TE OGH 1982/7/1 6Ob654/82

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Veröffentlicht am 01.07.1982
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Norm

3. TN zum ABGB §75
AußStrG §170
EO §379 Abs2

Kopf

SZ 55/101

Spruch

Ein Erbteilungsübereinkommen hindert den Erbengläubiger nicht, von dem ihm durch § 75 III TN zum ABGB eingeräumten Recht, zur Sicherung seiner Forderung gegen den Erben bei Vorhandensein der Voraussetzungen gemäß § 379 Abs. 2 EO in Ansehung des diesem angefallenen Erbgutes vor der Einantwortung einstweilige Verfügungen zu erwirken, Gebrauch zu machen

OGH 1. Juli 1982, 6 Ob 654/82 (LG Linz 13 R 190/82; BG Linz-Land 2 C 174/82)

Text

Mit den rechtskräftigen und vollstreckbaren Versäumungsurteilen des Landes- als Handelsgerichtes Linz, je vom 8. 6. 1977, 10 Cg 292/77 und 10 Cg 293/77, wurde der Gegner der gefährdeten Partei verpflichtet, der gefährdeten Partei binnen 14 Tagen die Beträge von 1 318 350.10 S und 1 176 853.91 S, je samt Anhang, zu bezahlen. Exekutive Schritte zur Hereinbringung dieser Forderungen hatten nur teilweise Erfolg. Es haften jedenfalls mehr als 200 000 S aus. Die Pfändung des Arbeitseinkommens des Gegners der gefährdeten Partei blieb wegen eines Vorpfandrechtes erfolglos. Am 1. 8. 1977 hat der Gegner der gefährdeten Partei den Offenbarungseid abgelegt. Er ist neben seiner Mutter Maria H und seinem Bruder Dipl.-Ing. Hermann H Erbe nach seinem am 19. 11. 1981 verstorbenen Vater Josef Hermann H sen. Die drei Erben haben sich im Verlassenschaftsverfahren zu je einem Drittel als Erben erklärt; die Erbserklärungen wurden vom Gericht noch nicht angenommen. In den Nachlaß fallen ua. die Liegenschaften EZ 222 KG T und die Hälfte der Liegenschaften EZ 32 KG L; wobei eine gerichtliche Schätzung dieser Liegenschaften sowie der zum Nachlaß gehörigen Fahrnisse im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens unterblieb. Dem Gegner der gefährdeten Partei wurde vom Nachlaßgericht die freie Verfügung über einzelne Teile des Nachlasses nicht überlassen. Nach einem am 9. 2. 1982 zwischen den Erben geschlossenen Erbteilungsübereinkommen soll der Gegner der gefährdeten Partei zur Abfindung seiner Erbansprüche von den beiden anderen Erben einen Geldbetrag von 40 000 S erhalten.

Die gefährdete Partei stellte am 11. 2. 1982 gemäß § 75 der III. Teilnovelle zum ABGB den Antrag, eine einstweilige Verfügung zu erlassen, womit dem Gegner der gefährdeten Partei jede Verfügung über den ihm nach seinem am 19. 11. 1981 verstorbenen Vater angefallenen Erbteil, insbesondere dessen gänzliche oder teilweise Einziehung, untersagt und den Miterben Dipl.-Ing. Hermann H und Maria H sowie dem Bezirksgericht L als Abhandlungsgericht verboten werde, dem Gegner der gefährdeten Partei auf Abschlag seines Erbteiles Zahlungen zu leisten oder ihm sein Erbe auszufolgen oder Zahlungen, die ihm auf Grund der Erbteilung zustehen, zu leisten, welches Verbot sich insbesondere auf die Veräußerung und Belastung oder Verpfändung der dem Verstorbenen Josef Hermann H gehörigen Liegenschaften erstrecke. Diese einstweilige Verfügung solle für die Zeit bewilligt werden, bis der Gegner entweder die offenen Forderungen mit einem Teilbetrag von 200 000 S berichtigt habe oder bis der gefährdeten Partei die Zwangsversteigerung der dem Gegner der gefährdeten Partei einzuantwortenden Liegenschaften bewilligt worden sei oder bis zur rechtskräftigen Entscheidung über eine von der gefährdeten Partei als Überweisungsgläubigerin einzubringende Teilungsklage. Die einstweilige Verfügung solle nicht vollzogen oder auf Antrag des Gegners aufgehoben werden, wenn dieser den Betrag von 200 000 S samt Anhang bei Gericht erlege.

