TE OGH 1982/9/14 5Ob677/82

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Veröffentlicht am 14.09.1982
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Herwig Liebscher, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei E***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Robert Hyrohs, Rechtsanwalt in Wien, wegen 81.627,20 S sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 15. April 1982, GZ 32 R 169/82-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 4. Februar 1982, GZ 17 C 468/81-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden im Zinsenausspruch dahin abgeändert, dass die beklagte Partei 12 % Zinsen aus 81.509,20 S seit 20. November 1980 sowie 5 % Zinsen aus 118 S seit 25. März 1981 zu zahlen hat und das Zinsenmehrbegehren von 12 % aus 118 S vom 20. November 1980 bis zum 24. März 1981 und von 7 % aus 118 S seit 25. März 1981 abgewiesen wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.222,32 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 600 S an Barauslagen und 268,32 S an Umsatzsteuer) binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin nahm am 8. 2. 1980 das Anbot der Beklagten vom 2. 1. 1980 an, von ihr (der Klägerin) einen VW-Kastenwagen ab dem Datum der polizeilichen Anmeldung auf unbestimmte Dauer, jedoch unter Zugrundelegung einer Kalkulationsbasisdauer von 36 Monaten, eines Basispreises von 150.102 S und einer Kilometer-Jahresleistung von 30.000 (wobei 10 % Mehrkilometer frei sein sollten), gegen Erlag eines Depots von 14.912 S und eines Schadensbeteiligungsbetrages von 2.000 S sowie gegen monatliche Zahlungen von 8.798 S (einschließlich 18 % Mehrwertsteuer in der Höhe von 1.342 S) zu leasen bzw zu mieten (Punkt 13 des Vertrages).

Der Leasing-(Miet-)Vertrag, in dem die Klägerin (die Leasinggeberin) kurz A***** und die Beklagte (die Leasingnehmerin) kurz Kunde genannt wird, enthält unter anderem folgende weitere Bestimmungen (Beilage D):

„Punkt 2. Kündigungsmöglichkeit:

Der Kunde ist berechtigt, das Vertragsverhältnis unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat zu jedem Monatsletzten schriftlich, tunlichst mittels eingeschriebenen Briefes, aufzukündigen. Die A***** verzichtet auf das Recht der Aufkündigung während der im Punkt 13 vorgesehenen Kalkulationsbasisdauer des Vertrages ...."

„Punkt 3. Vorzeitige Auflösung des Vertrages durch die A*****:

Die A***** ist unbeschadet Punkt 2 berechtigt, das Vertragsverhältnis mit sofortiger Wirkung aufzulösen, wenn ...."

„Punkt 4. Ansprüche der A***** bei vorzeitiger Auflösung oder Aufkündigung des Vertrages:

Das vereinbarte Entgelt ist unter Zugrundelegung der im Punkt 13 angeführten Kalkulationsbasisdauer kalkuliert. Wird der Vertrag innerhalb der Kalkulationsbasisdauer beendet, sei es durch Kündigung oder durch Auflösung des Vertrages durch die A***** auf Grund des vorstehenden Punktes 3, hat der Kunde der A***** nachstehende Forderungen zu ersetzen:

1. Das vereinbarte Entgelt für die tatsächliche Vertragsdauer, wobei für jeden angebrochenen Vertragsmonat ein Monatsentgelt verrechnet wird.

2. Eine Entschädigung, womit alle der A***** aus der Auflösung oder Beendigung des Vertrages innerhalb der Kalkulationsbasisdauer erwachsenden Schäden abgegolten sind, ausgenommen Entschädigungen nach Punkt 4.3 und 4.4, die daneben von der A***** begehrt werden können. Beide Vertragsteile vereinbaren unwiderruflich, dass diese Entschädigung wie folgt berechnet wird:

Wenn der Vertrag so beendet wird, dass auf die vorgesehene

Kalkulationsbasisdauer noch

1 - 12 Vertragsmonate fehlen, dann beträgt die Entschädigung 2/3

13 - 24 Vertragsmonate fehlen, dann beträgt die Entschädigung 1/2

25 - 36 Vertragsmonate fehlen, dann beträgt die Entschädigung 1/3

über 36 Vertragsmonate fehlen, dann beträgt die Entschädigung 1/4 des gesamten, noch aushaftenden Entgeltes (inklusive Mehrwertsteuer). Unter noch aushaftendem Entgelt ist hier die Differenz aus dem verrechneten Entgelt zu dem Betrag aus Entgelt (inklusive Mehrwertsteuer) x Kalkulationsbasisdauer zu verstehen.

