TE OGH 1982/10/12 9Os149/82

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Veröffentlicht am 12.10.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Krausam als Schriftfüherin in der Strafsache gegen Adolf A wegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach § 125, 126 Abs. 1 Z. 7 StGB und einer anderen strafbaren Handlung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 3.März 1982, GZ. 1 a Vr 6757/81-45, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt - teilweise auch gemäß § 290 Abs. 1

StPO - in seinem Punkt B I (Vergehen der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs. 1 (§ 169 Abs. 1) StGB, im Strafausspruch und in der Maßnahmeanordnung nach § 21 Abs. 2 StGB aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 6.Februar 1930 geborene Tischlergeselle Adolf A (zu A) des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach § 125, 126

Abs. 1 Z. 7 StGB und (zu B I und II) des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs. 1 (§ 169 Abs. 1, 125, 126 Abs. 2) StGB schuldig erkannt, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und gemäß § 21 Abs. 2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Nach dem wesentlichen Inhalt des Urteilssatzes hatte er am 26.Juni 1981 einen in Wien geparkten Lastkraftwagen in Brand gesetzt und dadurch eine fremde Sache in einem 5.000 S übersteigenden Wert beschädigt (A), am 12.Februar und am 23.April 1978 in einem durch den Genuß von Alkohol hervorgerufenen, die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand an drei Lastkraftwagen und an einem Marktstand eine Feuersbrunst verursacht (B I) und in der Zeit zwischen Februar 1978 und Mai 1981 zahlreiche weitere Lastkraftwagen, einen Zeitungskiosk, einen Holzstoß, ein Kellerabteil und eine Müllablage durch Inbrandsetzen beschädigt, wobei ein 100.000 S übersteigender Schaden entstand (B II). Mit seiner auf die Z. 10 und 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde reklamiert der Angeklagte in bezug auf das Faktum B I 1 Feststellungsmängel bzw. eine irrige Subsumtion; im übrigen wendet er sich gegen die Annahme einer seelischen Abartigkeit höheren Grades und damit gegen seine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.

Rechtliche Beurteilung

Wenngleich der Beschwerde schon im erstangeführten Punkt Berechtigung zuerkannt werden muß, weil das Ersturteil in bezug auf den LKW. der Firma B Ges.m.b.H. (abgestellt in Wien 12., Ecke Längenfeldgasse - Flurschützgasse) keinerlei Feststellungen enthält, die erkennen ließen, weshalb in diesem Faktum eine Feuersbrunst im Sinne des § 169 Abs. 1 StGB verursacht worden sein sollte (siehe hiezu insbesondere S. 123), können diesbezüglich detaillierte Erörterungen unterbleiben, weil der Oberste Gerichtshof sich aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde davon überzeugt hat, daß der gesamte Komplex B I mit dem von Amts wegen wahrzunehmenden, materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO behaftet ist:

Auszugehen ist davon, daß, wenn auch die von einem Rauschtäter verlangte Fähigkeit zur Willensbildung der Bewußtheit und Einsichtigkeit, wie sie das gewollte Handeln eines nicht volltrunkenen Vorsatztäters kennzeichnet, nicht gleichgesetzt werden darf, dennoch auch hinter der im Zustand voller Berauschung begangenen, sich dem äußeren Geschehen nach als ein Verbrechen oder ein Vergehen darstellenden Tat ein entsprechender Wille, eine Willensreaktion stehen muß (vgl. Leukauf-Steininger2, RN. 10 zu § 287

StGB). Daraus folgt, daß auch bei einem Rauschtäter auf das Grunddelikt bezogene Konstatierungen zur subjektiven Tatseite zu treffen sind und daß es nicht angeht, von ihm im Zustand der Volltrunkenheit gesetzte Normverletzungen allein nach dem objektiven Tatbild zu differenzieren.

Da das Urteil insoweit keinerlei Feststellungen enthält und dieser Mangel vom Obersten Gerichtshof nicht saniert werden kann, die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung mithin unumgänglich ist, mußte gemäß § 285 e StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung spruchgemäß entschieden werden, ohne daß es erforderlich gewesen wäre, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen, zumal mit dem Strafausspruch auch die Anordnung der Anstaltseinweisung nach § 21 Abs. 2 StGB aufzuheben war.

Nur der Vollständigkeit halber wird diesbezüglich darauf hingewiesen, daß eine derartige Maßnahme nur dann in Betracht kommt, wenn der Rechtsbrecher die Anlaßtat unter dem Einfluß seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad begangen hat, diese also für jene (mit) kausal gewesen sein muß (siehe LSK. 1979/222), was entsprechende deutliche Feststellungen - die vorliegend mangeln - voraussetzt.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E03881

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0090OS00149.82.1012.000

Dokumentnummer

JJT_19821012_OGH0002_0090OS00149_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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