TE OGH 1983/2/15 5Ob530/83

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Veröffentlicht am 15.02.1983
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Norm

EheG §55a
EO §1

Kopf

SZ 56/22

Spruch

Der dem Gericht unterbreiteten schriftlichen Vereinbarung gemäß § 55a EheG kommt nicht der Charakter eines Exekutionstitels iS der Exekutionsordnung zu, wenn die Vereinbarung nicht in die Form eines protokollierten gerichtlichen Vergleiches gebracht wurde

OGH 15. 2. 1983, 5 Ob 530/83 (LG Feldkirch R 710/82; BG Bregenz 5 C 251/82)

Text

Die Ehe der Prozeßparteien wurde am 7. 1. 1981 vom Bezirksgericht Bregenz gemäß § 55a EheG für geschieden erklärt; der Scheidungsausspruch ist seit 29. 1. 1981 rechtskräftig. Der Anordnung des § 55a Abs. 2 EheG entsprechend haben die Parteien dem Gericht vor Ausspruch der Scheidung eine schriftliche Vereinbarung vom 30. 12. 1980 unterbreitet, in welcher sich unter Punkt III der nun beklagte Ehegatte verpflichtete, der jetzt klagenden Ehegattin ab Jänner 1981 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 4000 S bis zum 5. eines jeden Monats im vorhinein zu bezahlen; die Unterhaltspflicht sollte auch dann bestehen, wenn die Klägerin einer Beschäftigung nachgeht; bei Eingehen einer Lebensgemeinschaft durch sie sollte sie ruhen bzw. im Falle der Wiederverehelichung erlöschen. Im Protokoll über die der Scheidung vorangegangene Verhandlung beim Bezirksgericht Bregenz vom 7. 1. 1981 ist ua. festgehalten: "Die Parteien ... legen weiters eine Vereinbarung vom 30. Dezember 1980 vor und erklären, daß mit dieser Vereinbarung alle gegenseitigen Ansprüche erledigt sind. Sie verzichten ausdrücklich auf die Geltendmachung weiterer allenfalls noch vorhandener gegenseitiger Ansprüche."

Das Erstgericht wies die Klage auf Zuhaltung dieser Unterhaltsvereinbarung vom 30. 12. 1980 durch Zahlung von 4000 S monatlich ab 1. 3. 1982 mit der einem entsprechenden Einwand des Beklagten folgenden Begründung ab, es fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Unterhaltsvereinbarung der Parteien vom 30. 12. 1980 in das Verhandlungsprotokoll des Erstgerichtes vom 7. 1. 1981 Eingang gefunden habe und einen Exekutionstitel bilde.

Das Berufungsgericht trat der Entscheidungsbegründung des Erstgerichtes bei und bestätigte dessen Urteil.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin Folge, hob die Urteile der Vorinstanzen auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Es ist richtig, daß der Gesetzgeber bei der Einführung der einvernehmlichen Ehescheidung auch vom Willen getragen war, langwierige und aufwendige Verfahren zwischen den geschiedenen Eheleuten über die Abwicklung der Scheidungsfolgen zu vermeiden. Er hat deshalb zwingend angeordnet, daß die Scheidung nur ausgesprochen werden darf, wenn die Ehegatten ua. über ihre eigenen unterhaltsrechtlichen Beziehungen eine (bereits getroffene) schriftliche Vereinbarung dem Gerichte unterbreiten oder eine solche Vereinbarung bei Gericht schließen. Dadurch, daß er neben einer vor dem Gerichte selbst geschlossenen Unterhaltsvereinbarung, die als Vergleich im Sinne der Anordnung des § 1 Z 5 EO einen vollstreckbaren Exekutionstitel bildet (§ 228 AußStrG), auch eine bloß mit privatrechtlichen Wirkungen ausgestattete Vereinbarung zuließ, hat der Gesetzgeber offenbar bewußt in Kauf genommen, daß in den Fällen, in denen die Vereinbarung nicht freiwillig erfüllt wird, Klage auf Zuhaltung der Vereinbarung geführt werden muß, wie dies grundsätzlich ja auch sonst bei der Nichterfüllung privatrechtlicher Vereinbarungen notwendig ist. Es steht aber im Belieben der die einvernehmliche Scheidung anstrebenden Eheleute, ihre bereits getroffene Unterhaltsvereinbarung vom Gericht in die Form eines protokollierten gerichtlichen Unterhaltsvergleiches bringen zu lassen, um so das im Einzelfall befürchtete - im Normalfall nach allgemeinen Erfahrungsregel aber doch verhältnismäßig geringe - Risiko des Vertragsbruches und der daraus erwachsenden Notwendigkeit der Klageführung zu vermeiden. Keiner im Zusammenhang mit der Einführung des Instituts der einvernehmlichen Ehescheidung geschaffenen Norm kann jedoch entnommen werden, daß der Gesetzgeber der privatrechtlichen Vereinbarung der Eheleute über den Unterhalt nach der Ehescheidung den Charakter eines Exekutionstitels iS der EO geben wollte. Eine Transformation der Vereinbarung in einen gerichtlichen Vergleich ist aber nicht erfolgt. Da die Vorinstanzen das Klagebegehren der geschiedenen Ehefrau nur infolge ihrer unrichtigen Rechtsansicht über die Natur der privatrechtlichen Unterhaltsvereinbarung vom 30. 12. 1980 abgewiesen haben, die übrigen Einwendungen des Beklagten aber unerledigt ließen, ist die Rechtssache noch nicht entscheidungsreif.

Anmerkung

Z56022

Schlagworte

Ehescheidung, Vereinbarung (§ 55a EheG): kein Exekutionstitel, Scheidung, s. a. Ehescheidung, Vereinbarung (§ 55a EheG), kein Exekutionstitel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0050OB00530.83.0215.000

Dokumentnummer

JJT_19830215_OGH0002_0050OB00530_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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