TE OGH 1982/10/7 12Os111/82

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Veröffentlicht am 07.10.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.Oktober 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Stortecky als Schriftführerin in der Strafsache gegen Waltraud A wegen des Verbrechens der Tötung eines Kindes bei der Geburt nach § 79 2. Fall StGB über die von der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 10.März 1982, GZ. 3 a Vr 2080/80-38, erhobene Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Schichl, sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Gehart, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Freiheitsstrafe gemäß § 43 Abs. 2 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 11.April 1959 geborene Friseurin Waltraud A im 2. Rechtsgang des Verbrechens der Tötung eines Kindes bei der Geburt nach § 79 2. Fall StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 1 1/2 Jahren verurteilt.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht als erschwerend die lange Vorbereitungszeit zur Ausführung der Tat, als mildernd hingegen die Unbescholtenheit der Angeklagten sowie ihr Alter unter 21 Jahren zum Zeitpunkt der Tat.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil ergriff die Angeklagte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung. Die Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 2.September 1982, GZ. 12 Os 111/82-6, bereits in nichtöffenplicher Sitzung zurückgewiesen. Dieser Entscheidung kann der dem Schuldspruch zugrunde liegende Sachverhalt entnommen werden.

Der Berufung, mit welcher die Angeklagte die Gewährung bedingter Strafnachsicht sowie allenfalls eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe begehrt, kommt teilweise Berechtigung zu. Die vom Erstgericht angeführten Strafzumessungsgründe bedürfen insoweit einer Korrektur, als der Erschwerungsgrund der langen Vorbereitungszeit zur Ausführung der Tat nicht vorliegt, wenn man von den erstgerichtlichen Feststellungen ausgeht, wonach die Angeklagte ihren unerwünschten Zustand der Schwangerschaft zwar erkannt hatte, ihn jedoch bis zum Eintritt der Geburt in ihrem Bewußtsein verdrängte.

Hingegen ist der Angeklagten das Vorliegen eines an Zurechnungsunfähigkeit grenzenden psychischen Ausnahmezustandes, bestärkt durch die Einwirkungen der Sturzgeburt, als weiterer Milderungsgrund zuzubilligen (siehe das Gutachten des Sachverständigen Dr. B, ON. 22 des Vr-Aktes, wonach der Angeklagten aufgrund ihrer gestörten Persönlichkeit eine stärkere psychische Beeinträchtigung als bei normal gebärenden Frauen in den sog. 'kritischen Augenblicken' zuzuerkennen war), da ihre Fähigkeiten zu aktivem Handeln bei der für sie überraschenden Geburt in entscheidender Weise beeinträchtigt waren.

Ausgehend von diesen korrigierten Strafzumessungsgründen erschien die vom Erstgericht über Waltraud A verhängte Strafe dem Schuld- und Unrechtsgehalt der vorliegenden Straftat zwar angemessen, doch ist die Gewähr gegeben, daß die Angeklagte, die sich vor und nach der Tat wohlverhalten hat, auch in Hinkunft keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde, sondern es sich vielmehr um eine einmalige Verfehlung handelte und sohin schon die bloße Androhung des Vollzuges der Strafe genügen werde, sie von weiteren Straftaten abzuhalten. Auch generalpräventive Erwägunge Psprechen nicht gegen die Anwendung des § 43 Abs. 2 StGB Es konnte daher die Strafe unter Bestimmung einer angemessenen Probezeit bedingt nachgesehen werden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO

Anmerkung

E03872

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0120OS00111.82.1007.000

Dokumentnummer

JJT_19821007_OGH0002_0120OS00111_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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