Das Erstgericht gab diesem Antrag ohne Anhörung des Gegners zur Gänze statt und verfügte die Anmerkung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes in den betreffenden Grundbüchern.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, gemäß § 75 der III. Teilnovelle zum ABGB könnten zur Sicherung von Forderungen gegen einen Erben bei Vorhandensein der im § 379 Abs. 2 EO angegebenen Voraussetzungen zugunsten der Gläubiger des Erben in Ansehung des ihm anfallenden Erbgutes vor der Einantwortung einstweilige Verfügungen getroffen werden. Eine subjektive Gefährdung sei im vorliegenden Fall dadurch gegeben, daß der Gegner der gefährdeten Partei mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 14. 8. 1981 wegen betrügerischer Krida, fahrlässiger Krida, teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von 15 Monaten rechtskräftig verurteilt worden sei. Darüber hinaus sei er am 13. 5. 1977 vom Bezirksgericht Urfahr-Umgebung wegen des Vergehens des Verstrickungsbruches rechtskräftig verurteilt worden, so daß weitere Vereitelungshandlungen sehr wahrscheinlich seien. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werde die dem Erbteilübereinkommen zugrunde liegende Bewertung der Liegenschaften nach objektiven Maßstäben nicht im Interesse der Gläubiger des Gegners der gefährdeten Partei gelegen sein. Eine anderweitige Exekutionsführung auf im Inland befindliches Vermögen des Gegners erscheine nicht möglich.

Das Rekursgericht änderte infolge Rekurses des Gegners der gefährdeten Partei die erstgerichtliche Entscheidung dahin ab, daß der Sicherungsantrag abgewiesen wurde. Es sprach aus, daß die Anmerkung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes ob der EZ 222 KG T und ob der Hälfte der EZ 32 KG L nach Rechtskraft des Beschlusses zu löschen ist.