3. Kosten für Mehrkilometer zuzüglich Mehrwertsteuer entsprechend Punkt 5.5, wobei jene Kilometerzahl als Mehrkilometer zu betrachten ist, die über die Kilometerleistung (mit x bezeichnet) hinausgeht, die sich nach folgender Formel errechnet:

x = vereinbarte Gesamt-km-Leistung x tatsächliche Vertragszeit in Monaten

Kalkulationsbasisdauer in Monaten

4. Auf jeden Fall hat der Kunde der A***** den durch die Vertragsauflösung innerhalb der Kalkulationsbasisdauer entstandenen Schaden zuzüglich Mehrwertsteuer ...., so ferne dieser durch die Forderungen aus Punkt 4.1, 4.2 und 4.3 nicht gedeckt ist, zu ersetzen.

...."

Das der Beklagten überlassene Fahrzeug wurde am 4. 1. 1980 polizeilich zugelassen. Die Beklagte erlegte das Depot von 14.912 S sowie den Schadensbeteiligungsbetrag von 2.000 S und leistete insgesamt 43.192 S an monatlichen Zahlungen. Bereits im März 1980 traten allerdings Zahlungsschwierigkeiten auf und waren Mahnungen der Beklagten notwendig. Mit Schreiben vom 13. 5. 1980 kündigte die Beklagte schließlich das Vertragsverhältnis zum 4. 7. 1980 auf. Sie machte der Klägerin zwar einen Kunden namhaft, der in den Leasingvertrag eintreten wollte, dieser Eintritt kam jedoch nicht zustande. Die Klägerin nahm vielmehr am 17. 11. 1980 die Endabrechnung gemäß dem Vertrag vor und ließ diese der Beklagten am 19. 11. 1980 mittels eingeschriebenen Briefes zukommen. In diese Endabrechnung (Beilage C) stellte die Klägerin einerseits auf der Soll-Seite die im Punkt 13 des Vertrages vereinbarten laufenden monatlichen Zahlungen für sechs Monate von 52.788 S, die im Punkt 4.2 des Vertrages vereinbarte Entschädigung für die noch fehlenden 30 Vertragsmonate in der Höhe eines Drittels des hiefür noch aushaftenden Entgeltes von 87.980 S, die im Punkt 4.3 des Vertrages vereinbarten Kosten für Mehrkilometer von 845,20 S (die Beklagte hatte das Fahrzeug von Kilometerstand 0 bis Kilometerstand 17.254 benützt) sowie 118 S Verzugszinsen, also insgesamt den Betrag von 141.731,20 S, und andererseits auf der Haben-Seite die von der Beklagten tatsächlich geleisteten Zahlungen, nämlich das erlegte Depot von 14.912 S, den erlegten Schadensbeteiligungsbetrag von 2.000 S und die erbrachten monatlichen Zahlungen von 43.192 S, also insgesamt den Betrag von 60.104 S, ein, sodass sich zu ihren Gunsten ein Saldo von 81.627,20 ergab. Auf die ihr nach dem Leasingvertrag zustehende Berechnung eines Kündigungsmonats verzichtete die Klägerin.

Mit der gegenständlichen Klage begehrte die Klägerin von der Beklagten die Zahlung dieses Saldos samt 12 % vereinbarter Verzugszinsen seit 20. 11. 1980.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte Klageabweisung und wendete insbesondere ein, dass sich die Klägerin alle jene Beträge anrechnen lassen müsse, die sie während der (der Kalkulation zugrunde gelegten, von der Beklagten aber nicht mehr in Anspruch genommenen) Laufzeit des Vertrages von anderen Leasingnehmern einnehme. Ein Rechtsgrund für die Geltendmachung einer linear berechneten Entschädigung im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses fehle, weshalb die Sittenwidrigkeit der diesbezüglichen vertraglichen Vereinbarung eingewendet werde. Beide Vorinstanzen erkannten im Sinne des Klagebegehrens.

