TE OGH 1982/9/8 11Os119/82

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Veröffentlicht am 08.09.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. September 1982

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Krausam als Schriftführer in der Strafsache gegen Anton A wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach den § 146, 147

Abs 3, 148 (zweiter Fall) StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 21. April 1982, GZ 9 Vr 1.287/79-54, vom Angeklagten erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Stern und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Tschulik zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 20. Mai 1930 geborene nunmehrige Angestellte Anton A des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach den § 146, 147 Abs 3, 148 (zweiter Fall) StGB (Punkt I des Urteilsspruches) sowie des Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs 1 und Abs 2 (erster Fall) StGB (Punkt II des Urteilsspruches) schuldig erkannt.

Zum Punkt I des Schuldspruches wird ihm angelastet, in der Zeit zwischen dem 5. Juli 1979 und dem 28. September 1979 in verschiedenen Orten Österreichs in wiederholten Angriffen mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Organe von juristischen Personen und andere (natürlichen) Personen durch die Vorspiegelung seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit zur Ausfolgung von Waren - insbesondere von Ferkeln, Zuchtschweinen und Rindern sowie von Fertigfutter - unter Kreditierung der vereinbarten Kaufpreise, mithin durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet zu haben, welche die betreffenden (natürlichen und juristischen) Personen an ihrem Vermögen um insgesamt 5,676.914,50 S schädigten, wobei er den schweren Betrug jeweils in der Absicht beging, sich durch dessen wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Den hiezu getroffenen Urteilsfeststellungen zufolge erkannte der Angeklagte Anton A, der seit dem Jahr 1954 den Viehhandel ausgeübt, seit August 1968 gemeinsam mit seiner Gattin einen Gastwirtschaftsbetrieb geführt und seine Gewerbstätigkeit auch auf den Kfz-Handel ausgedehnt hatte, spätestens im Mai 1979 seine Zahlungsunfähigkeit. Er meldete aber den Konkurs nicht an, sondern übergab seinen Barbesitz an seine Kinder und nützte seine Geschäftsverbindungen aus dem Viehhandel zur Begehung der inkriminierten Tathandlungen aus.

Den Schuldspruch wegen schweren gewerbsmäßigen Betruges bekämpft der Angeklagte Anton A mit seiner auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 10 des § 281 Abs 1

StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; jenen wegen Veruntreuung läßt er (der Sache nach) unangefochten.

Den Ausspruch des Gerichtes, er habe bei Verübung der ihm angelasteten betrügerischen Handlungen jeweils mit Schädigungsvorsatz gehandelt, erachtet der Beschwerdeführer als im Sinn der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO mangelhaft begründet. In diesem Zusammenhang rügt er als inneren Widerspruch, daß vom Erstgericht einerseits festgestellt worden sei, er habe nach Erkennen der Zahlungsunfähigkeit im Mai 1979 den Entschluß gefaßt, sich durch die Ausnützung seiner Geschäftsbeziehungen aus dem Viehhandel in betrügerischer Weise zum Schaden seiner Geschäftspartner zu bereichern, anderseits aber angenommen werde, daß er beabsichtigt oder zumindest billigend in Kauf genommen und sich damit abgefunden habe, seine Geschäftspartner um den jeweils vereinbarten Kaufpreis zu schädigen.

Rechtliche Beurteilung

Das Fassen eines Tatentschlusses, einen anderen unter Vorspiegelung der Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit zu täuschen und ihm Waren herauszulocken, bedeutet jedoch nur, daß der Täter eine Täuschungshandlung setzen, dadurch beim Getäuschten einen Irrtum hervorrufen und ihn zu der gewünschten Vermögensverfügung verleiten will; hingegen besagt ein solcher Tatentschluß nichts darüber, ob der Täter wußte, hiedurch einen Vermögensschaden eines anderen zu bewirken, oder ob er bezüglich einer solchen Schadenszufügung (nur) dolo eventuali handelte. Für die Verwirklichung sämtlicher Tatbildmerkmale des Betruges genügt aber bedingter Vorsatz, sodaß es im Urteil letztlich als nicht entscheidungswesentlich dahingestellt bleiben konnte, mit welcher Vorsatzform der Angeklagte den strafgesetzwidrigen Erfolg - die Vermögensschädigung seiner Lieferanten - herbeiführte.

