeitskosten, Materialkosten usw. kennzeichnend (Adler - Höller in Klang[2] V 420; Ehrenzweig, System[2] II/1, 524; HS 6449; JBl. 1969, 394; EvBl. 1957/61; SZ 26/89; SZ 5/65). Die Aufschlüsselung muß auch dem Besteller zur Kenntnis gebracht werden, weil ihm erst dadurch die Möglichkeit der Überprüfung der Ansätze des Kostenvoranschlages ermöglicht wird (5 Ob 134/62). Eine solche detaillierte Kostenaufstellung wurde dem Beklagten nicht zur Kenntnis gebracht. Dennoch ist der Kläger nicht einfach berechtigt, nunmehr die angemessenen Reparaturkosten zu fordern. Es ist zu unterscheiden, ob es sich bei der Bekanntgabe der Kosten nur um einen bloß überschlagsmäßigen, beiläufigen und dann nicht ohne weiteres verbindlichen Schätzungsanschlag oder aber um die Vereinbarung eines nach oben limitierten Gesamtpreises, eines Pauschalentgelts, gehandelt hat (vgl. SZ 26/89; JBl. 1956, 526). Die Entscheidung SZ 26/89 erblickte in der Vereinbarung, "die Arbeit werde nicht mehr als 800 S kosten", eine Pauschalpreisvereinbarung. Im vorliegenden Fall wurde dem Beklagten freilich nur eine ungefähre Kostenschätzung bekanntgegeben (20 000 S bis 25 000 S). Ob darin eine Pauschalpreisvereinbarung mit einem oberen Limit (vgl. JBl. 1956, 526) oder aber bloß eine Schätzung bzw. ein summarischer Überschlag der voraussichtlichen Kosten zu erblicken ist, kann dahingestellt bleiben. Dem Kläger war jedenfalls erkennbar, daß der Entschluß des Beklagten zur Auftragserteilung von der Höhe der ihm bekanntgegebenen Kosten abhängig war. Selbst wenn nur eine überschlagsmäßige Schätzung der Kosten anzunehmen wäre, war der Kläger jedenfalls dann, als sich herausgestellt hatte, daß mit einer beträchtlichen Überschreitung der veranschlagten Kosten zu rechnen war, verpflichtet, dem Beklagten die erforderliche Überschreitung der ursprünglich genannten Höchstsumme bekanntzugeben, wollte er nicht in sinngemäßer Anwendung des § 1170a ABGB den Anspruch auf Mehrentlohnung verlieren (7 Ob 156/73; 7 Ob 32/65). In der bloßen Mitteilung, er könne die geschätzten Kosten nicht einhalten, kann die Anzeige einer unvermeidlichen beträchtlichen Überschreitung der geschätzten Kosten nicht erblickt werden (7 Ob 535/81; ImmZ 1978, 329). Wäre der voraussichtliche Kostenbetrag nicht zu ermitteln gewesen, hätte der Kläger dem Beklagten zumindest bekanntgeben müssen, daß es sich um eine beträchtliche Überschreitung der geschätzten Kosten handle (7 Ob 535/81; ImmZ 1978, 329). Im vorliegenden Fall bestand aber nach den Bekundungen des Sachverständigen für den Kläger ohnehin bereits vor Auftragserteilung die Möglichkeit, die voraussichtlichen Kosten mit einer Fehlergrenze von 10% zu ermitteln. Er war dann auch verpflichtet, dem Beklagten den voraussichtlichen Kostenbetrag zu nennen. So hat der Beklagte aber nur eine gewisse Kostenüberschreitung mit der Erklärung akzeptiert, daß es ihm "auf ein paar Tausender mehr oder weniger" nicht ankomme. Damit hat der Beklagte sein Einverständnis mit einer Überschreitung des Kostenbetrages von 25 000 S nur in diesem Rahmen erklärt; keinesfalls kann die Erklärung des Beklagten dahin verstanden werden, daß der Werklohn nunmehr ohne jede Bedachtnahme auf die seinerzeit bekanntgegebene Kostensumme und das von ihm erklärte Einverständnis zu einer Mehrzahlung zu ermitteln wäre. Der Beklagte hat durch Zahlung des Betrages von 35 000 S eine Überschreitung des Kostenlimits von 25 000 S um 10 000 S akzeptiert. Auch der Kläger konnte der vorgenannten Erklärung des Beklagten keinesfalls die Bedeutung beimessen, daß der Beklagte mehr als eine solche Kostenüberschreitung in Kauf zu nehmen gewillt war. Demnach steht dem Kläger eine weitere Werklohnforderung nicht mehr zu, sodaß der Revision Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden ist.

Anmerkung

Z55083

Schlagworte

Werkbesteller, s. a. Werklohn, Werklohn, Überschreitung der ursprünglich genannten Höchstsumme, Werkunternehmer, s. a. Werklohn

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0010OB00546.82.0602.000

Dokumentnummer

JJT_19820602_OGH0002_0010OB00546_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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