Das Erstgericht führte in rechtlicher Hinsicht aus:

Die einzelnen Vertragspunkte des Leasingvertrages seien zwischen den Streitteilen vereinbart worden. Danach sei die Beklagte im Falle der Auflösung des Vertrages durch vorzeitige Aufkündigung zur Zahlung einer Entschädigung in der Höhe eines Drittels des gesamten noch ausstehenden Entgeltes verpflichtet, wenn noch 25 - 36 Vertragsmonate fehlten. Diese vertraglich vereinbarte Entschädigungspflicht entspreche den allgemeinen Gepflogenheiten des Geschäftslebens, wonach für den Fall vorzeitiger Auflösung von Verträgen Entschädigungen vereinbart würden. Der Klägerin als Leasinggeberin könne auch nicht zugemutet werden, dass sie allein und entschädigungslos das Risiko einer vorzeitigen Vertragsauflösung trage. Der von der Beklagten namhaft gemachte Nachmieter sei in den Vertrag nicht eingetreten, sodass ihre Leistungspflicht im vollen Umfang gegeben sei. Die vereinbarte Entschädigungspflicht der Beklagten sei auch nicht sittenwidrig, da zwischen dem Schaden, welcher der Klägerin durch die vorzeitige Vertragsauflösung entstehe, und der vertraglich festgelegten, als Bruchteil des auf die noch ausstehende Mietdauer entfallenden Mietzinses berechneten Entschädigung kein grobes Missverhältnis bestehe.

Das Berufungsgericht nahm zur Rechtsrüge der Beklagten wie folgt Stellung:

Der zwischen den Streitteilen geschlossene Vertrag sei seinem Inhalt nach als sogenanntes mittelbares Finanzierungsleasing zu beurteilen. Mit einer solchen Vereinbarung werde fremdes Eigentum (hier ein Fahrzeug) gegen Entgelt in Anspruch genommen, wobei weitere typische Vertragspunkte dieser Vereinbarung essentiell seien, welche über die Tatbestandsmerkmale einer Miete oder Pacht hinausgingen. Der praktische und wirtschaftliche Hintergrund sei die Nutzung von Anlagegütern, ohne daran Eigentum zu haben, wenn das Eigentum nicht unbedingt betriebsnotwendig sei. Bei Fahrzeugen komme zur Finanzierungsfunktion eine Art Dienstleistungsfunktion der Vermieterseite hinzu. Solche Verträge seien in der Praxis durch eine relativ kurze Laufzeit sowie dadurch gekennzeichnet, dass bei Ablauf des Vertrages noch ein verhältnismäßig hoher Marktwert (Restwert) des Vertragsobjektes vorhanden sei. Da bei der Benützung von Fahrzeugen neben der Mietzeit auch die maximale Kilometerleistung sowie - wie hier laut Punkt 13 des Vertrages - eine Haftpflicht- und Kaskoversicherung in dem Mietvertrag eingeschlossen seien, zahle der Mieter im Wesentlichen für die Abnützung des Wirtschaftsgutes in der kalkulierten Mietdauer. Nach Ablauf der Mietzeit gehe das Mietobjekt wieder an die Vermieterin (Klägerin) zurück, so ferne bei Ablauf des Vertrages keine weiteren Vereinbarungen im Sinne der Punkte 9.2 bis

9.4 des Vertrages getroffen würden.