Das Rekursgericht hielt den Ausführungen des Rekurswerbers, es fehle "an einem anfallenden Erbgut", weil er den ihm auf Grund des Erbteilungsübereinkommens zustehenden Betrag von 40 000 S bereits erhalten und darüber verfügt habe, es sei die Einantwortung bereits am 18. 2. 1982 erfolgt, entgegen, daß es sich um unzulässige und unbeachtliche Neuerungen handle. Im Rahmen seiner allseitigen rechtlichen Prüfung führte das Rekursgericht weiter aus: Nach § 75 der III. Teilnovelle zum ABGB könnten zur Sicherung von Forderungen gegen einen Erben bei Vorhandensein der im § 379 Abs. 2 EO angegebenen Voraussetzungen zugunsten der Gläubiger des Erben in Ansehung des ihm angefallenen Erbgutes vor der Einantwortung einstweilige Verfügungen getroffen werden. Im vorliegenden Fall liege jedoch eine Erbengemeinschaft vor, die durch das Übereinkommen über die Erbteilung vom 9. 2. 1982 bereits beendet worden sei (§ 170 AußStrG). Auf Grund dieses Erbübereinkommens habe der Gegner der gefährdeten Partei keinen Anspruch mehr auf das Erbgut, sondern nur mehr einen solchen auf den Geldbetrag von 40 000 S gegen die beiden Miterben. Es werde zwar die vorgenommene Erbteilung nach der herrschenden Lehre erst mit der Einantwortung wirksam, doch seien auch bereits bedingte oder betagte Forderungen nach Lehre und Rechtsprechung im Rahmen einer Forderungsexekution nach § 294 EO pfändbar. Eine einstweilige Verfügung habe im vorliegenden Fall aber nur den Zweck zu verhindern, daß die künftige Exekution wegen der offenen Geldforderung der gefährdeten Partei durch Handlungen des Schuldners vereitelt oder erheblich erschwert werde. Dieses nach § 378 EO erforderliche besondere Rechtsschutzinteresse fehle jedenfalls, wenn die gefährdete Partei bereits zu gleichem Zweck eine Befriedigungsexekution, hier eine Forderungsexekution, führen könne. Der bisherigen Judikatur zu § 75 der III. Teilnovelle zum ABGB lägen nur Fälle zugrunde, in denen ein Erbe das gesamte Erbgut zu übernehmen gehabt habe und über den Nachlaß vor der Einantwortung keine Verfügung von Miterben getroffen worden sei. Es fehle daher am Verfügungsinteresse. Die Erben hätten in dem Erbübereinkommen bereits verbindlich über das gesamte Erbgut verfügt, weil eine Erbteilung - allerdings wirksam erst mit der Einantwortung - nur einmal vorgenommen werden könne. Der Gegner der gefährdeten Partei könne daher nicht mehr auf das vorhandene Erbgut zurückgreifen. Eine Sicherung des nunmehr dem Gegner der gefährdeten Partei bereits entzogenen Erbgutes sei aber nur dann zulässig, wenn die Miterben bei der Erbteilung in einer den Gläubiger benachteiligenden Weise vorgegangen wären. Aus der von der gefährdeten Partei aufgestellten Behauptung, eine gerichtliche Schätzung des Nachlasses sei unterblieben, könne noch nicht auf das Vorbringen eines Anfechtungsanspruches geschlossen werden, zu dessen Sicherung eine einstweilige Verfügung bewilligt werden könnte. Damit erweise sich auch das Begehren der gefährdeten Partei auf Erlassung eines uneingeschränkten Veräußerungs- und Belastungsverbotes als nicht gerechtfertigt.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der gefährdeten Partei teilweise Folge und verbot dem Gegner der gefährdeten Partei jede Verfügung über den ihm angefallenen Erbteil sowie den Miterben, an den Gegner der gefährdeten Partei auf Abschlag seines Erbteils Zahlungen zu leisten oder ihm sein Erbe auszufolgen oder Zahlungen, die ihm auf Grund der Erbteilungen zustehen, zu leisten. Ferner wurde die Anmerkung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes auf je 1/3 der beiden erblasserischen Liegenschaften verfügt. Das Mehrbegehren wurde abgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Zunächst ist darauf zu verweisen, daß die Meinung des Rekursgerichtes, der bisherigen Rechtsprechung zu § 75 der III. Teilnovelle zum ABGB lägen nur Fälle zugrunde, in denen ein Erbe das gesamte Erbgut zu übernehmen gehabt hätte, nicht zutrifft, wie sich aus der vom Rekursgericht selbst zitierten Entscheidung SZ 15/203 ergibt.

