TE OGH 1982/12/14 9Os168/82

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Veröffentlicht am 14.12.1982
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Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Dezember 1982

unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Hon.Prof.Dr.Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mekis als Schriftführer in der Strafsache gegen Friedrich A wegen des Vergehens der Geschenkannahme durch Beamte nach § 304 Abs 2 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26. Mai 1982, GZ. 5 e Vr 9784/81-16, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Riedl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Hauptmann, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 12. Juli 1927 geborene, mittlerweile in den Ruhestand getretene Vertragsbedienstete des Bundes Friedrich A schuldig erkannt, zwischen dem 28. Mai 1975 und dem 30. November 1977 in Wien in sechs Fällen als Hilfsbauleiter der Bundesgebäudeverwaltung I, sohin als Beamter, für die pflichtgemäße Vornahme von Amtsgeschäften von Margarete B Vermögensvorteile, nämlich Geldbeträge von insgesamt 10.100 S, angenommen und hiedurch das Vergehen der Geschenkannahme durch Beamte nach § 304 Abs 2 StGB begangen zu haben. Er wurde hiefür nach dieser Gesetzesstelle unter Anwendung des § 37 Abs 1 StGB zu einer Geldstrafe sowie gemäß § 20 Abs 2 StGB zur Zahlung eines Betrages von 10.100 S verurteilt.

Dieses Urteil wird vom Angeklagten Friedrich A mit einer auf die Nichtigkeitsgründe nach den Z. 5, 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Soweit der Angeklagte unter Anrufung des erstgenannten Nichtigkeitsgrundes dem Erstgericht vorwirft, sich nicht mit jenen Kassenbucheintragungen der Margarete B auseinandergesetzt zu haben, die für das Bestehen einer Psychose bei ihr sprächen, vermag er keine Verletzung der formellen Begründungspflicht aufzuzeigen: Von den in seinem Rechtsmittel erwähnten Eintragungen können nämlich nur jene vom 3. Juni 1976, 30. Mai 1978 und 5. Dezember 1978 (richtig: 5. Dezember 1979; siehe S. 33, 109 und 189) als Indizien für die psychische Abartigkeit der Margarete B aufgefaßt werden. Ihr jeweiliges Datum entspricht aber nicht einmal annähernd einem der Zeitpunkte, zu welchen von der Genannten Buchungen von Zuwendungen an den Angeklagten vorgenommen (28. Mai 1975, 2. Juli 1975, 31. Dezember 1975 / S. 271 /, 16. Dezember 1976 / S. 55 /, 31. August 1977 / S. 79 / und 30. November 1977 / S. 91 / oder im Bundesministerium für Justiz den Angeklagten - wenn auch nicht namentlich - belastende Angaben gemacht worden sind (21. März 1980 und Herbst 1980; siehe S. 359, ferner S. 553 ff. im Hauptverhandlungsprotokoll vom 24. Feber 1982 zu AZ. 5 e Vr 10.150/80, ON. 19). Mit den psychischen Besonderheiten der Margarete B zu diesen Zeitpunkten hat sich das Erstgericht ohnehin befaßt (S. 471 unten und 472, S. 476 erster Absatz) und hiebei auch die Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen verwertet, der aus dem Inhalt der Aufzeichnungen vom 30. Mai 1978 und 5. Dezember 1979 nur auf die Möglichkeit eines zeitweise psychotischen Handelns der Genannten geschlossen hat (S. 456 unten: vgl. die zufolge dem Hauptverhandlungsprotokoll vom 29. April 1982 zu AZ. 5 e Vr 10.150/80 ON. 21, S. 611, dem Erstgericht bereits am 29. April 1982, sohin vor der letzten Hauptverhandlung vorgelegte und in dieser laut S. 456 erörterte, mit 6. Juni 1982 datierte Gutachtensfotokopie, ON. 18, insbes. S. 529 bis 533). Da demnach die Eintragungen vom 3. Juni 1976, 30. Mai 1978 und 5. Dezember 1979 nur Hinweise auf den geistig-seelischen Zustand ihrer Verfasserin zu den genannten, für das gegenständliche Verfahren nicht entscheidungswesentlichen Zeitpunkten erbringen können, hat für ihre detaillierte Erörterung in den Urteilsgründen kein Anlaß bestanden (vgl. 12 0s 116/82). Gleichfalls nicht stichhältig sind die Ausführungen der Rechtsrüge, wonach Feststellungsmängel im Sinne des § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO hinsichtlich der äußeren wie auch der inneren Tatseite des § 304 Abs 2 StGB vorliegen sollen und insbesondere dem Urteil nicht zu entnehmen sei, wann, auf welche Weise und für welche konkreten Amtsgeschäfte der Angeklagte die inkriminierten Zuwendungen erhalten haben soll:

Dem Beschwerdevorbringen zuwider hat das Erstgericht in objektiver Hinsicht ohnehin die (den Buchungsdaten der Zuwendungen entsprechenden) Tatzeitpunkte, aber auch die Art der Zuwendung (persönliche Auszahlung von Bargeld) eindeutig festgestellt (S. 465 unten und 466, 475 unten;

vgl. auch S. 468 Ende des ersten Absatzes in Verbindung mit S. 469 dritter Absatz und S. 472). Der ursächliche Zusammenhang zwischen den gewährten Vermögensvorteilen und der konkreten Amtsführung wäre schon angesichts der Identität der Geschenkgeberin mit jener Partei, deren Angelegenheiten vom beschenkten Beamten laufend zu bearbeiten waren, und infolge Fehlens jeglicher anderer Motivation für Gewährung und Annahme der keineswegs bloß geringfügigen Zuwendungen indiziert. Bei einer derart längere Zeit hindurch bestehenden (gleichsam geschäftsmäßigen) Verbindung bedarf es keiner näheren Individualisierung der Amtshandlungen, auf welche sich die einzelnen Zuwendungen jeweils bezogen haben; die betreffenden amtlichen Tätigkeiten müssen vielmehr nur der Art nach erkennbar sein (12 0s 44/80, teilweise veröffentlicht in ÖJZ-LSK. 1980/194; Leukauf-Steininger2 RN 6 zu § 304 StGB; vgl. auch SSt. 41/3, EvBl 1969/171 und 9 0s 38/70). Das Erstgericht ist - wie aus S. 472 laut Absatz zu ersehen ist -

ohnehin von einer engen (rechnerischen) Beziehung zwischen den jeweiligen Auftragssummen und der Höhe der damit im Zusammenhang stehenden 'Provisionen' ausgegangen.

Es stellte zudem, wenngleich erst in seine Rechtsausführungen eingebettet (S. 476 unten /477), fest, daß die Tathandlung(en) des Angeklagten in der Annahme von Vermögensvorteilen für die pflichtgemäße Vornahme seiner Amtsgeschäfte bestand, die im Urteil an anderer Stelle (S. 464) umschrieben wurden.

Bei der besonderen Lage des Falles geht schon aus den oben erwähnten festgestellten äußeren Umständen deutlich hervor, daß der Zusammenhang zwischen den angenommenen Vermögensvorteilen und der pflichtgemäß ausgeübten Amtstätigkeit auch vom Vorsatz des Angeklagten umfaßt war, sodaß es ausdrücklicher Feststellungen in dieser Richtung nicht bedurfte.

Daß der Verfall einer vom Täter für die strafbare Handlung empfangenen Zuwendung von Geldeswert nach § 20 Abs 1 StGB und die Auferlegung eines deren Wert entsprechenden Geldbetrages nach dem zweiten Absatz dieser Gesetzesstelle auch dann zulässig sind, wenn die Geschenkannahme selbst das strafbare Verhalten darstellt, ergibt sich - entgegen den Beschwerdeausführungen zum geltend gemachten Nichtigkeitsgrund der Z. 11 des § 281 Abs 1 StPO -

schon aus der Entstehungsgeschichte zu dieser Bestimmung (siehe insbesondere Dokumentation 74). Der Oberste Gerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, von seiner bisherigen Judikatur zu dieser Frage (EvBl 1981/13 = JBl 1981, 160;

12 0s 109/82; 12 0s 116/82; 13 0s 128/82; vgl. auch Leukauf-Steininger2, RN 5 zu § 20 StGB und RN 19 zu § 304

StGB) abzuweichen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A war daher zu

verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 304 Abs 2 StGB unter Anwendung des § 37 Abs 1 StGB

zu einer Geldstrafe in der Höhe von 120 Tagessätzen, im Fall der Uneinbringlichkeit zu 60 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, wobei es die Höhe eines Tagessatzes mit 100 S festsetzte. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend keinen Umstand, als mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten und gelangte - auch unter Beachtung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Angeklagten und seiner Sorgepflichten - zu der erwähnten Geldstrafe. Eine bedingte Strafnachsicht lehnte es aus spezialpräventiven Erwägungen, aber auch unter Hinweis auf Erfordernisse der Generalprävention ab.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der über ihn verhängten Strafe und deren bedingte Strafnachsicht an. Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Von einer besonders verlockenden Gelegenheit, die der Berufungswerber für sich als mildernd in Anspruch nimmt, kann keine Rede sein, wurden doch die deliktischen Handlungen im Zuge eines Dienstverhältnisses verübt, mit dem die Geldzuwendungen in Beziehung standen.

Dagegen unterließ es das Erstgericht, dem Angeklagten als erschwerend zuzurechnen, daß er mehrere strafbare Handlungen derselben Art beging (§ 33 Z. 1 StGB).

Die Anzahl der vom Erstgericht verhängten Tagessätze entspricht im Ergebnis durchaus dem Verschulden des Täters und dem Unrechtsgehalt der Taten.

Gegen die Höhe des Tagessatzes wurde weder in der Berufung noch im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung etwas vorgebracht. Sie entspricht auch nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes durchaus den persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Angeklagten im Zeitpunkt des Urteils erster Instanz.

Eine bedingte Strafnachsicht kommt auch unter dem Aspekt der - vom Erstgericht ohnedies beachteten (S. 464) -

in der Zwischenzeit erfolgten Pensionierung des Angeklagten nicht in Frage. Durchaus zutreffend verwies das Erstgericht im Zusammenhang mit Delikten wie dem vorliegenden auf Erfordernisse der Generalprävention, die gerade in jüngster Zeit angesichts der Ereignisse im Bereich der Verzahnung der öffentlichen Wirtschaft und der Privatwirtschaft in den Vordergrund rücken. überdies gebieten auch Erfordernisse der Effektivität der Geldstrafe, im gegebenen Fall von einer bedingten Strafnachsicht abzusehen.

Auch der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung fußt auf der im Spruch genannten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0090OS00168.82.1214.000

Dokumentnummer

JJT_19821214_OGH0002_0090OS00168_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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