Den Beschwerdeausführungen zuwider stellt es auch keine offenbar nur unzureichende Begründung dar, wenn das Schöffengericht seine Annahme eines Schädigungsvorsatzes des Angeklagten auf dessen reumütiges Geständnis und die übrigen Verfahrensergebnisse stützte. Richtig ist zwar, daß es für eine Deliktsbegehung mit bedingtem Vorsatz nicht genügt, daß der Täter die Möglichkeit der Tatbildverwirklichung erkennt und als naheliegend ansieht, sondern weiters erfordert wird, daß er dennoch handelt, weil er den nachteiligen Ereignisablauf hinzunehmen gewillt ist, und daß der wesentliche Unterschied zwischen bewußter Fahrlässigkeit und dolus eventualis sonach in der Fortsetzung des Willensbildungsprozesses gelegen ist (vgl ÖJZ-LSK 1975/18

und 48, 1976/189 ua). Im vorliegenden Fall gab der in der Hauptverhandlung sich voll im Sinn der Anklage schuldig bekennende Angeklagte A jedoch nicht nur zu, eine Schädigung der Gläubiger für möglich gehalten zu haben, nachdem er im Frühjahr 1979 wirtschaftlich am Ende und seine finanzielle Lage aussichtslos geworden war und er eine überlebenschance nur in einem großen Kredit gesehen hatte, für den er eine fixe Kreditzusage nicht besaß (und auch nicht mit Grund erwarten konnte), sondern brachte mit der daran anschließenden Frage 'Was hätte ich tun sollen, als weitermachen ?' (vgl Band III, S 233 d.A) zum Ausdruck, daß er sich mit dem Eintritt eines - bei Warenverkäufen unter den Einkaufspreisen (vgl Band II, S 987, Band III, S 233 d.A) geradezu zwangsläufig zu erwartenden - Vermögensschadens positiv abfand. Schon aus der Verantwortung des Angeklagten konnte das Erstgericht daher sowohl die Wissens-, als auch die Willenskomponente des bedingten Vorsatzes schlüssig ableiten.

Mit Beziehung auf den Nichtigkeitsgrund der Z 10

des § 281 Abs 1 StPO wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Annahme einer gewerbsmäßigen Begehung des (schweren) Betruges. In diesem Zusammenhang vermißt er zu Unrecht eindeutige Tatsachenfeststellungen über eine Verübung der Betrugshandlungen in der Absicht (§ 5 Abs 2 StGB), sich durch die wiederholte Begehung des schweren Betruges eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Daß die Handlungsweise des Angeklagten von vornherein auf die Gewinnung regelmäßiger Einnahmen aus der Wiederholung gleichartiger Betrugshandlungen abzielte und er sich die fortlaufenden Einnahmen jeweils 'in Verwirklichung seines verbrecherischen Planes', also in auf die Erschließung einer Einkommensquelle von längerer Dauer gerichteter Absicht verschaffte, wurde vom Erstgericht nämlich ohnedies festgestellt (vgl Band III, S 243, 248 in Verbindung mit S 238 d.A).

Ebensowenig kann der Ansicht des Beschwerdeführers, der Umstand, daß eine strafbare Handlung (in Ansehung des Grundtatbestandes bloß) mit dolus eventualis verübt wurde, schließe schon begrifflich die Annahme gewerbsmäßiger Begehung aus, beigepflichtet werden: Das Qualifikationsmerkmal der Gewerbsmäßigkeit stellt nur darauf ab, ob der Täter die Erzielung einer ständigen Einnahme geradezu zum Zweck seines deliktischen Handelns machte. Ein solches Handeln mit Bereicherungstendenz muß aber nicht notwendigerweise mit einer vom Täter besonders gewollten Vermögensschädigung einhergehen. Absichtliches Handeln mit dem Ziel, sich unrechtmäßig zu bereichern und sich durch wiederholte Deliktsbegehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, impliziert daher nicht, daß es dem Täter dabei auch darauf ankommen muß (§ 5 Abs 2 StGB), einen anderen an seinem Vermögen (um den Wert der erzielten Bereicherung) zu schädigen, oder daß er den Eintritt des Schadens als gewiß voraussetzen muß.

So gesehen steht der Umstand der Begehung eines Betruges mit (bloß) bedingtem Schädigungsvorsatz der Annahme gewerbsmäßigen Handelns keineswegs entgegen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 147 Abs 3 StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren.

Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen, den hohen Schaden und die mehrfache Qualifikation (des Betruges), als mildernd das reumütige Geständnis und die wirtschaftliche Zwangslage des Angeklagten.

Mit ihren Berufungen streben die Staatsanwaltschaft eine Erhöhung, der Angeklagte aber eine Reduzierung des Strafausmaßes an. Keiner der Berufungen kommt Berechtigung zu.

Die Strafzumessungsgründe wurden in erster Instanz im wesentlichen richtig und auch vollständig angeführt.

Selbst wenn man berücksichtigt, daß das Vorleben des Angeklagten nur unwesentlich getrübt ist, erscheint bei dem außerordentlich hohen Schaden und der Vielzahl der Tathandlungen eine dreijährige Freiheitsstrafe nicht überhöht. Sie reicht aber anderseits auch aus, den Unrechtsgehalt der Tat und die Schwere der Schuld des Täters voll zu erfassen.

Mithin war insgesamt wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen. Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03847

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0110OS00119.82.0908.000

Dokumentnummer

JJT_19820908_OGH0002_0110OS00119_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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