Im vorliegenden Fall haben die Erben vor dem Sicherungsantrag der gefährdeten Partei Erbserklärungen abgegeben und ein Erbteilungsübereinkommen geschlossen. Es ist der gefährdeten Partei zuzustimmen, daß es sich dabei nicht um eine Verfügung über das Vermögen iS eines Verfügungsgeschäftes handelt. Ein Erbteilungsübereinkommen, dessen rechtsgeschäftlicher Charakter in Lehre und Rechtsprechung (Weiß in Klang[2] III 1058; EvBl 1974/226 ua.) unstrittig ist, stellt vielmehr ein Verpflichtungsgeschäft dar, das den Rechtsgrund für den Erwerb der einzelnen Nachlaßteile durch die einzelnen Miterben schafft und durch entsprechende Übertragungsgeschäfte ausgeführt werden muß (vgl. Enneccerus, Bürgerliches Recht[13], V 657 ff 663). Die Erbteilung und damit auch der Abschluß eines Erbteilungsübereinkommens können, wenn bei einer Verlassenschaft nur volljährige Erben einschreiten, welche sich selbst zu vertreten fähig sind, gerichtlich oder außergerichtlich, vor oder nach der Einantwortung vorgenommen werden (§ 170 AußStrG; Ehrenzweig, System[2] II/2, 506; Weiß aaO 166; Koziol - Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts[5] II 324). Dafür, daß die Miterben erst nach Annahme ihrer Erbserklärung das Erbteilungsübereinkommen schließen könnten, findet sich im Gesetz kein Anhaltspunkt. Die vor der Einantwortung vorgenommene Erbteilung ist durch die Einantwortung bedingt und kann niemals vor dieser in Kraft treten (vgl. Ehrenzweig aaO; Weiß aaO 1058; Gschnitzer, Erbrecht 67; Koziol - Welser aaO). Das Erbteilungsübereinkommen regelt nur das Verhältnis der Miterben untereinander, läßt aber das Rechtsverhältnis zu Dritten grundsätzlich unberührt. Die Miterben können daher nicht mit Wirkung für den Erbengläubiger über das Nachlaßvermögen, das bis zur Einantwortung ein für sie fremdes Vermögen darstellt, verfügen und auch den Umfang des den Gläubigern haftenden Vermögens durch ein Erbteilungsübereinkommen nicht verändern. Ein solches Übereinkommen kann nicht dazu führen, daß der Erbengläubiger zur Befriedigung oder Sicherung seiner Forderung auf das dem Erben nach diesem Übereinkommen zustehende Gut oder überhaupt in seinen Rechten beschränkt wird; es hindert den Erbengläubiger auch nicht, von dem ihm durch § 75 III. Teilnovelle zum ABGB eingeräumten Recht Gebrauch zu machen. Nach dieser Bestimmung kann er zur Sicherung von Forderungen gegen einen Erben unter den Voraussetzungen des § 379 Abs. 2 EO in Ansehung des dem Erben angefallenen Erbgutes vor der Einantwortung eine einstweilige Verfügung beantragen. Je nach dem zu erreichenden Zweck können die notwendigen Sicherungsmittel der §§ 379 und 382 EO angewendet werden. Es bedarf im vorliegenden Fall keiner weiteren Erwähnung, daß der Anspruch der gefährdeten Partei bescheinigt ist. Aber auch die subjektive Gefährdung liegt nach dem bescheinigten Sachverhalt vor, weil die im Erbübereinkommen zum Ausdruck gebrachte Veräußerungsabsicht im Hinblick auf das Fehlen eines anderen Vermögens des Gegners der gefährdeten Partei und die damit zu besorgende Erschwerung der Einbringlichkeit der Forderung auf eine Gefährdung schließen läßt. Die beantragten Sicherungsmittel des Verfügungs- und Einziehungsverbotes an den Gegner der gefährdeten Partei, das Leistungsverbot an die Miterben (vgl. AnwZ 1933, 439) und das Belastungs- und Veräußerungsverbot bezüglich der in den Nachlaß fallenden Liegenschaften finden in den §§ 379 und 382 EO Deckung. Insoweit jedoch hinsichtlich des Bezirksgerichtes Leonfelden als Abhandlungsgericht ein Leistungs- und Ausfolgungsverbot beantragt wurde, ist dies schon deshalb unberechtigt, weil dieses Gericht nach dem Vorbringen der gefährdeten Partei nicht Schuldnerin des Gegners der gefährdeten Partei und somit nicht Drittschuldner ist.

Da die einstweilige Verfügung überdies nur in Ansehung des dem Gegner der gefährdeten Partei angefallenen Erbgutes bewilligt werden darf, ist das Belastungs- und Veräußerungsverbot auf die dem Gegner der gefährdeten Partei angefallenen ideellen Anteile der Liegenschaften - die Eintragung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes auf einem ideellen Liegenschaftsanteil ist zulässig (vgl. Bartsch, Grundbuchsrecht[7] 514; EvBl 1968/221 ua.) - zu beschränken.

Anmerkung

Z55101

Schlagworte

einstweilige Verfügung, Erbteilungsübereinkommen kein Hindernis für, eine - gemäß § 75 3. TN zum ABGB, Erbteilungsübereinkommen, kein Hindernis für eine einstweilige, Verfügung gemäß § 75 3. TN zum ABGB

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0060OB00654.82.0701.000

Dokumentnummer

JJT_19820701_OGH0002_0060OB00654_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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