TE OGH 1982/11/23 10Os77/82

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Veröffentlicht am 23.11.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den zehnten Senat unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini sowie in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter unter Beiziehung des Richteramtsanwärters Dr. Mekis als Schriftführer in der Strafsache gegen Andreas A u.a. wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 129 Z. 3 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Harald B gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht (in Jugendstrafsachen) vom 28.Jänner 1982, GZ. 1 a Vr 1053/80-55, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten Harald B wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 129 Z. 3 StGB (Punkt A 1. des Urteilssatzes) und des Vergehens der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs. 1 StGB (Punkt B) sowie demgemäß (jedoch unter Aufrechterhaltung des Schuldspruchs zu Punkt A 2.) auch im (diesen Angeklagten betreffenden) Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 12.März 1964 geborene Autospenglerlehrling Harald B (außer anderen Angeklagten) des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 129 Z. 3 StGB (Punkte A 1. und 2. des Urteilssatzes) und des Vergehens der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs. 1 StGB (Punkt B) schuldig erkannt, weil er zu A:

1. in Wien und anderen Orten im Dezember 1979 in Gesellschaft der bereits rechtskräftig abgeurteilten Andreas A, Robert C und Walter D (zu ergänzen: sowie der strafunmündigen Manfred E und Andreas F) in Gesellschaft als Beteiligte 'in wechselnder Beteiligung in mehreren Angriffen durch Aufbrechen von Sperrvorrichtungen Verfügungsberechtigten des Zeitungsverlages G fremde bewegliche Sachen, und zwar Bargeld, mit dem Vorsatz wegnahm, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern';

2. in Gesellschaft des (auch insoweit) bereits rechtskräftig abgeurteilten Andreas A als Beteiligter im Dezember 1979 in Wien eine fremde bewegliche Sache, nämlich einen Christbaum, einem Unbekannten mit Bereicherungsvorsatz wegnahm, sowie zu B: in Wien und anderen Orten im Dezember 1979 in Gesellschaft der bereits rechtskräftig abgeurteilten Andreas A, Robert C und Walter D 'in wechselnder Beteiligung in mehreren Angriffen Verfügungsberechtigte des Zeitungsverlages 'G' dadurch schädigte, daß sie fremde bewegliche Sachen, nämlich Geldkassen aus deren Gewahrsame dauernd entzogen, ohne die Sachen sich oder einem Dritten zuzueignen'.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Angeklagten auf die Z. 3 und 5 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde gegen diesen Schuldspruch kommt teilweise Berechtigung zu.

Begründet ist die Mängelrüge (Z. 5) in Ansehung der Punkte A 1. und B, insofern dem Ersturteil - unter dem Gesichtspunkt einer unvollständigen und unzureichenden Begründung - vorgeworfen wird, es enthalte hinsichtlich der dem Angeklagten als dauernde Sachentziehung angelasteten Fakten überhaupt keine Begründung und gebe hinsichtlich der Diebstahlsfakten seine Verantwortung bei der Hauptverhandlung (S. 268 f.) unrichtig wieder, indem es mit dem Hinweis, er sei 'an zwei Tagen bei den Diebstouren anwesend gewesen' (S. 295) zur Konstatierung seiner Beteiligung an mehreren Fakten gelangte, solcherart aber eine Erörterung der Verantwortung des Angeklagten, Manfred E habe während eines Fußmarsches mit den Eislaufschuhen im Vorbeigehen auf eine Zeitungskasse geschlagen, die herunterfiel, worauf sie dieser über Anraten (auch) des Angeklagten weggeworfen habe und er habe bei einem zweiten Vorfall bloß zugesehen, wie eine Zeitungskasse mit Benzin übergossen und angezündet worden sei, ohne beim Abbrechen der Kasse selbst dabeigewesen zu sein, ebenso unberücksichtigt lasse, wie die eine Tatbeteiligung des Angeklagten gleichfalls in Frage stellende Verantwortung der Mitangeklagten A und C.

Denn nach der Aktenlage hat der Angeklagte insoweit gar nicht zugegeben, überhaupt bzw. bei mehreren der in Rede stehenden Angriffe im Einverständnis mit den im Urteilsspruch genannten Personen am Tatort deliktisch tätig geworden zu sein. Während sich nämlich aus der ersten Vernehmung des Beschwerdeführers durch die Polizei am 15.Jänner 1980 (S. 53) insoweit lediglich ergibt, daß Manfred E im Dezember 1979 auf dem Heimweg vom Eislaufen gegenüber dem Bahnhof Leopoldau mit einem Eislaufschuh eine Zeitungskasse abgeschlagen und anschließend weggeworfen habe, verantwortete sich der Angeklagte, nachdem er bei der zweiten (in Anwesenheit seines Vaters erfolgten) Vernehmung durch die Polizei (S. 69) überhaupt jedwede Kenntnis von derartigen Straftaten in Abrede stellte, vor dem Untersuchungsrichter (S. 225 f. und in der Hauptverhandlung, S. 267) zunächst (wie bei der ersten Vernehmung durch die Polizei - S. 53) dahin, daß E die mit einem Eislaufschuh abgeschlagene Zeitungskasse wegwarf, 'weil wir ihm zuredeten'; schließlich gab er noch zu, er sei ein bis zwei Wochen nach diesem Vorfall dazu gekommen, wie (der bereits rechtskräftig abgeurteilte) Walter D eine von einem anderen Burschen abgebrochene Zeitungskasse (zwecks deren Öffnung) mit Benzin übergossen, angezündet und hiedurch aufgeschmolzen habe und sich darnach den Inhalt (5 bis 6 Schillingmünzen) aneignete.