Was nun zunächst den Einwand der Beklagten in der Berufung anlange, dass infolge bestehender Monopolisierung von einem Kontrahierungszwang der Beklagten ausgegangen werden müsse, so sei auf die Rechtsprechung zu verweisen, wonach sich ein Kaufmann, der einen Leasingvertrag abschließe, mit dessen Grundsätzen, insbesondere mit der Risikoverschiebung, abfinden müsse (EvBl 1981/53). Im vorliegenden Falle habe die Beklagte eine vier Seiten umfassende Vertragsurkunde, welche auf den Seiten 1 bis 3 in den Punkten 1 bis 11 die Vertragsbestimmungen und auf Seite 4 in den Punkten 12 und 13 die Vertragsdaten enthalte, am Ende des gesamten Vertragstextes auf Seite 4 unterschrieben. Hätte die Beklagte die im redlichen Verkehr zwischen Kaufleuten erforderliche Sorgfalt angewendet - wobei zu beachten sei, dass sich die Beklagte immerhin zu einer monatlichen Zahlung von 8.798 S gegenüber der Klägerin verpflichtet habe -, so hätte ihr auch der Inhalt der umfangreichen, auf den Seiten 1 bis 3 abgedruckten Vertragsbestimmungen zur Kenntnis gelangen müssen, was sie im Übrigen unmittelbar vor ihrer Unterschriftsleistung bestätigt habe, wo es laute: „Der Kunde bestätigt durch seine Unterschrift, den Inhalt des gesamten Vertragstextes, bestehend aus den Punkten 1 bis 14, gelesen und genehmigt zu haben." Von einer Monopolisierung oder einem Kontrahierungszwang könne - worauf die Klägerin in der Berufungsmitteilung zutreffend hinweise - keine Rede sein, da es jedem potentiellen Leasingnehmer freistehe, den Vertrag zu den begehrten Bedingungen abzuschließen oder von einem Vertragsabschluss abzustehen.

Was das weitere Vorbringen der Beklagten betreffe, das Klagebegehren, soweit es auf Zahlung einer Entschädigung gemäß Punkt 4.2 des Vertrages gestützt werde, sei wegen deren unverhältnismäßiger Höhe sittenwidrig, so sei davon auszugehen, dass das vereinbarte monatliche Entgelt jeweils unter Zugrundelegung der vereinbarten Vertragsdauer, hier der vereinbarten Kalkulationsbasisdauer von 36 Monaten, kalkuliert worden sei. Die im Punkt 4.2 des Vertrages vereinbarte Pauschalentschädigung solle dabei eine Änderung der Kalkulationsgrundlage abgelten, wobei zu berücksichtigen sei, dass bei einer kürzeren Vertragsdauer die Wertminderung eines Fahrzeuges relativ größer sei als bei einer längeren Dauer des Vertrages. Im Übrigen müsse bei Errechnung der Höhe der Entschädigung auch die Finanzierungsfunktion des Leasinggebers berücksichtigt werden sowie der Umstand, dass es Sache der Beklagten gewesen wäre, vom Abschluss des Leasingvertrages Abstand zu nehmen. Die Finanzierungsfunktion des Leasinggeschäftes rechtfertige eine auf ökonomischen Grundsätzen aufgebaute Berechnung der Pauschalentschädigung für den Fall der vorzeitigen Auflösung des Leasingvertrages. Letztlich sei auch zu berücksichtigen, dass das streitgegenständliche Vertragsverhältnis von der Beklagten vor Ablauf der vereinbarten Kalkulationsbasisdauer von 36 Monaten durch Kündigung zur Auflösung gebracht worden sei und dass für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Vertrages innerhalb der Kalkulationsbasisdauer die von der Klägerin geltend gemachte Entschädigungsberechnung unwiderruflich vereinbart worden sei. Ein Verstoß gegen die guten Sitten iSd § 879 Abs 1 ABGB liege im Übrigen nur dann vor, wenn etwas geradezu widerrechtlich sei, ohne gegen ein ausdrückliches gesetzliches Verbot zu verstoßen, also zwar nicht gesetzwidrig, aber grob rechtswidrig sei (Gschnitzer in Klang², IV/1, 181; SZ 39/113, SZ 44/68 ua). Gegen die guten Sitten verstoße nämlich, was dem Rechtsgefühl der Rechtsgemeinschaft, das seien alle billig und gerecht Denkenden, widerspreche (SZ 47/8 ua). Sittenwidrigkeit sei insbesondere dann anzunehmen, wenn die vom Richter vorzunehmende Interessenabwägung eine grobe Verletzung geschützter Interessen oder bei Interessenkollision ein grobes Missverhältnis zwischen den durch die Handlung verletzten und den durch sie geförderten Interessen ergebe (Koziol/Welser4 I 119; EvBl 1976/9 ua). Dies sei, wie das Erstgericht richtig erkannt habe, bei der im Punkt 4.2 des streitgegenständlichen Leasingvertrages vereinbarten Pauschalentschädigung nicht der Fall.

Soweit die Beklagte die Vereinbarung der Pauschalentschädigung nach Punkt 4.2 des Vertrages als Konventionalstrafe werte, sei sie darauf zu verweisen, dass das richterliche Mäßigungsrecht nach § 1336 Abs 2 ABGB auf Grund der Bestimmung des § 348 HGB hier nicht Platz greifen könne.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf den Revisionsgrund des § 503 Z 4 ZPO gestützte Revision der Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Klageabweisung abzuändern.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben. Die Revision ist nur in Ansehung des Zinsenausspruches teilweise gerechtfertigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte hält in der Revision an ihrer Ansicht fest, dass die im Punkt 4.2 des Vertrages starr pro Vertragsjahr - ohne Bezugnahme auf den tatsächlich eingetretenen Schaden - festgelegte Schadenspauschalierung, welche die Vereinbarung einer Konventionalstrafe darstelle, gegen die guten Sitten verstoße. Die Klägerin habe ihre Monopolstellung ausgenützt und sich in Ansehung eines Bedarfsgutes des täglichen Lebens Vorteile versprechen lassen, die ein grobes Missverhältnis zwischen den dadurch verletzten und den dadurch geförderten Interessen ergäben. Der Schaden, den sie erlitten habe, sei - insbesondere dann, wenn man berücksichtige, dass sie sich alle jene Beträge anrechnen lassen müssen, die sie während der Laufzeit des Vertrages von anderen Leasingnehmern einnehme - unverhältnismäßig kleiner als der bedungene Vergütungsbetrag; es liege daher ein offensichtlich unbegründeter Vermögensvorteil für die Klägerin vor, der zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Klägerin führe. Die Sittenwidrigkeit des Punktes 4.2 des Vertrages habe nicht das Eingreifen des richterlichen Mäßigungsrechtes, sondern die Ungültigkeit der Vereinbarung zur Folge. Die Klägerin hätte die Möglichkeit gehabt, nachzuweisen, dass sie tatsächlich einen Schaden in der Höhe des Klagebetrages erlitten habe; dies habe sie jedoch unterlassen.

Das Begehren von Zinsen von den im Klagebetrag enthaltenen Zinsen von 118 S sei unzulässig.

Die Klägerin vertritt demgegenüber in der Revisionsbeantwortung die Auffassung, dass die im Punkt 4.2 des Vertrages vereinbarte Entschädigung, bei der es sich um keine Konventionalstrafe handle, insbesondere darin ihre Rechtfertigung finde, dass die Wertminderung des Fahrzeuges, das die Beklagte während der sechsmonatigen Vertragsdauer von Kilometerstand 0 bis Kilometerstand 17.254 benützt habe, besonders groß sei, weshalb von einem unbegründeten Vermögensvorteil auf ihrer Seite und demnach von einer Sittenwidrigkeit der Vereinbarung nicht gesprochen werden könne. Warum sich die Klägerin Beträge auf die Klageforderung anrechnen lassen müsste, die sie durch eine Vermietung des Fahrzeuges an andere Leasingnehmer während der von der Beklagten nicht ausgenützten Kalkulationsbasisdauer des Vertrages ins Verdienen bringen, sei nicht ersichtlich; sie würde dadurch die Möglichkeit verlieren, die Wertminderung geltend zu machen. Was die begehrten Zinsen aus dem Zinsenbetrag von 118 S betreffe, so sei - abgesehen davon, dass der diesbezügliche Einwand der Beklagten eine unzulässige Neuerung darstelle - darauf hinzuweisen, dass im Punkt 5.4 des Vertrages für alle Forderungen Verzugszinsen in der Höhe von 0,4 % je Tag vereinbart worden seien.