Selbst wenn das Erstgericht vermeinte, diese Verantwortung des Angeklagten in einem Fall als Beteiligung an einer dauernden Sachentziehung und im andern Fall als Diebstahl (durch Einbruch) werten zu können, hätte es einer mängelfreien Begründung nicht nur in die Richtung bedurft, aus welchen Erwägungen es in Ansehung beider Delikte zur Konstatierung einer Tatbegehung des Beschwerdeführers 'in wechselnder Beteiligung in mehreren Angriffen' (S. 289) gelangte, sondern (vor allem) auch darlegen müssen, wieso es trotz jener sinngemäß unmißverständlich im Vordergrund stehenden und einer derartigen Interpretation zuwiderlaufenden Passagen seiner Verantwortung zur überzeugung gelangte, daß ein Einverständnis des Beschwerdeführers mit dem Vorgehen der von ihm genannten Täter bestanden hat. Gleiches gilt für die vom Erstgericht im gegebenen Zusammenhang bloß global herangezogenen Angaben der bereits rechtskräftig abgeurteilten Andreas A und Robert C, zumal diese gleichfalls Passagen enthalten (vgl. A: S. 43, 223 a, 266' C: S. 49, 270 f.), welche die Verantwortung des Beschwerdeführers stützen und darum gleichfalls einer eingehenden Erörterung bedurft hätten. Diese, die Annahme einer Tatbeteiligung bzw. die Mitwirkung an mehreren Tathandlungen in Frage stellenden Bekundungen werden im Urteil gleichfalls mit Stillschweigen übergangen.

Wegen dieser Begründungsmängel war der Nichtigkeitsbeschwerde in Ansehung der Punkte A 1. und B des Urteilssatzes, ohne daß es einer Erörterung des bezüglichen weiteren Beschwerdevorbringens bedarf, bereits in nichtöffentlicher Sitzung sofort Folge zu geben und mit der teilweisen Aufhebung des Urteils sowie der Anordnung der Verfahrenserneuerung in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang vorzugehen (§ 285 e StPO).

Im fortgesetzten Verfahren wird insbesondere zu beachten sein, daß § 127 Abs. 2 Z. 1 StGB eine dem (allgemeinen) Begriff der 'Mittäterschaft' entsprechende Vorgangsweise (Ausführungshandlungen) gar nicht verlangt.

Diese Gesetzesstelle normiert vielmehr eine - von jenem Begriff streng zu unterscheidende - (deliktsspezifische Sonder-) Täterschaftsform, bei der schon ein bloß (ortsanwesender) 'Beteiligter', also eine Person, welche selbst keinerlei Ausführungshandlungen unternimmt, sich jedoch am Tatort (oder in dessen Nähe) aufhält, um die Tat des unmittelbaren Täters zu fördern oder zu erleichtern, trotzdem als unmittelbarer Täter im Sinne des ersten Falles des § 12 StGB angesehen wird (vgl. 10 Os 146/81; Leukauf-Steininger, Kommentar2, RN. 14 letzterer Vorschrift sowie RN. 74 ff. zu § 127 StGB und die dort zitierte Judikatur). Verfehlt ist die Beschwerde jedoch, insoweit sie mit Beziehung auf das Urteilsfaktum A 2. einen Begründungsmangel (Z. 5) im wesentlichen mit der Argumentation ins Treffen führt, das Erstgericht konnte den bezüglichen Schuldspruch deshalb nicht auf die Angaben des Mitangeklagten A stützen, weil dieser in der Hauptverhandlung ausdrücklich erklärte, den Christbaum allein gestohlen zu haben und zudem von einer Verabredung (des Diebstahls) keine Erwähnung gemacht habe (S. 332).

Denn dabei übersieht der Beschwerdeführer, daß das Jugendschöffengericht den bezüglichen Schuldspruch ausdrücklich auf die Angaben des Andreas A vor der Polizei (S. 43) stützte (S. 293), wo dieser (in teilweiser übereinstimmung mit den Polizeiangaben des Angeklagten selbst - vgl. S. 53) zugab, den Christbaum mit dem Angeklagten B gestohlen zu haben, indem sie den Baum gemeinsam über den Zaun hoben, während es den eine Beteiligung des Angeklagten an dieser Tat in Abrede stellenden Angaben des Mitangeklagten A in der Hauptverhandlung (S. 267 f.) den Glauben versagte (S. 293 f.). Solcherart erschöpft sich das Beschwerdevorbringen - abgesehen davon, daß Mittäterschaft kein formelles gemeinsames Beschließen der Tat erfordert, das insoweit erforderliche Einverständnis vielmehr auch konkludent bei der Tatbegehung zum Ausdruck kommen kann - in einer Erörterung der Glaubwürdigkeit der Beweiskraft der vom Schöffengericht verwerteten Beweismittel sowie im Versuch ihrer Umwürdigung und damit (letztlich) in einem unzulässigen und darum unbeachtlichen Angriff auf die Beweiswürdigung des Gerichts. In diesem Umfang war die Beschwerde daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt sogleich zurückzuweisen (§ 285 a Z. 2, 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO). Mit seiner Berufung war der Angeklagte hierauf zu verweisen.

Anmerkung

E03934

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0100OS00077.82.1123.000

Dokumentnummer

JJT_19821123_OGH0002_0100OS00077_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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