Zu diesen Ausführungen ist Folgendes zu sagen:

Ob Punkt 4.2 des Vertrages als Vereinbarung eines Vergütungsbetrages

(einer Konventionalstrafe) iSd § 1336 ABGB zu qualifizieren ist, kann

dahingestellt bleiben (bejahendenfalls könnte es sich hier wohl nur

um eine unechte Vertragsstrafe handeln, die jemand für den Fall verspricht, dass er etwas tut oder unterlässt, ohne sich aber zu einem entsprechenden Verhalten zu verpflichten [Ehrenzweig² II/1, 194], weil die Streitteile einen Kündigungsverzicht der Beklagten für die Kalkulationsbasisdauer von 36 Monaten nicht vereinbart haben; doch ist § 1336 ABGB auf unechte Vertragsstrafen analog anzuwenden [Wolff in Klang² VI, 188; RZ 1974/42 ua]), weil eine (unechte) Vertragsstrafe, die - wie hier - ein Vollkaufmann im Betrieb seines Handelsgewerbes verspricht, zwar nicht auf Grund des § 1336 Abs 2 ABGB herabgesetzt werden (§§ 348, 351 HGB), doch wegen Sittenwidrigkeit bezüglich jenes Teiles, der den erlittenen Schaden unverhältnismäßig übersteigt (EvBl 1979/170), nichtig sein kann (7 Ob 786/81). Eine solche Teilnichtigkeit (nach § 879 Abs 3, § 879 Abs 2 Z 4 oder § 879 Abs 1 ABGB) käme also unabhängig davon in Betracht, ob Punkt 4.2 des Vertrages als (unechte) Vertragsstrafe zu werten wäre. Das Vorliegen der Tatumstände, die eine Vereinbarung wegen Sittenwidrigkeit (teil-)nichtig erscheinen lassen, hat nach dem das österreichische materielle Recht beherrschenden Grundsatz, dass die Behauptungs- und Beweislast den trifft, der eine für ihn günstige Rechtsnorm in Anspruch nehmen will (SZ 49/109 ua), derjenige zu behaupten und zu beweisen, der sich auf die Sittenwidrigkeit beruft; allerdings ist im Falle eines Beweisnotstandes dessen Gegner verpflichtet, ihm zur Verfügung stehende Beweismittel dem Beweispflichtigen nicht vorzuenthalten (SZ 49/109 ua). Die Beklagte hätte also bereits in erster Instanz konkrete Umstände behaupten und beweisen müssen, aus denen hervorginge, dass einer der vorgenannten Tatbestände des § 879 ABGB verwirklicht wurde. Dies hätte etwa durch die Behauptung und den Beweis geschehen können, dass die vertraglich vereinbarte pauschale Berechnung der Entschädigung die der Klägerin aus der Beendigung des Vertragsverhältnisses vor dem Ablauf der Kalkulationsbasisdauer des Vertrages durchschnittlich erwachsenden Nachteile, die bei einem gewöhnlichen Ablauf der Dinge zu erwarten sind, unverhältnismäßig übersteigt, sodass die Klägerin offensichtlich in einer dem Rechtsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widersprechenden oder gegen oberste Rechtsgrundsätze verstoßenden Weise ungerechtfertigt bereichert bzw die Beklagte gröblich benachteiligt wäre (wogegen der Klägerin die Behauptung und der Beweis offen stünde, dass dies hinsichtlich der im konkreten Einzelfall erlittenen Nachteile nicht der Fall sei), oder dass der tatsächlich eingetretene Nachteil im konkreten Einzelfall unverhältnismäßig kleiner ist als der Betrag, den die vertraglich vereinbarte pauschale Berechnung ergeben würde. Die von der Beklagten in erster Instanz erhobenen Einwendungen, die Klägerin müsse sich alle jene Beträge anrechnen lassen, die sie während der (der Kalkulation zugrundegelegten, von der Beklagten aber nicht mehr in Anspruch genommenen) Laufzeit des Vertrages von anderen Leasingnehmern einnehme, ein Rechtsgrund für die Geltendmachung einer linear berechneten Entschädigung im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses fehle, werden der dargelegten Behauptungs- und Beweispflicht der Beklagten nicht gerecht. Die Art der vertraglich vereinbarten abstrakten Schadensberechnung sowie der Umstand, dass die Anrechnung der während der nicht ausgenützten Kalkulationsbasisdauer des Vertrages erzielbaren Erlöse in der Vereinbarung nicht ausdrücklich festgehalten wird, vermögen für sich allein noch nicht darzutun, dass die vereinbarte Entschädigung im gegenständlichen Fall im Ergebnis grob unangemessen ist. Wenn man überdies bedenkt, dass einerseits der Beklagten die Berechnung des monatlichen Leasingentgeltes unter Zugrundelegung einer Kalkulationsbasisdauer von 36 Monaten zugutekommt (eine kurze Vertragslaufzeit bedingt hohe monatliche Leasingraten, eine lange Vertragslaufzeit ergibt entsprechend niedrigere monatliche Leasingraten: Hagenmüller, Leasing-Handbuch², 179) und ein Kündigungsverzicht für diese Vertragsmindestdauer nicht abverlangt wurde, ist es andererseits nicht unbillig, dass die Klägerin den Nachteil, der ihr aus einer Vertragsauflösung vor Ablauf der Kalkulationsbasisdauer des Vertrages erwächst, auf die Beklagte abwälzt und dessen Berechnung nach bestimmten Kriterien aus Vereinfachungs- und Beweiserleichterungsgründen bereits im Vertrag festlegt, zumal die Festlegung einer derartigen Berechnungsart auch die Dispositionen der Beklagten erleichtert, mag diese nach Punkt 4.4 des Vertrages auch der Gefahr ausgesetzt sein, dass die Klägerin einen höheren Nachteil geltend macht (siehe dazu Art 8 Nr 3 EVHGB), den allerdings dann sie zu beweisen hat.

Mangels konkreter Behauptungen und entsprechender Beweisanbote der Beklagten in erster Instanz und angesichts der demnach zu Recht unterbliebenen weiteren Beweisaufnahmen erübrigt es sich hier, näher auf die Faktoren einzugehen, die bei der Beurteilung der im Punkt 4.2 des Vertrages vereinbarten Entschädigung als grob unverhältnismäßig zu berücksichtigen sind.

Der Klagestattgebung in der Hauptsache haftet somit kein Rechtsirrtum an.

Was den Zuspruch von 12 % Zinsen aus den im Klagebetrag enthaltenen Verzugszinsen von 118 S betrifft, so hätten die Vorinstanzen im Hinblick auf den Antrag der Beklagten, das gesamte Klagebegehren abzuweisen, im Rahmen der Prüfung des Zurechtbestehens des geltend gemachten Zinsenanspruches beachten müssen, dass Zinsen von Zinsen gemäß § 3 Zinsengesetz, RGBl 1868/62, gefordert werden dürfen, a) wenn solche ausdrücklich bedungen wurden; b) wenn fällige Zinsen eingeklagt werden, von diesem vom Tage der Klagebehändigung an. Dabei entscheidet über die Höhe der Zinseszinsen zunächst die Verabredung; wurde aber hierüber nichts bedungen, so gelten die gesetzlichen Zinsen. Da dem Punkt 5.4 des Vertrages, wonach dem Kunden bei Zahlungsverzug ab Fälligkeit für alle Forderungen Verzugszinsen in Höhe von 0,4 % pro Tag angerechnet werden, eine ausdrückliche Vereinbarung von Zinseszinsen nicht entnommen werden kann, gebühren der Klägerin von den im Klagebetrag enthaltenen Verzugszinsen von 118 S nur 5 % Zinsen seit dem Tage der Klagebehändigung, das ist der 25. 3. 1981 (SZ 27/141; ZVR 1973/35 ua).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 43 Abs 2 Fall 1, 50 ZPO.

Anmerkung

E84884 5Ob677.82

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0050OB00677.82.0914.000

Dokumentnummer

JJT_19820914_OGH0002_0050OB00677_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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